TO: öffentlich
Positionierung der Stadt Mülheim zu GATS-Verhandlungen
Der Rat der Stadt beauftragt den Oberbürgermeister und die Verwaltung
- umfassende Informationen zum Fortgang der Verhandlungen zum GATS anzufordern: dabei sollen insbesondere mögliche Rückwirkungen auf demokratische Rechte der Kommunen sowie
auf die Zukunftschancen der kommunalen Unternehmen dargestellt werden
- sich dafür einzusetzen, dass die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission des 14.Deutschen Bundestages zur Prüfung und öffentlichen Diskussion vor Einleitung neuer
Liberalisierungsschritte sowie zur Herausnahme von Kernbereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem GATS umgesetzt werden
Ausdrücklich unterstützt der Rat der Stadt Mülheim die Forderung des Verbandes Kommunaler Unternehmen, dass Wasserversorgung und Abwasserentsorgung grundsätzlich aus dem Geltungsbereich des
GATS ausgenommen werden sollen.
Begründung:
Die derzeit im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO zum Allgemeinen Dienstleistungsabkommen GATS geführten
Verhandlungen sind besorgniserregend. Die Europäische Union, die die Bundesrepublik in diesen Verhandlungen vertritt, erhebt Liberalisierungsforderungen an Drittländer, nach denen künftig auch
bislang geschützte Kernbereiche der kommunalen Daseinsvorsorge den Marktzugangsbedingungen des Abkommens unterworfen werden sollen. So erhebt die EU die Forderung nach Marktöffnung für den
öffentlichen Nahverkehr, die Entsorgungswirtschaft sowie die Wasserver- und Abwasserentsorgung. Kommunen sollen verpflichtet werden, auch private Anbieter im gleichen Umfang zu subventionieren,
sofern sie vergleichbare Dienstleistungen anbieten. Das Thema ist also für die Kommunen hoch brisant. Der Druck in Richtung Privatisierung wird enorm steigen. Bis Ende März 2003 sollten die
Staaten ihre Vorschläge vorlegen was unter das GATS fallen soll. Höchste Zeit also für die Kommunen , sich damit zu befassen.
Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages
„Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Chancen“ hatte dagegen ausdrücklich gefordert, dass „... Leistungen der Daseinsvorsorge (wie z.B. auch die öffentlichen Bildungs- und
Kulturdienstleistungen) aus den Verhandlungen des GATS herausgenommen und auch nicht als Tauschoption für die Marktöffnung weiterer privater Dienstleistungen gelten“ sollten.
Weiterhin hat die Enquete-Kommission in
ihrem Abschlussbericht empfohlen, dass vor der Übernahme weiterer Liberalisierungsverpflichtungen deren mögliche Folgen u.a. im
Hinblick auf die Gemeinwohlverpflichtung bestimmter Dienstleistungen und auf mögliche Beschränkungen öffentlicher Regelungs- und Kontrollmöglichkeiten geprüft und öffentlich diskutiert
werden sollten. (Dt. Bundestag, Ds. 14 /9200; S. 155)
Gerade die demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen, ihre Verantwortlichkeiten und Aufsichtspflichten für die
Daseinsvorsorge laufen im Zuge der Verhandlungen jedoch Gefahr, als Handelshemmnisse im Sinne des GATS den Marktzugangsrechten potentieller Wettbewerbsteilnehmer untergeordnet zu werden.
So betont auch der Verband kommunaler Unternehmen, dass „... Wasser als unverzichtbare Lebensgrundlage kein beliebiges Wirtschaftsgut ist, sondern ein besonderes Gut, das in hohem Maße
des Schutzes und der Verteidigung bedarf.“ In diesem besonders sensiblen Kernbereich kommunaler Daseinsvorsorge können flächendeckende Verfügbarkeit der Wasserversorgung und
gleichmäßige Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet werden, wenn den Marktzugangsrechten für potenzielle Wettbewerbsteilnehmer der Vorrang vor dem kommunalen
Versorgungsauftrag und vor ökologischen Standards eingeräumt wird.
Eine ausschließliche Beurteilung des Wassers nach ökonomischen
Kriterien vernachlässigt die Gesundheitsvorsorge, Hygiene und den Verbraucherschutz und ist, so der VKU weiter, für eine nachhaltige Entwicklung und die Verfügbarkeit der elementaren Ressource Wasser
für kommende Generationen nicht vereinbar.