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Die Loveparade-Tragödie als Verantwortungslosigkeit mit Fortsetzung bei Gericht?

Die loveparade-Tragödie und die Anklagen gegen wenige Verantwortliche dieses unfassbaren Vorgangs von Unverantwortlichkeit als Schonung der wirklich Verantwortlichen?

Die schreckliche Tragödie bei der loveparade in Duisburg war ein ganz schlimmer Vorgang einer konzertierten Aktion von Verantwortlosigkeit sondergleichen, die in ihrer Vorhersehbarkeit und den Ausmaßen selbst die vorherigen schlimmen Geschichten von Bad Reichenhall und dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs in den Schatten stellten. Dreieinhalb Jahre später verkündete nun die Duisburger Staatsanwaltschaft, gegen wen sie wegen des Todes von 21 Menschen, der Traumatisierung vieler hunderter weiterer und der Gefährdung von vielen Zehntausenden Menschen Anklage erhebt. Der Geruch von „Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen“ ist nicht zu leugnen.

Loveparade – Wer angeklagt ist und wer nicht (mehr im WAZ-Artikel: „Zehn Anklagen im Loveparade-Verfahren – Sauerland nur Zeuge“ hier)

Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat gegen vier Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent und sechs Bedienstete der Stadt Duisburg Anklage erhoben. Tatvorwurf: Fahrlässige Tötung, fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Körperverletzung im Amt. Angeklagt sind:

  • Vier Mitarbeiter von Lopavent: Gesamtleiter, Produktionsleiter, Sicherheits-Verantwortlicher und technischer Leiter der Loveparade 2010
  • Drei Bedienstete des städtischen Bauamtes
  • Drei städtische Bedienstete in leitender Funktion: Der für das Prüfungsteam zuständige Abteilungsleiter, die Amtsleitern Baurecht und ex-Baudezernent Jürgen Dressler, der einzige der Duisburger Dezernenten, der damals vorher massive Bedenken angemeldet hatte

Nicht angeklagt sind:

  • Gegen Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe, leitende Mitarbeiter des Ordnungsamtes, den Polizeiführer Kuno S. und den von Lopavent eingesetzte Crowd-Manager ist das Verfahren eingestellt worden
  • Ex-OB Adolf Sauerland und Veranstalter Rainer Schaller gehörten schon früh nicht mehr zu den Beschuldigten

Zur Erinnerung:

Alles schien so toll, als 3 Mio. Menschen im Ruhrgebiet am 18. Juli 2010 im Rahmen der Kulturhauptstadt friedlich Still-Leben auf der gesperrten A 40 feierten. Der alte Ruhrpott schien endlich zur Weltmetropole gereift, das Malocher-Image endgültig mit dem 1 Woche später folgenden Megaevent der loveparade – ursprüngliches Motto: „Friede-Freude-Eierkuchen“ – von der globalen Spaßkultur abgelöst worden zu sein.

„Dance or die“ hatten Übermütige als Motto ausgegeben,

was zur sehr bitteren Ironie werden sollte. Und mit dem 24. Juli 2010 war sie jäh geplatzt, die Blase der glückseligen Kulturhauptstadt eben nicht in Köln oder Düsseldorf, sondern in der grauen Metropole Ruhr, die aber noch aus vielen abgeschotteten Einzelkirchtürmen besteht. Duisburg, die graueste der grauen Vorstädte mit dem Schimanski-Flair der vergangen gehofften Tage sollte der wirklichen Kulturhauptstadt Köln mit der Riesensause von angeblich 1,5 Mio. bei der loveparade zeigen, wo die Musik spielt.

Und dann das vorhersehbare Totalfiasko als unfassbare Fahrlässigkeit aller beteiligten Entscheidungsträger:

21 Tote und über 500 Verletzte forderte eine Massenpanik bei der Duisburger loveparade im und hinter dem Tunnel an der Karl-Lehr-Straße. Die Tragödie offenbarte eine unfassbare Fahrlässigkeit aller beteiligten Entscheidungsträger, von Veranstalter bis Polizei, städtischen und Landesbehörden! Alle die vielen Warner wurden überhört oder wie der Duisburger Polizeipräsident dafür in den Ruhestand geschoben! Landesregierung, Opposition, Kulturhauptstädtler, Medien und Duisburger Lokalfürsten wollten beweisen, dass das Mega-Event klappt. Und sie riskierten dafür das Leben zigtausender Menschen trotz Vorwarnungen in Hülle und Fülle. Die angegebenen Besucherzahlen bei den loveparades waren laut WAZ seit Jahren drastisch gelogen. Zum Glück waren keine 1 bis 1,5 Menschen nach Duisburg gekommen, wie die Verantwortlichen noch während der Tragödie „stolz“ verkündeten, sondern „nur ca. 250.000! Etliche Besucher der loveparade erzählten, dass die heraufziehende Tragödie schon vor der tödlichen Panik Gesprächsstoff auf und vor dem Gelände war. Warum haben die Verantwortlichen angeblich nichts gewusst? Unglaublich. Polizisten standen auf der Todesbrücke und fotografierten, während darunter die Menschen zu Tode getrampelt wurden uswusf..

Die 1. Pressekonferenz der (Un-)Verantwortlichen am Unglücksabend (siehe Bild rechts) war eine einzige Schande und offenbarte eine erschreckende Versammlung der Unverantwortlichkeit, die in geradezu geheimbündlerischer Art und Weise zig-tausende Menschenleben gefährdet hatte. Doch diese Herren taten nur völlig überrascht und sprachlos, dass es schief ging. Soviel vermeintliche Naivität und blindes Gottvertrauen ist eigentlich nicht hinnehmbar. Doch genau diese Herren werden nicht angeklagt. Egal ob Sauerland, Schaller, Polizeipräsident, RP, Innenminister, Ministerpräsident/in oder Kulturhauptstadtchef: Alle hatten vorab die Absolution und das go ahead von allen, die in NRW und dem Ruhrgebiet von Bedeutung sind bzw. waren: Von Rüttgers, Kraft, dem alten (Wolf-FDP)- wie dem neuen Innenminister Jäger (SPD) bis hin zum Kulturhauptstadtschef Pleitgen. Auch die Medien ignorierten alle Warnungen, noch völlig begeisterungstrunken von dem Mega-event des Still-Leben auf der A 40.

Nach der Absage von Bochum durfte Duisburg zur loveparade partout nicht Nein sagen oder abgespeckt werden und entsprechend verhielten sich alle Verantwortung tragenden „wichtigen“ Leute in Düsseldorf, Duisburg und Essen. Es lag ein schlimmes kollektives Versagen und eine menschengefährdende Logik vor, an dem fast alle beteiligt waren nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel und der Zweck (hier das Megamassenevent der loveparade) war a priori gesetzt und indiskutabel. Dementsprechend war alles erlaubt, was den Zweck erfüllte und alles und jede/r wurde ausgegrenzt und kalt gestellt, der den Zweck behindern oder in Frage stellen konnte. Der Polizeipräsident wurde kurzerhand in den Ruhestand versetzt, die massiven Bedenken des Bauamts vom Tisch gefegt und die Warnungen von Bürgern nicht aufgegriffen.

Viele „normale“ Menschen in Duisburg und Umgebung waren dagegen völlig erschüttert und in Mark und Bein verunsichert. Wie konnte das nur passieren, wo doch jedes kleine Kind beurteilen kann, dass das Nadelöhr mit dem Tunnel als einzigem Zugang die Katastrophe geradezu heraufbeschwören musste? Sehr Vieles war skandalös wie etwa, dass der 2. Zugang zum Gelände vom Bahnhof her für das gemeine Volk gesperrt war, weil nur für VIPs wie den Ober-Unter-Humoristen Pocher. Unglaublich auch, dass der Geschäftemacher Schaller die Sause mit geplanten über 1 Million Menschen bei der AXA versicherte wie einen PKW, mit Haftung nur bis 7,5 Mio. Euro. Unfassbar auch, dass die Genehmigung für eine Millionen-Veranstaltung erst am Tag der Veranstaltung selbst erteilt wurde, als Zehn- oder gar Hunderttausende schon unterwegs waren. Geradezu abenteuerlich und menschengefährdend auch, dass das eingezäunte Schottergelände des ehemaligen Duisburger Güterbahnhofs keine 250.000 Menschen fasst, während mit über 1 Million gerechnet werden musste. Nicht auszudenken, wenn auch noch das Wetter der loveparade übel gesonnen gewesen wäre: Die Hitzewochen waren gerade abgeklungen, denn sonst wäre es unter freiem Himmel auf dem überfüllten Schotterplatz und vor bzw. im Tunnel noch grausamer geworden. Oder bei stärkeren Regen hunderttausende im Matsch auf eingezäuntem Gelände, eine weitere Horrorvorstellung. Uswusw……..

Bei all dem ist nun das von der StA angekündigte Verfahren, das alle richtig Verantwortlichen ausklammert, ein Schlag ins Gesicht nicht nur der unzähligen Opfer!

Die Duisburger StA sitzt in der Koloniestr. sehr nahe am Unglücksort und jeder dort muss aus eigener Ortskenntnis wissen, dass der Zugang nur durch den langen, düsteren Tunnel und dahinter nur über 1 Eingang auf das Schottergelände selbst bei nur 100.000 Besuchern in einer Katastrophe enden musste. Nicht zufällig hatte die StA Duisburg zu Beginn das Verfahren an die Kollegen in Köln abgegeben!

Doch die Duisburger StA ist bekannt dafür, dass sie politisch Verantwortliche oder ihnen nahestehende Filzokraten häufig mit Samthandschuhen behandelt, während sie mitunter recht gnadenlos gegen Kritiker der Herrschenden vorgeht. Die MBI und etliche Mülheimer Bürger mussten leidvoll erfahren, wie selbst bei offensichtlichem Anfangsverdacht und öffentlich bekanntem Fehlverhalten alles niedergeschlagen oder nur mit Minimalstrafe belegt wurde, ob bei dem abgängigen OB Baganz und seiner Geliebten als Dauerberaterin beim Versuch des Totalausverkaufs der Stadt, ob beim SPD-Ratsherrn Yassine mit nachgewiesenen Geldern für Mandatshandel, Auftürmung von ungerechtfertigten Sitzungsgeldern und Erschleichung eines gut bezahlten Jobs ohne Qualifikation und aufgefallener Urkundenfälschung, ob gegen SPD-Chef Wiechering wegen Trienekens-Spenden an seinen Ortsverein, ob beim ex-Referenten Rixecker, dem ex-Kämmerer Bultmann, bei swaps, bei Gebührenentwendung aus dem Gebührenhaushalt, sonstigen Bürger-Anzeigen wegen Veruntreuung von öffentlichen Geldern oder, und, oder und, oder ….

Der MBI-Sprecher aber wurde z.B. angeklagt, weil er angeblich Geheimnisse aus einer Akteneinsicht verraten haben sollte zu der oberfilzigen Geschichte mit Rixecker und dessen stark unterpreisigen Erwerbs von Gut Kleinlehn, das eigentlich ein Jugendzentrum auf der Saarner Kuppe werden sollte. Doch auch der „Geheimnisverrat“ konnte nicht nachgewiesen werden und das Verfahren musste eingestellt werden. Der Herr vom Klöttschen, der die Mülheimer Verkehrsplaner „totale Versager“ genannt hatte, wurde mit Strafbefehl von 750 € + Verfahrenskosten belegt, der MBI-Aktive M. Müller musste wegen einer harmlosen Karikatur zu OB Mühlenfeld bis zur höchsten Gerichtsebene gehen, weil mit Strafe bedroht, wo dann aber das OLG ihn mit Pauken und Trompeten freisprechen musste. Aktuell läuft der absurde Fall der Verfolgung der MBI-Ratsfrau A. Klövekorn, welche von der OB mit Strafanzeige belegt wurde, weil sie wegen dubioser Bäumfällungen die Verwaltung deutlich kritisiert hatte. Und die StA Duisburg ermittelte ausgiebig und will eine Bestrafung für eine Lapalie, die nicht einmal geklärt werden kann. Mehr dazu u.a. hier. Uswusf…. Mehr auch in

  • Frau Dr. Jasper – Der lange Schatten der Mülheimer Episode hier
  • „Mülheim und das große Schweigen – Die Privatisierung in deutschen Städten“ 55-minütiges WDR 5-Feature von W. Rügemer. Manuskript mit Anmerkungen hier. Auf S. 6 ff. zur Baganz/Jasper-Saga
  • Filz und Korruption auf Samthandschuhen? Erneut mildes Gerichtsurteil zu Mölmscher Korruption, dieses Mal zu Bremekamp hier
  • Yassine-SPD-Sumpf ohne Ende? hier
  • Wie alles aufflog: “Der Müll, die SPD, Mister Y. und die Selbstbedienung“ als pdf-Datei (68 KB)

Mehr zum loveparade-Desaster auch in

  • 29.7.10: „Loveparade-Desaster – Gedanken zur Duisburger Tragödie aus der Nachbarstadt“ hier
  • 6.8.10: „Duisburg, Mülheim, Düsseldorf und Drumherum: Ein tödlicher Hauch von Bananenrepublik?“ hier
  • WAZ 12.2.14 : „Zehn Anklagen im Loveparade-Verfahren – Sauerland nur Zeuge“ hier