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Etatrede 2002: " Der Haushalt der Stadt Mülheim a. d. Ruhr: Märchen, Fabeln und Sagen! Aus der Krise nur mit mehr Demokratie, frühzeitiger Beteiligung, Transparenz und konsequentem Filzabbau!" (als pdf-Datei (88,4 KB)

20. März 03: eigentlich Etatsitzung des Rates. Doch selbst ohne “Bush”-Krieg ist der Etat 2003 sicher wieder nicht genehmigungsfähig, wie seit 1998! Die Sitzung findet nicht statt wegen Kriegsbeginn. Nun wird eine Sondersitzung anberaumt.

Etatrede des MBI-Ratsvertreters L. Reinhard in der Ratsitzung am 20. März 2003, verschoben auf 3. April 2003

“Die Riesenkrise nutzen und mit den Nachbarstädten kooperieren!”

Finanzchaos in Berlin, Finanzdesaster in Düsseldorf, in Mülheim Alltag!? Rekordverdächtig, in Wirklichkeit aber eine Katastrophe: Mülheim ist nun im 6. Jahr ohne genehmigten Haushalt und mit vorläufiger Haushaltsführung! Das hat noch keine der Nachbarstädte geschafft!

Auf den vorliegenden Haushalt im einzelnen einzugehen, lohnt nicht, weil der letztjährige nicht genehmigungsfähige Haushalt nur erneut fortgeschrieben wurde, um noch einmal 1 Jahr Zeit zu gewinnen.

Seit 1998 leben wir in Mülheim nun ohne genehmigten Haushalt unter vorläufiger Haushaltsführung und auch der vorliegende Etat wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht genehmigt! Das ist selbst im Vergleich mit den notleidenden anderen Ruhrgebietsstädten rekordverdächtig, in Wirklichkeit aber eine Katastrophe und ein Armutszeugnis im doppelten Sinne! An sich hat Mülheim nämlich mit die günstigsten Voraussetzungen, z.B. seit Jahren die zweitniedrigste Arbeitslosenquote oder auch der frühe Beginn des Strukturwandels u.v.m..

Angefangen hatte alles mit dem Doppelhaushalt 98/99, bei dem der damalige Oberstadtdirektor Predeik noch von "kreativer Buchführung" sprach, doch der Schwindel ging nicht durch.

Seitdem sind alle Versuche, seriöse Haushaltssanierung anzugehen, Makulatur geblieben oder nicht umgesetzt worden. Man hat zwar einige soziale Grausamkeiten versucht wie Schließung von Stadtteilbüchereien, Altenheimen, Freibad und Stadtgärtnerei oder Verkauf von Grabelandflächen und Schullandheim in Hohenunkeln. Doch diese für die Haushaltslöcher nur symbolischen Sparmaßnahmen waren entweder nicht durchsetzbar oder ineffektiv und nicht durchdacht wie bei der Stadtgärtnerei und bei Hohenunkeln bzw. erzeugten neue Folgekosten wie bei dem Schildbürgerstreich, dass nach der Schließung der Stadtteilbücherei Dümpten nun in der Grundschule Schildberg Gelder für die Einrichtung einer Bücherei ausgegeben werden müssen!

Bei allem Verständnis für die Forderung nach der überfälligen Reform der Gemeindefinanzierung und der ebenfalls überfälligen Anpassung des Solidarpakts an die Realitäten speziell für die Ruhrgebietsstädte möchte ich für die MBI deutlich sagen, dass

  1. die Schuld nicht nur woanders gesucht werden kann, so als sei das Haushaltsdebakel quasi Kismet oder höhere Gewalt und
  2. Defätismus nicht angebracht ist, dass es sehr wohl Möglichkeiten für eine wirkliche und nachhaltige Haushaltssanierung auch ohne Kahlschlag gibt.  Nur: dafür kann und darf man nicht so weiter machen wie bisher im bekannten Mölmschen Schlendrian und dem Wechselspiel von Dilettantismus und Größenwahn.

Es ist nämlich auch eine hausgemachte Krise, weil über Jahre alles versäumt wurde, strukturell notwendige Schritte in unserer Stadt einzuleiten!

Sanierungsstau bei Schulen, Sportstättenmisere, der auf Ostblockniveau zustrebende Zustand der Straßen, Wildwuchs, Günstlingswirtschaft und Konzeptlosigkeit in der Stadtplanung und, und, und... sind Zeugnisse des Gegenteils von Nachhaltigkeit. Der Dauerbrennerer Flughafen und die Verkehrsführung Innenstadt sind beste Belege, wie nicht nachhaltiges Handeln zur Agonie führt. Politik der 90iger Jahre war es, unabhängig von Parteicouleur, Probleme zu verschieben nach dem Prinzip Hoffnung, dass sich irgendwie alles von selbst regele. Schuldenberge und Sanierungsstau waren die Ergebnisse, mit denen dann der nächste Schritt der öffentlichen Verarmung, der große Ausverkauf von Tafelsilber, Grünflächen usw. begründet wurde.

Der Verkauf der Goldesel Wasser , Gas , Müllabfuhr, Straßenreinigung, demnächst Abwasser und evtl. das Kraftwerk Raffelberg hat ein wenig Zeitgewinn verschafft, aber die Zukunftsaussichten für Stadtsäckel und Bürger deutlich verschlechtert. Ungeachtet dessen wurde die nächste Stufe eingeläutet, der geplante Verkauf von Straßenbahn- und U-Bahnlinien und womöglich noch anderen Infrastrukturanlagen per Crossborder-Leasing an sog. US-Investoren, Geschäfte mit unübersehbarem Risiko auf Jahrzehnte. Zum Glück sind die Verhandlungen ins Stocken geraten und auch die Zukunft des Cross-Border-Leasing generell scheint ungewiss.

Insgesamt aber ist auch die Phase des Verkaufs von Tafelsilber im wesentlichen als abgeschlossen anzusehen.

Die zentralen Punkte für eine wirkliche Haushaltssanierung wurden aber nicht angegangen:

Eine Personalstrukturreform - 1/3 aller Ausgaben - wird seit Jahren angekündigt und angekündigt und nach der nächsten Ankündigung wieder verschoben. Derweil geht die Pöstchenhuberei und Pöstchenschafferei gerade auf höheren Ebenen munter weiter ( immer neue Ausgründungen, Eigenbetriebe, GmbHs, Beteiligungsgesellschaften dennoch Amtsleiter wie zuvor, neue Werkleiter, neue Geschäftsführer mit dem sog. 4-Augen-Prinzip uswusf..

Die Betriebe, nun MVG unter MEDL-Dach und zweitgrößte Ausgabenquelle, machen fleißig weiter Schulden wie gehabt. Diese werden durch Gelder des RWW-Verkaufs und andere Gesellschafterkonstruktion zwar nun verschleiert, doch entziehen sie in der Bilanz dem Stadtsäckel jährlich weiter enorme Gelder. Hier kann nur der sofortige Einstieg in die Kooperation mit den Nachbarstädten helfen. Die wird zwar in Sonntagsreden von allen inzwischen auch gefordert, doch so richtig erst in ein paar Jahren. Die Pläne für einen Um- und Neubau des Betriebshofes wurden schon beschlossen, während die Nachbarstadt Duisburg gleichzeitig Partner für ihre nicht ausgelasteten Werkstätten sucht. 

In den 90iger Jahren hat man notwendige Sanierungen bei Schulen, Sportstätten verschoben, um einfach wie gehabt weitermachen zu können. Das hat uns zwar eingeholt, doch auch daraus wurden keine Schlussfolgerungen gezogen. So als hätte die Stadt noch Geld, werden munter weiter Groß- und Neubauprojekte beschlossen oder vorgestellt: Ruhrbania ( auch noch im Hochwasserschutzgebiet) und Flughafenausbau, enorme städtische Vorleistungen für den überflüssigen Metrorapid, Abriß und Neubau von Ruhrsporthalle und Halle Mintarder Straße, neuerdings auch noch einen neuen Busbahnhof mit 1,5 Mio.Euro städtischen Geldern uswusf.. In der Realität aber geht der Verfall weiter, ist kein Geld für notwendige Kleinstmaßnahmen vorhanden.

Ich kann nur die seit Jahren gestellten Forderungen der MBI für eine ernstgemeinte Haushaltssanierung wiederholen:

  1. Sicherung des Bestandes statt Neubauten und windiger Ideen in der Hoffnung auf Fördergelder aus leeren Landes- und Bundestöpfen
  2. Konsequenter und sofortiger Beginn interkommunaler Durchleuchtung aller - die Betonung liegt auf aller - Bereiche, um über Kooperationen den besonderen Nachteil des Ruhrgebiets - die zerstörerische Konkurrenz der Kirchtürme - jetzt anzugehen.
  3. Einstieg in einen ernsthaften und auch für die Bürger transparenten Haushaltsentwurf, der nicht nur Zeit gewinnen will bzw. wie der Versuch noch unter Baganz sich per Doppelhaushalt über die nächsten Kommunalwahlen retten will. Haushaltssanierung muss wirklich gewollt sein und das können wir im vorliegenden Entwurf nicht sehen!
  4. Schlendrian und Filz muss endlich angegangen werden. Ohne ist Haushaltsanierung schwer möglich.
  5. Als letztes:Haushaltssanierung muss effizient, aber auch glaubwürdig sein, d.h. z.B. im Personalbereich die Einsparung von oben nach unten und nach Gesichtspunkten der Notwendigkeit für die Bürger, aber nicht die Beschränkung von Dienstleistungen im Rasenmäherprinzip.

Natürlich muss auch die Gemeindefinanzierung dringend geändert werden, muss der Solidarpakt Ost im Sinne der Ruhrgebietsstädte den Realitäten angepasst werden, doch das enthebt Mülheim nicht von den eigenen Hausaufgaben!

Ich kann zum Abschluss auch nur wiederholen, was ich bereits vor 2 Jahren und im letzten Jahr vorgetragen habe: Wir müssen anders vorgehen, und zwar in Richtung eines sog. Beteiligungshaushaltes, wie er zuerst in Porto Alegre in Südbrasilien durchgeführt wurde und wird. Weltweit finden in den letzten Jahren in immer mehr Städten neue Politik- und Verwaltungsmodelle Verbreitung, die sich durch mehr direkte Demokratie von unten und Einbeziehung der Betroffenen auch der Globalisierung von oben widersetzt und sich eine "Umkehrung der Prioritäten" vorgenommen hat.Die fortgeschrittenste Praxis für solche Beteiligungshaushalte gibt es logischerweise in Ländern des Südens, weil der Bankrott der Kommunen sich dort schon vor längerem vollzog.

Die MBI lehnen den vorliegenden Haushaltsentwurf ab!