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Vorläufige Stellungnahme des BUND zum LBP Sammler Hexbachtal vom 3.11.01 weiter unten auf dieser Seite

bundBUND Kreisgruppe Mülheim an der Ruhr \AK § 29
Alte Schleuse 3 \ 45470 Mülheim an der Ruhr
An den Regierungspräsidenten, Herrn Jürgen Büssow;
Bezirksregierung Düsseldorf, Cecilienallee 2, 40474 Düsseldorf

Essen, 14.02.2002

B E S C H W E R D E

Qualität von Gutachten im Verfahren Hexbachtal (Mülheim an der Ruhr/Essen)/ Umgang mit ehrenamtlich arbeitenden Mitarbeitern der Naturschutzverbände im Rahmen der § 29 BNatSchG-Beteiligung

Unser Zeichen E/MH 61-07.00 LSG/7.01
Zeichen der Stadt Essen 32-3-1-40 II 3957

Sehr geehrter Herr Büssow,

über diesen Weg möchten ich mich, stellvertretend für die Kreisgruppe des BUND Mülheim an der Ruhr, über den Verfahrensverlauf, die Bewertung des Landschaftspflegerischen Begleitplanes und den Umgang mit ehrenamtlich arbeitenden Mitarbeitern der Naturschutzverbände im Rahmen der § 29 BNatSchG-Beteiligung seitens der Unteren Landschaftsbehörde der Stadt Essen (Frau Neumann) beschweren.
Das ohnehin von der Stadt Essen mit wenig Weitsicht und geringem Einfühlungsvermögen eingeleitete Verfahren "Sammler Hexbach", mit dem Ziel, in den regional hinsichtlich mehrerer Funktionen bedeutsamen Freiraum Hexbachtal ein Abwassersammler zwischen den Städten Mülheim an der Ruhr und Essen zu verlegen, hatte nicht zuletzt wegen des negativen Beschlusses des Essener Landschaftsbeirates zur Unterbrechung des Verfahrens und zur Einsetzung einer "Moderation" geführt. Diese Moderation hat die Obere Wasserbehörde im MUNLV (Herr Kolf) übernommen.
Aufgabe der Moderation war es, unter "neutraler" Begutachtung Alternativen, insbesondere zur Eingriffsminimierung darzustellen und die verbleibenden Eingriffe nachvollziehbar zu quantifizieren sowie mit geeigneten Maßnahmen zu kompensieren. Dass dies nur durch eine methodisch und fachlich ordentliche, aktuelle Bestandsaufnahme zu realisieren ist, war allen Teilnehmern klar.
Unsere ehrenamtliche Mitarbeiter der Naturschutzverbände haben dabei viele Stunden in die Erarbeitung konsensfähiger Lösungen zusammen mit dem MUNLV und den Stadtwerken Essen investiert.
Das Ergebnis des nun vorliegenden Landschaftspflegerischen Begleitplans (Büro Hahn, Essen, datiert im März 2001!) ist jedoch sowohl inhaltlich als auch methodisch derart mangelhaft, dass er als Grundlage für eine nachvollziehbare Eingriffsbeurteilung – in einem so wertvollen Freiraum – nicht Verwendung finden darf. Unsere Stellungnahme dazu liegt diesem Schreiben bei.Unsere Einwände haben wir der Stadt Essen mit Schreiben vom 03.11.01 mitgeteilt und dringenden Gesprächsbedarf angemeldet.
Ohne im vergangenen Zeitraum auch nur im Geringsten auf unsere begründeten Kritikpunkte einzugehen, erhielten wir am 17.01.02 von der Stadt Essen (Untere Landschaftsbehörde, Frau Neumann) die Mitteilung, dass sie das Verfahren trotz gravierender Mängel im LBP genehmigt hätte, mit der Begründung: Die inhaltliche Tiefe sei wohl für die Beurteilung nicht notwendig gewesen, die gravierenden methodischen und inhaltlichen Mängel deshalb irrelevant. Das Schreiben liegt bei.
Wir kommen zu einer anderen Wertung.
Folgende Fragen stellen sich:

Wie kann bei einer derart wesentlichen Entscheidungsgrundlage, wie der LBP es darstellt, quasi mit einem Handstreich der ULB auf eine gründliche aktuelle Bestandserfassung (Flora/Vegetation) im nachhinein verzichtet werden, obwohl diese beauftragt und wohl auch von Auftraggeber honoriert worden ist? Eine einfache Biotoptypenkartierung wird der komplexen Fragestellung hier nicht gerecht!

  • Welche Funktionen haben die nach §29 BNatschG anerkannten ehrenamtlich arbeitenden Verbände in Essen und Mülheim an der Ruhr (Regierungsbezirk Düsseldorf) im Rahmen eines solchen Verfahrens, wenn auf die detaillierte und fachliche Bearbeitung von Stellungnahmen seitens der Genehmigungsbehörden kein Wert gelegt wird?
  • Welche Bedeutung hat die Moderation des MUNVL in diesem Verfahren, das durch die Vorgehensweise der ULB Essen konterkariert wurde?
  • Wie passt dieses Vorgehen in das Bild vom "Engagement im Ehrenamt", das die Landesregierung derzeit propagiert?

Ich bitte Sie, diese Entscheidung der ULB Essen noch einmal zu überprüfen und gegebenenfalls zur Aussprache auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Höheren Landschaftsbeirates bei der Bezirksregierung zu setzen.
Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen

für den BUND KG Mülheim an der Ruhr

Dr. Peter Keil

(Sollten Sie dieses Schreiben mehrfach erhalten haben, bitten wir um Entschuldigung, unsere Verteiler werden gerade aktualisiert.)
Dies ist eine Nachricht der BUND Kreisgruppe Mülheim an der Ruhr
Postanschrift:
Alte Schleuse 3
45470 Mülheim an der Ruhr
Telephon 0208 38 16 80
bund.muelheim@debitel.net
mehr erfahren Sie über die Kreisgruppe auf unserer Homepage bei:
http://home.debitel.net/user/bund.muelheim/

bund Kreisgruppe Mülheim an der Ruhr, AG § 29-Verfahren

Landesbüro der Naturschutzverbände, Ripshorster Str. 306,
46117 Oberhausen

Essen, 03.11.2001

Vorläufige Stellungnahme zum LBP Sammler Hexbachtal

Unser Aktenzeichen E/MH 61-7.00 LSG

Sehr geehrte Damen und Herren!

Die BUND Kreisgruppe Mülheim an der Ruhr nimmt wie folgt Stellung zum erst jetzt hier vorliegenden Landschaftspflegerischen Begleitplan Büro Hahn (Essen) vom März 2001.

Der Landschaftspflegerische Begleitplan wird in der uns vorliegenden Fassung aufgrund methodischer und inhaltlicher Mängel als Grundlage für den Befreiungsantrag nach LG NW nicht akzeptiert.

Begründung: 

Bestandserfassung Flora /Vegetation

2.2.6., S. 12. Es werden unüblicherweise keine wissenschaftlichen Namen für die aufgeführten Pflanzengesellschaften verwendet, so wird nicht ganz klar welche Syntaxa als potentiell natürlich gemeint sind.

Methodik

2.4, S. 17. Es wird nicht deutlich warum nicht die übliche pflanzensoziologische Methode von Braun-Blanquet (1994) angewendet wird. Die Vegetationsaufnahmen sind im Bereich des Hexbachtales auf Grund der relativen Artenarmut und des überschaubaren Arteninventars leicht durch zu führen; die Tabellenarbeit ist für einen Pflanzensoziologen mit wenig Zeitaufwand zu erledigen. Die Frage der Aufnahmezeitpunkte bestimmt die Methodik, Vergleichsmaterial ist umfangreich vorhanden (bei Rückfrage, die nicht erfolgte, hätten wir einiges klären können).

Die Berechung der mittleren Zeigerwerte über ein Arteninventar, das auf einer in sich inhomogenen Fläche ermittelt worden ist, ist methodisch sehr zweifelhaft und nicht akzeptabel. Die Mittelwertberechnung über das arithmetische Mittel ist ebenso methodisch zweifelhaft und zu verwerfen.Flora

2.51., S. 19. Im Text wird Scrophularia umbrosa als einzige gefährdetet Pflanzenart erwähnt, die im Untersuchungsgebiet nachgewiesen worden ist. Bei Durchsicht der Gesamtartenliste (S. 85ff) fallen jedoch weitere gefährdete Pflanzenarten auf. z.B.

  • Carex pendula   im Ruhrgebiet RL 3
  • Carex vulpina    NRW u. Ruhrgebiet RL 3
  • Juncus acutiflorus  im Ruhrgebiet RL 3
  • Peucedanum palustre NRW u. im Ruhrgebiet sogar RL 2 (stark gefährdet)
  • als Vorwarnliste-Arten werden im Text nicht erwähnt:
  • Crepis paludosa
  • Cynosurus cristatus
  • Primula elatior

Dieser nicht nachvollziehbare Mangel in der sicheren Anwendung der Roten-Liste NRW hat zwangsweise Auswirkungen auf die Biotopbewertung.

Zu dem befinden sich im Bereich des Hexbachtales weitere bemerkenswerte und gefährdetet Pflanzenarten, z.B. Equisetum telmateia, die offensichtlich übersehen wurden.

Wieso wird der Japanische Flügelknöterich (Fallopia japonica) in den Bestands- und Konfliktplänen unter „Dominante Gehölze“ geführt, wobei es sich doch bei der Art um eine ausdauernde, krautige Pflanze handelt?

Vegetation

2.5.2, Fläche 4, S, 21. Ohne Belegaufnahme wird die Gesellschaft in das Syntaxon eingeordnet?

2.5.2, Fläche 14, S. 24. Wie kann der Gutachter einen Dominanzbestand von Carex acutiformis zur Urica dioica- bzw. Convolvulus sep.- Epilobium hir.-Gesellschaft stellen? Diese Vorgehensweise erscheint doch sehr zweifelhaft, zumal Carex acutiformis -Bestände als charakteristische Nasswiesengesellschaft des Bachtales wertindizierend seien sollten (hier herrscht Klärungsbedarf).

2.5.2, Fläche 15, S, 24. Ohne Belegaufnahme wird die Gesellschaft in das Syntaxon, sogar auf Subassoziations-Ebene eingeordnet?

2.5.2, Fläche 19, S, 25. Ohne Belegaufnahme wird die Gesellschaft in das Syntaxon, sogar auf Subassoziations-Ebene eingeordnet?

Auffällig ist des weiteren, dass der Gutachter in den Flächenbeschreibungen durchweg das Rubus fruticosus-Aggregat nennt, in der Gesamtartenliste jedoch sehr wohl typische Rubus -Taxa genannt werden. Ist hier von einer unterschiedlichen Bearbeitungstiefe auszugehen oder woraus begründet sich dies? Zudem ist ohne eine exakte Sippen-Kenntnis auch die Zuordnung der Brombeerbestände in die Ordnung Rubetalia plicati mehr als zweifelhaft. Die im Hexbachtal z.T. bestandsbildend auftretende Rubus armeniacus wird z.B. von Pott (1995) als eine eigenständige Gesellschaft aufgefasst, die Sinnvollerweise als „anthropogene Gehölzgesellschaft“ übergeordnet ranglos eingestuft wird.   

Ebenso ist die fast pauschalisierte Zuordnung von brennesselreichen Beständen zur Urtica dioica-Gesellschaft - bei dem charakteristischen Artenspektrum der Feuchtwiesen- und feuchten Hochstauden-Gesellschaften - nicht nachvollziehbar.

Die grobe pflanzensoziologische Zuordnung der bearbeiteten Teilflächen, überwiegend auf Ordnungsebene, steht im groben Gegensatz zum Projektziel - hier eine eindeutige Eingriffsbeschreibung und -bilanzierung - vorzunehmen. Hier hat der Gutachter die Chance vertan, mit einer methodisch korrekten vegetationskundlichen Bearbeitung die Grundlage für eine nachvollziehbare Eingriffs-Ausgleichsbilanzierung zu legen. Diese Vorgehensweise werten wir als groben methodischen Fehler.

Bestandserfassung Fauna

Es ist nicht nachvollziehbar wieso keine aktuellen Untersuchungen vorgenommen worden sind. Die veralteten Daten von Ant (1978) auszuwerten, scheint für die Fragestellung des LBP wenig sinnvoll. Insgesamt fällt auf, dass über viele wertindizierende Taxa keine Aussagen, insbesondere über die aktuelle Bestandssituation, vorgenommen werden.

Die Behauptung auf S. 26, die Naturschutzverbände hätten für die Bearbeitung des LBP keine Daten zur Verfügung gestellt, ist falsch. Das Büro Hahn hat diesbezüglich den BUND Mülheim an der Ruhr nicht um Mithilfe gebeten.

Bewertung der Biotoptypen

Gebüsche (S. 44):

Unklar ist, wie der Gutachter seine Bewertung der Brombeergebüsche begründet, zumal auch hier wieder lediglich das Aggregat Verwendung findet, obwohl ja durchaus Kenntnisse der Taxa vorliegen (vgl. Gesamtartenliste S. 85ff).

Wie kann ein Brombeergebüsch, z.B. mit dominierenden Rubus lindleianus oder R. macrophyllus in „relativ kurzer Zeit“ entwickelt werden?

Feuchtgrünland (S. 46):

Bei Durchsicht der Artenliste 20, zeigt sich, dass neben einigen Arten der Flutrasengesellschaften, durchaus eine stattliche Anzahl an Arten des Feuchtgrünlandes und der feuchten Hochstaudengesellschaften vorhanden sind. Insbesondere das Vorkommen des im Ruhrgebiet sogar stark gefährdeten Sumpf-Haarstranges (Peucedanum palustre ) sollte eine Bewertung ebenso wie die feuchten Hochstaudengesellschaften zulassen. Eine geringer Bewertung ist nicht begründet.

Ebenso ist die Einschätzung der Empfindlichkeit gegenüber Eingriffsmaßnahmen nicht nachvollziehbar. Wodurch begründet sich z.B. die geringe Einschätzung mit der Stufe 5 im Bereich der Flächen-Nr. 6?

Bewertung der Pflanzengesellschaften (S. 50, Tab. 11)

Dieser Punkt ist ausgesprochen problematisch, da wie bereits oben erläutert, das methodische Vorgehen des Gutachters sehr zweifelhaft ist. Es ist davon auszugehen, dass deshalb eine Vielzahl der im Hexbachtal vorkommenden Pflanzengesellschaften nicht erfasst wurde. Eine Bewertung der „Ausgewählten“ ist nicht ausreichend.

Es ist uns nicht möglich die Flächenbewertung nachzuvollziehen, da die aufgeführten methodischen und Inhaltlichen Fehler sich zwangsweise in der Bewertung widerspiegeln.

Konsequenz

Aufgrund der hier kurz aufgelisteten methodischen und inhaltlichen Mängel des LBP kann keine endgültige Stellungnahme erfolgen.

Aufgrund des umfangreichen Klärungsbedarfes empfehlen wir die Entscheidung über den Befreiungsbescheid solange zurückzustellen, bis die methodischen und inhaltlichen Mängel des LBP ausgeräumt sind. Dazu wird ein klärendes Gespräch mit dem Gutachterbüro (Planverfasser und Kartierer) angeraten.

Zu den übrigen Details des LBP, insbesondere des Maßnahmenkonzeptes im LBP, nehmen wir erst nach Vorlage einer überarbeiteten Fassung Stellung.

Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

für den BUND KG Mülheim an der Ruhr

gez. Dr. Peter Keil