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Kommunalsoli: Mülheim lechzt, Monheim, Langenfeld u.a. klagen

Klage der reicheren NRW-Städte gegen sog. „Kommunalsoli“, von dem das bankrotte Mülheim bisher nichts bekommt

WAZ Mülheim vom 19.11.14: „Stadt lechzt in ihrer Finanznot nach einem Stärkungspakt“, hier
Darin u.a.: „ ….Es gibt nicht viele Städte im Land, die derart verschuldet sind, man nähert sich der Grenze von einer Milliarde allein bei den Kassenkrediten, 80 Millionen neue Schulden kommen im nächsten Jahr obendrauf … Und dennoch, empört sich der Kämmerer, habe das Land Mülheim nicht mit in den Kreis der ersten Stärkungspakte aufgenommen. Man lässt uns hier in Mülheim regelrecht absaufen“, sagt Bonan. Er kritisiert, dass man als Auswahlkriterium für den Stärkungspakt nicht die Defizite, wie von Fachleuten empfohlen, genommen habe, sondern das Eigenkapital …“
Ruhrkropolis3

Der Kämmerer sagt aber nicht, dass er dabei bis März 2014 für das größte Vermögen der Stadt, die RWE-Aktien, jahrelang den Aktien-Höchstwert aus 2007 ansetzte, um seine Bilanzen zu schönen. Mit der inzwischen gesetzlich verordneten Neubewertung der RWE-Aktien mit realem Wert war die kleine Großstadt Mülheim, der treueste Vasall des schwindsüchtigen Energieriesen RWE, mit einem Federstrich am 31. März 2014 um „sagenhafte“ 468 Millionen Euro ärmer und als einzige Großstadt weit und breit auch bilanziell überschuldet. Mehr dazu

Relativ zur Einwohnerzahl hat Mülheim mit seinen etwa 10 Mio. Aktien ca. doppelt so viele RWE-Aktien wie Essen und dreimal so viele wie Dortmund. Die wahrscheinlich unvermeidbare erneute Senkung der Dividende trifft die eigentlich reiche Heimatstadt der Ministerpräsidentin mit ihrer bisher stets niedrigsten Arbeitslosigkeit im Ruhrpott entsprechend doppelt oder dreifach. In Wirklichkeit sogar noch mehr, denn viele, viele Aufgaben der Stadt im Kultur-, Sport-, Jugend- oder Bildungsbereich werden von der Stinnes- und der Thyssen-Stiftung getragen. Beide sind unselbständige Stiftungen, in denen die Stadt durchaus das Sagen hat, und die Stiftungen finanzieren sich hauptsächlich aus der Dividende der ca. 5 Millionen sog. Stiftungs-Aktien, allesamt auch vom untergehenden Energiekonzern.

Abgesehen vom weiteren Absturz des bereits hoffnungslos überschuldeten Haushalts der Stadt – mit bereits 200 Mio. negativem (Minus-)„Eigenkapital“ und alleine in 2014 über 830 Mio. Kassenkredite (Überziehungskredite) – wird über kurz oder lang die RWE-Krise auch viele kleinere Projekte über die verminderten Stiftungserträge existenziell bedrohen.

Über all das will man öffentlich in Mülheim nicht reden, könnte ja die OB-Wahl nächstes Jahr beeinflussen. Und die seit über 1 Jahrzehnt herrschende SPD-OB könnte ihren Aufsichtsratssitz verlieren, wenn z.B. ernsthaft über ein Raus aus den toxischen RWE-Aktien nachgedacht würde, wie die MBI es seit längerem fordern.

Also beschwert man/frau sich, nicht in den Stärkungspakt aufgenommen worden zu sein. Und weiter aus der WAZ Mülheim: „Mario Krüger, kommunalpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, macht Mülheim ein klein wenig Hoffnung: „Wenn es einen Stärkungspakt 3 geben sollte, ist Mülheim auf jeden Fall dabei.“ Aber ob es einen dritten gebe, sei fraglich. Fraglich, weil dieser sich mit Mittel der Städte speisen müsste, denen es besser geht. Die Begeisterung dafür ist dort nicht groß. Dass das Land noch mal Geld gibt, kann sich Krüger nicht vorstellen.“
Die Begeisterung ist nicht nur „nicht groß“, wie der Grüne es sagt, sie besteht aus heftiger Ablehnung, wie der folgende Artikel aus „Ruhrbarone“ zeigt, in dem Mülheim nicht vorkommt, nicht einmal bei dem Desaster mit dem RWE-Aktienbesitz der Ruhrgebietsstädte.

Nägel mit Köpfen: Haushalts-Rebellen trafen sich zum finalen Abschluss der Klageschrift gegen den Kommunalsoli

19. NOVEMBER 2014 | VON ULRIKE MAERKEL, der ganze Artikel  hier

Am Montag wurde in der Landeshauptstadt Düsseldorf auf einem Treffen die Klageschrift gegen den Kommunalsoli von den rebellierenden Kommunen endgültig festgezurrt. Die Formulierung der Klageschrift wurde von der mittlerweile von 49 auf 66 Kommunen angeschwollenen Gruppe ausformuliert – der Hammer für die gemeinsame Klage gegen den “Stärkungspakt Stadtfinanzen” der rot-grünen Landesregierung ist gefallen.

Solidarität ist zwar eine gute Sache, doch sehen immer mehr NRW-Städte die zusätzliche Abgabe an ärmere Kommunen nicht nur als ungerecht, sondern sogar als verfassungswidrig an. Die gerichtliche Auseinandersetzung lohnt sich möglicherweise, denn bei dem Soli geht es nicht um ‘peanuts’, sondern um eine Umlage von insgesamt 91 Mio. Euro, die vom Rhein unter anderem an die Ruhr fließen soll. Die so genannten Geberkommunen wollen das nicht klaglos mitmachen. Ziel ist, die Klage noch im Dezember diesen Jahres dem Verfassungsgerichtshof in Münster vorzulegen – es wird also ernst.

Die Klageschrift der widerspenstigen Kommunen ist kein polemisches Pamphlet oder Ergebnis eines Verteilungskampfes, sondern beruht auf zwei fundierten Gutachten. Zusätzlich zu einer juristischen Einschätzung holten die Kläger für eine finanzwissenschaftliche Bewertung die anerkannte Expertin für Kommunalfinanzen, Prof. Färber, ins Boot. Sie lehrt an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer und war Anfang 2000 Mitglied der „Rürup-Kommission”.

Peto-ZimmermannDer Bürgermeister von Monheim, Daniel Zimmermann (Peto, Bild aus Wikipedia), 2009 als Senkrechtstarter und Deutschlands jüngster Bürgermeister in sein Amt gewählt, übt an dem neuen „Soli-Modell“ der Landesregierung Kritik. Seine Gemeinde Monheim am Rhein würde bereits genug Solidarität mit den finanziell schwachen Kommunen üben. Auch ohne den zusätzlich erhobenen Kommunalsoli fliesst schon jetzt eine erhebliche Summe in andere Kanäle, als den eigenen Haushalt. Dabei würde Zimmermann auf Grundlage des soliden Haushaltes gerne mehr investieren in die Infrastruktur, in Kindertagesstätten und Freizeitangebote für die Monheimer Bürger. Das ist auch deswegen notwendig, weil dem jetzigem Haushalts-Erfolg ein jahrelanger harter Sparkurs vorausging, der einen Investitionsstau verursacht hat. Um eine ausgeglichene Finanzlage zu erreichen, hatten die Monheimer auf Reparatur und Ausbau des Straßennetzes ebenso verzichtet, wie auf den Bau der Musikschule, die noch immer in Containern untergebracht ist. Zimmermann macht eine einfache Rechnung auf, um zu zeigen, was die eingeforderte Solidarität für die Monheimer konkret in Zahlen bedeutet: Von den 220 Millionen Einnahmen aus Gewerbe- und Grundsteuer gehen 191 Millionen in die verschiedenen Umlagen, d.h. 22,5 Mio. gehen in den kommunalen Finanzausgleich, 117 Mio. beträgt die Abgabe an den Kreis Mettmann, 51 Mio. der eingenommen Gewerbesteuer gehen direkt an das Land NRW und auch der Landschaftsverband Rheinland bekommt noch etwas ab.

Die Klage ist kein Akt der Entsolidarisierung

Summa summarum verbleiben nur 13% der erwirtschafteten Einnahmen im eigenen Ort zur Bewältigung der kommunalen Aufgaben. Zimmermann: „Im Klartext bedeutet das, dass wir nach Einführung des neuen Solis 87 Prozent der 220 Mio. Einnahmen abgeben sollen. Das lässt sich den Bürgern nicht mehr vermitteln. Es geht uns mit der Klage nicht um einen Akt der Entsolidarisierung. Auch deswegen nicht, weil Monheim schwierige Zeiten selber gut kennt und in der Vergangenheit fast durchgehend ein Haushaltssicherungskonzept hatte oder sogar im Nothaushalt war. Wir verstehen also die Situation der anderen Kommunen. Wenn aber die Monheimer mehr als Dreiviertel ihrer Einnahmen an schwächere Standorte abgeben müssen, überschreitet das eindeutig unsere Schmerzgrenze.“

Mario Krüger, kommunalpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, findet die Haltung des Monheimer Bürgermeisters nicht nachvollziehbar. Gerade die von Zimmermann erwähnten Umlagen, seien etwas, von dem die Monheimer unmittelbar profitieren: “Das Solidaritätsprinzip in NRW ist keine Einbahnstraße. Das, was die Monheimer in den Kreis oder in den Landschaftsverband stecken, kommt doch bei ihnen selber wieder an. Die Leistungen für den Öffentlichen Nahverkehr, die Kosten der Unterkunft, der Jobcenter der Agentur für Arbeit, die Flüchtlingsunterbringung, die Eingliederungshilfen für Behinderte und viele anderen Aufgaben, übernimmt der Kreis oder der Landschaftsverband für die Kommunen. Konsequent zu Ende gedacht, müsste Daniel Zimmermann also diese Aufgaben in Zukunft selber kommunal stemmen. Der neue Solidaritätspakt ist aus unserer Sicht keine Zumutung für die finanzstarken Kommunen. Nur 7,9 % der überschiessenden Steuerkraft fliesst 2015 in andere Städte, der große Rest bleibt in Monheim. Ich erkenne hier keine Gerechtigkeitslücke.“

Hausgemachte Probleme?

Für Zimmermann liegen die Haushaltsprobleme der Ruhrgebietsstädte, wie Oberhausen, nicht allein an den Folgen des Strukturwandels im Ruhrgebiet. Vielmehr sei das Problem auch deswegen in NRW hausgemacht, weil die Landesregierung viele der Kommunen aufgefordert hatte, die Steuerhebesätze zu erhöhen. Damit beisst sich aber aus Sicht von Zimmermann die Katze in den Schwanz: „Wir erleben in NRW eine Abwärtsspirale bei den kommunalen Einnahmen. Das liegt auch daran, dass die Landesregierung die Genehmigung der Haushalte von eine Anhebung der Steuersätze abhängig gemacht hat. Doch ausgerechnet Steuererhöhungen zum Kriterium für einen genehmigungsfähigen Haushalt zu machen, ist kontraproduktiv. Welches der heute sehr flexiblen und ortsungebunden Unternehmen siedelt sich denn ausgerechnet da an, wo es besonders teuer ist? Das ist eine verfehlte „Wünsch-Dir-was”-Haushaltspolitik. Wer große Gewerbesteuerzahler an einen Standort locken will, tut dies nicht mit Hebesätzen, die weit über dem bundesweiten Durchschnitt liegen! Schliesslich konkurrieren wir in NRW nicht nur mit attraktiven Standorten in angrenzenden Bundesländern wie Hessen, sondern auch mit unseren Nachbarn Niederlande und Belgien. Der Prozess des Hochschaukelns muss endlich beendet werden“.
Dieser Vorwurf an die Landesregierung ist aus Sicht von Mario Krüger unberechtigt: „Das ist Quatsch, es werden vom Land keine Vorgaben zur Höhe der Steuer-Hebesätze gemacht. Die Kommunal-aufsicht gibt lediglich vor, das eine Haushalt ausgeglichen sein muss. Wie die Stadt das schafft, ist allein Sache der Kommunen und ihrer Räte, die Landesregierung schreibt das ‘wie’ der Einnahmequellen nicht vor“.

Monheim-Formel oder Liechtenstein an der Ruhr?

Die Einnahmequellen der 40.000 Einwohner zählende Stadt Monheim speist sich vor allem daraus: Nachdem Zimmermann zu Beginn seiner Amtszeit auf einem Berg von 120 Mio. Schulden saß, hatte man 2012 die Gewerbesteuer von 435 auf 300 Punkte reduziert, um Unternehmen in die Stadt zu locken – mit Erfolg. Unternehmen und Firmen siedelten sich vermehrt in der Rheinkommune an und das Stadtsäckel füllte sich. Bemerkenswert ist, dass ein Großteil der Unternehmen nicht aus NRW stammt. 1500 neue Arbeitsplätze wurden in nur 3 Jahren geschaffen, in ein Verhältnis zur Einwohnerzahl gesetzt, eine beachtenswerte Menge. Aus Sicht der Monheimer ist das Konzept mit der Formel
“niedrige Gewerbesteuer = mehr Unternehmen = mehr Gewerbesteuereinnahmen = mehr kommunale Einnahmen”
aufgegangen. Klingt einfach, ist es auch. Dieses Jahr legten die Monheimer noch einmal nach und senkten die Grundsteuer von 400 auf 385 Punkte. Die Stadt geht davon aus, das der Ansiedlungs-Trend weiter geht, auf Ihre Homepage heißt es: “Das Interesse an weiteren Ansiedlungen ist groß”. Der Herner Kämmerer kam zu demselben Schluss wie das Rheinstädtchen. Er schlug vor, die Gewerbesteuersätze gemeinsam mit allen Ruhrgebietsstädten zeitgleich in derselben Höhe zu senken, und auf diesem Weg eine Art Steueroase zu gründen.

Doch es geht auch anders: Städte wie Langenfeld haben es geschafft mit einem eisernen Sparkurs und großer Haushaltsdisziplin für schwarze Zahlen zu sorgen. Das diese Städte nun mit Unverständnis darauf reagieren, dass sie mit ihren hart erarbeiteten Mehreinnahmen die maroden Ruhrgebietsstädte mitfinanzieren sollen, kann man zumindest vor dem Hintergrund verstehen, das Städte wie Dortmund, durchaus einen Eigenanteil an der Situation haben. Wer sich ein Kunst- und Kreativitätszentrum wie den U-Turm mit stetig ansteigenden Betriebskosten und einem Kostenvolumen im zweistelligen Millionen-Bereich leistet, muss sich die Kritik von seinen spendablen Nachbarn gefallen lassen. Und auch die Ausgaben für das Deutsche Fußballmuseum erhöhen sich, weil die Eröffnung verschoben werden musste. Kostenfaktor für Dortmund: 250.000 Euro.
Auch Wuppertal hatte Probleme mit überzogenen Kosten: 2013 musste sich die Stadt beim Umbau des neuen Döppersbergs (Gesamtkosten 105 Millionen) für 30 Mio. Kosten „über Plan“ rechtfertigen. Doch in Essen sahen es die Steuerzahler anders: Die Bürgerinnen und Bürger waren sparwilliger als ihre Vertreterinnen und Vertreter in den Räten. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, will man doch mit den Mehrausgaben für den Bürger Gutes tun. Mit einer knappen Mehrheit hatten die Essener gegen die 123 Millionen teure Modernisierung der Messe Essen gestimmt.

Verkauf des Tafelsilbers als Lösung?

Neben Sparmaßnahmen kann man auch über den Verkauf des so genannten „Tafelsilbers“ zur Rettung des Haushaltes nachdenken. Die schuldenfreie Landeshauptstadt Düsseldorf hatte beispielsweise mit dem Verkauf seiner RWE-Aktienpaket (5,7 Mio.) zur Konsolidierung des städtischen Haushalts beigetragen. Auch Mönchengladbach verkaufte seine Anteile an dem Energieversorger. Andere, darunter RWE-Hauptanteilseigner Dortmund, gingen lieber auf dem Energiemarkt shoppen, statt zu sparen, und kauften zusätzlich Anteile an dem Energiekonzern STEAG mit einem Anteil von 63 Mio. Euro Eigenkapital. Solche Megadeals führen nicht zwangsläufig zu uneingeschränkter Solidarität der Sparer- und Geberkommunen.
Das sich die RWE Rendite – Einnahmequelle von Städten wie Essen und Dortmund und in den Vermögenstand “eingepreist”, mittlerweile praktisch halbiert hat, ist nicht auf dem kommunalen Mist gewachsen. Wenn aber Städte wie Bochum sich ein Musikzentrum inklusive teuren Verwaltungsbau leisten, werden sich die schuldenfreien Städte aus dem Rheinland fragen, ob es für die Menschen in Bochum wirklich eine Zumutung ist, eine Viertelstunde mit der Bahn nach Dortmund zu fahren, um für den persönlichen Musikgenuss wahlweise die Oper Dortmund oder das nur wenige Meter entfernte Konzerthaus zu besuchen. Auf eine Grundsatzdebatte, wie viele Opern- und Theaterhäuser man im Ruhrgebiet überhaupt vorhalten muss und ob Kulturangebote dieser Größenordnung noch zur kommunalen „Grundversorgung“ gehören, wird man sich vorbereiten müssen.

Solidarität nach Himmelsrichtung

Städten wie Oberhausen muss geholfen werden – auch vor dem Hintergrund, dass das Ruhrgebiet den Strukturwandel nicht nur mental, sondern vor allem auch finanziell zu verkraften hatte. Auch der Wunsch nach einer gerechteren Umverteilung, wie sie von den Ruhrgebiets-Oberbürgermeistern mit dem Gelsenkirchener OB Baranowski (SPD) an der Spitze, gefordert wird, ist verständlich. Er sagte gegenüber dem WDR „Das man nun auch mal dran wäre“. Das kann man vor dem Hintergund so sehen, dass das Ruhrgebiet als pulsierende Wirtschaftsregion in Zeiten von Kohle und Stahl andere strukturschwache Regionen mit unterstützt hat. Das haben vielleicht einige vergessen.
Ohne eine Neiddebatte anstoßen zu wollen, forderten die Oberbürgermeister einen West- anstelle eines Ostsolis. Denn seit dem Niedergang der DDR fliesst viel Geld in die mittlerweile nicht mehr ganz so „neuen“ Bundesländer. Die Kommunen wollen nicht länger den auf Kredit finanzierten Solidaritätsbeitrag der Westkommunen zur Düngung der teils blühenden Landschaften im Osten zahlen. Wer nach Dresden oder Leipzig fährt, sieht Städte, deren Infrastruktur sich sichtlich gut von der Misswirtschaft in den DDR-Zeiten erholt hat. Das Aufbegehren der finanziell knappen Pott-Städte kann man daher nachvollziehen.

Kein Wunder, dass das es gut ankommt, das die Landesregierung die Kommunen auf Grundlage des Gemeindefinanzierungsgesetzes mit 9,7 Milliarden Euro fördern will. Vor allem in Dortmund, wo man mit rund 505 Mio. € Zuwendungen landesweit der Hauptprofiteur ist, freut man sich. Und auch ein Altschuldenfond in Höhe von 7 Milliarden Euro wird zur Zeit in Düsseldorf diskutiert. Voraussichtlich wird es aber bei diesem Thema wieder eine grundsätzliche Gerechtigkeitsdebatte geben – stellt sich doch in den südlichen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg gar nicht das Problem der kommunalen Verschuldung. Die Umverteilung könnte also zu deutlicher Kritik im Süden führen.

Kein Bittsteller sein …

Unabhängig von diesen Rettungsplänen wird sich ohne strenges Sparen die Lage im Ruhrgebiet absehbar immer weiter verschärfen. Ohne ein grundlegendes Umdenken wird es nicht gehen. Weder sind die fünf Milliarden Euro Entlastung vom Bund aus dem neuen Länderfinanzausgleich schon eingetroffen, noch stiess die Idee des Initiativkreises Ruhr nach einem „Revier-Soli“ bei Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf große Begeisterung. Nach dem Motto ‘das haben wir nicht nötig’ lehnte sie das Begehren der Parteigenossen auf dem Zukunftskongress der NRW-SPD letzte Woche mit den Worten „Wir sind keine Bittsteller“ ab. Das sieht zwar nach sozialdemokratischen Rückrat aus, beantwortet aber nicht die Frage, wie das Ruhrgebiet endlich in eine finanziell stabile Lage kommt. Allein mit Mehreinnahmen, wie z.B. aus der geplanten Anhebung der Grundsteuer B, sind die Haushaltlöcher nicht mehr zu stopfen. Zudem treffen solche Ideen am Ende die kleinen Leute und Mieter – also auch das SPD-Wählerklientel.
Das Dilemma bleibt: Wo auch immer man kürzen will, tut es weh. Immer wird das zu Unmut bei den Wählern führen. Dennoch ist sicher, dass in Zukunft die NRW-Städte, die zur Kasse gebeten werden, ein wachsames Auge auf teure Leuchtturmprojekte im Ruhrgebiet haben werden. Denn nicht alles ist ein Muss – manchmal hat man eher Eindruck haben, dass das Licht der lokalen Leuchttürme die Aufgabe hat, das Leuchten des Nachbarturms zu überstrahlen. Das aber widerspricht dem Konzept der Metropolregion – Solidarität müsste also nicht nur von Rheine bis Siegen reichen, sondern auch innerhalb der eigenen regionalen Grenze gelten.
In Dortmund sind im neuen Haushaltsjahr gleich drei Sparrunden eingeplant, Spar- und Konsolidierungslisten der Verwaltung wurden den Fraktionen zur Beratung vorgelegt. Doch auch das „Kleinklein“ des Sparens wird den Ruhrgebietskommunen auf Dauer nicht helfen. Mit dem Schliessen von Seniorentreffs und Schwimmbäder oder der autonomen Trägerschaft von Jugendzentren, lässt sich der goldenen Pokal des ausgeglichenen Haushaltes höchstens kurzfristig gewinnen.
Eine langfristige Haushaltskonsolidierung versprechen diese Pläne genauso wenig, wie die in Dortmund mühsam zusammengesparte Pufferzone von gerade 5 Mio. Euro. Der Puffer wird erfahrungsgemäß vermutlich noch vor dem Ende des aktuellen Haushaltsjahres aufgebraucht sein. Da spricht so mancher im Rathaus von Augenwischerei und Schönfärberei eines kreative Kämmerer, der sich Jahr für Jahr ernsthaft und bisher erfolgreich um einen genehmigungsfähigen Haushalt bemüht.

Ist Geben seliger denn Nehmen?

Manche bewerten die massive Grundsteuersenkung in Monheim als die „Streikbrecherposition“ eines Einzelkämpfers. Doch selbst vor dem Hintergrund, dass das Monheim-Modell nur dann funktionieren kann, wenn das Umfeld nicht dieselbe Steuer-Luxuslage anbietet, muss man anerkennen, das seine Strategie mehr als ein „enfant terrible“-Getue ist: In Monheim hat sich einer was getraut, was im Ruhrgebiet fehlt. Der Mut zu einer echten Wende, das Aufbrechen alter Strukturen, das Umwerfen des Gewohnten, kurz gesagt – radikal umzudenken und einmal etwas Neues zur Rettung des Haushaltes zu wagen. Zimmermann ist es gelungen, nicht nur als „Deutschlands jüngster Bürgermeister“ Schlagzeilen zu machen, sondern auch landesweit die Diskussion über den besten Weg der Entschuldung und die Schaffung eines attraktiven Wirtschaftsstandort neu aufzumachen. Das ist jenseits der Solidaritätsfrage und ungeachtet des Ergebnisses der Klage in jedem Fall ein Verdienst.

Die nun vorliegende Klageschrift hat aber auch deutlich gemacht: Das eigene Hemd ist einem immer näher, als das Hemd des anderen. Selbst wenn es ein altes Bergmannshemd ist.