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Der etwas desintegrierte Integrationsrat in Mülheim

Der Integrationspolitik einen Bärendienst erwiesen!

Der sog. Integrationsrat (IR) besteht aus 24 Mitgliedern, darunter 16 Migranten und 8, die der Rat entsandt hat. Die 16 Vertreter/innen mit Migrationshintergrund wurden auf einem separaten Stimmzettel bei der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 gewählt. Die Wahlbeteiligung für den Integrationsrat war noch viel geringer als zur Europa- und zur Kommunalwahl, weil nur ca. 17,5% der Wahlberechtigten teilnahmen.
Die neue Liste i.B.M. (internationale Bürger Mülheims) errang auf Anhieb Enver Sen4 Sitze und damit 2 mehr als die SPD-nahe Liste des vormaligen Vorsitzenden und SPD-Ratsherrn Enver Sen (Bild rechts). Die „Frauen der Welt“-Liste errang ebenfalls 2 Mandate, der Rest waren Einzelmandate, darunter auch 1 Sitz für die „Grüne Liste“.

In der 1. Sitzung des IR wurde dann auch Enver Sen nicht als Emine ArslanVorsitzender gewählt, sondern Emine Arslan von i.B.M. (Bild links). Als Stellvertreterinnen wurden Frau Koch von der Frauenliste und Frau Weber, auch bekannt durch den Verein „Love from Africa“, von der Liste „Cecil“ gewählt. Um diese Wahlen gab es gehörige Streitigkeiten, weil Sen davon ausging, weiter Vorsitzender bleiben zu können. Als Stellvertreter stellte er sich nicht zur Verfügung, nachdem er bei der Wahl zum Vorsitzenden unterlag. Seither schmollt er und seine Getreuen aus anderen Gruppen inkl. der beiden SPD-Ratskollegen versuchen Sitzung für Sitzung, die Arbeit des neuen Vorstands in Frage zu stellen.
Fast wäre im letzten Herbst deshalb nicht einmal das alljährliche Großveranstaltung des „Internationalen Treffs“ am Ringlokschuppen zustande gekommen.

Das neue Frauentrio in der Führung des IR wurde auch von der NRZ sehr kritisch behandelt, insbesondere die Vorsitzende, der man bereits letztes Jahr die Mitgliedschaft in nationalistischen türkischen Gruppierungen nachsagen wollte, was sie aber verneinte.

Die „Krönung“ der Auseinandersetzungen geschah aber nun im Juni 2015. Hauptpunkt der Sitzung war die Vergabe der Zuschüsse an ausländische Vereine und Verbände. Dazu hatte sich Anfang Mai eine Kommission des IR, an der sich jede/r Interessierte beteiligen konnte, zusammengesetzt, geprüft und einen Gesamtvorschlag erarbeitet, der frühzeitig verschickt worden war. Fast alle aufgeführten Vereine sollten demnach 800 € Zuschuss erhalten, egal wieviel sie beantragt hatten, außer den Kongolesen und den Griechen, die beide nur 800 beantragt hatten, und deshalb weniger bekommen sollten (440 bzw. 550 €).

Pünktlich zum Tag der Sitzung am 22. Juni erschien in der NRZ der Artikel „Wie unabhängig sind die Internationalen Bürger Mülheims? Gerüchte, dass einige Mitglieder rechts-nationalistischen Gruppierungen nahe stehen, scheinen sich zu erhärten“
Der ziemlich detaillierte Artikel mit Foto der IR-Vorsitzenden berief sich auf „Kreise des IR“ und auf Facebook-Einträge. Scharf angegriffen wurden dabei insbesondere 2 Gruppierungen: Eine UETD (Union Europäisch türkischer Demokraten) und die „Türkische und Deutsche Jugend Sozialer Kultureller Pflegschaftsverein“. Der UETD wird Unterstützung der AKP des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan nachgesagt, dem anderen Verein wird vorgeworfen, eine Art Tarnorganisation der streng nationalistischen „Grauen Wölfe“ zu sein. Von der IR-Vorsitzenden wird behauptet, sie sei im UETD-Vorstand und Vorsitzende der zugehörigen Frauengruppe. Ein anderes i.B.M.-Mitglied und dessen Vertreter seien in dem anderen von der NRZ als Tarnorganisation dargestellten Verein, im folgenden kurz „Jugend“-Verein genannt.

Wie der Zufall es will, hatte die SPD zwei Anträge eingereicht, gemäß derer die beiden Gruppierungen sich im IR vorstellen sollten. Enver Sen war zur Sitzung nicht erschienen.
Bereits bei der Aussprache zur Tagesordnung ging es ziemlich durcheinander, weil der SPD-Ratsherr mit den ukrainischen Wurzeln die Vorsitzende bereits angriff mit Verweis auf den NRZ-Artikel. Verfahrensvorschläge hatte er aber keine. Auf meinen Antrag hin wurde dann die Vorstellung des „Jugend“-Vereins vor den Punkt Zuschüsse gesetzt, der SPD-Antrag zur UETD aber nicht, weil alles in dem aufgebrachten Chaos etwas unterging.

Beim nächsten TOP: „Aktuelle Fragestunde“ legten dann die beiden SPD-Ratsherrn kräftig los, zitierten aus facebook und Verfassungsschutzberichten zu einem unüberschaubaren Sammelsurium von türkischen Gruppen. Immer wieder mit Verweis auf den NRZ-Artikel war hauptsächlich die IR-Vorsitzende im Fadenkreuz, die sich selbst ob der vehementen Angriffe aber nicht klar äußerte. Ferner empörte man sich, dass der „Jugend“-Verein eine Einladung an alle IR-Mitglieder zu Fastenbrechen im Juli in ihrem Verein an der Eppinghofer Str. verschickt hatte. Der i.B.M-Vertreter aus dem Verein im IR versuchte, irgendetwas richtig zu stellen, was aber unklar blieb, und behauptete, seit Jahren CDU-Mitglied zu sein, was die CDU-Ratsvertreterin wiederum heftig bestritt. Soweit, so chaotisch und immer noch „Aktuelle Fragestunde“.

Danach stellte sich turnusgemäß der Deutsch-Kroatische Kulturverein vor und alle waren happy, weil kein Streit. Danach stellte ein anderer Vertreter als der im IR den o.g. „Jugend“-Verein vor gemäß SPD-Antrag. Da er nicht vorher eine Datei eingereicht hatte, musste sein powerpoint-Vortrag ausfallen und er stammelte ob der wieder neu aufgeheizten Stimmung und Vorwürfen von SPD- und CDU-Ratsvertretern ziemlich Oberflächliches dahin. Sein Hauptsatz aber war mehrfach, man solle vorbeikommen und sich selbst ein Bild machen.

Dann wurde darüber beraten und abgestimmt, ob dieser Verein die 800 €-Zuschüsse bekommen solle oder nicht, wie die SPD es wollte. Nach erneut aufgeregten Beiträgen konnten die SPD-Ratsherrn aber keine Mehrheit finden, weil sich nur 1 grüne Stimme ihnen anschloss, 8 dagegen stimmten und die Mehrheit sich der Stimme enthielt.
Genau umgekehrt war es dann bei dem folgenden SPD-Antrag, der UETD keine Zuschüsse zu gewähren. Voran gegangen waren wieder heftige Vorwürfe der SPD-Ratsherrn gegen die IR-Vorsitzende, weil schließlich Erdogan und seine AKP grundgesetzwidrige Ziele hätten und die IR-Vorsitzende laut NRZ-Artikel diese unterstütze. Leider erst an dieser Stelle gab Frau Arslan an, nicht Mitglied des Vereins zu sein, also auch weder in Vorstand, noch in der Frauengruppe. Sie sagte, das hätte sie der NRZ doch schon vor Monaten gesagt und ob sie denn demnächst verdächtigt würde, der PKK anzugehören.

Ich war von dem ganzen Gezeter und Palaver ziemlich angewidert und verließ dann die Sitzung, in der dann aber wohl nichts Wichtiges mehr geschah.

Mit Integration haben derartige Machtspiele (oder war es Rache ob der Nicht-Wiederwahl des ex-Vorsitzenden?) nichts zu tun.

Ich persönlich kenne mich in der Gesamtlandschaft türkischer Vereine und Verbände nicht aus, bin aber auch nicht besonders interessiert daran. Als MBI-Ratsvertreter im Integrationsrat interessiert mich hauptsächlich, inwieweit ein solches Gremium das Zusammenleben der Völker- und Kulturenvielfalt in unserer Stadt verbessern kann und will. Dazu sind Vereine und Verbände zweifelsohne sehr wichtig. Dass darunter auch bedenkliche Gruppen sind, ist bekannt. Wer das im einzelnen aber genau festlegt, kann nicht der Logik einzelner Parteien unterliegen.
Für mich sind die IR-Vertreter erst einmal von ihren Leuten gewählt worden, ob sie mir im einzelnen gefallen oder nicht. Ich möchte mir anschauen, was sie im Sinne dringend benötigter verstärkter Integrationsanstrengungen wirklich tun. Ich habe bisher bei der IR-Vorsitzenden z.B. nicht erkennen können, dass sie ihr Amt oder ihre Stellung missbraucht, um für Erdogan oder die AKP Politik zu machen. Sie hat sich zusammen mit den anderen IR-Vorstandsfrauen bisher sehr arbeitsintensiv bemüht, bessere Strukturen in die Arbeit des IR zu bekommen, die Integrationsarbeit zu fördern und als Migrantin am Leben in unserer Stadt aktiv teilzunehmen. Mehr weiß ich über die Frau nicht, warum aber auch. Dass sie auf Veranstaltungen der UETD gesichtet worden sein soll, wie NRZ und SPD`ler recherchiert haben, das alleine macht sie nicht zur Unperson, oder?

Wenn friedliches Zusammenleben und „zivilisierte“, demokratische Formen der Auseinandersetzung nicht einmal im Integrationsrat möglich scheinen, wie soll das außerhalb funktionieren?

Auch in unserer Stadt leben viele unterschiedliche Menschen, von der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der politischen Auffassung usw. her. Es wird nicht möglich sein, dass alle unterschiedlichen Menschen mit verschiedenen Ursprüngen und aus unterschiedlichen Kulturen den Vorstellungen etwa von SPD oder Grünen oder wem auch immer gänzlich folgen.
Nur wirkliche Toleranz und ernsthafte Kommunikation hilft zu einem verträglichen Zusammenleben, was sich dann durchaus auch gegenseitig bereichern kann, wenn es nicht muss.

Das abIntegrationsrater, was im Mülheimer Integrationsrat, warum auch immer, zuletzt vorgeführt wurde, war ein Bärendienst für Integration in unserer Stadt, egal was das unwürdige Spektakel für Konsequenzen haben könnte oder wird. Von den im Logo des Mülheimer Integrationsrats angegebenen Grundprinzipien Akzeptanz und Toleranz war im IR wenig zu spüren!

L. Reinhard, MBI-Vertreter im Mülheimer Integrationsrat

P.S.
Die Politik von Erdogan und seiner AKP halte ich für sehr bedenklich. Ich habe mich gefreut, dass die AKP bei den Wahlen kürzlich abgeschmiert ist und nicht die erhoffte Mehrheit bekam, um die türkische Verfassung Richtung Präsidialdiktatur zu verändern. Dennoch muss man sich hier in Deutschland fragen, warum relativ gesehen, mehr Türken hier die AKP wählten als in der Türkei selbst. Mit denen muss man hier die Kommunikation verstärken und auch die Auseinanderstzung führen. Aber nicht durch Ausgrenzung oder Niedermachen. Das verstärkt die Problematik zweifelsohne.