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MST-oh weh, oh weh?!

Tourismus“hochburg“ Mülheim und der Boden der Realität
Oder: „Tourismus bremst Wirtschaftskrise aus“
und andere recht verwegene -Thesen

Im Wirtschaftsausschuss am 27.6.2011 präsentierte MST-Herrin Kammerichs zur CDU-Anfrage nach der Entwicklung des Tourismus in Mülheim eine Powerpoint-Präsentation mit folgenden Überschriften

  • „Tourismus im Kulturhauptstadtjahr 2010 – Gute Aussichten für Mülheim!“
  • „Ausschöpfung des touristischen Potenzials: Das Ergebnis jahrelanger Arbeit“
  • „Entwicklung der Übernachtungszahlen: Tourismus bremst Wirtschaftskrise aus“
  • Uswusf.

Ein regelrechtes Feuerwerk von Erfolgsmeldungen aus einem angeblich aufstrebenden neuen Wirtschaftszweig in der ehemaligen Kohle- und Stahlstadt zündeten Frau Kammerichs und ihr für Tourismus zuständiger Adlatus Baloniak. Alle waren begeistert und voll des Lobes.

Ich selbst, gebürtig in der Nähe von Bernkastel/Mosel und somit an richtigen Massentourismus seit Kindheit gewöhnt, wollte eigentlich nachfragen, wieso man in 2010 in der Stadt selber von diesem angeblich deutlichen Anstieg der Besucherzahlen nichts bemerken konnte. Doch ich ersparte mir die Frage, um nicht dafür von allen Seiten angemacht zu werden.

Soweit, so gut, oder auch weniger. Jedenfalls schien die MST wenigstens zu Tourismus ihre Existenzberechtigung erbracht zu haben. Landesweit befinde sich die MST auf Platz 1 im Ranking der Tourismusarbeit und auf Platz 9 bundesweit, wobei nur noch Größen wie Hamburg vor Mülheim platziert seien, so die MST-Chefin voller Stolz. Vergessen schienen die äußerst mickrigen Belegungszahlen der Mölmschen Hotels in vergangenen Jahren und das Debakel um die Hotelpläne in Ruhrbania-Baufeld 1.

Gestern, dem 26.8., dann aber der Wermutstropfen bzw. die Meldung in der WAZ, die einem die Stirn zum Runzeln treibt:

Die Gästezahl in NRW – in Unterkünften mit mehr als neun Betten sowie auf Campingplätzen – sind laut Statistischem Landesamt im 1. Halbjahr 2011 um 7,1% gegenüber dem Vergleichszeitraum 2010 gestiegen, die Übernachtungen um 7,6%. In Mülheim dagegen eine Abnahme der Gästezahl um 6,4% und der Übernachtungen um 7,2%. Und das, obwohl die Zahl der Gäste aus dem Ausland hier um 15,8% höher lag, wahrscheinlich Besucher meistens nur aus beruflichen Gründen. Nach aufblühendem Tourismus klingt das alles nicht gerade, im Gegenteil.

Entlarvend auch die Übernachtungszahlen im Vergleich:

Laut MST waren diese von 149.893 in 2009 auf 173.079 in 2010 hochgeschnellt, also um stolze 15,5%. Vor der Wirtschaftskrise gab es 2008 aber bereits 167.766 Übernachtungen, die im Krisenjahr 2009 um über 10% geschrumpft waren. Bleibt im Kulturhauptstadtjahr daher nur wenig über 3% mehr als bereits 2008.

Wenn nun das Stat. Landesamt in 2011 eine Abnahme der Übernachtungen um 7,2% angibt, wären das nach Adam Riese sogar über 4% weniger als noch in 2008.

Von aufblühendem Tourismus kann da absolut nicht mehr die Rede sein.

Wie sagte einst Churchill: Trau keiner Statistik, die Du nicht selber gefälscht hast. Doch das ist im vorliegenden Fall nicht das Problem.

Frau Kammerichs hat nämlich der Politik u.a. bereits vor Jahren in einem ähnlichen Vortrag den großen Bedarf für ein mind. 4-Sterne-Hotel im ehemaligen Gartendenkmal (Ruhrbania-Baufeld 1) vorgetragen bzw. eher vorgegaukelt. Der Markt gab das nicht her und die Wunschblase platzte erwartungsgemäß, aber mit deutlichem Schaden für die Stadt und insbesondere die Innenstadt, weil für das von Frau Kammerichs blumig beschworene Wolkenkuckucksheim viel Zeit, Geld, Energie, Propagandaaufwand u.v.m. sinnlos verschwendet wurde!

Die laut Frau Kammerichs hoch ge“rankte“ MST bedeutet in ihren Fehlprognosen und unrealistischen Darstellungen ein enormes Haushaltsrisiko für die bankrotte Stadt Mülheim. Als ausgegliederte GmbH ist sie ohnehin kaum kontrollierbar, als 100%ige Stadttochter aber immer und für alles subventionsbedürftig und -pflichtig (weit über 3 Mio. pro Jahr!).

Ob sich die Stadt das weiter leisten wird können?

Als Stadtverordneter fühle ich mich ohnehin durch etliche Schönfärbereien in Hochglanzbroschüren oder powerpoint-Vorträgen eher gefoppt.

Die Stadt versucht z.B. durch Umbenennung von Urnenreihengräbern, Verfolgung von verheimlichten Hunden oder über kontraproduktive Parkgebühren das Geld hereinspielen, was z.B. Frau Kammerichs & Co. im Alleingang und nebenher ausgeben dürfen, ob sinnvoll oder nicht, wie u.a. die ca. 30.000 € für eine völlig nutzlose Innenstadt-Einkaufsbroschüre, die im Papierkorb landete. Oder, oder, und, und, ……………………………… insgesamt ein abendfüllendes Programm von Annekdoten der Verschwendung

Mülheim, 26.8.11
L. Reinhard, MBI-Vertreter im Wirtschaftsausschuss

Zur Erinnerung der MBI-Antrag aus 2007 zur Auflösung der MST, der damals weggestimmt wurde, damit Frau Kammerichs neue Geschäftsführerin werden konnte. Unabbhängig von der Geschäftsfühererfrage hat sich seither von der Notwendigkeit her nichts an der Begründung des Antrags so verändert, dass dieses Ziel nicht weiter verfolgt werden müsste.

Mülheim, den 3.8.2007

Antrag für den Hauptausschuss am 13.9.07 und den Rat am 20.9.07

Auflösung der MST (Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH)

Mit dem überraschenden vorzeitigen Weggang auch von Geschäftsführer Blickle wurde Herr Dönnebrink kommissarischer MST-Geschäftsführer. Im letzten Hauptausschuss wurde zudem beschlossen, die gesamte Zukunft der MST in ihren verschiedenen Varianten anzugehen. Nach längerer, intensiver Diskussion haben die MBI sich auf folgende Vorschläge dazu verständigt, die Hauptausschuss und Rat beschließen und an entsprechende Stellen und Gremien zur genaueren Ausarbeitung weitergeben sollten.

Deshalb möge der Hauptausschuss dem Rat der Stadt per Beschluss empfehlen, folgenden Grundsatzbeschluss zu fassen:

  1. Die MST wird insgesamt aufgelöst.
  2. Alle städtischen Immobilien aller Beteiligungsgesellschaften werden dem Immobilienservice (IS) übertragen
  3. Das zukünftige Veranstaltungsmanagement wird vollständig neu aufgestellt mit den Vorgaben, dass die größeren Veranstaltungsstätten  nur noch aus einer Hand vermarktet werden
  4. Das heutige MST-Personal wird überführt in die jeweiligen Ämter oder Gesellschaften, die MST-Aufgaben übernehmen, ohne betriebsbedingte Kündigungen

Im einzelnen schlagen die MBI folgende Maßnahmen zur Abwicklung der MST vor, die aber in jedem Punkt variiert oder anders gestaltet werden können.

  1. Der Bereich Wirtschaftsförderung der heutigen MST wird auf die M&B übertragen.
  2. Der Bereich Öffentlichkeitsarbeit der heutigen MST geht zur Presse- und Kommunikationsabteilung im Dezernat 1
  3. Das Veranstaltungsmanagement wird vollständig neu aufgestellt und in weiten Teilen dem Kulturbetrieb übertragen.
  4. Der Bereich Tourismus wird übertragen auf den Verkehrsverein im Verbund mit  Kulturbetrieb und Dezernat 1
  5. Alle MST-Immobilien – Stadthalle, Schloss Styrum, Schloss Broich, Camera Obscura und Ringlokschuppen – werden dem Immobilienservice übertragen, genauso wie die beiden Sporthallen Rhein-Ruhr-Halle und Harbecke-Halle, die heute noch auf den MSS eingetragen sind.

Begründung
Seit Herr Blickle zum 1. Juni 07 ins Saarland wechselte, geisterten verschiedene Vorstellungen, Wünsche etc. zur Zukunft von MST und Stadthalle durch die Medien. Unabhängig von der Geschäftsführerfrage haben sich seit längerem verschiedene Problemfelder bei der MST ergeben und fast nicht mehr lösbar aufgetürmt, von unglaublichen Überstundenanhäufungen und Rekorddefiziten bis hin zur Stadthallenproblematik.

Diese und andere Probleme können u. E. nur noch grundsätzlicher angegangen werden, um auch das Abenteuer einer MST als einem kaum noch kontrollierbaren „Fass ohne Boden“ zu beenden. Bei der Gelegenheit drängt sich auf, endlich alle städtischen Immobilien dem IS zu übertragen und die leidige und unnötige Konkurrenz etwa von Stadthalle und Rhein-Ruhr-Halle zu beenden.

Lothar Reinhard, MBI-Fraktionssprecher

Zum Thema auch

  • MST, ein Fass ohne Boden: Meldungen und Anträge hier
  • MST, oh weh, oh weh! Dokumente und Links 2003 bis 2010 hier
  • zur turbulenten MST-Vorgeschichte und mit weiteren Links hier
  • Mülheim und seine Spitzendamen hier