Datum: 16. Juli 2002Offener Brief
An
Prof. Dr. Ing. h. c. Klaus Steilmann
Klaus Steilmann Institut für Innovation&Umwelt GmbH
44866 Bochum (Wattenscheid)
Sehr geehrter Herr Prof. Steilmann,
wie wir der WAZ vom 13.7.02 entnehmen, haben Sie sich wie folgt zum Thema Metrorapid-Planung geäußert: "Wir haben in Deutschland Gruppen, die gegen alles
sind, das geht mir langsam auf den Geist. Wenn man Spitzentechnologien wie den Metrorapid einfach absaufen lasse, sei der Abstieg Deutschlands zum Schlußlicht Europas nicht mehr aufzuhalten."
Dies wurde von Ihrer Seite bisher nicht dementiert. Ihre Aussage hat uns sehr enttäuscht und überrascht, da sie im Widerspruch zum Inhalt Ihrer
(pdf-Datei, 43 KB)) steht.Damit verspielen Sie Ihre Glaubwürdigkeit. In Ihrer Rede legten Sie dar, dass das Ruhrgebiet nur als Region eine Chance habe, wenn unter anderem auch der öffentliche
Nahverkehr gestärkt wird, auch die Verbindungen zu Stadtteilen und unter Nachbarstädten. Hier ist das Metrorapid-Projekt kontraproduktiv, intelligentere und
kostensparendere Lösungen (vgl. dazu den Vorschlag von Pro-Bahn "das alternative Wunschnetz" unter www.contrarapid.de) würden konterkariert und Finanzmittel gebunden,
die dann u.a. beim öffentlichen Verkehr eingespart werden müssten. Besonders enttäuschend ist Ihre Aussage in Bezug auf die Bürgerinitiativen, die sich mit dem Projekt
beschäftigen. Sie forderten in Ihrer Rede im Januar - und hierin stimmen wir mit Ihnen völlig überein - Kompetenzen auf die Bürger zu verlagern, also mehr Bürgerbeteiligung
auch und gerade bei der Planung wie beim Beispiel Porto Alegre. Wie verträgt sich das damit, dass Ihnen offenbar jetzt plötzlich die Bürgerinitiativen und Umweltverbände als
"Gruppen, die gegen alles sind" "auf den Geist gehen"?
Völlig unverständlich ist uns, dass gerade Sie beim Thema Metrorapid anscheinend
1. demokratisch gefällte Entscheidungen nicht akzeptieren und
2. rationale Argumentationen von Projektgegnern nicht zur Kenntnis genommen haben.
Wir selbst sind über die intensive Beschäftigung mit dem Thema zur Auffassung gelangt, dass das Prestigeprojekt Metrorapid nicht förderungswürdig, abträglich für den
bestehenden öffentlichen Nahverkehr und nicht finanzierbar ist. Diese Einschätzung teilen wir mit Teilen des nicht gefragten(!) wissenschaftlichen Beirats des
Bundesverkehrministeriums, mit dem Bundesrechnungshof sowie mit mehreren verkehrspolitischen Sprechern von Bundestagsfraktionen, mit allen Umweltverbänden,
insbesondere dem BUND, mit allen Verkehrsverbänden einschließlich des ADAC und mit der Eisenbahnergewerkschaft Transnet.
Alles Spinner, die gegen alles sind?
Eigentlich fehlt bei Ihrem Rundumschlag nur noch das Angebot, sich an der Finanzierung des Metrorapid selbst zu beteiligen, aber soweit geht der Glaube an die Unbedenklichkeit
des Projekts denn wohl doch nicht, weder bei Ihnen noch bei den anderen in der WAZ zitierten Herrn, die angeblich für "die Wirtschaft" stehen sollen.
Nicht nachvollziehbar ist für uns auch die Verengung auf diese vermeintlichen "Spitzentechnologie" als Lösung für die Zukunft Deutschlands. Wir benötigen nicht
Prestigeobjekte als punktuelle Lösungen für nicht existierende Probleme, sondern eine Verbesserung der verkehrlichen Situation. Dies könnte auch für wesentlich geringere
Geldbeträge im Rad/Schiene gebundenen Verkehr erreicht werden.
Um Ihre Geschichte "Mäuse-Strategie für Manager" aus der KVR-Festrede zu zitieren: es
ist einfach unverständlich, warum Sie plötzlich an altem Käse hängen und nicht merken, dass dieser spätestens seit der Vorlage der unglaublich naiven, manipulierten und längst
mehrfach widerlegten "Machbarkeitsstudie" schimmelig geworden ist, an einer Technologie, die als Idee kurz vor der Erfindung des Flugzeugs entwickelt und dann eben
nicht mehr benötigt wurde und uns im Ruhrgebiet soviel nützt wie U-Boote in der Ruhr.
Wir können einfach nicht glauben, dass Sie die vielen Argumente der Metrorapid-Gegner
nicht ernst nehmen und Bürger, die sich beteiligen, die konstruktive Vorschläge machen, so abqualifizieren wollen.
Mit freundlichen Grüßen und in der Erwartung einer baldigen Antwort
i.A. der
Bürgerinitiative Contrarapid MH: Michael Kasimir, BI-Sprecher und
MBI -Mülheimer Bürger Initiativen: Lothar Reinhard, Ratsvertreter
P.S.: Auf der Startseite der MBI-Internetseiten (