in die unsere Stadt geraten ist. Das ist und bleibt sicher auch so, wenn kein konsequentes wirkliches Sanierungskonzept
aufgestellt und umgesetzt wird. Bei der fulminanten Auftaktveranstaltung der sogenannten öffentlichen Etatberatungen, als Herrn Grandke aus Offenbach dabei war, erhielten wir den Eindruck,
auch in dem Mülheimer Haushaltsentwurf wäre etwas Neues, das anders als in der 90er Jahren strukturelle Veränderungen einleiten würde.
Was uns im Februar dann vorgelegt wurde, war sehr
ernüchternd und erwies sich bald in vielen Punkten auch als nicht machbar oder nicht sinnvoll. Logischerweise umfasst der nun vorgelegte Veränderungsnachweis fast 200 Seiten, weil in den politischen
Beratungen ganz andere Schwerpunkte gesetzt wurden. Dabei war sich die Politik in vielen Punkten einig. Alleine das spricht Bände.
Auf dem NRW-Städtetag kritisierte der Krefelder OB Pützhofen sehr
deutlich, dass das Innenministerium die Städte zu Gruselkatalogen
im HSK zwingen wolle mit ungeeigneten schablonenhaften Vorgaben. Der vorgelegte Mülheimer Entwurf hielt sich dagegen sehr stringent und fast sklavisch an die Vorgaben des Landes. Das Ergebnis wies völlig falsche Signale für die Stadtentwicklung auf und glänzte mit einer langen Liste von willkürlichen Kürzungen im Kultur- und Sozialbereich. Im heute vorliegenden Veränderungsnachweis sind die folgenschwersten Maßnahmen nicht mehr enthalten. Dennoch sagen wir für die MBI: auch die veränderte Fassung hat mit ernsthafter Haushaltsanierung nur wenig zu tun. Wir lehnen den Haushalt deshalb ab.
Die Streichung der Streichungen reicht nämlich bei weitem nicht aus, ganz unabhängig davon, ob Düsseldorf dem vorliegenden Entwurf zustimmt. Insbesondere beklagen wir folgende Mängel:
Beschlossene
und einschneidende Veränderungen in unserer Stadt wie das zentrale Immobilienmanagment, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft und die Teilprivatisierung der Entsorgungsbetriebe sind nicht berücksichtigt. Die
Haushaltssicherung wird längst überholt sein, bevor sie zum Tragen kommen könnte.
Die Einsparungen bei der Gebäudereinigung halten wir in der angedachten Form für höchst fragwürdig.
Die Streichung der
Zuschüsse für das Landschulheim Hohenunkeln die beabsichtigte Schließung der Stadtteilbüchereien in Dümpten und Saarn und die Streichung der Stelle für das Stadtgeschichtliche Museum halten wir für falsch.
Die Aufgabe der Stadtgärtnerei erscheint uns nicht ausreichend durchdacht. Wir vermissen deutlichere Ansätze im Haushalt für die Stärkung der Innenstadt und den Ausbau der Stadtteilzentren.
Das
Rasenmäherprinzip bei Personaleinsparungen ist auf Dauer nicht tragfähig. Wir vermissen hier ein klares Konzept für die nächsten Jahre, damit nicht Jahr für Jahr Musik nur in immer neuen Streichkonzerten
ertönt.
Die beiden entscheidenden Komplexe für eine strukturelle Haushaltsverbesserung liegen zum einen im Personalbereich, der ca. 1/3 der Ausgaben ausmacht, zum anderen bei den Betrieben der Stadt. Zu
beiden Punkten können wir kein Konzept erkennen.
Stellenstreichung um ihrer selbst willen ist auf Dauer eher schädlich. Wenn grundsätzlich pro Dezernat oder Amt rein prozentual Personaleinsparungen
angesetzt werden, liegt darin keine Perspektive. Hier muss klar sein, wo der Zug hingeht, wie die Vewaltungsstruktur in 5 bis 10 Jahren aussehen soll. Dies ist aber noch nicht zu erkennen.
Bei den
Betrieben der Stadt liegen große Teile des städtische Vermögens. Gewinne aus RWE-Aktien oder Abführungen der Beteiligungsgesellschaften werden zur Verrechnung der Defizite der Betriebe verwandt. So werden
Steuern gespart. Unabhängig davon, wie man es wertet, wenn eine öffentliche Hand der anderen Steuern nicht gibt, liegt unseres Erachtens hier ein bzw. der wesentliche Schlüssel für wirkliche
Haushaltssanierung. Erst wenn die Stadt ihr Vermögen wieder selbst in der Hand hat, kann ernsthaft an Schuldentilgung im größeren Stil gedacht werden. Gleichzeitig wird das jährliche Defizit der Betriebe von
ca. 50 Millionen erst dann und nur dann angegangen werden. Da auch in den Punkten ein Konzept kaum zu erahnen ist, können wir im vorliegenden Haushalt insgesamt keinen Ansatz erkennen, der uns
aus der Diabolische Schuldenfalle hinausführen könnte und der in 4 Jahren einen wirklich ausgeglichenen Haushalt zum Ergebnis haben könnte.
Im Finanziellen wie in der Stadtentwicklung müssen
Entscheidungen im Sinne der Agenda 21 nachhaltig sein, wollen wir Probleme nicht auf unsere Kinder abwälzen. Genau auf diesen Punkt hat auch Frau Semmler sehr richtig in ihrer Etatrede hingewiesen. Der
vorgelegte Entwurf auch mit den Nachbesserungen trägt dem aber in keiner Weise Rechnung.
Es ist nämlich das Gegenteil von Nachhaltigkeit, wenn die seit langem überfällige Änderung der Verkehrsführung
Innenstadt auf Sankt Nimmerlein verschoben würde und die sowieso unter starkem Druck stehende City noch schneller ins Hintertreffen geriete gegenüber RRZ, Centro oder Multicasa. Es ist schwer
vorstellbar, dass eine unserer Nachbarstädte auch nur den Versuch unternommen hätte, ein ähnlich falsches Signal für die Innenstadt zu versuchen. Ähnlich verhält es sich mit der Umgehungsstraße Dümpten, mit
der auch die Entwicklung riesiger Brachflächen verknüpft ist. Aus falsch verstandener Ehrfurcht vor den schematischen Vorgaben der Finanzaufsicht wurden zuerst die falschen Signale gegeben, um dann in recht
kurzer Zeit alles doch wieder zu ändern.
Es hat auch überhaupt nichts mit Nachhaltigkeit zu tun, wenn z.B. bei der Obdachlosenhilfe die Sozialarbeiterstelle gestrichen werden sollte, obwohl diese Stelle
nachweislich der Allgemeinheit durch präventive Beratung viele Unkosten ersparte. Ebensowenig nachhaltig ist die Zerstörung sozialer Infrastruktur aus rein haushaltstechnischen Gründen heraus, sei es die
Schließung von Stadtteilbüchereien, des Styrumer Freibades oder der Altentagesstätte Schillerstraße und und und.
Überhaupt hatten wir den Eindruck, dass eine Reihe der Punkte der urspünglichen Streichliste
mehr erzieherischen Charakter hatten, als ernsthaft der Haushaltssanierung dienen zu können.
Notwendige nachhaltige Prozesse auch bei Einsparungen können aber nur unter folgenden Gesichtspunkten
erfolgreich eingeleitet werden:
1)Wenn Transparenz und Bürgerbeteiligung schon in der Zielbestimmung gegeben sind
2)Wenn alle Maßnahmen auf mittel - und langfristige Folgekosten überprüft wurden
3)Wenn durch rein schematische oder bürokratische Kürzungen woanders nicht neue Löcher aufgerissen werden
4)Wenn das Sanierungskonzept Glaubwürdigkeit besitzt und das Gebot der Verhältnismäßigkeit
gewahrt ist.
5)Wenn Gelder für präventive Maßnahmen und zukunftsfähige Investitionen trotz Sparkurses zur Verfügung stehen
Im Einzelnen:
Die Mülheimer Etatveranstaltungen der letzten Wochen waren
PR-mäßig hervorragend gemacht und sicher entsprechend teuer. Wenn aber außer Presse, Amtsleitern und Dezernenten schon mal betroffene Bürger anwesend waren, wirkten deren Beiträge eher störend. Von
Anregungen und Vorschlägen war wenig zu hören.
Die MBI begrüßen es ausdrücklich, mit Haushaltsdiskussionen zu den Bürgern zu gehen, doch ist das nur erfolgreich, wenn nicht erst kurz vor Entscheidungen
mit den Beteiligten gesprochen wird. Dann ergeben sich auch eher gangbare Ansätze und andere kreative Modelle. In Porto Allegre in Südbrasilien dauerten die Etatberatungen unter Einbeziehung der Bürger ein
ganzes Jahr und die Ergebnisse waren vorbildlich. Wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen.
Die starre Grundlogik des vorliegenden Sparhaushalts halten wir für stellenweise kontraproduktiv. Bestes
Beispiel ist der Fahrrad-Fußweg durch Speldorf vom Raffelberg bis zum MüGa-Gelände.
Lediglich 135.000DM muß die Stadt selbst dafür investieren, durch die Erschließung werden aber die städtischen
Grundstücke auf der Trasse der aufgegebenen Emmericher Straße verkäuflich, was mehrere Millionen zusätzliche Einnahmen bedeutet.
Dieser Goldesel Fahrrad-Fußweg war aber im 1. Haushaltsentwurf gestrichen,
weil von der reinen Lehre her eben keine neuen Investitionen möglich sein sollen. Wir können uns nicht vorstellen, dass es der Kommunalaufsicht nicht klarzumachen sein soll, dass sowohl die Investition der
135.000DM als auch die dadurch erzielbaren Erlöse in Millionenhöhe im gleichen Verwaltungshaushalt verbucht werden können, um damit notwendige Investitionen in der Innenstadt oder auch in Speldorf abzudecken.
Ähnlich verhält es sich mit den städtischen Häusern am Klöttschen. Sie wurden vor vielen Jahren gekauft, um den Klöttschen als 4-spurige Ausfallstraße verbreitern zu können. Diese Planung als Teil der
alten Verkehrsführung Innenstadt wurde aber schon vor Jahren aufgegeben. Was also liegt näher als die Häuser am Klöttschen wieder zu verkaufen und die Erlöse für die Umsetzung der beschlossenen neuen
Verkehrsführung Innenstadt zu verwenden. Wegen der starren Haushaltsvorgaben die Punkte vollständig zu trennen, erscheint uns aufgesetzt und falsch.
In beiden Fällen haben die Erfolge Mülheimer
Bürgerinitiativen der Stadt Einnahmemöglichkeiten eröffnet, ob bei den Grundstücken auf der Trasse Emmericher Straße oder den Häusern am Klöttschen. Diese wurden seinerzeit für geplante Investitionsmaßnahmen
gekauft. Der Erlös des Wiederverkaufs sollte also genauso für Investitionen verwendet werden, insbesondere für die Innenstadt.
Der vorliegende Haushalt hat unserer Ansicht deshalb die Möglichkeiten noch
lange nicht alle genutzt.
Ein Punkt hat uns bei den Ausführungen des Offenbacher OB Grandke - bei allen sonstigen Differenzen zu seinem rigorosen Sparkurs - überzeugt:
In Offenbach wurde im
Personalbereich konsequent von oben nach unten umstrukturiert und eingespart, so daß nur noch 3 Dezernenten übrig sind. Dadurch wurde nicht nur die Effizienz gesteigert, sondern auch die Glaubwürdigkeit. Das
wiederum führte dazu, daß in Offenbach der Sparkurs mitgetragen wurde und erfolgreich war.
Im Mülheimer Haushaltsentwurf ist Ähnliches nicht einmal ansatzweise zu finden. Die MBI finden es auch schade,
dass ihr Antrag, alle Amtsleiterstellen mit k. w. - Vermerk für künftig wegfallend zu belegen, bisher keine Mehrheit fand.
Einer der wichtigsten Aspekte zur zwingend notwendigen Glaubwürdigkeit bei
der Haushaltssanierung ist das Gebot der Verhältnismäßigkeit, d. h. der Beteiligung auch und besonders der starken Schultern dieser Stadt.
Wenn die Streichung von ein paar jeweils tausend Mark für
Selbsthilfegruppen, Behinderten- oder Gehörlosenhilfe, Kleidergeld für Sozialhilfeempfänger, Schulfahrten für sozial benachteiligte Kinder, Arbeitslosenzentrum, Mietspiegelerstellung oder für
Jugendeinrichtungen solch sinnvolle Projekte in der Existenz bedroht ohne einen nennenswerten Effekt für die Haushaltssanierung zu haben, so kann man dadurch den bereits Benachteiligten und sozial
Schwachen Angst und Schrecken einjagen, die Verhältnismäßigkeit ist hierdurch jedoch nicht gegeben.
Das wird noch bedenklicher, wenn man sieht, wie großzügig an anderen Stellen mit Geldern umgegangen
wird, und das in Größenordnungen, die jedem von den Sparmaßnahmen betroffenen Bürger die Zornesröte ins Gesicht treibt.
Wenn zum Beispiel 1 Million bei der Skate Galaxy mit dem Pleite-Investor verschwunden
sind oder wenn bei Grundstücksverkäufen wie an der Ruhrorter Str. an ein renommiertes Autohaus freiwillig auf hunderttausende Mehrerlös verzichtet wird.
Nicht einzusehen ist auch, daß die städtische
Sparkasse mit 0,00 DM Überschussanteilen sich an der Gesundung der kränkelnden Mutter Stadt beteiligt, gleichzeitig aber genügend große Summen zur Verfügung hat, um je nach politischer Wetterlage die
Sparkassen-Chefs auszuwechseln.
Nicht vermittelbar ist es auch, wenn bei städtischen Beteiligungsgesellschaften immer wieder das sogenannte 4 - Augen - Prinzip praktiziert werden soll, d.h. zwei, statt
einen hoch bezahlten Geschäftsführer.
Auch die Frage, ob die Sponsorengelder städtischer Beteiligungsgesellschaften besser dem Haushalt der Stadt als etwa für Veranstaltungen des Rhein - Ruhr - Zentrums
zugute kommen sollen, muss man (hier) wenigstens stellen dürfen.