Die Mülheimer Haushaltskatastrophe und die erbärmliche Ausschau nach dem Sündenbock
Der Sündenbock (engl. scapegoat) spielte bis zur Zerstörung des Jerusalemer Tempels (70 nach Christus) in der Liturgie des Großen Versöhnungstages eine besondere Rolle: Er wurde, symbolisch beladen mit den Sünden des Volkes Israel, in die Wüste geschickt und diente der jährlichen Versöhnung zwischen Gott und Mensch. Sowohl der Begriff „Sündenbock“ als auch der Ausdruck „[Jemanden] in die Wüste schicken“ haben als bildhafte Redeweise Eingang in unsere Alltagssprache gefunden. Der deutsche Begriff „Sündenbock“ wurde durch die Bibelübersetzung Martin Luthers geprägt. Am jährlichen Jom Kippur, dem Versöhnungstag im Judentum, machte der Hohepriester die gesellschaftlichen Sünden der israelitischen Nation öffentlich vor der Versammlung bekannt, während er symbolisch seine Hände auf einen durch Los ermittelten Ziegenbock hielt; Menschen in der Versammlung konnten individuell Sünden bekennen und dem Bock aufladen. Der Bock wurde daraufhin vom Hohepriester in die Wildnis der Wüsteneinöde geschickt bzw. außerhalb Jerusalems zu einer hohen Klippe gebracht und über deren Kante gestoßen. Gebraucht wird der Sündenbock soziologisch, wenn die Gemeinschaft innerlich zerrissen ist oder sich von einer Katastrophe bedroht fühlt. Indem eine falsche kausale Verbindung zwischen Bedrohung und dem ausgewählten Sündenbock hergestellt wird, soll das Übel überwunden und die Gemeinschaft wieder geeinigt und stabilisiert werden.
Die Stadt Mülheim ist finanziell vollständig an die Wand gefahren, aber nicht erst jetzt, sondern seit mindestens 3 Jahren. Auch die letzten 3 Haushalte waren noch nicht einmal mehr Makulatur, als sie beschlossen wurden. Schon letztes Jahr hätte der RP die 31 Mio. € zusätzlichen Landeszuschuss durch den Stärkungspakt nach Recht und Gesetz eigentlich nicht mehr zahlen dürfen. Bereits im Feb. diesen Jahres war klar, dass der für 2018 beschlossene Etat durch die Kenia-Koalition (SPD, CDU, Grüne) nicht genehmigungsfähig sein konnte. Das hat aber den Kämmerer nicht daran gehindert, für 2019 Ende Aug. fast den gleichen unseriösen Haushaltsentwurf auch für 2019 noch einmal neu aufzulegen. Die ganz überwiegende Mehrheit im Rat nahm das nicht einmal richtig zur Kenntnis, weil sie seit Mai ausnahmslos beschäftigt waren mit der heillos aufgebauschten „Causa Scholten“ und vollauf beschäftigt war, sich Sitzung für Sitzung in kleinkariertem Dauergezänk mit dem angeschlagenen OB zu gefallen, bei jedem Pups oder Unfug massiv unterstützt von den Lokalmedien, vorneweg der WAZ.
Als im Okt. klar wurde, dass das im Falle Mülheims jahrelange fahrlässige Wohlverhalten der Aufsichtsbehörde des RP nicht noch einmal möglich sein durfte, akzeptierte Mülheim, dass der GPA-Vorsitzende auf Kosten Düsseldorfs ab nun die Mauschelrunden zum Etat 2019 beraten musste.
Bis spätestens Ende Nov. konnte noch kein Etat 2019 verabschiedet werden, wie es Vorschrift ist, wenn eine Kommune Geld aus dem Stärkungspakt erhalten will.
Das wurde nun am 6. Dez. nachgeholt mit einer Tischvorlage als fantasie- und perspektivloses Ergebnis etlicher Geheimrunden. Die Kenia-Koalition hat sich darauf verständigt, über eine 39%-Erhöhung der Grundsteuer, sowie einige nebulöse Absichtserklärungen für die Jahre nach den Kommunalwahlen auf dem Papier einen ausgeglichenen Haushalt vorzutäuschen, um den RP erneut zur eigentlich nicht mehr erlaubten Auszahlung der Stärkungspaktmittel zu bewegen.
Anstatt sich endlich wirklich mit dem Mülheimer Haushaltsdesaster zu befassen, hakten CDU, BAMH und Grüne in ihren Haushaltsreden erneut auf dem OB herum. Auch die WAZ hatte nichts Besseres zu tun, als genau das in den Vordergrund zu stellen, auch noch 2 Tage hintereinander. Dabei konnte auch noch die SPD-Fraktion, die zusammen mit ihren beiden Dezernenten Mendack+Ernst geradezu selbstmörderisch das abstoßende OB-bashing begonnen und weiter mit geführt hatte, auch noch in das gleiche Horn bliesen. Dabei hätte auch ein funktionsfähiger OB das totale Desaster nicht wesentlich verbessern können, auch wenn er nicht just genau durch die lahm gelegt worden wäre, die ihm nun Untätigkeit vorwerfen.
Ziemlich erbärmlich die WAZ-Berichterstattung, nicht nur dazu. Auch zu einem anonymen Brief über den angeblich bereits ausgeguckten Nachfolger des Sozialdezernenten Ernst (SPD) macht sie ein großen Artikel, sogar mit Namen und Foto. Dass das Blättchen die MBI-Etatreden nur arg verstümmelt wiedergab, regt weniger auf. Wen die Rede interessiert, sie hat die Überschrift: „Pleite, pleiterer, Mülheim: Hoffnungsloser Sanierungsfall und Chaos pur? Und schon wieder ein verlorenes Jahr durch Hinhaltetaktik von Kämmerer und Kommunalaufsicht?!“ und ist nachzulesen als pdf-Datei (61 KB)
Bauvorhaben Feld Tinkrathstraße, das
bankrotte Mülheim und die selektive WAZ
Was bei der WAZ-Berichterstattung aber richtig unangenehm aufstößt, ist folgendes, das Bauvorhaben Tinkrathstr. betreffend:
Im Planungsausschuss am 27. Nov. hatte der MBI-Vertreter angefragt, was auf dem Acker vor sich ginge, da dort ein Toilettenhäuschen aufgestellt worden sei. Die Verwaltung in personae des Dezernenten Vermeulen und des Amtsleiters Blasch wusste angeblich von nichts, wollte sich aber kundig machen.
Eine Woche später erhielten die MBI die unten stehende mail, in der aufgezählt ist, was sich alles inzwischen auf dem Acker getan hat. Weil wir noch nichts von der Verwaltung gehört hatten, sprach ich genau das in der Fragestunde des Rates erneut an und fragte den Dezernenten, was genau da vor sich ginge, denn ohne Genehmigung der Stadt hätte Schulten-Baumer diese ganzen Maßnahmen wohl nicht machen können. Der Dezernent behauptete, er wisse von nichts, wolle sich aber kundig machen. Dann meldete sich auch noch der CDU-Lobbyist Borchert und rügte mich aufs heftigste, weil ich im öffentlichen Teil der Sitzung den Namen des Grundstückseigentümers genannt habe. (Leuchtete mir ein, weil niemand in Mülheim weiß, wem dieser Acker gehört, auch nicht im nun bereits 3. Versuch, dort per B-Plan und 5.Fruchtfolge endlich Euros zu ernten, gell) Doch Spaß beiseite.
Als wäre das angebliche andauernde Nichtwissen der Bauverwaltung nicht schlimm genug, weigert sich die neben dem Anzeigenblättchen einzige Lokalzeitung, das Thema aufzugreifen, weder nach dem Planungsausschuss, noch nach dem Rat. (Ist ja anscheinend auch wichtiger, die Intrigen und anonymen Geschichten um das anscheinend bereits stattfindende Gerangel um den lukrativen Dezernentenposten noch vor der Ausschreibung aktiv journalistisch zu befördern, gell.)
Wir werden unabhängig von alledem in den nächsten Tagen nochmals versuchen, von der zuständigen Bauverwaltung Informationen doch noch zu bekommen.
Es spricht auch nichts dagegen, wenn Betroffene an Tinkrathstr. oder Diepenbeck ebenfalls mal nachfragen.
Hallo liebe Mitglieder der MBI,
da Informationen gerade im politischen Bereich wichtig sind und wir nicht wissen, ob die folgenden Ihnen bekannt sind, möchten wir Ihnen vorsichtshalber ein paar Fakten mitteilen.
In Höhe des Feldes ist die Tinkrathstraße seit ein paar Tagen auf beiden Seiten mit einer Halteverbotszone versehen.
Auf dem Feld wurden platziert:
- ein Toilettenhäuschen und
- Container der Firma, die bereits das Bergbaugutachten für Herrn Schulte-Baumer erstellt hatte.
- Im weiteren Verlauf der Tinkrathstraße sind einige Baumaschinen bereitgestellt.
- Von Seiten der Diepenbeck können wir aus dem Dachfenster sehen, dass zumindest zwei Bereiche des Feldes mit rot-weißem Flatteband umgeben wurden.
Für uns ergeben sich dadurch u.a. folgende Fragen:
- Wird jetzt bereits mit Vorbereitungen für die Bebauung begonnen?
- Läßt Herr Schulte-Baumer weitere Gutachten erstellen?
- Falls ja, erfolgt dies im Auftrag der Stadt bzw. hat diese davon Kenntnis?
Mit freundlichen Grüßen