Gedanken zur Duisburger Tragödie aus der Nachbarstadt
Auch in NRhZ Nr. 261 vom 5.8.10: „Et hätt nit immer joot jejange“ oder als pdf-Datei (54 KB)
- 12.2.12: Bürgerentscheid in Duisburg zur Abwahl von OB Sauerland deutlich erfolgreich! Bei 41% Wahlbeteiligung wählten 129.000 Duisburger OB Sauerland ab, 92.000 wären nötig gewesen! Gut so und alles Gute für den überfälligen Neuanfang! Die Duisburger Bürger/innen haben damit auch den Duisburger Rat korrigiert, in dem bekanntlich gegen die Stimmen von CDU und einigen Grünen die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zustande kam. Damit war Duisburg heute auch ein überzeugender Beweis für Sinn und Zweck von mehr direkter Demokratie!
- 5.2.12: xtranews: “Duisburg: Die Tragödie, der dringende Neuanfang und die umstrittene Gutachterin, oder „Der Fluch der Mülheimer Episode“ wirft lange Schatten” hier
Auch in NRhZ Nr. 340: Die Tragödie, der dringende Neuanfang und die Gutachterin Jasper: High noon für Duisburgs OB Sauerland? - 25.1.12: „Messi in Duisburg?“, auch in xtranews – das newsportal aus Duisburg: “Vorsicht Satire: Adolf Sauerland wird neuer MSV Duisburg Präsident und holt als erstes Messi a.d. Wedau!” hier
- 20.1.12: Abwahl-Song-Acoustic-Jam-Session: Musiker aus Duisburg treffen sich ab 20.00 Uhr im Cafe Zentral (Steinsche Gasse 48, 47051 Duisburg), um die Abwahl von OB Sauerland musikalisch zu begleiten. Dafür wurde vom den Musikern extra ein Song geschrieben, der ganz leicht neu musikalisch interpretiert werden kann. Bei der ersten Session kamen bereits etliche interessante Musiker zusammen. Wir hoffen weiterhin auf spontane Teilnahme. Mehrere Versionen wurden von dem Abwahl Songs bereits auf Youtube und Facebook veröffentlicht.
- 15.11.11: Duisburgs OB Adolf Sauerland muss sich einem Bürgerentscheid stellen, der voraussichtlich am 11. März stattfinden soll. 68.000 der fast 80.000 Unterschriften sind wohl als gültig bewertet worden. Wenn die CDU-Duisburg auch nur den Hauch von Realitätssinn hat, sollte sie ihren OB endlich zum Rücktritt bewegen, und zwar jetzt, nicht erst durch einen Bürgerentscheid.
- 17.10.11: 79.149 Duisburger unterschrieben für die Abwahl von Oberbürgermeister Adolf Sauerland. Bei der Kommunalwahl 2009 konnte der CDU-Politiker und damals amtierende OB ganze 74.186 Stimmen für sich verbuchen! Mal sehen, ob er freiwillig zurücktritt. Die MBI empfehlen „Duisburg braucht einen Schimanski als after-Sauerland!“
- Treffen der BI „Neuanfang für Duisburg“ bis zur Abgabe der Unterschriften am 17. Okt. 2011 jeden Mittwoch um 19 Uhr im Cafe Museum im Kantpark in Duisburg. Internetseite der BI hier, Unterschriftenliste als pdf-Datei (12 KB)
- 20.6.2011: Nachdem die Landesregierung die Möglichkeit der Abwahl einer/s OB auch per Bürgerentscheid geschaffen hat, begann heute die Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“ mit der Unterschriftensammlung zur Abwahl von OB Adolf Sauerland, der „Unperson des Jahre“s 2010. Unterschriftenliste „Einleitung eines Bürgerentscheids zur Abwahl des Oberbürgermeisters Adolf Sauerland“ als pdf-Datei (12 KB)
- Frau Dr. Jasper schreibt Persilscheine für Duisburg und OB Sauerland! Wie bitte? Baganz, Jasper, Sauerland, Pleitgen &Co.: „Ein tödlicher Hauch von Bananenrepublik?“ hier
- 6.9.10: Ratssitzung zur loveparade-Tragödie, eine Demonstration für OB Sauerland, eine nicht angekündigte Gegendemonstration und ein Flashmob für die Opfer der Loveparade, ab 13.15 Uhr von Hbf. bis Rathaus: Der Montag in Duisburg war spannend, doch Sauerland blieb OB. Beschämend! Deshalb: Schimanski als neuer DU-OB! Der klärt alles auf und sagt, was Sache ist! Mehr dazu hier
- 8.9.10: Öffentliche Gerichtsverhandlung Stadt Duisburg vs. xtranews zum Widerspruch gegen die Einstweilige Verfügung, mit der dem Blog XTRANEWS untersagt wird, Dokumente der Stadt Duisburg zur loveparade zu veröffentlichen. Termin um 12:30 Uhr im Sitzungssaal 222 am Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101. Moralische Unterstützung der Blogger ist gut, Erscheinen besser und Spenden zur XTRANEWS-Unterstützung noch besser! Inzwischen hat Frau Jasper für die Stadt DU ein Vergleichsangebot gemacht, mit dem xtranews die Sachen doch ins Netz stellen darf. So werden die angesetzten Gerichtsverfahren überflüssig und die Winkeladvokatin hat selbst gut verdient und die Stadt DU ein weiteres Mal blamiert.
- Der Film über diesen Link zeigt, was sich am 24. Juli 2010 ereignet hat. Er basiert auf den Aufzeichnungen der Überwachungskameras, erklärenden Animationen, Dokumenten, Presseberichten und den Aussagen von Augenzeugen.
Bad Reichenhall, Köln, Duisburg ……..
„Et hätt nit immer jut jejange“
Diese 3 Katastrophen bedeuten auch:
- Du schickst z.B. deine Kinder in die Sporthalle, kannst aber nicht mehr sicher sein, ob das Dach nicht bei Schnee o.ä. einkracht, weil die Vorschriften nicht beachtet wurden.
- Oder du schaust fern und plötzlich stürzt dein Haus ein, weil darunter eine U-Bahn gebuddelt wird, bei der Filz und Korruption blühen, aber alle Sicherheitsvorkehrungen missachtet werden.
- Oder du bzw. deine Kinder gehen zu einem Massenspektakel und können nicht sicher sein, dass auch nur die grundlegendsten Vorkehrungen gegen Panik o.ä. getroffen sind.
Was soll denn noch kommen?
Zur Erinnerung:
Der Einsturz des Stadtarchivs im März 2009 hat in der Kölner Seele ein tiefes Loch hinterlassen. Mit der kölschen Lebensart war es erst einmal vorbei. Ihr sprichwörtliches Grundgesetz gilt nicht mehr: „Es hätt noch immer jotjejange.“ Der Schock sitzt tief. Die alte Colonia ist angeschlagen.
Über 1 Jahr später dann in Duisburg, im Ruhrgebiet mitten im Jahr der Kulturhauptstadt 2010:
Alles schien so toll, als 3 Mio. Menschen im Ruhrgebiet am 18. Juli friedlich Still-Leben auf der A 40 feierten. Der alte Ruhrpott schien endlich zur Weltmetropole gereift, das Malocher-Image endgültig mit dem 1 Woche später folgenden Megaevent der loveparade – ursprüngliches Motto: „Friede-Freude-Eierkuchen“ – von der globalen Spaßkultur abgelöst worden zu sein. „Dance or die“ hatten Übermütige als Motto ausgegeben, was zur bitteren Ironie werden sollte. Und mit dem 24. Juli 2010 war sie jäh geplatzt, die Blase der glückseligen Kulturhauptstadt eben nicht in Köln oder Düsseldorf, sondern in der grauen Metropole Ruhr, die aber noch aus vielen abgeschotteten Einzelkirchtürmen besteht. Duisburg, die graueste der grauen Vorstädte mit dem Schimanski-Flair der vergangen gehofften Tage sollte der wirklichen Kulturhauptstadt Köln mit der Riesensause von 1,5 Mio. bei der loveparade zeigen, wo die Musik spielt. Und dann das Totalfiasko:
21 Tote und über 500 Verletzte forderte eine Massenpanik bei der Duisburger loveparade im Tunnel an der Karl-Lehr-Straße. Die Aufarbeitung der Tragödie offenbart eine unfassbare Fahrlässigkeit aller Beteiligten, von Veranstalter bis Polizei, städtischen und Landesbehörden! Alle die vielen Warner wurden überhört oder wie der Duisburger Polizeipräsident dafür in den Ruhestand geschoben! Landesregierung, Opposition, Kulturhauptstädtler, Medien und Duisburger Lokalfürsten wollten beweisen, dass das Mega-Event klappt. Und sie riskierten dafür das Leben zigtausender Menschen trotz Vorwarnungen in Hülle und Fülle. Bad Reichenhall, Köln, Duisburg in kurzer Folge:
Man glaubt es kaum! Verantwortungslosigkeit landauf, landab?
Das Gelände des ex-Güterbahnhofs DU
Die angegebenen Besucherzahlen waren laut WAZ seit Jahren gelogen. Etliche Besucher der loveparade erzählen, dass die heraufziehende Tragödie schon vor der tödlichen Panik Gesprächsstoff auf und vor dem Gelände war. Warum haben die Verantwortlichen anscheinend nichts gewusst? Polizisten standen auf der Todesbrücke und fotografierten, während darunter die Menschen zu Tode getrampelt wurden. Wie bitte? Die 1. Pressekonferenz der (Un-)Verantwortlichen am Unglücksabend war eine einzige Schande und offenbarte eine erschreckende Versammlung der Unverantwortlichkeit, die in geradezu geheimbündlerischer Art und Weise tausende Menschenleben gefährdet hatte. Doch diese Herren taten nur völlig überrascht und sprachlos, dass es schief ging. Soviel vermeintliche Naivität und blindes Gottvertrauen ist eigentlich nicht hinnehmbar. Doch: Egal ob Sauerland, Schaller, Polizeipräsident oder RP: Alle hatten vorab die Absolution und das go ahead von allen, die in NRW und dem Ruhrgebiet von Bedeutung sind bzw. waren: Von Rüttgers, Kraft, dem alten wie dem neuen Innenminister bis hin zu Pleitgen. Auch die Medien ignorierten alle Warnungen, noch völlig begeisterungstrunken von dem Mega-event des Still-Leben auf der A 40, womit das „neue“ Ruhrgebiet sich „endlich“ weltweit als Spaßgebiet einer globalen Metropole verkaufte.
Viele Menschen in Duisburg und Umgebung sind dagegen nun völlig erschüttert und in Mark und Bein verunsichert. Wie konnte das nur passieren, wo doch jedes kleine Kind beurteilen kann, dass das Nadelöhr mit dem Tunnel als einzigem Zugang die Katastrophe geradezu heraufbeschwören musste? Natürlich ist vieles skandalös wie etwa, dass der 2. Zugang zum Gelände vom Bahnhof her für das gemeine Volk gesperrt war, weil nur für VIPs wie den Ober-Unter-Humoristen Pocher. Unglaublich auch, dass der Geschäftemacher Schaller die Sause mit über 1 Million Menschen bei der AXA versicherte wie einen PKW, mit Haftung nur bis 7,5 Mio. Euro. Unfassbar auch, dass die Genehmigung für eine Millionen-Veranstaltung erst am Tag der Veranstaltung selbst erteilt wurde, als Zehn- oder gar Hunderttausende schon unterwegs waren. Geradezu abenteuerlich und menschengefährdend auch, dass das eingezäunte Schottergelände des ehemaligen Duisburger Güterbahnhofs keine 250.000 Menschen fasst, während mit über 1 Million gerechnet werden musste. Nicht auszudenken, wenn auch noch das Wetter der loveparade übel gesonnen gewesen wäre: Die Hitzewochen waren gerade abgeklungen, denn sonst wäre es unter freiem Himmel auf dem überfüllten Schotterplatz und vor bzw. im Tunnel noch grausamer geworden. Oder bei stärkeren Regen hunderttausende im Matsch auf eingezäuntem Gelände, eine weitere Horrorvorstellung. Uswusw……..
Sprachlosigkeit und gegenseitige Schuldzuweisung zeigen mangelndes Unrechtsbewusstsein. Medien wie WAZ, Bild oder WDR enthüllen nun nach dem Desaster Berge von Warnungen und Versäumnissen, die sie vorher bewusst nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Kurzum:
Es liegt ein kollektives Versagen vor, an dem fast alle beteiligt waren nach dem Motto:
Der Zweck heiligt die Mittel und der Zweck (hier das Megamassenevent der loveparade) war a priori gesetzt und indiskutabel. Dementsprechend war alles erlaubt, was den Zweck erfüllte und alles und jede/r wurde ausgegrenzt und kalt gestellt, der den Zweck behindern oder in Frage stellen konnte. Der Polizeipräsident wurde kurzerhand in den Ruhestand versetzt, die massiven Bedenken des Bauamts vom Tisch gefegt und die Warnungen von Bürgern nicht aufgegriffen.
In vielen Gesprächen seit dem Blutsamstag von Duisburg kam jede/r auf das entsetzliche Tunnel-Trauma zu sprechen. Neben der Standardforderung nach Rücktritt der Jammergestalt des Duisburger OB und weiterer Verantwortlicher hörten wir aber auch mehrfach den Vorwurf an die Duisburger Bevölkerung, dass sie nicht vorher massiver rebellierte, um das absehbare Desaster abzuwenden. Gibt es denn in Duisburg keine MBI, die hätte Alarm schlagen können und müssen, war eine Frage etlicher Mülheimer/innen. Nein, mussten wir antworten, gibt es noch nicht, weil die DUBA in den Anfängen steckenblieb. Unabhängig davon ist aber auch in Mülheim die Resignation und Apathie gegenüber erkennbarer Unvernunft von Politik und Verwaltung bei großen Teilen der Bevölkerung weit fortgeschritten, nicht zuletzt wegen der Ruhrbania-Tortur, bei der für eine realitätsferne Vision eines Prestigeprojekts Innenstadt und Stadtfinanzen in Schutt und Asche gelegt wurden, ohne Not und ohne erkennbare Verbesserung, vgl. hier. „Da kann man eh nix machen“ oder „Die machen doch sowieso, was sie wollen“ oder „Das ist doch inzwischen überall so: verlogen, korrupt und zerstörerisch“ sind die Standardsprüche. Die Menschen haben ja nicht unrecht. Nur: So langsam geht es ans Eingemachte!
Wer glaubt denn noch, dass die Verantwortlichen die Bevölkerung vor wirklichen Katastrophen wie Feuer, Hochwasser, Erdbeben oder terroristischen Anschlägen wirksam schützen können oder wollen, wenn schon bei eigentlichen Routinesachen keiner mehr gewährleistet, dass Sicherheitsvorschriften auch angewandt werden!?
Eine Mischung aus Größenwahn und Dilettantismus, Filz und Vetternwirtschaft, privater Profitgier und öffentlicher Verarmung, Hochglanz-Propaganda und Geheimniskrämerei liegt inzwischen wie ein Grauschleier über vielen deutschen Städten. Kontrollmechanismen sind abgeschafft oder werden parteipolitisch gegängelt. 2 Jahrzehnte aggressiven Neoliberalismus mit dem Schlachtruf nach Liberalisierung, Deregulierung, Privatisierung und der marktzerstörenden Angebotsphilosophie haben nicht nur viele Menschen ins Abseits befördert (sog. „Prekariat“) und die Finanzmärkte an den Rand des Abgrund geführt, sondern auch die Grundlagen demokratischen Zusammenlebens ausgehöhlt und die Umwelt nachhaltig beschädigt.
Mülheim/Ruhr, 29.7.10: L. Reinhard
Zur Erinnerung auch:
- FAZ vom 21. März 2009 „Einsturz Stadtarchiv: Typisch Köln? Oder organisierte Unverantwortlichkeit in vielen Städten als Privatisierungsfolge?!“ als pdf-Datei (230 KB)
- Wettstreit um den Titel „Klüngelhauptstadt“ von März 2009: “Gedanken aus der Klüngel-Partnerstadt a.d. Ruhr zur Kölner Stadtarchivtragödie” als pdf-Datei (206 KB)
- „Et hätt nit immer jut jejange!“ Wat Köln kann, macht Mülheim locker auch, nur ein wenig kleiner! hier
- Einwohnerantrag mit Unterschriftenliste von Duisburger Bürgern zur Entlassung von OB Sauerland und der Dezernenten für Sicherheit, Rabe, sowie für Planung, Dressler als pdf-Datei (30 KB)