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Die Rathaussaga als Geldverschwendung in Serie

Wer verstehen will, warum die reiche Stadt Mülheim a.d. Ruhr mit stets niedriger Arbeitslosigkeit, robuster Wirtschaft und mit überdurchschnittlich hohen Gewerbesteuereinnahmen derart pleite ist, dass die Pro-Kopf-Verschuldung inzwischen NRW-weit unangefochten an der Spitze liegt, viel höher als z.B. in Duisburg und fast doppelt so hoch wie selbst in Gelsenkirchen, der schaue sich u.a. die jüngere Geschichte des Mülheimer Rathauses an. Aktuell will der Kämmerer 1 Mio. jährlich sparen durch Rückkauf des Restrathause. Doch ……
Auf dem Bild links sieht man den Rathausplatz, der für 900.000 €(!) neu gepflastert wurde, aber zu ca. 95% des Jahres leer und öde ist. Dabei war dort vor dem „strategischen Stadtentwicklungsprojekt“ Ruhrbania ein beliebter, gut frequentierter Wochenmarkt (Bild rechts) und auch sonst viel Leben, anders als heute. Mehr weiter unten.
RathausmarktRathausmarkt frueher

Rückkauf des Rathauses ist noch in der Schwebe

WAZ 14.3.19, nachzulesen hier
Seit zehn Jahren befindet sich das Mülheimer Rathaus im Besitz des Wohnungsbauunternehmens SWB.
Mülheim.
  Der Rückkauf des Rathauses soll der Stadt Mülheim jährlich Kosten von einer Million ersparen. Doch steuerlich ist der Fall (noch) nicht klar.
Um zu sparen, will die Stadt Mülheim ihr Rathaus wieder zurückkaufen. Doch so einfach ist das nicht. Eine Ersparnis von einer Million Euro im Jahr rechnet sich der Kämmerer dadurch aus, indem die Stadt das Rathaus von ihrer Tochter SWB wieder erwirbt. Das Wohnungsunternehmen hatte im Zuge der großen Sanierung des Rathauses mit Kosten von 45 Millionen Euro das Gebäude zum symbolischen Preis von einem Euro übernommen. Das war vor zehn Jahren. Seitdem zahlt die Stadt gut drei Millionen Euro jährlich Miete an SWB. Die hoch verschuldete Stadt hätte die Sanierungskosten nicht tragen können……….“

Ganz so simpel wie der WAZ-Artikel es hinstellen will, ist die Geschichte bei weitem aber nicht, ganz unabhängig davon, dass das Problem der Grunderwerbssteuer bereits bei der Übertragung klar war, denn SWB ist ja keine Anstalt öffentlichen Rechts o.ä., sondern eine privatrechtliche GmbH und zudem nicht einmal 100% städtisch. In Wirklichkeit war die Restrathaussanierung eine typische Umwegfinanzierung wie bei allen PPP- bzw. PPP-ähnlichen schweren Fehlern der Stadt. Dadurch konnte nicht nur viel teurer saniert oder gebaut werden als notwendig, auch die Folgeprobleme sind unausweichlich, so sehr das auch verschwiegen oder kleingeredet wurde und wird. Zur Erinnerung aus Okt. 2013 folgende MBI-Ausführungen, nachzulesen unter Orgien der Verschwendung bei der Sanierung des Restrathauses!?

Über das Innenleben Mölmscher Verschwendungsorgien….

21.10.2013: Das Mülheimer Restrathaus hat gerade mit dem Schwarzbuch der Verschwendung öffentlicher Gelder des Steuerzahlerbundes  traurige Berühmtheit erlangt und brachte es sogar auf die Titelseite und in den Hauptkommentar etwa der WAZ. Die Sanierungskosten des denkmalgeschützten historischen Rathausteils sind von 37 auf 49 Mio. € gestiegen, die Umwegfinanzierung über die Wohnungsbaugesellschaft SWB als mehrheitliche Stadttochter (Übertragung und Rückmietung) ist intransparent per Schattenhaushalt, wobei die jährlichen „Miet“zahlungen wegen der Kostensteigerung von 3 auf 4 Mio. stiegen, 25 Jahre lang. So die NRZ mit Berufung auf den Bund der Steuerzahler. Nur: Das alles ist aber nur ein Teil der regelrechten Verschwendungsorgien und eigentlich nicht erlaubten Tricksereien im Zusammenhang mit der Mülheimer Rathaussanierung, die eigentlich nicht als Kavaliersdelikte angesehen werden können. Verstehen kann man alles ohnehin nur im Zusammenhang mit dem Prestigeprojekt Ruhrbania.

Das Mülheimer Rathaus bestand aus dem denkmalgeschützten Altbau von 1913 und quer dazu dem Rathausneubau aus der Nachkriegszeit. Ende der 90er Jahre wurden insbesondere im Neubauteil noch sehr aufwendig u.a. Brandschutztüren auf die Gänge gebaut. Und dann kam mit der Wahl von Frau Mühlenfeld (SPD) als OB in 2003 das Projekt „Ruhrbania – Wohnen, Arbeiten und Erleben am Fluss“. Zwischen Schloss- und Nordbrücke sollte die gesamte bestehende Infrastruktur, sofern nicht denkmalgeschützt wie Stadtbad und Rathausaltbau, beseitigt und durch Wohnbebauung mit Kneipen u.v.m. ersetzt werden. Im Weg waren der Stadtbadanbau (damals Ärztehaus), das Gartendenkmal Ostruhranlagen, der Rathausneubau, die Bücherei, das Gesundheitshaus, die AOK, das alte Arbeitsamt und die Hauptverkehrs- und Landesstr. Ruhrstraße. Wie man sieht, eine Mammutaufgabe, weil bis auf den Park des Gartendenkmals mit alleine 17 Naturdenkmälern für alles andere erst Ersatz gefunden werden musste.

Vorher funktionierenden Gebäude wurden für Ruhrbania abgerissen und genau wie die Ruhrstraße und das Gartendenkmal zerstört. Entstanden war bis dahin nur ein neuer Stadtbadanbau für ebenfalls Wohnungen (sind aber auch nach 4 Jahren meist unverkäuflich wie Sauerbier) und daneben für ca. 6 Mio. € ein kleines Hafenbeckschen, erst großspurig Marina genannt, offizielle Bezeichnung aber Wasserwanderrastplatz.

2011 begann der Bau des gelblichen Klotzes von Kondor Wessels auf Baufeld 1, angebaut an das Restrathaus. Heute sieht das Luftbild so aus.
Ruhrbetonia23Man sieht dahinter das große Loch der ex-Bücherei, das mit ebenfalls mehrmaliger Verspätung nun vom MWB angeblich ab April nächsten Jahres bebaut werden soll. Hinter der Eisenbahnbrücke sieht man das voll funktionierende AOK-Gebäude, was die Stadt noch aufkaufen will, um es abzureißen genau wie das erst vor wenigen Jahren vollständig sanierte Gesundheitshaus sowie das ehemalige Arbeitsamt, was die Stadt für 1,7 Mio. Herrn Hofmeister bereits abkaufte (die beiden letzteren Gebäude sind auf dem Foto nicht zu sehen). Soweit zum Stand des „Strategie“projekts nach 10 Jahren.

Zurück zur Sanierung des Restrathauses

Als Kondor Wessels (hieß davor Reggeborgh) 2007 zum „Partner“ der Stadt Mülheim für das geplante PPP-Projekt Ruhrbania wurde nach europaweiter Ausschreibung ohne Konkurrenzangebote, musste entgegen der Ausschreibung die Stadt über eine 100%ige Gmbh&CoKG das gesamte finanzielle Risiko alleine tragen. Auch aus PPP wurde nichts wirklich und 2011 trat die Firma gar ganz aus der nutzlosen „Ruhrbania-Projektentwicklungsgesellschaft“ aus, kassierte aber vertragsgemäß noch ca. 1 zusätzliche Mio. für „Projektmanagement“, das nie wirklich stattgefunden hat bzw. auch nicht stattfinden konnte. Von Vorfinanzierung durch den Privaten war 2007 keine Rede mehr. Im 1. Beschlussentwurf sollten die Holländer wohl auch das historische Restrathaus mit übernehmen und an die Stadt zurück vermieten. Nachdem die MBI Alarm geschlagen hatten, ließ man aber die Finger davon, zum Glück. So erwarb Kondor Wessels Baufeld 1 per Vorkaufsrecht und ohne die eigentlich vorgeschriebene EU-weite Ausschreibung. Das vom EU-Wettbewerbskommissar dann eröffnete umständliche Strafverfahren verendete aber schließlich im Sande, weil die Bundesregierung sich dagegen stellte. Anwaltskosten der Stadt mind. 100.000 €.

Unabhängig davon zerplatzten alle hochtrabenden Pläne für Baufeld 1 wie Seifenblasen: Erst das geplante 4-5-Sterne-Hotel mangels Investor und dann das große Ärztehaus mangels Ärzten.

„Rein zufällig“ entdeckte die Stadt dann 2008, dass das denkmalgeschützte Restrathaus dringend saniert und aufgehübscht werden müsse, auch um die Bebauung auf Baufeld 1 attraktiver werden zu lassen.

Damals war die Stadt nach jahrelangem Nothaushalt mit der neuen NKF-Bilanzierung gerade aus der RP-Aufsicht heraus, weil mit NKF (Neues Kommunales Finanzmanagement) seit 2007 in Mülheim nach der Eröffnungsbilanz eine fiktive „Ausgleichsrücklage“ mit neuen Schulden verrechnet werden konnten. Als 2009 die Rathaussanierung beginnen sollte, wäre die virtuelle „Ausgleichsrücklage“ bereits auch auf dem Papier „aufgebraucht“ gewesen ob der vielen Mülheimer Großprojekte und ungekürzter sonstiger Ausgaben.

Um nicht nach damaligen Vorschriften just im Wahljahr wieder in den Nothaushalt zu kommen, wählte man auch zur Rathaussanierung eine Umwegfinanzierung, so dass die Sanierungskosten nicht im Haushalt erscheinen würden, zumindest nicht gleich und nicht als Investition, sondern später als „Miete“ auf 25 Jahre.

In diesem Fall sollte alles über die mehrheitliche städtische Tochter SWB laufen. Diese gehört zu 50,1% der Gasgesellschaft medl, die wiederum zu 49% dem RWE gehört. Nach Recht und Gesetz hätte also der Rathausverkauf bzw. dessen Überschreibung ausgeschrieben werden müssen, da Geschäfte mit dem SWB ob der ca. 25%igen RWE-Beteiligung eindeutig keine inhouse-Geschäfte sind. Das interessierte aber in Mülheim außer den MBI anscheinend niemanden und angesichts der Kastration des EU-Wettbewerbskommissariats bereits bei Baufeld 1 beschwerte sich auch sonst niemand mehr.

Dann engagierte man das Düsseldorfer Büro RKW, um die Sanierungspläne auszuarbeiten. RKW hatte 2003/4 den Wettbewerb zu Ruhrbania gewonnen und danach viele Folgeaufträge der Stadt Mülheim erhalten, u.a. die Pläne für die FH-Bewerbung, welche sich bekanntlich später als recht fehlerhaft erwiesen und eine peinliche Standortdiskussion und jahrelange Verzögerung des Baus der Hochschule Ruhr-West zur Folge hatte. Doch egal: RKW plante auch die Rathaussanierung inkl. selbst der Auswahl der Ratsstühle, weil von den 3000 Stadtbeschäftigen so etwas kaum leistbar zu sein scheint.

RKW kam schließlich auf 35 Mio. Sanierungskosten, was sicherlich andere Architekten auch billiger hätten machen können. Außerdem musste die Sanierung unbedingt in 2009 beginnen, um jedes Risiko durch die Kommunalwahl zu vermeiden.

Und dann begann der helle Wahnsinn an Verschwendung. Saniert werden sollte an einem Stück, also wurde das gesamte Restrathaus leergezogen, während gleichzeitig der Rathausneubau dahinter abgerissen wurde. Eine logistische „Meister“leistung, denn überall im Stadtgebiet mussten Ersatzräume über Jahre angemietet werden, Kosten nur für den temporären Ersatz des Restrathauses mind. 5 Mio., wahrscheinlich aber deutlich höher. Als Ersatzrathaus für den abgerissenen Neubauteil war bereits vorher ein (einst sozial gebundener) Hochhauswohnturm des SWB zum „technischen Rathaus“ umgebaut und auf 25 Jahre teuer angemietet worden.

Theoretisch hätte man das Restrathaus auch Stück für Stück sanieren können, wenn schon überhaupt zu diesem Zeitpunkt, und die jeweilig betroffenen Abteilungen im intakten Rathausneubau unterbringen und diesen erst nach Sanierung des Restes abreißen können. Doch dann wäre alles ja viel, viel billiger, weit weniger beschwerlich für Beschäftigte, Rat und Bürger und vor allem effektiver gewesen. Ging aber nicht, um die bereits von Schwindsucht befallenen Ruhrbania-Pläne nicht noch mehr zu verzögern.

Mitte 2009 musste der SWB wohl feststellen, dass die Gesellschaft für eine derart hohe Summe wie für die Rathaussanierung nicht kreditwürdig war trotz „Forfaitierung mit Einredeverzicht“ im Mietvertrag mit der Stadt für das übertragene Rathaus. Die Bank wollte eine zusätzliche Bürgschaft der Stadt über 40,5 Mio. €. Per Dringlichkeitsbeschluss durch Frau OB und je einen SPD- und CDU-Ratsherrn wurde das Ende Mai 2009 beschlossen und wohl auch sofort umgesetzt.

Als die MBI Anfang Juni davon erfuhren, stellten sie eine Anfrage für den eigentlich zuständigen Finanzausschuss und danach den Rat der Stadt Mitte Juni, jeweils für den öffentlichen Teil, um die gesamte ungeheuerliche Geschichte dieser Umwegfinanzierung nicht im Geheimen zu belassen. In die Anfrage für den Finanzausschuss hatte die Verwaltung eigenmächtig und ohne Rücksprache aus öffentlich nicht-öffentlich hinein geschrieben, ein glatter Akt von irgendwie nicht erlaubter Zensur. Im Finanzausschuss wurde die Anfrage nicht behandelt, so dass die MBI sie für den Rat wiederholten. Erneute verfälschte die Verwaltung die MBI-Anfrage vor Verschickung. Bei der Diskussion zur Tagesordnung ließ die OB keine Abstimmung über die Zulassung des Punkts im öffentlichen Teil, wie beantragt, zu. Im nichtöffentlichen Teil beantragte SPD-Wiechering die Absetzung der Anfrage von der TO, was bei Anfragen ebenfalls nicht zulässig ist. Dennoch stimmte eine Mehrheit die Fragen selbst im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung von der Tagesordnung. Ganz nebenbei: Das war die Sitzung, in der Wiechering vorher den MBI-Sprecher wüst beschimpft und als Autisten bezeichnet hatte.

Anfang Juli 2009 stellten die MBI Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Frau Mühlenfeld einmal beim RP wegen der äußerst bedenklichen Umgehung des Nothaushalts und dann beim Innenminister wegen Missachtung und Verletzung grundlegender demokratischer Regeln. Wie üblich erklärte der IM sich für nicht zuständig und der RP prüfte erst viele Monate, bevor dann wenig aussagekräftig abgewiegelt wurde und nichts geschah. Auch das zeigt, dass auch die Aufsichtsbehörden ihren geregelten Anteil an der gigantischen Verschwendung öffentlicher Gelder haben!

  • Die ganze Dienstaufsichtsbeschwerde als pdf-Datei (37 KB) hier.

P.S. Im folgenden noch ein paar Bilder vom Mülheimer Rathaus, u.a. mit dem Schildbürgerstreich des „Schmuckstücks“ der versteckten Rotunde
Das 1. Bild zeigt noch den (bereits leergeräumten) Rathausneubau kurz vor dem Abriss, im 2. Bild rechts war dem Abriss vollständig vollzogen.

Darunter aus diesem Jahr die Ansicht von der Bahnstr. aus auf das für 50 Mio. luxussanierte Restrathaus mit dem angebauten Kondor Wessels-Block, der irgendwie nicht zu dem denkmalgeschützten historischen Rathausrest passt. Davor das Loch, wo bis vor 4 Jahren die Bücherei stand, der Bau von Wohnklötzen auch nicht so richtig zustande kommt, zudem auch in diesem Teil (Baufeld 2) ein geplantes Ärztehaus nicht zustande kam.

Im 4. und untersten Bild unten sieht man die Rotunde im Innenhof zwischen Rathaus und Kondor Wessels-Wohnungen. Die teure Rotunde ist ebenfalls denkmalgeschützt. Sie wurde aber ganz abgerissen und (als Denkmal!) neu gebaut. Sie wurde als „Schmuckstück“ angepriesen. Doch dieses Schmuckstück ist völlig versteckt und für die Öffentlichkeit nahezu unzugänglich. Von hinten (Bild oben von rechts von der Seite der Kaufhofruine her) wurde der Plattenbau nahtlos an das Rathausdenkmal angebaut, vorne (3. Bild hierüber) wurde eine Toreinfahrt ausgespart. Die Rotunde sollte erst 3,2 Mio. kosten, am Ende waren es ca. 6 Mio. und wofür? Ein echter Schildbürgerstreich?