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Etatrede des MBI-Fraktionssprechers L. Reinhard
Ratsitzung am 19.12.05, nachlesbar auch als (86 KB)

27.7.06: RP muss Etat 2006 ablehnen, läßt aber alle heiklen Fragen außen vor. Mülheim im 9. Jahr hintereinander im Nothaushalt! Wenn die Aufsicht trotz Haushaltskatastrophe wegsieht .... Schuldenschummler im freien Fall!

Mülheim auf Crashkurs!

MBI fordern:
Schulsanierung statt Ruhrbania!

u.a. folgende Kapitel, die von hier jeweils per Link direkt erreicht werden können
    * Der Aufprall der
“Air Mülheim“ mitten im Sumpf
    * Binsenweisheit 1: “Überschuldung
unlösbar durch noch mehr Schulden!“
    * Binsenweisheit 2: “Man kann
jeden Euro nur einmal ausgeben”
    *
Binsenweisheit 3: ”Ohne Transparenz und Seriösität gibt es keine Entschuldung”
   
* Binsenweisheit 4: ”Entschuldung heißt zuallererst Ausgabenreduzierung
    
* MBI-Forderungen für eine ernstgemeinte Haushaltssanierung

Der Etatentwurf für 2006 weist einen erwarteten Fehlbetrag von sage und schreibe 182 Millionen aus bei 338 Mio. Euro Einnahmen. Darin enthalten sind bisher weder die Millionen Schulden der MEG, noch die Weniger-Einnahmen durch das Fiasko am Heifeskamp, noch Mehrausgaben für Zins- und Schuldentilgung durch die Leitzinsanhebung der Zentralbank, auch nicht die zu erwartenden Mindereinnahmen bei Schlüsselzuweisungen des Landes, nicht der evtl. Wegfall bisher sicherer ca. 11  Mio. Einnahmen durch Konzessionsabgaben für die Netze der Wasser- und Energieversorger, die von EU-Seite her bedroht sind, und vor allem auch nicht die zu befürchtenden Mindereinnahmen in Millionenhöhe für Hartz IV durch Streichung von Bundeszuschüssen!

Lassen wir aber das mehr als bedrohliche Umfeld für alle Kommunen vorerst noch außen vor, so sprechen die Zahlen für sich. Ein Fehlbetrag der Stadt Mülheim in 2006, der  weit mehr als die Hälfte aller Einnahmen ausmacht, ist jenseits von Gut und Böse und das exakte Gegenteil von seriöser Haushaltsführung. Dabei könnten sich die 338 Mio erwarteten Einnahmen zusätzlich locker um zweistellige Millionenbeträge verringern, ohne dass etwas Dramatisches passieren muss!

Im Städtevergleich liegt Mülheim laut ex-Kämmerer Bultmann beim originären Defizit (ohne Zins- und Schuldentilgung) 2005 bereits an 2. Stelle mit 619 Euro pro Einwohner weit vor Oberhausen mit 531 E/E und dreimal so hoch wie Bochum oder Dortmund. Einzig Essen ist noch katastrophaler mit 713 E/E.

Bei den Gesamtschulden (ohne Kassenkredite) liegt Mülheim an 3. Stelle mit 2640,9 E/E, hinter Duisburg (3198E/E) und Solingen (3037 E/E), aber wieder weit vor Oberhausen mit 1781,6 E/E oder Herne.

Dabei waren und sind unsere Ausgangsbedingungen weit besser als in fast allen anderen Ruhrgebietsstädten: Mit bedeutend weniger Arbeitslosen, einer insgesamt sehr einkommensstarken Bevölkerung und dem weitaus früher begonnen  Strukturwandel.

Doch fast jeder Vorsprung und Vorteil ist verspielt, weil über viele Jahre gegen besseres Wissen einfach weitergemacht wurde. Der vorliegende Etatentwurf ist der 9. nicht genehmigungsfähige Haushalt in Folge, ein trauriger Rekord und eine schallende Ohrfeige für alle, die seit Jahren zu dem Desaster Ja und Amen sagten!

Als zuerst der Doppelhaushalt 98/99 abgelehnt wurde, fehlten im Vergleich zu heute läppische 23 Mio. DM, knapp 12 Mio. Euro für 2 Jahre. Im Etat 2001 betrug der originäre Fehlbetrag ohne Haushaltssicherungskonzept 10,6 Mio DM, in 2006 wird er über 100 Mio. Euro betragen. Das ist eine hyperexponentielle Schuldenexplosion und bedeutet Crashkurs!

Wäre die Stadt Mülheim wirklich der vielbeschworene "Konzern Stadt", würden die Aktionäre Panikverkäufe tätigen, der Aufsichtsrat hätte in Sondersitzungen bereits die Geschäftsführung entlassen.Ein Insolvenzverwalter würde strengstens die Nachrangigkeit der Verbindlichkeiten berücksichtigen. Zusammen mit den Schuldnerbanken und den Mitarbeitervertretungen würde er ein rigides Sanierungskonzept erarbeiten usw.

Zum Glück ist die Stadt aber kein Konzern, der zur Sanierung ganze Teile abstossen oder schließen kann. Umso mehr sollten die Menetekel, die übergroß den Mülheimer Himmel erleuchten bzw. verdunkeln, endlich zur Kenntnis genommen werden. Sinngemäß schweben nämlich über unserer Stadt mit Riesenbuchstaben die Worte Bankrott und  Schluss mit der Verschwendung!

Der Rat von Datteln verweigerte letzte Woche einstimmig die Überweisung der ausstehenden Beiträge an den Fonds Deutsche Einheit (156 000 Euro).

In Waltrop ist der Stadtrat jetzt finanzpolitisch gleichsam entmündigt worden: Die Bezirksregierung verordnete der Gemeinde „mit den schlechtesten finanziellen Eckwerten im Lande" zwei Sparberater, die auch den Haushalt 2006 erarbeiten sollen.

Gemeinsam stimmten am letzten Freitag in Gladbeck CDU, Grüne, DKP, FDP und SWG mit zusammen 23 Stimmen (gegen 22 von SPD und BIG) gegen den Etatentwurf. Damit hat Gladbeck für das Jahr 2006 vorerst keinen beschlossenen Haushalt.Gladbeck erwartet für 2007/08 je 65 Mio Euro und für 2009 85 Mio Euro an Fehlbedarf.

Und in Mülheim?
Warten auf Godot oder wie Aschenputtel auf den Goldregen?

    

Letztes Jahr hatten wir die Mülheimer Haushaltssituation verglichen mit dem Sinkflug eines Flugzeugs kurz vor dem Aufprall, nachdem die Entscheidung zur Notlandung mehrfach verschoben und auf Blindflug umgestellt wurde. In diesem Jahr nun erfolgte der Aufprall, und zwar mitten im Sumpf!

Die Piloten dieser "Air Mülheim" Lison, Schnitzmeier oder Mühlenfeld sowie ihre Stewards von Wiechering bis Heidrich wollen den gestrandeten Passagieren per Mikrofon dennoch weismachen, dass der Autopilot das Flugzeug demnächst eben automatisch wieder abheben ließe,  obwohl jeder sieht, dass Fahr- und Triebwerk beschädigt sind und die Flügel im Sumpf feststecken. Wer das aber sagt, wird postwendend beschimpft als Panikorchester, Schmarotzer oder Schlafstadtfetischist.

Soweit zur Crew dieser "Air Mülheim", doch was tun die Fluglotsen, sprich RP und Landesministerien? Die Ministerien schweigen oder verweisen an den RP, der wiederum immer nachträglich Fehler bemängelt und sich ansonsten für nicht zuständig erklärt.

Die OB sieht Schuld und Gründe nur woanders und hofft blauäugig auf PPP und bessere Zeiten, die alles wie von selbst richten. Der Kämmerer erklärte mit Einbringung des Katastrophenhaushalts verschwommen, dass die Lösung in flächendeckender Prozessoptimierung und in der Einführung des NKF läge und behauptete, "... dass wir als Stadt Mülheim .... den richtigen Weg eingeschlagen haben." Sprach`s und machte sich davon (von wegen richtiger Weg!). Alle aber versprechen Aufwind durch Ruhrbania, allerdings erst in 10 Jahren, nachdem wir weitere nicht-existente viele, viele Abermillionen dafür in Vorleistung und nach dem Prinzip Hoffnung ausgegeben haben.

SPD, CDU und Grüne stimmen heute auch diesem Haushalt wieder zu, die FDP zwar nicht, doch sie will dennoch unbedingt an Ruhrbania festhalten.

Für Außenstehende hat diese Abstimmung etwas Geisterhaftes! Das ganze wirkt etwa so, als wollten Don Quichote und Sancho Panza den guten Adam Riese und sein Zahlenwerk bekämpfen, obwohl ein Krieg gegen Adam Riese innerhalb des Dezimalsystems bereits per Definition aussichtslos ist!

Auf die finanzielle Lage unserer Stadt bezogen, muss man aber zuallererst eine nüchterne Bestandsanalyse machen, dabei mit sorgsam gepflegten, falschen Mythen aufräumen und endlich wieder Grundregeln von Haushalten berücksichtigen, nach denen sich auch jeder private Haushalt quasi als Binsenweisheiten richten muss.

 

" Binsenweisheit"Nr. 1:

Eine Überschuldung wird durch noch mehr Schulden nicht verbessert!

Eine Kommune mit Nothaushalt darf gesetzlich vorgeschrieben nur noch Investitionen tätigen, die vertraglich bindend oder unaufschiebbar sind. Das gilt natürlich um so mehr, je länger Nothaushaltsrecht besteht.

Im vorliegenden Haushaltsentwurf, von niemandem mehr als genehmigungsfähig betrachtet, aber sind alleine für die Ruhrbania-Ruhrpromenade insgesamt 48,4 Millionen Euro angesetzt, wobei erhofft wird, dass das Land 22,85 Mio tragen wird und Dritte (Anlieger) 2,63 Mio. zahlen werden. Verbleiben also ca.23 Mio. Euro, die die Stadt selbst aufbringen müsste. Sie wünscht sich laut Haushaltsplan außerdem, später satte 13,3 Millionen durch Grundstücksverkäufe (Ostruhranlagen, Rathaus, Bücherei) einzunehmen, so dass immer noch ca. 10 Mio. an städtischen Eigenmitteln nötig wären, selbst wenn die anderen Annahmen alle zutreffen würden und gesichert wären. Da aber die Fördermittel des Landes für die Kernprojekte der Ruhrpromenade wie Hafenbecken, Rückbau der Ruhrstraße oder Abriss des Overfly an der Nordbrücke so sicher sind wie 6 Richtige im Lotto, würden die benötigten Eigenmittel ein Vielfaches betragen und die heutige bereits desaströse Verschuldung würde zum Kollaps führen, noch bevor irgendeiner der theoretisch erhofften Impulse wirken könnte. Man kann es auch so zusammenfassen:

Bei der desaströsen Haushaltslage wird Haushaltssanierung knüppelhart, auch ohne die Ruhrpromenade. Mit Ruhrbania aber ist sie schlichtweg unmöglich!

 

"Binsenweisheit" Nr. 2:
Man kann jeden Euro nur einmal ausgeben,
und das auch nur, wenn man ihn in die Hand bekommt

Über die 10, 20, 50 oder mehr Millionen Euro Eigenmittel, die für die Ruhrpromenade erforderlich wären, kann logischerweise die Stadt selbst verfügen. Sie könnte das Geld genauso für den Abbau des Sanierungsstaus bei Schulen und Sportstätten benutzen, und das umso mehr, als die Landesfördergelder alles andere als bewilligt sind. Wenn die Eigenmittel für Ruhrbania im Haushalt eingestellt werden, um die Option auf eventuelle Landesgelder aufrecht zu erhalten, wird dadurch aber notgedrungen der Investitionsspielraum für andere Maßnahmen kleiner.

Anstatt der vorgesehenen 23 Mio Euro durfte die Stadt laut RP-Verfügung in 2005 nur noch 13 Mio für Investitionen ausgeben - in 2006 wird das noch weniger werden. Wenn also die Stadt laut Investitionsplan in 2006 z.B. 1.06 Millionen Euro Eigenmittel alleine für Ruhrbania-Planungskosten ausgeben will, muss diese Million bei anderen Investitionen gestrichen werden. So simpel ist das.

Durch das Festhalten an der Ruhrbania-Ruhrpromenade würde die ohnehin stark eingeschränkte Handlungsfähigkeit der Stadt über Jahre derart stranguliert, dass selbst bei Pflichtaufgaben wie Schulsanierung und Straßenreparatur gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen aus der Prioritätenliste heraus fallen müssten, von anderen Vorhaben wie Feuerwehrneubau in Broich, Berufsschulzentrum oder Ausbau der Duisburger Straße ganz zu schweigen.

Der bestehende Sanierungsstau an Schul- und Sportgebäuden beträgt ca. 100 Mio. Euro. "Schon jetzt werden in etlichen Gebäuden Verstöße gegen rechtliche Bestimmungen zur Gebäudesicherheit und Gesundheitsgefahren für die Nutzer (z.B. durch Schadstoffe oder Schimmelbefall) in Kauf genommen" schrieb der Immobilienservice. Wenn wir aber die Ansätze für Schulsanierung nicht erhöhen, holen die Realitäten uns nach und nach ein, wie das Beispiel der PCB-verseuchten Broicher Sporthallen zeigt. Und dann wird alles auf Dauer ohnehin teurer.

Kurzum: Wir müssen jetzt die Prioritäten städtischer Investitionen ändern und Ruhrbania-Millionen auf die Gebäudesanierung unserer Schulen, Kindergärten, Sporthallen lenken. Alles andere wäre kurzsichtig und fahrlässig!

 

"Binsenweisheit" Nr. 3:
Verschleierte Ausgaben oder Schulden kommen doppelt und dreifach an anderer Stelle wieder hoch oder Ohne Transparenz und Seriösität gibt es keine Entschuldung

Politik der 90iger Jahre in Mülheim war es, unabhängig von Parteicouleur, Probleme zu verschieben nach dem Prinzip Hoffnung, dass sich irgendwie alles von selbst regele. Schuldenberge und Sanierungsstau waren die Ergebnisse, mit denen dann der nächste Schritt der öffentlichen Verarmung - der große Ausverkauf von Tafelsilber, Grünflächen usw. - begründet wurde. Der ist vorbei und Schuldenberge wie Sanierungsstau groß wie nie. Ein Grund dafür, dass die Finanzaufsicht das so geschehen ließ, liegt in der dauernden Aus- und Umverlagerung städtischer Aufgaben in Eigenbetriebe und GmbHs. Mit Übertragung von Schulden auf den Abwasserbetrieb, eigenständiger Investitionstätigkeit von Immobilienservice, MST, M&B, MEG oder PPP-Modellen wie beim Feuerwehrneubau , der Anmietung des SWB-Turms, von ex-Möbel Nohlen und des Gründerzentrums tätigte bzw. besser ließ die Stadt Investitionen tätigen, die der eigene Etat nicht mehr hergab. Über kurz oder lang tauchen diese Gelder dann im Haushalt wieder auf und zusätzlich sind deutlich mehr sog. Overheadkosten (früher sagte man Wasserköpfe) für zusätzliche Geschäftsführer mit Dienstwagen, Sekretärin, Aufsichtsräte etc. zu tragen. Die drastisch reduzierte demokratische Kontrolle städtischer Ausgaben mit Schattenhaushalten und Geheimniskrämerei in den städtischen Beteiligungen sind nicht nur Ursache für gigantische Fehlentwicklungen wie bei der MEG, sie übertölpelten auch die Finanzaufsicht beim RP. Viel zu spät hat der nun endlich die notwendigen Fesseln angelegt: Investitionen des Immobilienservice müssen im Rahmen des Gesamthaushalts reduziert werden und vor allem: PPP-Modelle wie das Medienhaus müssen nun endlich als kreditähnliches Geschäft angesehen werden. Es ist nämlich in Wirklichkeit egal, ob die Stadt zur Stadthallenverschönerung selbst Millionenkredite aufnimmt oder ihre Tochter MST oder ein privater, von Bedeutung ist nur, wieviel die Stadt für die Maßnahme jährlich und wie lange abzahlen muss. Die Zeiten unseriöser Finanzierungsmethoden gehen mit der Gerichtsentscheidung zu TZU/Tabaluga in Oberhausen zu Ende. Will heißen: Wenn die Stadt Medienhaus oder/und Stadthallenumbau will, so muss sie im Nothaushalt dafür andere Investitionen streichen! Denn:

 

"Binsenweisheit" Nr. 4 lautet:
Entschuldung heißt zuerst Ausgabenreduzierung und
an zweiter Stelle Einnahmenverbesserung, wenn überhaupt möglich

Hier wurde in den letzten Jahren das exakte Gegenteil praktiziert sowohl im Bereich höher Pöstchen - nicht weniger , sondern mehr Dezernenten, Amtsleiter, Geschäftsführer bis hin zum Ruhrbania-Koordinator, als auch beim Eingehen langfristiger Verpflichtungen wie bei Easy-Tower, Gründerzentrum, ex-Nohlen, SWB-Turm oder der Heißener neuen Feuerwehr. Das hat den Handlungsspielraum bereits fast auf Null gebracht, auch für eingefleischte Ruhrbania-Fans!

Zu einer weiteren Binsenweisheit, nämlich:
Europa stockt, wenn Deutschland stillsteht - Deutschland hat Probleme, wenn es NRW schlecht geht und NRW hinkt, wenn das Ruhrgebiet lahmt! Die Realitäten in weiten Teilen des Ruhrgebiets sind aber weit krisenhafter als in anderen Teile von NRW. Der Rat von Datteln verweigerte letzte Woche einstimmig die Überweisung der ausstehenden Beiträge an den Fonds Deutsche Einheit (156 000 Euro).

In Waltrop ist der Stadtrat jetzt finanzpolitisch gleichsam entmündigt worden: Die Bezirksregierung verordnete der Gemeinde „mit den schlechtesten finanziellen Eckwerten im Lande" zwei Sparberater, die auch den Haushalt 2006 erarbeiten sollen.

Gemeinsam stimmten am letzten Freitag in Gladbeck CDU, Grüne, DKP, FDP und SWG mit zusammen 23 Stimmen (gegen 22 von SPD und BIG) gegen den Etatentwurf. Damit hat Gladbeck für das Jahr 2006 vorerst keinen beschlossenen Haushalt.Gladbeck erwartet für 2007/08 je 65 Mio Euro und für 2009 85 Mio Euro an Fehlbedarf.

Und in Mülheim?
Warten auf Godot oder wie Aschenputtel auf den Goldregen? Oder warten wir, bis der RP wie in Waltrop Sparberater einsetzt?

Ob katastrophale Haushaltslage der Ruhrgebietsstädte, ob Bedrohung der verbliebenen Naherholungsgebiete, ob rasante Zunahme der Leerstände bei Wohnungen, Büros und Geschäften, ob, ob, ob, ..... Alle die Probleme können nur noch angegangen werden durch wirkliche und ernsthaftere Kooperation der Städte und nicht mehr durch unbezahlbare, konkurrierende "Leuchtturm-" und andere kontraproduktive Projekte jedes einzelnen Kirchturms (in MH Ruhrbania, in Duisburg Urbanum, in Dortmund UFO, in Essen Arkaden, in Oberhausen die CentrO-Erweiterung ......oder die Bebauungsplan-Orgien in Konkurrenz untereinander für die verbliebenen Grünflächen oder das Unterbieten von Vergünstigungen, um Firmen anzulocken oder zu halten wie bei Lekkerland oder Medion oder ......) Für Bürgerinitiativen spielen Stadtgrenzen, besonders im Ruhrgebiet, schon lange höchstens noch eine künstlich bremsende Rolle (vgl. Freibad, Flughafen oder Hexbachtal).

 

Bei allem Verständnis für die Forderung nach einer überfälligen und dringenden Korrektur der Reform der Gemeindefinanzierung und der ebenfalls überfälligen Anpassung des Solidarpakts an die Realitäten speziell für die Ruhrgebietsstädte möchte ich für die MBI wiederholen:

Es ist  auch eine hausgemachte Krise,  weil über Jahre alles versäumt wurde,  strukturell notwendige Schritte in unserer Stadt einzuleiten!

Nach 8 Jahren nicht genehmigungsfähigem Haushalt und vorläufiger Haushaltsführung gilt nämlich mehr denn jeh:
Hilfe aus Düsseldorf, Berlin oder Brüssel ist kaum zu erwarten, Schönfärberei und unbezahlbare, windige Leuchtturm- bzw. Prestigeprojekte können die Riesenkrise nur vergrößern.

Deshalb fordern die MBI weiterhin für eine ernstgemeinte Haushaltssanierung:

  1. Sicherung des Bestandes statt Neubauten und windiger Ideen wie Ruhrpromenade oder Kongresszentrum Stadthalle in der vagen Hoffnung auf Fördergelder aus leeren Landes- und Bundestöpfen oder, oder ....!
  2. Konsequenter und sofortiger Beginn interkommunaler Durchleuchtung aller - die Betonung liegt auf aller - Bereiche, um über Kooperationen, Zusammenlegung usw. den besonderen Nachteil des Ruhrgebiets - die zerstörerische Konkurrenz der Kirchtürme - jetzt anzugehen.
  3. Einstieg in einen ernsthaften und auch für die Bürger transparenten Haushaltsentwurf, der nicht nur Zeit gewinnen will und allein von der Hoffnung lebt! Haushaltssanierung muss wirklich gewollt sein und das wird im vorliegenden Entwurf nicht einmal versucht!
  4. Schlendrian, Filz und Günstlingswirtschaft müssen endlich angegangen werden. Ernsthafte Haushaltssanierung ist ansonsten kaum möglich
  5. Haushaltssanierung muss auch glaubwürdig sein, d.h. z.B. im Personalbereich die Einsparung von oben nach unten und nach Gesichtspunkten der Notwendigkeit für die Bürger, aber nicht die Beschränkung von Dienstleistungen im Rasenmäherprinzip. Es gibt keine Alternative dazu, Dezernenten- und Amtsleiterstellen deutlich zu reduzieren und immer dann, wenn sich die Möglichkeit bietet, diese abzubauen. Die sog. Overheadkosten, früher sagte man Wasserköpfe, sind bei weitem zu hoch und machen den Konzern Stadt ineffizient.

Aus der Krise nur mit der Bevölkerung, mit mehr Demokratie und frühzeitigerer Beteiligung, mit Transparenz und konsequentem Filzabbau, mit ehrlichen und ernstgemeinten Schritten zur Kooperation und Bündelung von Aufgaben und Kräften mit den anderen Ruhrgebietsstädten, die sich endlich mehr als Stadtteile der gemeinsamen Metropole verstehen müssen.

Der Alltag der meisten Menschen im Revier spielt sich real schon längst in der Ruhrstadt, d.h. über alle Stadtgrenzen hinweg, ab. Die Politik aber noch nicht . Deshalb gibt es keine wirkliche Alternative zur Ruhrstadt, wie auch immer man sie nennt: Dem weiteren Schmoren im Saft des eigenen Kirchturms geht ansonsten nicht nur in Mülheim demnächst der Saft aus!

 Dass die MBI dem vorliegenden Katastrophen-Etat nicht zustimmen, versteht sich aus dem Vorherigen von selbst!