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Mülheimer Haushaltsdesaster: Trotz Corona nichts Neues?

Mülheimer Etatplanung: „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo?“

BuchMenholzdackIm Rat am 17. Dezember brachte Kämmerer Mendack den Etatentwurf 2021 ein. Weil Mülheim dafür als Stärkungspaktkommune ca. 30 Mio. € Extra-Landeszuschuss erhalten will, muss laut Vorgaben der Etat 2021 eigentlich bis Ende Nov. 2020 beschlossen sein. Deshalb sollte der Etat in der 1. Ratssitzung nach der Kommunalwahl am 4. Nov. eingebracht, dann in allen Ausschüssen, Bezirksvertretungen etc. beraten und im Dez. verabschiedet werden. Das war bereits eng, doch schon im Okt. gab der Kämmerer an, wegen Corona könne er frühestens am 17. Dez. einen Etatentwurf vorlegen. Das Land stimmte zu und war einverstanden, wenn bis Ende Feb. ein Haushalt beschlossen würde, was die Auszahlung der Stärkungspakt-Millionen nicht gefährde. Soweit, so gut und alles coronabedingt nachvollziehbar, auch wenn es längst den Boden der Seriösität verlassen hat.

Nun liegt also der Haushaltsentwurf für 2021 vor.

PleitegeierDie kleine Großstadt Mülheim/Ruhr mit etwas über 172.000 Einwohnern war bereits vor Corona unangefochten NRW-Spitzenreiter bei der Pro-Kopf-Verschuldung mit damals ca. 11.500 €/Kopf, hatte über 2 Milliarden Schulden, über 1,2 Milliarden Kassenkredite („Kredite zur Liquiditätssicherung“) und noch schlimmer ein negatives „Eigenkapital“ von über 600 Mio. €, d.h. eine hoffnungslose bilanzielle Überschuldung. Laut Bertelsmann-Studie war Mülheim zudem die deutsche Großstadt mit dem höchsten Verschuldungstempo im vergangenen Jahrzehnt.

Kämmerer Mendack beklagte bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs für 2021 wenig überraschend die immensen Steuerausfälle und Mehrausgaben, die aus dem massiven Herunterfahren des Lebens zur Pandemiebekämpfung herrührten. Und er begrüßte, dass die Rettungsschirme von Bund und Land viele dieser mind. 80 Millionen ausgeglichen hätten, doch fehle immer noch die Übernahme der 2 Milliarden Altschulden. Die Grundsteuer könne nicht gesenkt werden, aber es müssten Gewerbeflächen in großem Stil ausgewiesen werden, um mehr Gewerbesteuer einnehmen zu können. Die vor Jahren von Schwarz-Rot-Grün beschlossenen ÖPNV-Kürzungen um jährlich 7 Mio. € würden auf 2023 oder 2024 verschoben werden und überhaupt: Wäre Corona nicht dazwischen gekommen, wäre man auf einem guten Weg gewesen, blabla ……

Und das Wichtigste: Die zusätzlichen jährlichen Haushaltslöcher durch Coronafolgen dürften aus dem Haushalt ausgegliedert („isoliert“) und auf 50 Jahre getilgt werden, genau wie das Land NRW es auch tut. So war denn das Gesamtergebnis seiner Einlassungen, dass er einen genehmigungsfähigen Haushalt vorgelegt habe, denn durch die Corona- und Wirtschaftskrise würde ein ausgeglichener Haushalt nur um 1,2 Jahre verzögert.

Laut Haushaltsentwurf sind für die Jahre 2021 bis 2024 außerordentliche Beträge von zuerst 46 Mio. €, dann pro Jahr ca. 39 Mio. € als „Covid19-Isolierung“ angegeben und als quasi-Einnahmen verbucht. Unabhängig von der generellen Frage, was das für zukünftige Haushaltsführung über 50 Jahre wirklich bedeuten könnte, muss man schlichtweg feststellen, dass durch die Folgen der Pandemiemaßnahmen fast alles völlig ins Schleudern geriet, was mit kalkulierbaren Einnahmen und Ausgaben zu tun hat.

Kurzum: Durch die Möglichkeit, die coronabedingten riesigen neuen Haushaltslöcher per Nebenhaushalt bis zu 50 Jahre lang in quasi-Quarantäne zu isolieren, konnte der Kämmerer im Wesentliches alles fast genau wie in den Vorjahren darstellen. Oder anders ausgedrückt:

Der sog. Mülheimer Haushalt für 2021 und folgende Jahre befindet sich im dicken Nebel!

Die Ausführungen des Kämmerers und sein Etatentwurf vernachlässigen irgendwie nämlich zwei wesentliche Realitäten:

1.) Die Coronakrise ist der größte Einschnitt in Wirtschaft und Leben seit dem Kriegsende. Weil gleichzeitig auch für den Klimaschutz  ganze Industriezweige taumeln, werden das Ruhrgebiet und nicht zuletzt auch Mülheim sogar bei einer Erholung der Wirtschaft Deutschlands durch einen erfolgreichen großen Modernisierungsschub und Strukturwandel mit am stärksten bluten, da z.B. viele Zulieferbetriebe für die Automobil- und Stahlindustrie  nicht überleben werden.

2.) Die bisherige katastrophale Mülheimer Misswirtschaft aus den Jahren vor Corona wäre auch bei Wegfall aller Altschulden nicht auf Dauer sanierungsfähig und würde in wenigen Jahren wieder riesige Schuldenberge auftürmen. Deshalb wären auch unabhängig von Corona dringend strukturelle Änderungen vonnöten wie u.a.

¨ Gutachteritis, Luftschlösser, Prestigeprojekte u.ä. schnellstens zu beenden bzw. zu begrenzen,  ob weitere Ruhrbania-Baufelder, Abriss Hochstr. Tourainer Ring, VHS-Verlagerung uswusf..

¨ Verkauf oder besser Tausch der RWE-Aktien gegen medl- oder RWW-Anteile

¨ unverzüglich die Stadtpolitik konsequent in Richtung Ruhrstadt oder Teilmetropole Ruhr-West umzuorientieren, d.h. auch Verschmelzung ganzer Teilbereiche mit Nachbarstädten und Abgabe von Entscheidungskompetenzen, u.a. alsbaldiger gemeinsamer ÖPNV

¨ Nach M&B sukzessive Auflösung aller Ausgliederungen wie JSG, MST, RuhrbaniaGmbH uswusf. und Rücküberführung in den Kernhaushalt bzw. in gemeinsame Bereiche mit Nachbarstädten, um alle Schattenhaushalte der BHM wieder der Kämmerei und dem Rat der Stadt zuzuordnen!

¨ Ähnliches gilt für die unzähligen PPP-Projekte, die nach und nach wieder in städtische Hände zurücküberführt werden müssen, angefangen mit dem Rathaus, was nach Angaben des Kämmerers jährlich ca. 1 Mio. Ausgaben sparen könnte

¨ Uswusfusw….

Bis auf die Auflösung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft M&B ist aber von strukturellen Änderungen in den ca. 1250 Seiten des Haushaltsentwurfs 2021 der Stadt Mülheim a.d. Ruhr  nichts, aber auch garnichts zu finden.

Und was sagt OB Buchholz? Aus WAZ vom 1.1.21: „Mülheims OB Buchholz im Interview: Seine vier Ziele für 2021“

„Ich darf kurz zitieren aus einem Schreiben, das uns die Bezirksregierung kurz vor Weihnachten zugesandt hat. Es endet damit: „Ich möchte darauf eingehen, dass die ausbleibenden Steuererträge nicht allein durch eine restriktive Haushaltsführung aufgefangen werden können, sondern es der erneuten Aufgabenkritik bedarf sowie der Generierung zusätzlicher Einsparmöglichkeiten.“ Die Bezirksregierung erwartet von uns, dass wir weitere Bereiche hinterfragen. ………….
Klingt doch eigentlich wie all die Jahre vorher, oder?
Allerdings werden stürmische Zeiten unvermeidlich das bisherige „Weiter wie gehabt“ nicht mehr lange zulassen werden!