Zur Erinnerung:
In der Ratssitzung am 23. Juni wurde der sog. Bildungsentwicklungsplan in der Variante „Erweiterung im Bestand“ beschlossen. Außerdem beschloss der Rat auf den relativ überfallartigen Antrag des Kämmerers, seinen Beschluss aus der vorherigen Ratssitzung Ende April, die große Containeranlage in Styrum anzumieten, zu revidieren. Angeblich wäre das für Flüchtlinge nicht mehr nötig und der Container-Standort für schulische Zwecke war von der Verwaltung und im Gefolge der Ratsmehrheit wieder verworfen worden.
3 Wochen später dann der WAZ-Artikel, man habe nun ein Drittel der Container per Dringlichkeitsbeschluss für Schulen gekauft, Kaufpreis geheim. Als Ratsmitglied reibt man sich doch ein wenig die Augen und fragt sich, was da wirklich abgelaufen ist. Hier Auszüge aus dem WAZ-Artikel:
„Im Zuge des unmittelbar bevorstehenden Umzugs der Hochschule für Polizei und Öffentliche Verwaltung vom Container-Standort an der Dümptener Straße in Styrum nach Duisburg hat die Stadt Mülheim einen großen Teil der dortigen Container-Module erworben. Zu sechs Gebäude-Modulen sind in Styrum 543 Container verbaut. Kämmerer Mendack bestätigte nun, rund ein Drittel davon (zwei komplette Module) gekauft zu haben, ( Anm. MBI: bestätigt durch einen sog. Dringlichkeitsbeschluss (OB+mind. ein Ratsvertreter), das der Rat nachträglich noch abnicken muss. ). Die Container würden zur nötigen kurzfristigen Erweiterung von Schulen gekauft. Mit Aurelis sei vereinbart, dass die Container bis ins nächste Jahr hinein an Ort und Stelle verbleiben könnten, bis klar ist, wohin sie versetzt werden. ….“
Soweit aus dem WAZ-Artikel vom 15.07.2022: „Gegen die Not“: Stadt Mülheim kauft Container für Schulen
Die Überschrift: „Gegen die Not“ ist leicht irreführend, zeigt aber bereits, dass irgendwas nicht ganz stimmig zu sein scheint.
Es sind schon alles andere als demokratische Abläufe, die sich auch bei dieser Angelegenheit zeigen. Als Ratsfraktion bzw. Ratsmitglied weiß man auch nicht, was hierbei wie, von wem oder warum im einzelnen be- und verhandelt wurde. Der Kämmerer scheint sich eher wie ein Immobilienhändler zu verhalten, der dann die formalen Ratsbeschlüsse je nach momentaner Verhandlungslage sich irgendwie abnicken läßt. Dass nur der Grundstücksentwickler Aurelis der WAZ mitteilte, die Stadt habe Container gekauft, ist bezeichnend, denn der Rat war noch von nichts Genauerem informiert worden. Dennoch wurde das Geschäft abgeschlossen und per „Dringlichkeitsbeschluss“ formal legitimiert.
Vorab: Dringlichkeitsbeschlüsse dürfen nur in absoluten Notsituationen Ratsentscheidungen vorwegnehmen.
Hier ein paar Fragen zu dem Vorgang, bei dem es schließlich um Millionen geht.
- Vor der Ratssitzung Ende April hatte der Kämmerer die Anmietung der Containeranlage, die geeignet sei für bis zu 1000 Flüchtlingen bzw. 100 Klassenräume für schulische Zwecke, als quasi alternativlos dargestellt. Bei der nichtöffentlichen Aufhebung des Ratsbeschlusses gab die Stadtspitze lediglich an, die Rahmenbedingungen hätten sich seit Ende April geändert, weil man keine Unterkünfte für Ukraine-Flüchtlinge mehr brauche.
- Wenn schon die Anmietung nicht zustande kam – warum auch immer – warum ließ die Stadtspitze den Rat nach der Revision seines vorherigen Beschlusses nicht über einen Kauf von Containern abstimmen. Dann hätte es evtl. keines Dringlichkeitsbeschlusses bedurft.
- Wer hat eigentlich wann und warum entschieden, dass diese bezugsfertige Containeranlage dann doch nicht für schulische Zwecke in Betracht käme?
- Zentrale Frage ist „natürlich“: Was genau hat der Riesendeal denn gekostet und warum wurde er derart auf die Schnelle getätigt? Angeblich hatte sich der vorher überhitzte Markt der Nachfragen nach Containern doch zuletzt deutlich entspannt. So berichtete der Kämmerer zumindest in der Ratssitzung bei der Begründung zur Rücknahme des Beschlusses zur Anmietung der Containeranlage.
Kurzum:
Es mag alles noch so richtig und wichtig sein, doch die fehlende Transparenz und selbstherrliche ad-hoc-Entscheidungen der Verwaltung führen automatisch zu Fragen. Es soll ja auch schon häufiger vorgekommen sein, dass bei angeblich ach so alternativlosen Entscheidungen dann später bedeutsame Pferdefüsse zum Nachteil der Stadt zum Vorschein kamen. Hätte man die eigentlich vorgesehenen demokratischen Prozesse eingehalten, wären manche davon vermeidbar oder zumindest in ihrem Schaden reduzierbar gewesen.
Logischerweise fragt man sich auch bei der o.g. Containerangelegenheit, ob und inwieweit nach Corona und anderen Dauerkrisen das Mauschelprinzip längst die Oberhand gewonnen hat, weil das für die Exekutive viel bequemer ist.