Antrag für die Sitzung des Rates der Stadt am 29.10.09:
Das im Modellprojekt „Bürgerhaushalt NRW“ entwickelte Konzept definiert einen Bürgerhaushalt als ein Verfahren zur Beteiligung der Bürger/innen an der Aufstellung des kommunalen Haushaltes mit den Verfahrensschritten Information, Konsultation und Rechenschaft. Durch allgemeinverständliche Darstellung werden dabei die Einwohner/innen einer Stadt oder Gemeinde zunächst über den Haushalt informiert, durch vielfältige Beteiligungsformen möglichst viele Anregungen und Bewertungen zum Haushaltsentwurf des Kämmerers eingeholt und schließlich deren Berücksichtigung bei dem vom Rat verabschiedeten Haushalt in einen Rechenschaftsbericht dargelegt. Vorschläge, Anregungen, Bewertungen und Kommentare der Bürger/innen werden z.B. in Köln online im Internet oder schriftlich oder mündlich via Callcenter oder per E-Mail eingereicht. Die Kölner Verwaltung erstellt dann zu den jeweils 100 bestbewerteten Vorschlägen je Themenbereich eine Stellungnahme sowie – falls möglich – eine Darstellung der finanziellen Auswirkungen. Diese Vorschläge werden in den Bezirksvertretungen und den zuständigen Fachausschüssen beraten und bei dem vom Rat verabschiedeten Haushalt bzw. in einem Nachtragshaushalt berücksichtigt.
Der Rat der Stadt Mülheim a.d. Ruhr möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt, in der ersten Sitzungsfolge des neuen Rates, seiner Ausschüsse und der Bezirksvertretungen ein Konzept für einen „Bürgerhaushalt der Stadt Mülheim a.d. Ruhr“ vorzustellen, das sich im Wesentlichen an dem Beispiel Köln orientiert. Das Konzept in der zugehörigen Beschlussvorlage sollte derart gestaltet sein, dass zumindest der Verfahrensschritt „Information“ (s.o.) bereits mit der Einbringung des Etatentwurfs 2010 umgesetzt werden kann.
Weitere Begründung:
„Helft eurer armen Stadt“ so der Titel eines Artikels in der Welt-Online vom 21.10.09 zum Thema Bürgerbeteiligung in Haushaltsfragen – „Immer mehr Kommunen in Finanznot suchen bei ihren Bürgern Rat und Hilfe“ heißt es darin weiter. Die schlechte Haushaltslage auch in unserer Stadt macht es umso wichtiger, in dieser Situation zu mehr Beteiligung der Bürger/innen an den relevanten Beratungs- und Entscheidungsprozessen zu gelangen. Weitere Gründe für einen Bürgerhaushalt sind z.B. Transparenz verbessern, Problemlösungskompetenz steigern, Verantwortung für und Identität mit der Stadt stärken, Mitwirkung fördern, Politiker- und Bürgerverdrossenheit abbauen, Verwaltung modernisieren, Lobbyismus entgegensteuern und Bürgerschaftlichen Engagement unterstützen.
Als erste deutsche Großstadt führte Köln einen Bürgerhaushalt („Deine Stadt – Dein Geld!“ ) auf Basis des Neuen Kommunalen Finanzmanagements durch. Mit dem Pilotprojekt zum Bürgerhaushalt 2008 wurde dabei gleichzeitig „E-Participation“ als neuer Service der Stadtverwaltung eingeführt, der das Ziel verfolgt, Bürgerbeteiligung mit Hilfe des Internets effektiv, transparent und handlungsorientiert zu unterstützen. Köln hat damit ein national sowie international viel beachtetes Projekt zur Entwicklung einer modernen Bürgerkommune erfolgreich in die Tat umgesetzt. Dieser Weg wird durch Beschluss des Stadtrates getragen, fortgeführt und ausgebaut.
Der Rat verschob den Antrag in den Finanzausschuss am 15. Dez.. Dafür machte der Kämmerer den Vorschlag, zwischen Mitte Februar und Mitte März als erstes 3 Bürgerworkshops, 1 pro BV, durchzuführen. Weiter soll eine verständliche Infobroschüre erstellt und verteilt werden. Parallel soll eine Internetbeteiligung der Bürger zur Haushaltsdebatte ermöglicht werden, deren genaue Ausgestaltung aber noch unklar ist. Kosten insgesamt für alles zwischen 50 bis 150.000 Euro, je nach genauer Ausgestaltung. Wenn nun der Finanzausschuss dem zustimmt, ist der MBI-Antrag weitgehend umgesetzt. Ein Bürgerhaushalt kann aber nur erfolgreich sein, wenn er als Prozess verstanden wird, und dafür wäre mit Bonans Vorschlägen der richtige Anfang gemacht!
Die desolate Haushaltssituation und das Verschweigen dessen vor der Wahl wird in Dortmund zu Neuwahlen führen. Auch in Duisburg tauchte nach den Wahlen „plötzlich“ ein Haushaltsloch von 300 Mio. Euro auf, ähnlich in Krefeld. In Mülheim ist das nicht viel anders, nur dass in der Ruhrbania-Stadt bis heute immer noch keine Zahlen vorgelegt wurden, die das wirkliche Haushaltsdebakel auch nur ansatzweise darlegen. Einen Nachtragshaushalt gab es nicht, die überfällige Haushaltssperre wurde erst im November erlassen, bleibt als fast wirkungslos, und vor allem wurden die Etatberatungen einfach um ein halbes Jahr verschoben. Dadurch wurde anders als in Dortmund der Zustand der ungezügelten Geldausgabe sogar noch über die Wahlen hinweg verlängert! Nur deshalb kann die Stadt gegen Sinn und Verstand für Ruhrbania die nächsten Millionen verballern (Ankauf ex-Arbeitsamt und AOK, Abriss overflies etc.). Auf die Haushaltkrise bezogen, kann man das fast als mutwillig und fahrlässig ansehen. Dennoch gibt inzwischen, anders als noch im Sept., jede/r inkl. Kämmerer zu, dass 2010 ein Nothaushalt unausweichlich sein wird.
Die Frage nach möglichem „Wahlbetrug“ bzw. besser „Wählertäuschung“ und was evtl. Neuwahlen bewirken können, ist eine Sache, die Lösung der Riesenhaushaltsprobleme eine andere. Dafür wird es hilfreich sein, die betroffenen Bürger/innen bei der Bewältigung der massiven Finanzprobleme der einzelnen Städte mehr und anders zu beteiligen. Ein sog. Bürgerhaushalt mit Vorschlagsrecht der Bürger auch in Haushaltsfragen wäre auch in Mülheim ein Schritt in diese Richtung. Sicherlich wird auch in Mülheim der Aufbau einer Internetplattform dazu in Zukunft das wichtigste Element darstellen. So weit ist aber unsere Verwaltung noch nicht, sie will da erst in Solingen nachfragen.
Inzwischen sind aber auch bei den MBI Zweifel aufgetaucht, ob es unabhängig davon nicht doch falsch war, die Wahlen nicht anzufechten. Es war im Okt. nicht vorstellbar, dass trotz Haushaltskatastrophe und FH-Standortentscheidung gegen Ruhrbania selbst für die Baufelder 3,4,5 weiter Geld verschleudert wird ohne erkennbaren Nutzen. Mit der unverantwortlichen Verschiebung der Etateinbringung wurde zudem Zeit gewonnen, um selbst mit dem höchst bedenklichen Abriss der beiden overflies von der Nordbrücke beginnen zu können.
So rückt Haushaltssanierung in immer unerreichbarere Ferne, wenn kurz davor das Geld mit voller Absicht noch schnell mit vollsten Händen ausgegeben wird. Danach macht dann auch Bürgerbeteiligung nicht mehr genauso viel Sinn.