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19. Nov. 02: Der RP hat Mülheim den blauen Brief geschickt. HSK abgelehnt und Haushalt 2002 wieder nicht genehmigt. Rekordverdächtig: Mülheim nun 5 Jahre ohne genehmigten Haushalt und mit vorläufiger Haushaltsführung! Das hat noch keine der Nachbarstädte geschafft!  vgl. auch die Etatrede des MBI-Ratsvertreters L. Reinhard am 6.6. 2002 zum Haushalt: ”Märchen, Fabeln und Sagen: der Haushalt der Stadt Mülheim a. d. Ruhr! Aus der Krise nur mit mehr Demokratie, frühzeitiger Beteiligung, Transparenz und konsequentem Filzabbau!” s.u. oder als (88,4 KB)

Etatrede des MBI-Ratsvertreters

 L. Reinhard am 6.6.2002

Märchen, Fabeln und Sagen:
der Haushalt der Stadt Mülheim a. d. Ruhr
Aus der Krise nur mit mehr Demokratie, frühzeitiger Beteiligung, Transparenz und konsequentem Filzabbau

Auf den vorliegenden Haushalt im einzelnen einzugehen, lohnt sich eigentlich nicht, weil der letztjährige nicht genehmigungsfähige Haushalt nur erneut fortgeschrieben wurde, um noch einmal 1 Jahr Zeit zu gewinnen. Deshalb liegt es auch nicht in der Logik dieses Etats, willkürlich nur dem Autonomen Zentrum Gelder zu kürzen. Wir fordern die CDU auf, ihre Haltung zu überdenken anstatt diesem Kind, was sie mitgezeugt hat, ohne Anlass oder Not die Beine wegzuschlagen.

Seit 1998 leben wir in Mülheim nun ohne genehmigten Haushalt unter vorläufiger Haushaltsführung, eigentlich eine Katastrophe! Dass wir nun heute, im Juni 2002, den Haushalt für 2002 beschließen sollen, dem dann im Herbst die Kommunalaufsicht wahrscheinlich wieder nicht zustimmen wird, ist auf den ersten Blick eine Zumutung, auf den zweiten eine exakte Zustandsbeschreibung oder auch Bankrotterklärung und auf den dritten Blick die dringliche und unausgesprochene Aufforderung zum Umdenken und zu deutlich anderem Handeln.
Die Mülheimer Woche dieser Tage zitiert unbenannte Finanzexperten, die behaupteten, die „Stadt sei bis 2020 in den Miesen". OB und Kämmerer verweisen in der Mitarbeiterzeitung des Rathauses darauf, dass es „keine hausgemachte Krise" sei. Bei allem Verständnis für die Forderung nach der überfälligen Reform der Gemeindefinanzierung und der ebenfalls überfälligen Anpassung des
Solidarpakts an die Realitäten speziell für die Ruhrgebietsstädte haben die MBI mich als ihren Vertreter im Rat beauftragt, deutlich zu machen, dass 1. die Schuld nicht nur woanders gesucht werden kann (so als sei das Haushaltsdebakel höhere Gewalt) und 2. aufzuzeigen, dass Defätismus, Mutlosigkeit oder Miesmacherei nicht angebracht sind, dass es sehr wohl Möglichkeiten für eine wirkliche und nachhaltige Haushaltssanierung auch ohne Kahlschlag gibt. Nur: dafür kann und darf man nicht so weiter machen wie bisher im altbekannten Mölmschen Schlendrian und dem Wechselspiel von Dilettantismus und Größenwahn.

Es ist nämlich auch eine hausgemachte Krise, weil über Jahre versäumt wurde, strukturell notwendige Reformen in unserer Stadt überhaupt erst einmal einzuleiten!

Sanierungsstau bei Schulen, Sportstättenmisere, der auf Ostblockniveau zustrebende Zustand der Straßen, Wildwuchs, Günstlingswirtschaft und Konzeptlosigkeit in der Stadtplanung und, und, und... sind Zeugnisse des Gegenteils von Nachhaltigkeit, das Dauerthema Flughafen und die Verkehrsführung Innenstadt sind beste Belege, wie nicht nachhaltiges Handeln zur Agonie führt. In der Politik der 90iger Jahre war es üblich, unabhängig jeglicher Parteicouleur, nach dem Prinzip Hoffnung zu verschieben – immer mit dem Hintergedanken, dass sich schon irgendwie alles von selbst regeln werde. Die Ergebnisse waren Schuldenberge und Sanierungsstau, mit denen dann der nächste Schritt der öffentlichen Verarmung, der große Ausverkauf von Tafelsilber, Grünflächen usw. begründet wurde.

Der Verkauf der Goldesel Wasser, Gas, Müllabfuhr, Straßenreinigung, Abwasser, Kraftwerk Raffelberg - alle auch noch an nur 1 Monopolisten, nämlich RWE - hat ein wenig Zeitgewinn verschafft, aber die Zukunftsaussichten für Stadtsäckel und Bürger deutlich verschlechtert. Ungeachtet dessen wurde die nächste Stufe eingeläutet, der geplante Verkauf von Straßenbahn- und U-Bahnlinien und womöglich noch anderen Infrastrukturanlagen per Crossborder-Leasing an sog. US-Investoren, meist zweifelhafte Briefkastenfirmen. Diese sparen in den USA Steuern mit dem Besitz unserer Straßenbahnen. Das geht aber nur festgelegt auf mindestens 99 Jahre, wobei die Hälfte der 100-jährigen US-Steuerersparnis bereits bei Vertragsabschluss an die Stadt fließt. Irgendwie erinnern solche Verträge an die Indianer des ehemaligen Wilden Westens, denen man mit 100-Jahresverträgen u.a. Manhattan abluxte. Das ganze setzt dem Ausverkaufsrausch der letzten Jahre noch eins drauf, denn solche unkalkulierbaren und turboriskanten Geschäfte sind ungedeckte Schecks auf die Zukunft gleich für ganze Generationen. Nur: dieses Mal sind wir bzw. unsere Kinder und Enkel die Indianer.

Nach einem Jahrzehnt der „Hans-Guck-in-die-Luft-Politik" würde auch die Gemeindefinanzreform des Bundes aus Mülheim nicht den „Hans im Glück" machen, um Vergleiche aus dem Reich der Märchen- und Fabelwelt heranzuziehen.

Es ist zudem absolut nicht zu erwarten, dass der überverschuldete Bund - siehe blauer Brief aus Brüssel - oder das überverschuldete Land - siehe Haushaltssperre - die Goldtaler haufenweise regnen lassen werden, so dass aus dem kommunalen „Pech- das Goldmariechen“ werden könne.

Nein: Mülheim muss zuallerst sein Aschenputteldasein zuzugeben lernen und sich dann vornehmlich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen!

Auf die Finanzsituation bezogen bedeutet das nichts Märchenhaftes, sondern es ist absolut notwendig, alles und wirklich alles endlich unter dem Prinzip der Nachhaltigkeit zu beleuchten und zu verändern.

Nachhaltige Entwicklung war der zentrale Begriff der Agenda 21 bei der Rio-Konferenz vor 10 Jahren, die vom Kanzler unterschrieben und vom Bundestag ratifiziert wurde. Nachhaltigkeit bedeutet aber mehr als ein Agenda-Büro im Seitenflur des Rathauses oder Appelle für einen autofreien Tag oder Sonntagsreden für eine bessere Welt. Konkrete Maßnahmen sind gefragt, damit wir unseren Kindern eben keinen Scherbenhaufen und haufenweise ungedeckte Schecks übergeben.

Nachhaltigkeit setzt aber Transparenz sowie offene Prozesse und Partizipation, d.h. frühzeitige Einbindung der Betroffenen, voraus.

Letztendlich kann Nachhaltigkeit auch nur bei vernetzten und ganzheitlich durchdachten Prozessen erreicht werden - wenn bei kurzfristigen Maßnahmen auch die mittelund langfristigen Auswirkungen bedacht sind, wenn ökonomische, soziale, ökologische kulturelle und gesundheitliche Gesichtspunkte gleichzeitig berücksichtigt sind und wenn dabei auch über den Tellerrand geschaut wird.

Ich möchte an einer kleinen Geschichte oder Parabel verdeutlichen, was damit im Rahmen konkreter Umsetzungen gemeint sein könnte:
Es war einmal eine Stadt, nennen wir sie PISA, weil etliches schiefging. Als man z.B. sah, dass viele Kinder immer mehr an Bewegungsmangel litten, schlechtere Starts in der Schule hatten und die Förderung im Lesen und Rechnen schwieriger wurde, war man recht ratlos. Wenn Betroffene oder gar Bürgerinitiativen sich beschwerten, Fragen stellten o.ä. gab man jahrelang die Parole aus „Weiter machen, wir sind auf dem besten Weg.“ Als die Fragen immer häufiger und die Ratlosigkeit immer größer wurden, holte man zwar den Rat von immer teureren Experten, nur ändern tat sich nichts

Dann trat die Stadt dem Pilotprojekt des Landes für nachhaltige Entwicklung bei.

Als der Bürgermeister eines Tages einen Spielplatz an einer Grundschule in einer Nachbarstadt besuchte, sah er mit Freude, wie die Kinder dort ohne Anleitung, einfach frei und ungezwungen nach Herzenslust umhertobten. Sie schulten dabei das periphere Sehen. und machten insgesamt in ihrer Bewegung einen viel koordinierteren und integrierteren Eindruck. Die Lehrer der Schule erzählten dem Bürgermeister, dass auch die schulischen Leistungen deutlich besser geworden seien mit den veränderten Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten. Mehr Logikverständnis  und mehr Fantasie hätten sich durchgesetzt, weil durch die Bewegung nun die Fähigkeiten beider Gehirnhälften bei den Kindern genutzt werden konnten. Ja, selbst im Straßenverkehr seien diese Kinder aufmerksamer geworden.
Das erfreute den Bürgermeister so sehr, dass er den Rat einberief. Der aber wollte

zuerst nach altem Muster verschieben, doch dann bewegte das o.g. Pilotprojekt den Rat dazu,  Kinder, Eltern und Lehrer zu einer Zukunftswerkstatt über Spielgeräte auf Schulhöfen und Kindergärten einzuladen. Viele kamen und die Ratsdamen und -herrn wurden überzeugt. Der Rat beschloss, für die Kinder umgefällte Bäume mit lang ausladenden Ästen auf alle Schulhöfe zu legen, damit die Kinder darauf balancieren, wippen, laufen und toben können. Der Hüter des Waldes kam mit etlichen ehemals arbeitslosen Helfern dazu und weitere ehemals arbeitslose Fachleute und Helfer machten sich daran, aus dem Holz Spielgeräte nachzubauen, die z.B. Hugo Kükelhaus schon vor gut 50 Jahren zum Wohle der Kinder entwickelt hat. So wurden auch die Kassen von Arbeits- und Sozialamt etwas entlastet. Das gesparte Geld wurde in die Reparatur von Straßen und die Sanierung von Schulen gesteckt. So sah jeder ein, dass er etwas für seine Zukunft tut, wenn er etwas für Kinder tut.

Die Schulhöfe wurden bewegungsfreundlich gestaltet und in den Schulen gingen die Unfallzahlen zurück, selbst nachmittags besuchten die Kinder ihren Spielplatz. Die Bürger der Stadt lobten die Weisheit und die Zukunftssicht ihres Rates. Großprojekte, wie sie in den Jahrzehnten zuvor Denken und Handeln in der Stadt PISA bestimmt hatten, wurden in kleine, überschaubare Einheiten zerlegt, die ausgegebenen Gelder für die Kinder eingesetzt in Kindergärten, Schulen und Schulhöfen und nicht in teuren Gartenshows, Ruhrtunneln oder Rapidtrassen, mit deren Folgekosten der städtische Haushalt fast stranguliert worden wäre. Die Bürger waren innerlich berührt und versprachen, alle Mitglieder des Rates, die so umsichtig entschieden hatten, wieder zu wählen. Soweit das !

Von all dem sind wir in Mülheim Lichtjahre entfernt, wie die Zeitungsmeldung von vorgestern belegt, dass Selbecker Kinder einen Sponsorenlauf machen müssen für ein Klettergerät auf dem Schulhof!

Es wird uns aber auf Dauer nichts anderes übrigbleiben, als in eine Politik der Nachhaltigkeit umzusteigen.

Wir sollten also möglichst schon beim Haushalt 2003 ganz anders vorgehen als üblich , und zwar in Richtung eines sog. Beteiligungshaushaltes, wie er zuerst in Porto Alegre in Südbrasilien durchgeführt wurde.

Weltweit finden in den letzten Jahren in immer mehr Städten neue Politik- und Verwaltungsmodelle Verbreitung, die sich durch mehr direkte Demokratie von unten auch der Globalisierung von oben widersetzen und sich eine "Umkehrung der Prioritäten" vorgenommen haben.Die fortgeschrittenste Praxis findet hierzu in Ländern des Südens statt, weil der Bankrott der Kommunen sich dort schon vor längerem vollzog.

Wichtigstes Instrument dieser neuen Politik ist die erweiterte demokratische Bürgerbeteiligung in den öffentlichen Angelegenheiten, insbesondere auch bei der Aufstellung des kommunalen Haushalts. Dabei handelt es sich keineswegs nur um kleine, überschaubare Kommunen. Groß- und Megastädte wie z.B. Barcelona, St. Denis (Großraum Paris), Montevideo, Belo Horizonte, Sao Paulo und demnächst Neapel sind dabei. Der Beteiligungshaushalt in Porto Alegre zeigt: es ist möglich, selbst unter schwierigen Bedingungen eine Stadt auf allen Gebieten wieder nach vorne zu bringen, die chronische Finanzkrise in den Griff zu bekommen und den Haushalt auszugleichen, - ohne eine immer unsozialere kommunale Steuerpolitik, ohne die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst massiv abzubauen, die Durchschnittseinkommen abzusenken und die öffentlichen Dienstleistungen zusammenzustreichen, ohne Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung zu steigern usw..

Inzwischen haben auch die ersten deutschen Städte mit einem Beteiligungshaushalt nach dem Vorbild von Porto Alegre vorsichtig begonnen, z.B. Erlangen oder Monheim unweit von hier. Das Düsseldorfer Innenministerium gibt zusammen mit der Bertelsmann-Stiftung dafür auch Zuschüsse. Wir sollten uns also möglichst noch gestern mit dem Modell genauer auseinandersetzen, Kontakte mit Erlangen, Monheim und dem Innenministerium bzw. der Bertelsmann-Stiftung aufnehmen und zur nächsten Sitzung von Haupt- und von Finanzausschuss Experten einladen, die uns weiter kundig machen. Auch die Mülheimer Erfahrungen aus dem vorletzten Jahr, als OB Baganz und Kämmererin Semmler mit den sog. öffentlichen Etatberatungen einen richtigen Ansatz gewagt, aber doch zu sehr von oben herab und als Show-Veranstaltungen organisierten, können wir verwerten.  Dann könnten wir für den Etat 2003 vielleicht schon erste Schritte in Richtung eines echten Beteiligungshaushaltes wagen, wie es auch in dem MBI-Antrag steht, den wir heute noch abzustimmen haben, nämlich die Haushaltseinbringung nicht nur früher im Jahr, sondern auch mit verstärkter Bürgerbeteiligung durchzuführen.

Wenn wir auch in Mülheim jemals wieder einen ausgeglichenen Haushalt bekommen wollen, müssen wir uns zuallererst um die großen Posten bei den Ausgaben kümmern und das sind Personalkosten und Betriebe der Stadt.

20 Mio Euro sollen bei Personalkosten im Rathaus bis 2005 eingespart werden. Der angekündigte Abbau von 400 Stellen nach dem Rasenmäherprinzip ist auf Dauer kontraproduktiv.  Seit vielen Jahren wird eine Umstrukturierung der Verwaltung mit Verflachung der Hierarchien propagiert, nur geschehen ist wenig. Fakt ist: Nur die Einsparung von oben nach unten ist glaubwürdig und kann Effizienzsteigerung bei gleichzeitiger Kostenreduzierung bewirken.

Die MBI fordern weiterhin die mittelfristige Reduzierung der Dezernate auf 3 bei gleichzeitiger Zusammenlegung von Ämtern bei Einsparung aller Amtsleiterstellen, die frei werden. Viele Wege würden verkürzt, Anträge und Bürger- bzw. Investorenwünsche schneller bearbeitet und mit der Einsparung von Dezernenten und Amtsleitern gleichzeitig viel Geld gespart!

Jede Gelegenheit bisher wurde vertan, alle höheren Posten beibehalten und bei Ausscheiden eines Amtsleiters neu besetzt (zuletzt Jugendamt, Ordnungsamt, Rechnungsprüfungsamt usw..)

Das geschah, obwohl durch Ausgliederung von städtischen Gesellschaften wie Grün und Wald, Immobilienservice, Eigenbetrieb Kultur, MSS, MST, M&B usw. in den letzten Jahren zusätzliche amtsleiterähnliche Stellen entstanden sind. Anstatt in der Folge die verbliebenen reduzierten Ämter im Rathaus neu zu strukturieren und zusammenzulegen, sind noch mehr Wasserköpfe entstanden und eine strukturelle Personalkostenreduzierung trotz eingesparter Stellen schwieriger denn je.

Es ist ein Trauerspiel, wenn 2 1/2 Jahre nach Pensionierung des Jugendamtsleiters die angekündigte Zusammenlegung von Sozial-, Schul- und Jugendamt zum Amt für soziale Dienste mit Einsparung von Amtsleiterstellen immer noch nicht in Sicht ist oder auch die naheliegende Zusammenlegung von Ordnungs- und Rechtsamt nach Ausscheiden des Amtsleiters trotz gegenteiligem Beschluss des Hauptausschusses neu besetzt wurde oder wenn das Schulamt, nach Wegfall der Gebäudeverwaltung und demnächst der Medienabteilung ohne ausreichende  Beschäftigungsperspektive ist, weiter arbeitet, als hätte sich nichts verändert! Nicht zuletzt dieses Amt ist den Nachweis seiner Effektivität schuldig geblieben, haben doch die Hinweise auf das Herausgeben und Verwirklichen eines Schulamtsprogramms bisher zu keiner nachweisbaren Aktivität geführt - also eher ein "Sich-selbst-Verwalten"

Der Handlungsbedarf ist offensichtlich und die Möglichkeiten gerade in Zeiten des Zusammenwachsens der Ruhrgebietsstädte so groß wie nie zuvor!

Auch im Bereich der Betriebe der Stadt sind strukturelle Verbesserungen und damit auch Einsparung für den Haushalt hauptsächlich durch verstärkte Kooperation bis hin zur Fusion mit den Nachbarstädten zu erreichen. Die Zeit dafür ist überreif. Umso unverständlicher ist das Neu- und Umbauprogramm für das Betriebegelände von sage und schreibe 40 Mio Euro. Gleichzeitig soll mit dem herkömmlichen Strickmuster 1 Mio jährlich gespart werden durch Ausdünnung des Angebots über das vorgeschlagene Schwachverkehrszeitennetz. Das ist Sparen am falschen Ende. Das Angebot wird noch unattraktiver, noch mehr Menschen würden das Auto statt des ÖPNV benutzen. Nach der Logik der Betriebe hätte das weitere Taktausdünnungen zur Folge usw.. Ein typisches Beispiel, das die Notwendigkeit eines Beteiligungshaushalts mit frühzeitiger Bürgerbeteiligung zeigt. Zum  Beispiel sind Speldorf und Broich südlich der Saarner Str. heute schon miserabel an den ÖPNV angebunden, das geplante Schwachverkehrszeitennetz macht es noch schlechter. Da wäre es geboten, mit den Bürgern und ÖPNV-Nutzern vor Ort Lösungen zu entwickeln, auch neue und flexiblere Wege, die aber auf die ÖPNV-Kunden abgestimmt sind.

Meine Damen und Herren,

wir brauchen eine andere Politik auch im Kleinen. Es ist beschämend, wenn Grundschuleltern wegen ein paar tausend Mark für Schulwegsicherung Monate oder Jahre kämpfen müssen oder wenn der MBI-Antrag, die Hauptfriedhofsschranke auch sonntags zu öffnen , abgelehnt wird wegen angeblichem Geldmangel, gleichzeitig aber niemand wissen will, ob der Metrorapidtrasse der Stadt 10 oder 50 Mio Euro kosten würde, wenn Wüllenkemper nur zur Aufrechterhaltung der Flughafenoption eine 10-jährige Vertragsverlängerung erhält zu Sonderkonditionen, was den Steuerzahler Millionen kostet, wenn, wenn, wenn ......

Für uns sind gerade nicht die Groß- und Leuchtturmprojekte das, womit kommunal Akzente gesetzt werden. Kommunale Politik muss sich auch an kleinen Hürden messen lassen, nicht nur an Olympia, dem Metrorapid zur Fußball-WM, an Ruhrbania oder der Ausbauoption für den Flughafen.

Soviel steht fest: Die desaströse Entwicklung der Mülheimer Finanzen und des Haushalts kann man am besten nur noch als sagenhaft, fabelhaft oder märchenhaft zusammenfassen.

  • Jede Sage hat aber einen oder mehrere Helden: beim Mülheimer Haushalt Fehlanzeige.
  • Jede Fabel beinhaltet aber eine Lehre, doch wurde bisher  in unserer Stadt aus den Erfahrungen noch keine Lehre gezogen, es bleibt die Leere mit Doppel-e.
  • Jedes Märchen hat aber einen wahren Kern, doch dieser Kern schlummert in unserer Stadt noch immer in einer harten Schale.

Deshalb: Ob mit oder ohne Helden, lassen Sie uns gemeinsam Lehren aus dem Haushaltsdesaster ziehen und andere, nachhaltigere Wege gehen zusammen mit der Bevölkerung und nicht mehr über deren Köpfe hinweg, das ist des Märchens oder des Pudels Kern.

Die viel ärmere Stadt Porte Alegre hat uns das vorgemacht. Porto Alegre gilt heute, nach 12 Jahren mit ihrem Beteiligungshaushalt, als eine der brasilianischen Städte mit der vergleichsweise  höchsten Lebensqualität; sie ist - nach UNO-Kriterien - eine der lebenswertesten Städte der südlichen Hemisphäre.

Im Übrigen sei dabei auch darauf verwiesen, dass in Städten mit Beteiligungshaushalt wie Porte Alegre die Korruption merklich zurückging und Menschen, die vorher nicht an der Kommunalpolitik beteiligt waren, zum Mitmachen ermuntert werden konnten.

Nach dem vorher gesagten versteht es sich von selbst, dass ich den vorliegenden Haushalt ablehnen werde.