Begründung
Wahrscheinlich erscheint die OV der Stadt auf den ersten Blick als eine Routine-Angelegenheit.
Überwiegend jugendliche "Aussteiger" stellen ihre Bau- und Wohnwagen einfach auf eine
Brachfläche ab, um dort zu wohnen. Da in diesem Land diese Art zu wohnen nicht vorgesehen ist, und das Baurecht dafür eine Genehmigung verlangt, schreitet die Stadt als Ordnungsbehörde ein.
Schaut man genauer hin, nimmt die Sache in unseren Fall ein anderes Gesicht an.
Wir waren von 97 - 99 mit einer Wagenburg auf dem sog. Espera-Gelände. Dort wurden wir von der Stadt geduldet.
Auf diesem
Gelände erreichte uns am 23.07.99 ein Schreiben des Leiters des städtischen Wirtschaftsförderungsamtes, Herr Eismann. Dieses Schreiben fing an:
Die Wagenburg muß "umziehen". (...) Der Ersatzstandort ist ein städtisches Gelände in Speldorf.
(Anlage 1)
Ein konkreter Gesprächstermin wurde genannt, der 28. Juli 99. Ab da begannen unsere Verhandlungen mit der Stadt wegen des Umzuges.
Wir haben dem Umzug zugestimmt.
Die Entscheidung für den Standort Speldorf
war von der Politik und Verwaltung einmütig getroffen worden. Die WAZ vom 23.07.99 schreibt:
Die gesamte Verwaltung hatte sich vor Ort die vier
Ausweichquartiere für die Wagenburg angesehen und sich dann einmütig mit der Politik für den Speldorfer Standort entschied. Die Umzugspläne sind mit allen Dezernenten, der Wirtschaftsförderung, den Parteien,
Streetworkern und auch mit den am Mittwoch informierten Wagenburglern abgesprochen.
Von der ursprünglich vorgesehenen
städtischen Fläche in Speldorf nahm die Stadt jedoch Abstand, weil eine Bürgerinitiative dagegen mobil machte. Die Auskünfte, die diese Bürger auf einer Bürgerversammlung erhielten, konnte sie von ihren
Vorurteilen nicht abbringen.
Die [Informationen] steuerte Streetworkerin Ulrike Vorberg bei, die mit der Gruppe in Kontakt steht und weiterhin
stehen wird. Sie schilderte sie als "sehr friedvolle Leute, die nicht auffallen wollen und die sehr dankbar sind für die Duldung." Auch Harald Hagen, Leiter der Polizeiinspektion West, bezeichnete sie
als "normal unauffällig, wie jeder andere Bürger auch." Weder Gealtdelikte noch Fälle von Beschaffungskriminalität lägen vor. Lediglich ein Ladendiebstahl sei vorgekommen.
NRZ 11. August 1999Die Stadt verlangte darauf von uns, dass wir auf das Grundstück Ruhrorter Straße am Autobahnkreuz Kaiserberg ziehen. Auch dies haben
wir erst mal zugesagt.
Das Gelände Ruhrorter Straße haben wir dann jedoch nach genauerer Besichtigung abgelehnt
Unsere Gründe haben wir gegenüber der Presse WAZ 16.10.99 / WAZ 30.10.99 und der Stadt deutlich
gemacht.
Die Ersatzfläche
- ist für uns zu klein
- kein Wasser
- kein Strom
- liegt an einer Schnellstraße mit Tempo 70, die für Fußgänger gefährlich ist
- ist durch Lärm und Autoabgase beeinträchtigt
- ist schlammig
- nicht an öffentliche Verkehrsmittel angeschlossen
Im Freien Wohnen ist schön, jedoch nicht auf einen solchen Platz.
Doch die Stadt übte
starken Druck auf uns aus, der seinen Widerhall auch in der Presse fand, als Reaktion auf unsere Einwände:
Derweil werden die Töne rund um die
Wagenburg schärfer. Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort sieht laut Krämer, dass die Spielräume für die Stadt enger werden. In Speldorf soll nun zeitnah ein allerletztes abklärendes Gespräch geführt werden, bei dem
Steinfort nochmals die Stellung der Stadt erläutern will.
WAZ 16.10.99
Auf das Gelände Ruhrorter Straße sind wir nur gezogen, weil "uns keine Alternative gegeben wurde
" wie wir gegenüber der WAZ 30.10.99 erklärt haben. Allerdings auch aus unserer Sicht nur vorübergehend, aber nicht weil
wir dann, wie es die Stadt darstellt, endgültig verschwinden sollten, sondern weil die Stadt uns zusagte, sich mit uns zusammen um ein besseres Grundstück in den anderthalb Jahren zu bemühen. Ohne diese Zusage
wären wir niemals auf die Ruhrorter Straße gezogen.
Neben der Peitsche hat die Stadt eben auch das Zuckerbrot bemüht. Aus unserer Sicht hat die Stadt sich aber nicht ernsthaft bemüht ihre Zusage einzuhalten
(dazu weiter unten).
Die Lebensumstände, die uns die Stadt mehr oder minder aufgenötigt hat, sind im Grunde menschenunwürdig. Hinnehmbar waren sie nur durch die Zusage, dass sie vorübergehend seien, und durch
eine positive Lösung abgelöst werden.
Selbst ohne jede Zusage wäre die Stadt allein aus ihrer Fürsorgepflicht heraus verpflichtet gewesen, nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Dies gilt im erhöhten Maße für
die Jugendlichen. Die Zusage der Stadt und die Initiative der Stadt, uns auf dieses Gelände zu verlagern, steigern diese Pflicht.
Anstatt dieser Pflicht nachzukommen, will die Stadt uns jetzt einen Fußtritt versetzen.
Wir wehren uns gegen die Ordnungsverfügung nicht nur, weil wir der in ihr gesetzten Frist tatsächlich nicht nachkommen
können, sondern vor allem, weil wir, wenn wir in alle Winde zerstreut werden, faktisch nicht in der Lage sind, den Verwaltungsrechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Die Stadt hätte damit das üble Spiel, das sie
mit uns getrieben hat, gewonnen. Unser Ausharren unter schlechten Bedingungen wäre für nichts und wider nichts gewesen. Damit wollen wir uns nicht abfinden.
Verbotene Eigenmacht
Die Behauptung
der Stadt in der Ordnungsverfügung sie hätte uns auf der Ruhrorter Straße nur geduldet, und wir hätten mit dem Aufstellen unserer Bauwagen verbotene Eigenmacht begangen, entspricht nicht den Tatsachen.
Nach Angaben der Stadt war die Voraussetzung für unseren Umzug:
Einen Umzug der rund 20 Wagenburgler werde die Verwaltung nur zulassen, wenn
alle Bedenken auf ein Minimum reduziert und alle Voraussetzungen, die verwaltungstechnisch notwendig seien, erfüllt sind, sagte Steinfort.
NRZ 11. August 199Wir dürfen also annehmen, dass bei unserem Umzug
alle Bedenken auf ein Minimum
reduziert und alle Voraussetzungen, die verwaltungstechnisch notwendig seien, erfüllt waren.
Desweiteren hat die Stadt unseren Umzug mit anderen Behörden abgestimmt:
Wie Projektleiter Thomas Krämer gestern zur NRZ sagte, sei mit dem
Umzug vor der Wahl nicht mehr zu rechnen, da die Verlagerung auch von der Zustimmung externer Behörden abhängig sei sowie von juristischen Ausarbeitungen für den Pachtvertrag.
NRZ 07.09.1999Mit diesen Maßnahmen hat die Stadt den Rahmen einer Duldung unserer Auffassung nach bei weitem überschritten.
Die Stadt hat das Gelände
selbst ausgesucht, zu unseren Gunsten gepachtet, die Erlaubnis externer Behörden eingeholt, mit uns Umzugsbesprechungen abgehalten.
Den Zustand, den sie jetzt als von unserer Seite rechtswidrig geschaffen
darstellt, hat sie selbst geschaffen.
Jetzt will sie diesen Zustand einseitig beenden, ohne ihre Zusagen uns gegenüber einzuhalten.
Dringlichkeit
Der Erlass einer sofort vollziehbaren
Ordnungsverfügung unter Androhung unmittelbaren Zwangs, obwohl keine Dringlichkeit besteht, erscheint uns rechtsmissbräuchlich. Störungen und mögliche Gefahren sind durch Einhalten von Sicherheitsabständen zu
den Straßen und Versorgungsleitungen minimiert worden.
Das Fehlen einer eventuell notwendigen Baugenehmigung hat die Stadt zu vertreten. Sie hätte bei dem von ihr gewollten Umzug ein Bauverfahren eröffnen
müssen.
Die Gründe für die Dringlichkeit in der Ordnungsverfügung sind vorgeschoben:
Sowohl die Erhöhung der Zahl der Personen als auch der Bauwagen bedeuten nicht das, was die Stadt behauptet.
In
Wagensiedlungen der Art, wie wir sie haben, ist es üblich, von einem "festen Platz" aus, zu Besuch zu anderen Plätzen zu fahren und umgekehrt Besuch zu empfangen.
So gibt es auf jeden Bauwagenplatz
einen Stamm von festen Leuten, bei uns ca. 7, die von Anfang an dabei waren, und Leuten, die kommen und gehen.
Anders als die Stadt behauptet, haben wir ihr gegenüber in den Gesprächen deutlich gemacht, dass
es immer eine gewisse Fluktuation gibt. Anderthalb Jahre auf einen Bauplatz festgenagelt zu sein und selbst keine Reisen zu unternehmen oder Besuch zu empfangen, hätten wir niemals mitgemacht, weil es unserer
Lebensweise widerspricht.
Zu den teilweise wechselnden Personen gehören natürlich auch die Bauwagen. Überdies stand ein Teil der Bauwagen nur zur Reperatur bzw. Ausschlachten da. Wir haben diese Bauwagen
mittlerweile verschrottet und abgefahren. Auch, weil wir ursprünglich bereit waren, uns dem Räumungsdruck der Stadt zu beugen (ohne Rechtsmittel), obwohl die Frist unrealistisch kurz ist.
Wenn die Stadt den
Eindruck erweckt, dass die Erhöhung der Personenzahl dazu diene, sich einer zwangsweisen Räumung zu widersetzen, und daher Eile geboten sei, so sind ihre Befürchtungen grundlos.
Mit Ende des Winters und Beginn
des Frühling, sei er auch so mies wie dieses Jahr, geht das Reisen wieder los.
Wir haben nirgendwo gegen die Räumung mobilisiert, auch kein Flugblatt oder Plakat dagegen gemacht. Wir haben auch keinerlei
"Verteidigungsvorbereitungen" getroffen.
Dies dürfte der Stadt bekannt sein, und die Polizei, zu der wir immer noch ein gutes Verhältnis haben, kann es dem Gericht bestätigen. Ebenso, dass Räumungen
von Wagenburgen in aller Regel friedlich verlaufen.
Dass wir den Rechtsweg beschreiten, wird die Stadt doch wohl nicht als Gefahr sehen.
Auch die Gefahr einer Streusiedlung ist für uns nicht nachvollziehbar.
Alle Wagen befanden sich stets auf dem zugewiesenen Platz. Wir haben uns nicht ausgedehnt und dies auch nie versucht.
Pachtvertrag
Die Beendigung des Pachtvertrages hat die Stadt ebenfalls zu
vertreten. Sie hatte die Option, den Pachtvertrag um ein halbes Jahr zu verlängern. Diese Möglichkeit hat sie bewusst zu unserem Nachteil ausgeschlagen.
Der Pachtvertrag läuft Ende April aus, eine Option auf eine Verlängerung um ein halbes Jahr hatte die Stadt verstreichen lassen.
WAZ 13.03.2001
Auch einen Zugriff auf die Option zur Verlängerung der Pacht ließ die Stadt bewusst
verstreichen: Das hätte doch nichts gebracht, so Steinfort. Seit anderthalb Jahren sei klar, dass der Standort nur eine befristete Lösung war.
Bericht Hauptausschuß WAZ 19.03.20
Das zivilrechtliche Problem eines fehlenden Pachtvertrages versuchen wir in Verhandlungen
mit dem Eigentümer zu lös
en. Das Gelände war Brache vor unserem Umzug und wird auch danach ungenutzt bleiben. Eine Nutzungsentschädigung in Höhe der Pacht sind wir bereit zu zahlen, sodaß dem Eigentümer und
der Stadt kein wirtschaftlicher Schaden entsteht.Zum Zahlen waren wir übrigens von Anfang an bereit.
Dass sie an der Ruhrorter Straße
umsonst stehen dürften, sei schön, "aber das wollen wir gar nicht. Wir wollen dafür auch zahlen."
WAZ 30.10.99 in einem Bericht über unsDass wir die Kosten der Pacht tragen können, ist realistisch. Sie betragen für anderthalb Jahre 3000,- DM. Insofern entsteht der Stadt kein Schaden, wenn uns Rechtsschutz
gewährt wird.
Die Kosten für die Anpachtung des Grünlandes würden sich nach Angaben Krämers [städtischer Projektmanager] auf einen sehr
geringen Betrag belaufen (...) "Es handelt sich um Pfennigbeträge", sagt Krämer.
NRZ 10. August 1999
Der finanzielle Aufwand der Stadt liegt, wie Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort sagte, bei rund 3000 Mark.
NRZ 13. August 1999Im übrigen ist eine Ordnungsverfügung nicht das Ersatzmittel, um zivilrechtliche Streitigkeiten / Probleme zu lösen, noch um sich seiner Zusagen
zu entledigen.
Nach dem Bericht der WAZ 19.03.2001 über den Hauptausschuss
Die Stadt werde nach Auslauf des Pachtvertrages Ende April
zunächst abwarten,ob die acht bis zehn Bewohner den Acker an der A 40 räumen. Wenn nicht, werde die Stadt alle zivilrechtlichen Mitteln nutzen.
hat die Stadt zunächst selber nur ein zivilrechtliches Vorgehen beabsichtigt, dann aber die Keule des Ordnungsrechtes vorgezogen.Dies wäre auch angemessen gewesen,
da das einzige, was sich an dem Gelände wirklich geändert hat, der Ablauf des Pachtvertrages ist. Dies kann aber keine OV begründen und schon gar nicht die sofortige Vollziehbarkeit.
Vorabinformation
Dass der OB uns mit Brief vom 18.08.2000 mitgeteilt hat, dass er nicht beabsichtigt, den Vertrag zu verlängern, trifft zu. Am selben Tag wurde jedoch ein Antrag seiner Fraktion der CDU
gestellt, der inhaltlich seinem Brief entsprach. Wahrscheinlich war beides abgestimmt. Nur: dieser Antrag wurde mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt. (Anlage)
Wir durften also davon ausgehen, dass damit der Brief des OB gegenstandlos geworden war.
Danach wurde noch ein Kompromiss gesucht
Verwaltung
und Politik hatten sich eigentlich schon auf einen Kompromiss über die Zukunft der Wagenburg geeinigt. Doch dann sorgte ein Antrag der CDU für einen heftigen Schlagabtausch im Hauptausschuss.
WAZ 02.09.2000Bei den wechselnden Mehrheiten in MH nach der letzten Kommunalwahl hofften wir und durften wir hoffen, dass sich doch noch eine Lösung
fände, denn der Positionswechsel der Verwaltung ist nie nachvollziehbar begründet worden.
Im übrigen haben wir auch selbst nach einem Grundstück gesucht, weil wir gedacht haben, man müsse die Verwaltung zum
Jagen tragen, denn offiziell war sie ja auf der Suche nach Grundstücken. Zudem gab es in den Ausschüssen mehrfach Debatten über unsere Zukunft.
Dass dieser Weg versperrt war, wurde uns erst im März klar, als
der OB seine Karten auf den Tisch legte. Am 12.03.01 schreibt der OB uns: "Ich bin weder bereit noch in der Lage , Ihnen Ersatzflächen in Mülheim an der Ruhr zur Verfügung zu stellen." (Anlage)
Doch
da war der verbliebene Zeitraum für eine Räumung bis Ende April schon zu knapp. Selbst die Stadt scheint die Frist für zu kurz zu halten.
Wenn
Anfang Mai noch zwei oder drei Wagen stehen, wird die Stadt zunächst nicht unternehmen
So die NRZ nach einem Gespräch mit Thomas Krämer (für uns zuständig) am 09.04.2001Diese Bemerkung zeigt aber, dass die festgesetzte Frist nicht objektiv nötig war.
Verfestigung rechtswidriger Zustände
Die Verfestigung rechtswidriger Zustände droht deshalb nicht, weil wir auf Dauer nicht beabsichtigen, auf diesen Platz zu bleiben, was der Stadt bekannt ist.
Berücksichtigung sozialer Aspekte
Die Berücksichtigung sozialer Aspekte ist in der OV nur behauptet, jedoch nirgendwo belegt. Wir vermissen vor allen Dingen die Abwägung, dass hier eine Lebensform zerstört
wird.
Zudem wird hier eine Lebensform zerstört, die die Stadt MH an anderer Stelle für teures Geld schafft.
Zinkhütte bietet Schutz für
Jugendliche in Not Haus für offene und unkonventionelle Krisenhilfe.
Häute wurden einst im alten Bürotrakt umgeschlagen, der ab Mai ein ganz neues Betreuungsangebot und Jugendliche beherbergen soll im
Schutzhaus Zinkhütte.
Hütte steht für Unterkunft der etwas anderen Art. Zink für den Standort: Zinkhüttenstraße 49. In dem alten Verwaltungsgebäude werden aktuell acht Plätze für Kinder und Jugendliche in
Not- und Krisensituationen eingerichtet.Entstehen soll ein Haus, das sich von klassischen Heimen unterscheidet, das offen steht für Trebegänger, die auf der Schiene zwischen Köln und Dortmund Station machen
wollen und ein Bett für ein paar Nächte brauchen. Ein Haus für Streuner, für Straßenkids, die nicht den Zugang zu normalen Angeboten finden. Die Szene ist da, weiß Abteilungsleiter Klaus Konietzka vom Jugendamt,
zumal das Autonome Zentrum und die Wagenburg in Speldorf durchaus Anziehungskraft ausübten. Aber auch für Jugendliche, die aus der Familie geholt werden oder fliehen, steht die Zinkhütte offen. Eben für alle,
die nicht wissen wohin und bislang auf Einrichtungen in Nachbarstädten verteilt wurden.
Bisher hatten wir keine Unterbringungsmöglichkeit und mußten die Jugendlichen aus ihrem gewohnten Umfeld von Schule und
Freundeskreis herausreißen, so Konietzka. Die Alternative heißt nun schnelle und unbürokratische Hilfe ohne erhobenen Zeigefinger in unkonventionellem Ambiente. Für letzteres steht die Einrichtung der Zinkhütte,
in der es Schlafplätze im Gewächshaus ebenso geben wird wie ein Bett im aufgeschnittenen Altpapiercontainer. Wir nehmen die Lebenswelten der Jugendlichen auf, erklärt Konietzka die Haus-Idee, die maßgeblich
Günther Stolz prägte. Der Psychologe und Architekt hat mit dem Oberhausener Gerhard-Tersteegen-Institut reichlich Vorarbeit geleistet. Das Jugendhilfezentrum ist jetzt auch Träger für die Zinkhütte. Die Arbeit
der Pädagogen und Sozialarbeiter dort wird über die Heimpflegesätze finanziert. Den Umbau finanzierte das Land mit 300 000 DM, die Leonhard-Stinnes-Stiftung steuerte 150 000 DM bei.
WAZ 21.09.9
Wir zitieren diesen Artikel so vollständig, weil er zeigt, daß die
fortgeschrittene Sozialpädadagogik zum gleichen Ergebnis kommt, wie wir es vorleben. Auch der Stern hat über dieses Projekt berichtet, dass auch überregional Anerkennung gefunden hat.Man muß den
Freiheitswillen und die Lebenswelten gerade der Jugendlichen ernst nehmen, die bei uns leben. Anders kommen sie nicht auf die Füße. Nur dass die Stadt gemessen an den Kosten ihres Jugend-Projektes mit den 3 000
DM Pacht für anderthalb Jahre Wagenburg schon hundertmal weniger für uns ausgegeben hat, als alleine die Umbaukosten ihres Projekts. Wir leisten also die effektivere Sozialarbeit.
Was wir der Stadt vorwerfen
ist, dass in ihrer Ordnungsverfügung das Wohl der sich bei uns befindlichen Jugendlichen in keiner Weise konkret abgewogen worden ist. Das zeigen schon die gleichlautenden OVs an alle Bewohner.
Für uns
zuständig ist Thomas Krämer, früher Wirtschaftsförderung und jetzt "Investorenleitstelle". Für uns zuständig wurde er, weil er unseren alten Standort, das Espera-Gelände, in 1999 ohne großes
Aufsehen und Reibung für eine anrüchige Investitionsentscheidung frei bekommen wollte. Nachdem dieser Job ausgeführt worden ist, sollen wir nun als "Schandfleck" verschwinden, der angeblich die
Attraktivität der Stadt Mülheim beeinträchtigt.
Wir nehmen an, dass bei der Entscheidung, uns jetzt zu räumen, die Sozialverwaltung in keiner Weise gehört worden ist.
Sie hätte den Wirtschaftsförderern klar
machen können, dass es eine schwerwiegende Fehlentscheidung ist uns zu räumen, und ebenso, dass wir mit unserer Lebensweise nicht vernünftig in einer Obdachlosen-Siedlung unterzubringen sind. Eine solche
Unterbringung ist uns nicht zumutbar, nicht weil wir etwas gegen Obdachlose hätten, sondern weil wir mit unserer Lebensweise dort Konflikten ohne Ende ausgesetzt wären.
Die Obdachlosen-Siedlung in der
die Stadt uns ihrer Auskunft nach unterzubringen gedenkt, wird von Aussiedlern aus der "GUS" (ehemalige SU) bewohnt. Die dort ehemals untergebrachten jüdischen Auswanderer aus der GUS mussten wegen der
unerträglichen Konflikte und Spannungen verlegt werden.
Daher ist schon aus diesem Grund eine Räumng nicht möglich, da die Stadt die Unterbringungsmöglichkeiten darlegen muss.
Verhältnismäßigkeit
Die Verhältnismäßigkeit wird nur in Bezug auf die Zerstörung wirtschaftlicher Werte gesehen.
Dass die Stadt aber nicht einmal in der Hinsicht ihrer eigenen Verhältnismäßigkeitsprüfung glaubt, zeigt
folgender Umstand:
Die Wagen stecken aufgrund des wochenlangen Regenwetters tief im Schlann fest. Sie mit normalen Zugmaschinen herauszuziehen, ist gar nicht möglich.
Deshalb will die Stadt die Wagen zur Not mit 500 PS starken Zugmaschinen freischleppen.
Dabei kann es zu Beschädigungen der Wagen kommen. Das wissen wir, und das weiß auch die Stadt.
Deshalb verlangt sie
von uns Blanko-Unterschriften unter ein Formular (Anlage), indem sie sich von jeder Haftung für entstandenen Schaden freizeichnet.
Das heißt doch, die Stadt rechnet mit solchen Schäden, und sie sind ihr zu
teuer. Für uns bei unseren wesentlich kleineren Mitteln ist die Zerstörung eines Bauwagen dagegen
ein wesentlicher
materieller Nachteil.Unverletzlichkeit der Wohnung
Wir wohnen in den Bauwagen. Sie sind unsere Wohnungen.
Die Stadt hat für die, die länger hier leben, eigens eine "künstliche"
Meldeadresse Ruhrorter Straße 901 geschaffen, um uns überhaupt in den Computer eingeben zu können.
Die 901 steht für keine Hausnummer, sondern ist fiktiv. Gemäß der städtischen Aufforderung haben wir uns dort
gemeldet.
Das heißt für uns auch, die Stadt anerkennt die Wohnungseigenschaft unserer Bauwagen.
Damit ist aber das Betreten unserer Bauwagen nach unserer Auffassung nur mit richterlicher Anordnung möglich,
es sei denn, es wäre Gefahr in Verzug.
Eine solche richterliche Anordnung hat die Stadt jedoch nicht vorgelegt. Schon deshalb darf sie gar nicht räumen.
Zum Abschluss wollen wir noch zwei Dinge vortragen: