Mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erlebt die westliche Demokratie ihre größte Schwächung seit dem Ende des letzten Weltkriegs, und zwar global, regional und lokal im Großen wie im Kleinen. Mit Pandemiebeginn war in China das Aufbäumen einer riesigen Demokratiebewegung in Hongkong jäh beendet, das Durcheinander in den USA, Südafrika, Brasilien usw. wurde als Schwäche empfunden, während selbst völlig abgewirtschaftete Diktaturen wie in Venezuela sich stabilisieren konnten, Rest-Demokratien wie auf den Philippinen zu brutalen Diktaturen mutierten und selbst in Deutschland die Exekutive auf allen Ebenen mit einer ununterbrochenen Abfolge von immer neuen Notverordungen durchregiert, was die Parlamente immer nur nachträglich abnicken konnten und können. Nach einem Dreivierteljahr hat man sich an bequeme Willkür derart gewöhnt, dass diese nicht mehr nur im Zusammenhang mit Corona zur Regel geworden sind. Da fast alle Medien ununterbrochen Panik verbreiten und vorrangig nur über Infektionszahlen, Todesfällen von und mit Corona informieren und unentwegt jeden einzelnen Menschen verantwortlich machen, weil immer noch nicht alle jeden Kontakt zu anderen Menschen einstellen usw., hat sich ein dicker Schleier von Hysterie, Resignation und Fügen in die vermeintliche „Naturkatastrophe“ (so Kanzleramtschef Braun) über das Land gelegt. Und das überlagert alles, aber es macht es auch vielen Kriminellen einfacher als normal, läßt selbst Riesenskandale wie Wirecard im Windschatten verblassen.
Wie sehr sich das auch auf die untersten Ebenen auswirkt, kann man auch am Beispiel von Mülheim hautnah und fast täglich verfolgen.
Erstes Beispiel: Der missachtete Bürgerentscheid zur Wiederinbetriebnahme der bewährten VHS in der MüGa.
Es war skandalös, als die Ratsmehrheit sich vor 1 Jahr weigerte, die Umsetzung des eindeutigen Bürgerentscheids auf Anraten des Kämmerers nicht in die Wege zu leiten. Ohne die alles überlagernde Corona-Politik wäre das ein zentraler Punkt vor und bei den Kommunalwahlen im September gewesen. War es aber nicht und die schlimmsten „Übeltäter“, ob CDU, SPD, Grüne oder OB-Kandidat Buchholz konnten sich mit Floskeln recht billig aus diesem wunden Punkt herausmogeln und CDU, Grüne und Buchholz wurden für ihr demokratieschädigendes Verhalten sogar noch mit Stimmenzuwächsen „belohnt“. Auch nach den Wahlen bisher kein Zeichen einer Kurskorrektur. Mehr dazu in
- „Ein holpriger Start des Bildungsdezernenten als OB?“
- “Der VHS-Skandal und die Hoffnung auf demokratische Korrekturen“
Zweites Beispiel: Die Rücknahme der Veränderungssperre zur Bebauung der ökologisch sensiblen Flächen am Schultenberg in Holthausen
Am Dienstag, dem 8.12.20 war die 1. Sitzung des Planungsausschusses der Stadt Mülheim nach der Kommunalwahl, u.a. mit TOP 5 – Bebauungsplan “Schultenberg / Oesterwindweg – H 20″ hier: Ausnahme von der Veränderungssperre Nr. 44 – Vorlage: V 20/0910-01, die im Juni erst einstimmig im Rat beschlossen wurde. Nun soll der Investor, dessen Bauvorhaben in dem hoch sensiblen Gebiet verhindert werden sollten, doch bauen dürfen. Man glaubt es kaum! Einzig gegen die MBI-Stimme und bei Enthaltung der AfD nickte der Ausschuss das ab, womit der einstimmige Beschluss der Veränderungssperre von Ende Juni zur Farce degradiert wurde!
Man glaubt es kaum! Vor den Kommunalwahlen so und danach sofort das Gegenteil? Früher hätte man wenigstens 1 Jahr gewartet.
Insgesamt stellte die Beschlussvorlage den Sachverhalt nicht vollständig dar. Die Bewertung lässt wesentliche Aspekte, wie die noch zu erwartenden Erkenntnisse aus dem Bebauungsplanverfahren, außer Acht. Die Ziele des laufenden Bebauungsplanverfahrens zum Schutz von Natur und Landschaft, insbesondere zum Schutz des Bachlaufes am Schultenberg, bleiben z.B. unberücksichtigt. Doch wen interessieren in Coronazeiten Argumente.