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Integration, Zauberformel ohne Relevanz, wenn es ernst wird?

Am 24. Sept. 17 war Bundestagswahl im wichtigsten Land der EU. Auch wenn die Parteien und staatsnahen Medien im Wahlkampf nicht so richtig heran wollten, war das Thema Zuwanderung, Überfremdung und Überforderung der deutschen Sozial- und Bildungssysteme das, was die Wähler/innen am meisten bewegte, weil es ihre Zukunft und die ihrer Kinder grundlegend betrifft. Die Quittung erhielten die sog. Volksparteien nun von den Wähler/innen.

Bei diesem gesamten Problemkomplex wird als Allheilmittel immer nur das Zauberwort Integration herunter gebetet. Man hat aber leider selten den Eindruck, als wüssten die vielen angeblichen Experten in Zeitungsartikeln, talkshows oder Politikrunden wirklich, wovon sie reden, ganz unabhängig davon, dass es sehr viele unterschiedliche Verständnisse davon gibt, was mit Integration gemeint sein kann. Ganz sicher versteht die bisherige Bundesbeauftragte Özoguz darunter etwas völlig anderes als der „normale“ Lehrer und noch mehr die Lehrerin einer Schule mit vielen sog. Seiteneinsteigern.

Fakt aber ist: Selbst bei Türken, Libanesen u.a., die bereits in der 2. oder 3. Generation hier leben, ist nicht selten von Integration wenig zu spüren. Sie wollen das in Teilen auch überhaupt nicht. Das mag verständlich sein, nur muss die Gesamtgesellschaft sich schon entscheiden, wie sie damit umgeht, will sie nicht in viele Parallelgesellschaften zerfallen, die weder nach gleichen Rechtsnormen leben, noch die gleiche Sprache sprechen. Die offensichtlich sehr starke Zunahme von Kopftüchern auch von jüngeren Frauen und Mädchen in unserem Straßenbild, das nicht erst durch die sog. Flüchtlingskrise entstand, sondern sich auch durch verschärfte Abgrenzungsintention der vorher, z.T. sogar lange vorher zugewanderten Menschen islamischen Glaubens entwickelte, müsste eigentlich Alarmzeichen höchster Kategorie bedeuten, ist aber öffentlich kaum diskutabel.

Mit am weitesten fortgeschritten ist die Gesamtproblematik in vielen Städten des kriselnden und zerstückelten Ruhrgebiets. In den meisten Innenstädten oder manchen Stadtvierteln der 5-Mio.-Metropole hat man oft nicht mehr den Eindruck, als wären die Alteingesessenen noch in der Mehrheit und Deutsch noch die vorherrschende Sprache. Es ist nachvollziehbar, wenn die Zuwanderer bestrebt sind, dorthin zu ziehen, wo bereits andere aus ihrem Kulturkreis sind. Eine ähnliche „Koloniebildung“ haben seinerzeit auch die Deutschen, Italiener, Iren usw. in New York, Montreal, Brasilien, Argentinien oder Australien bevorzugt, von den damaligen Kolonial“herren“ aus England, Frankreich, Spanien oder Portugal ganz zu schweigen. Dann dauerte es überall meist Generationen, bis die Herkunftsethnien nur noch Randprobleme waren.

Nun haben wir z.B. im Ruhrgebiet diese Zeit nicht mehr und müssen eigentlich aufgrund der viel größeren Zahl sowohl an „Eingeborenen“ wie an unterschiedlichen Zuwandererethnien aktiv Integration vorantreiben. Soweit sind sich dann auch alle in Sonntagsreden und ganz allgemein einig. Doch wenn es konkret wird, da ist dann meist jeder nur sich selbst der nächste. Und dabei machen auch Lokalpolitiker selten eine Ausnahme.

Beispiel Mülheim/Ruhr, oft hochgelobte angebliche Musterstadt bzgl. Multi-Kulti und Bewältigung von Flüchtlingskrise u.ä..

1.)    Wir haben z.B. eine schöne, zentral gelegene Volkshochschule, die seit Jahren eine vorbildliche, hoch professionelle Arbeit mit Migrant/innen betreibt als Sprach- und Integrationskurse, aber auch mit interkulturellen Veranstaltungen verschiedenster Art. Doch diese Mülheimer VHS hat ein Problem: Ihre hervorragende Lage am Rande des MüGa-Parks, neben dem Schloss und gegenüber der Stadthalle.

Das ruft natürlich Immobilienhändler, Investoren und städtische PreVHS-Luftbildstigeträumer auf den Plan. Dementsprechend wird seit Jahren ein knallharter Kampf geführt, um aus diesem Sahnegrundstück was „Besseres“ zu machen als eine VHS, mal war es ein Luxushotel, dann eine Sparkassenakademie, dann eine Kunst-Kultstätte und Luxuswohnungen. Seit 2007 werden Sanierungsmaßnahmen verschoben und seit 2013 folgt ein neuer Großangriff auf die Existenz dieser VHS auf den vorher gescheiterten. Doch die Unterstützung in der Bevölkerung für den Erhalt ist riesengroß. Zweimal befand sich ein Bürgerbegehren bereits in den Startlöchern mit besten Aussichten auf einen positiven Bürgerentscheid. Deshalb mussten die Pläne dann jeweils beerdigt werden, zumindest vorläufig. Auf Antrag der MBI stellte der Landeskonservator die einzigartige Mülheimer VHS 2015 unter Denkmalschutz, was die Stadt Mülheim zwar noch eine Zeitlang verzögern, aber letztendlich nicht verhindern konnte.

Und jetzt, im Sept. 17 zu Beginn der Woche vor der Bundestagswahl, folgte die nächste existenzielle Bedrohung der anscheinend nur von der Bevölkerung geliebten VHS. Knall auf Fall wurde die VHS geschlossen und evakuiert wegen angeblichen Brandschutzmängeln, die eigentlich seit dem Brandschutzgutachten 2012 bereits bekannt waren. Für über 500 Kurse mit weit über 5000 Teilnehmern werden nun Ausweichquartiere gesucht, zumindest soweit Kurse wegen Fördergeldern nicht beendet werden können.

Und sogleich setzte erneut die Diskussion um die VHS-Zukunft auf diesem Grundstück und mit diesem Gebäude ein. SPD und Grüne rufen wieder nach neuem Gebäude, wo auch immer. Unterstützt werden sie von dem ex-AfD`ler Hartmann, der nun mit anderen Überläufern zusammen eine neue Ratsfraktion BAMH (Bürgerlicher Aufbruch Mülheim) anführt. CDU und FDP halten sich noch zurück, doch hatten sie als beide bisherige VHS-Gegner noch vor Monaten einen etwas scheinheiligen Antrag gestellt, dezentrale Sprachkurse für Zuwanderer in allen Stadtteilen zu untersuchen, was aber keine Mehrheit fand, weil die SPD das ablehnte. Wenn der eher deutsch-nationalen BAMH die Integrationsproblematik nicht besonders am Herzen liegt, verwundert das nicht. Dass aber SPD und Grüne, die ja vehement bisher Zuwanderung befürworten, die eminent wichtige Bedeutung der Mülheimer VHS bei der Integration weniger wichtig empfinden als den Hunger bestimmter Immobilienhändler auf das wohl attraktivste Grundstück der Stadt, erschreckt das schon. Es erklärt aber auch den dramatischen Niedergang beider Parteien.

2.)    Seit vielen Jahren wird in Mülheim im September die sog. Interkulturelle Woche durchgeführt mit dem absoluten Höhepunkt zum Abschluss, dem internationalen Fest am Ringlokschuppen auf der anderen Seite des MüGa-Parks. Dieses Fest mit ganz vielen Vereinen und Migrantengruppen, mit Musik und Tanz, Essen, Trinken und ganz viel Begegnung war bisher jedes Jahr der Renner schlechthin.

IntegrationsratDoch in diesem Jahr kam das Fest nicht zustande. Der mehr oder weniger rein städtisch finanzierte Ringlokschuppen hatte dieses Jahr keinen Termin frei für die Veranstaltung des Integrationsrates. Über viele Monate klapperten einige Unermüdliche alles nur Mögliche ab. Für alle städtischen Möglichkeiten hagelte es eine Absage nach der anderen. Als sich dann schließlich mit dem Metro-Parkplatz eine wohlgesonnene Möglichkeit doch noch ergab, wenn auch weniger günstig gelegen, machte u.a. die Stadt so große Auflagen, dass der finanzielle Rahmen dieser zumeist ehrenamtlichen Veranstaltung bei weitem gesprengt worden wäre. Nur nebenbei: Durch die Schließung der VHS sind auch verschiedene andere Veranstaltungen der Interkulturellen Woche, die am kommenden Montag startet, gefährdet oder müssen kurzfristig woanders stattfinden.

Warum auch immer, das ganze ist hyperschade und der von allen so sehr gewünschten und vordringlich notwendigen Integration mehr als abträglich.

3.)    Die zweite Säule der Mülheimer Integrationsarbeit besteht in der bisher meist vorbildlichen Arbeit des KI (Kommunales Integrationszentrum, früher RAA). Das KI befindet sich im ehemaligen Arbeitsamt (im Bild rechts hinten) in den noch un“entwickelten“ Ruhrbania-Baufeldern zwischen Eisenbahn- und Nordbrücke.

AOK-ex-ArbeitsamtNachdem die AOK daneben sich weigert, für Ruhrbania wegzuziehen und das erst vor nicht allzulanger Zeit völlig grundsanierte Gesundheitshaus gegenüber des KI nicht mehr angefasst werden soll, bleibt nur noch das ehemalige Arbeitsamt und die Grünfläche bis zur Brücke, wo sich Planungs- und Bauwillige austoben könnten. Immer wieder kommen neue Vorschläge auf den Tisch. Doch egal:
Für das KI bedeutet das die dauernde Verunsicherung, wie seine Zukunft aussehen könnte. Wenn nun der Planungssprecher der SPD sofort nach der überfallartigen VHS-Schließung zum besten gibt, man könne ja auch eine ganz neue VHS an die Stelle des ehemaligen Arbeitsamtes bauen, wenn schon die jetzige VHS trotz des Denkmalschutzes abgerissen werde, so kommt einem Vieles in den Kopf, nur nicht, dass bei der Mülheimer SPD, genauso wenig wie bei den Grünen vor Ort, die fundamentale Bedeutung guter Integrationsarbeit ganz hohe Priorität besitzt.