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RWW-Wasserpreis ab Jan. 2012 als Fast-flatrate, ein Irrweg!

MBI-Antrag vom 2.11.11 lautete:
Der Umweltausschuss am 11.11.2011 möge beschließen:
Der Umweltausschuss empfiehlt dem Hauptausschuss am 24.11. und dem Rat der Stadt Mülheim am 15.12.11, der geplanten Änderung des RWW-Wassertarifs ab Jan. 2012 als sog.  „Systempreis“ aus ökologischen Gründen heraus nicht zuzustimmen.
Der Umweltausschuss erklärte sich 14:4 Stimmen für nicht zuständig(!). Der Hauptausschuss wollte erst keine Abstimmung zulassen, da die Stadt nach dem RWW-Verkauf 2002 weniger als 10% der Anteile besitze und deshalb zur Preisgestaltung höchstens eine Empfehlung bzw. Resolution abgeben dürfe. Der MBI-Sprecher bestand dennoch auf Abstimmung und der Antrag wurde selbst als Resolution mit 14:5 von den SPCDFU-Stimmen) abgelehnt!

Ein Armutszeugnis für die meisten Mülheimer Volksvertreter/innen, die sich anscheinend dem RWE mehr verpflichtet fühlen als den Mülheimer/innen!

Viele Hausbesitzer oder Hausverwalter in den RWW-Städten Mülheim, Oberhausen, Bottrop, Gladbeck, Dorsten und Schermbeck haben im Juni/Juli 2011 Post vom RWW (Rheinisch Westfälisches Wasserwerk) bekommen. Darin wird erklärt, dass die RWE-Tochter ihre Preisgestaltung ändern will hin zum „Systempreis“ mit 50% Grundgebühr, und zwar von jeder Wohnung („Wohneinheiten-Maßstab“ statt bisher „Zählermaßstab“) Auf einem Auskunftsblatt soll angegeben werden, ob und wieviele Wohnungen sich im Gebäude befinden und ob es sich vorwiegend um gewerbliche bzw. nicht für Wohnzwecke Nutzung handelt. Die Auskunft ist freiwillig.

Bevor man aber vom „Zählermaßstab“ zum „Wohneinheiten-Maßstab“ wechselt, sollte erst einmal geklärt werden, ob das Vorhaben des RWW, zu seinem „Systempreis“ überzugehen, wirklich sinnvoll ist. Man kann da durchaus große Zweifel hegen.

Eine viel stärker vom Verbrauch unabhängige Wasserrechnung wirft aber viele Fragen auf, nicht zuletzt, ob das ökologisch sinnvoll sein kann.

Das RWW begründet sein Vorhaben mit angeblich ca. 80% Festkosten zur Unterhaltung einer Wasserversorgung, die aufgrund schrumpfender Bevölkerungszahlen überdimensioniert ist bzw. werden wird. Das macht u.a. auch Investitionen etwa in Anpassung des Netzes notwendig. Der Anreiz für Versorger wie das RWW, solche Investitionen auch zu tätigen, dürfte sicherlich weniger gegeben sein, je höher der Fixkostenanteil der Wasserrechnungen die Einnahmen unabhängig vom Wasserverbrauch garantiert.

Abgesehen davon hat jeder Betrieb oder Versorger Fixkosten, weshalb aber nicht jedem Kunden vorab eine Pauschale berechnet werden kann, bevor der Produktpreis fällig ist.

Die Motivation des RWW ist klar, nur muss das nicht im Interesse der Verbraucher sein. Single-Haushalte werden z.B. stärker belastet, wenn ein „Systempreis“ Richtung flatrate auch beim Wasser erhoben wird. Wenn der sparsame Umgang mit Wasser sich nur unwesentlich im Preis wiederfindet, kann und wird das ein falsches Signal sein für Nachhaltigkeit auch beim lebenswichtigen Trinkwasser.

Die Argumentation des RWW in seiner Ankündigung in großen Zeitungsartikeln sowie mehrseitigen Werbeeinlagen verfängt in keiner Weise. Sie behaupten, im Ruhrgebiet wäre genügend Wasser vorhanden, deshalb wäre der Verbrauch nicht so wichtig.

  • Mal unabhängig davon, dass auch die städt. Abwassergebühren an den RWW-Wasserverbrauch gekoppelt sind, ist das ökologisch hochgradig bedenklich.
  • Auch das Gerechtigkeitsgefühl wird arg strapaziert, wenn etwa ein Junggeselle, der die Hälfte des Jahres auf Montage arbeitet, fast genausoviel bezahlt wie eine vierköpfige Familie, die das ganze Jahr in ihrer Wohnung verbringt.

Die öffentliche Diskussion hätte deshalb geführt werden müssen, bevor die Tarifstruktur derart verändert wird. Es reichte sicher nicht, nur die Kommunalpolitiker zu beteiligen und einzubeziehen.

Auf den RWW-Seiten des o.g. Anschreibens steht unten fett das RWE-Logo VORWEG GEHEN

Die MBI halten diesen geplanten Weg des RWW aber für einen Irrweg, der in die Sackgasse führt, egal ob RWW dabei vorweg  geht oder hinterher hinkt, wobei letzteres aber nicht der Fall ist!

In WAZ+NRZ vom 17.9.11 erläuterte Herr Gendries als Marketingleiter des RWW unter „Drei Fragen an“, warum der Wasserpreis in Mülheim höher liegt als in München, warum das Wasser angeblich nicht billiger wird, wenn wir Wasser sparen und warum der geplante RWW-Systempreis deshalb höhere Fixpreisanteile habe: „So werden die Preise nicht in der Weise steigen müssen, wenn die Menge zurückgeht“

So streut man Leuten Sand in die Augen. Also: Das RWW behauptet, 80% Fixkosten gäbe es unabhängig vom Verbrauch. Wenn weniger Abnehmer wegen schrumpfender Bevölkerung da sind, steigt also der Wasserpreis des einzelnen, egal ob die Grundgebühr 0, 20, 50 oder 100% des Gesamtpreises ausmacht. Nur der Verbraucher blickt weniger durch, wenn die Erhöhung des Kubikmeterpreises z.B. gering gehalten wird und dafür die Grundgebühr deutlich erhöht wird. In einem Städtevergleich der Bildzeitung vom letzten Mittwoch lag der Mülheimer RWW-Wasserpreis an 19. Stelle von 80 deutschen Städten, mit 243,11 € für einen Single-Haushalt und 464,85 € für einen 4-Personen-Haushalt. Die billigste Stadt war Ingolstadt mit 80,04 bzw. 204,60 €, also weit weniger als die Hälfte der Wasserkosten in Mülheim, Oberhausen, Bottrop, Gladbeck oder dem gesamten Kreis Recklinghausen!

Die Überschüsse des RWW in dem Jahrzehnt seit der Privatisierung an das RWE waren all die Jahre beachtlich. Der geplante „System“preis, dem auch der Rat der Stadt wegen der verbliebenen 8% RWW-Anteile am 6.10. zustimmen soll, geht sicher nicht zu Lasten des RWE!

Zur Erinnerung:
In 2002 wurde das Rheinisch Westfälische Wasserwerk RWW mit Hauptsitz in Mülheim an das RWE verkauft, dem nun 80% gehören. Mehr zu dem größten Geschäft der Stadt Mülheim seit Jahrzehnten  in:

  • “Über die Wasserversorgung der Stadt Mülheim und wie sie unsauber und unter Wert verkauft wurde” als pdf-Datei (150 KB)
  • Links zu dem RWW-Monopoly hier
  • Radio-Feature WDR 5 2006 von W. Rügemer: ”Mülheim oder: Das große Schweigen”, Manuskript als pdf-Datei (99,5 KB)
  • 15.5.11: In Hamburg sammelt ver.di Unterschriften für ein Volksbegehren „Keine Privatisierung ohne Volksentscheid!“ und »Unser Hamburg – unser Netz«, das Bündnis aus Verbraucherzentrale, evangelischer Diakonie und Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) startete das weitere Volksbegehren, daß die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze in der Hansestadt wieder in Staatshand übernommen werden.
  • Juni 11: Erfolgreiches Volksbegehren in Italien gegen Wasserprivatisierung hier

RWW-Wasserpreis bald verbrauchsunabhängigerer „Systempreis“?

Das RWW möchte ab 2012 die Zusammensetzung der Wasserrechnung ändern. Der Grundpreis soll von heute 20% deutlich erhöht werden auf ca. 50%, angeblich um den Verbrauchspreis auf Dauer stabil(er) zu halten. Dies sei notwendig wegen sinkendem Wasserverbrauch auch wegen der demografischen Entwicklung. Dafür soll u.a. die Wohneinheit als neue Bemessungsgrundlage genommen werden, vgl. WAZ-Artikel unten.
Eine viel stärker vom Verbrauch unabhängige Wasserrechnung wirft aber Fragen auf, nicht nur, ob das ökologisch sinnvoll ist. Die Motivation des RWW ist klar, nur muss das nicht im Interesse der Verbraucher sein. Single-Haushalte werden z.B. stärker belastet, wenn ein „Systempreis“ Richtung flatrate auch beim Wasser geht. Wenn der sparsame Umgang mit Wasser sich nur unwesentlich im Preis wiederfindet: Kann und soll das das richtige Signal sein für Nachhaltigkeit auch beim lebenswichtigen Trinkwasser?
Die öffentliche Diskussion muss deshalb geführt werden, bevor die Tarifstruktur derart verändert wird. Es reicht sicher nicht, nur die Kommunalpolitiker zu beteiligen und einzubeziehen. Natürlich muss man auch den Zusammenhang zwischen dem RWW-Verkauf an das RWE und dieser Preisänderung diskutieren, vgl. auch Leser-Kommentar unter dem WAZ-Artikel.

Wasser : RWW plant neuen Preis, Artikel auch hier

Mülheim, 24.05.2011, Frank Meßing

Mülheim. Rund 130 000 Hauseigentümer in Mülheim, Oberhausen, Bottrop, Gladbeck, Dorsten und Schermbeck erhalten in der nächsten Woche Post vom Wasserversorger RWW. Über diese sogenannte „Selbstauskunft“ will die RWE-Tochter die Zahl der Wohnungen erfragen, die sich in den Häusern mit RWW-Wasseranschluss befinden.

Fragebögen
Hintergrund: Das Mülheimer Unternehmen will zum Jahreswechsel die Tarifstruktur für Trinkwasser verändern und einen sogenannten „Systempreis“ einführen. Bemessungsgrundlage ist dann die Wohneinheit und nicht – wie bislang – der Zähler je Hausanschluss. Da RWW die Zahl der Wohnungen in einem Gebäude aber nicht kennt, ist sie auf die Angaben der Eigentümer angewiesen. Die letzten verlässlichen Zahlen stammen aus dem Jahr 2005. Damals gab es 344 000 Wohneinheiten im Versorgungsgebiet…….

Fixkosten
Der Versorger plant eine großangelegte Informationskampagne. Auch die Kommunalpolitiker in den Stadträten sollen einbezogen werden. Den Wasserpreis pro Wohneinheit haben in NRW bereits 20 Stadtwerke eingeführt – darunter auch Duisburg. Laut RWW-Chef Schulte soll so ein weiterer Anstieg verhindert werden. Bekanntlich geht der Wasserverbrauch immer weiter zurück. Die Fixkosten für die Versorger aber bleiben.

2 Kommentare

Die Zahl der Wohnungen geht das RWW überhaupt nichts an – steht auch in keinem Verhältnis zum Aufwand des Versorgers. Das ist nur ein Mittel, um mehr Geld einzunehmen. Ein Zähler pro Haus reicht in den meisten Fällen.
Es hat auch immer schon Versuche der Versorger gegeben, für jede Wohnung einen Zähler einzurichten. Dann würde jeder Mieter sinnlos Grundgebühren zahlen.

#1 von pisatest , am 24.05.2011 um 23:05

Das war doch absehbar – unsere Lokalpolitiker haben sich beim Verkauf der RWW an den Atomkonzern RWE mal wieder über den Tisch ziehen lassen.
Die Wasserversorgung muss daher schnellstens wieder in öffentliche Hand. Daher Kündigung der Konzession und Übernahme der Wasserversorgung durch eigene Stadtwerke. Beim Lebenselexier „Wasser“ geht es um klassische Daseinsfürsorge und nicht um schnelle Gewinnmaximierung zugunsten von Vorständen, korrupten Politikern und Aktionären.
Längst erlebt die Kommunalwirtschaft eine Renaissance, wie vor einiger Zeit bei der Hauptversammlung des Deutschen Städtetags deutlich wurde.
Tatsächlich hat die Flucht ins Private den Bruch mit einem lange sakrosankten Ziel der Kommunalpolitik in Deutschland bedeutet, nämlich die Daseinsvorsorge aus eigener Kraft zu regeln, sprich: direkt oder indirekt über Tochterunternehmen und Zweckverbände zu garantieren, dass die Lebensadern einer Stadt pulsieren. Dieser Anspruch wird nun in immer mehr Gegenden neu mit Leben gefüllt. Bochum und Hamm etwa haben in Kraftwerke investiert, weil sie sich der Preispolitik der Stromriesen ausgeliefert fühlten. Und Saarbrücken hat gar alle Bereiche von der Abfallentsorgung über die Stadtreinigung bis zum Fuhrpark wieder in den eigenen Schoß zurückgeholt. Die Liste solcher Beispiele ließe sich beliebig verlängern.

#2 von UnserRentfort , am 25.05.2011 um 12:43
Übrigens: Erfolgreiche Volksbefragung in Italien am 12. Juni 2011: viermal JA ! Dabei zweimal „JA“, um das Trinkwasser als Dienstleistung für die Bürger zu retten. Mehr als 50% der Wahlberechtigten stimmten viermal mit Ja!
  • Das 1. „Ja“ hebt das Gesetz auf, das die Kommunen verpflichtet, das Wasser und andere öffentliche Gemeingüter den multinationalen Konzernen zu verkaufen;
  • das 2. „Ja“  hebt das Gesetz auf, das den privaten Wasserunternehmen 7% Rendite auf Kosten der Bürger garantiert.
  • Das 3. „Ja“ verhindert den Bau von Atomkraftwerken in Italien.
  • Das 4. „Ja“ hebt das Gesetz auf, das es dem Ministerpräsidenten und den Ministern ermöglicht, nicht vor Gericht zu erscheinen.

Die Berlusconi Regierung hatte den Massenmedien ein völliges  Schweigen über das Referendum verordnet. Sie hoffte, dass das Referendum scheitere, weil die Bürger nicht erfahren sollten, dass es stattfindet, denn es sind 50% + 1 Stimme für den Erfolg des Referendums notwendig. Und die wurden locker geschafft! Bella Italia trotz Berlusconi?!

15.5.11: In Hamburg sammelte ver.di Unterschriften für ein Volksbegehren „Keine Privatisierung ohne Volksentscheid!“ und »Unser Hamburg – unser Netz«, das Bündnis aus Verbraucherzentrale, evangelischer Diakonie und Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) startete das weitere Volksbegehren, daß die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze in der Hansestadt wieder in Staatshand übernommen werden. Das Hamburger Volksbegehren “Unser Hamburg-Unser Netz“ hatte in nur 3 Wochen 114 395 Unterschriften gesammelt und damit die für die zweite Stufe der Hamburger Volksgesetzgebung erforderlichen rund 62.000 Unterschriften weit übertroffen.