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Vorreiterstadt Mülheim bei Führerscheinentzug als Erziehungsmittel?

In Wikipedia steht zu „Die Entziehung der Fahrerlaubnis“ u.a.:

 „Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG muss die Fahrerlaubnisbehörde jedem die Fahrerlaubnis entziehen, der sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Die Befähigung richtet sich nach § 2 Abs. 5 StVG. Die Ungeeignetheit ist gesetzlich nicht definiert. Der Gesetzgeber formuliert in § 2 Abs. 4 StVG: „Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat.“ Grundlage für die Annahme einer etwaigen Ungeeignetheit sind die körperlichen, geistigen und charakterlichen Eigenschaften des Betroffenen; der Begriff der „charakterlichen Eignung“ ist jedoch fachlich umstritten.

In Fachkreisen und der Öffentlichkeit wurde darüber hinaus diskutiert, ob ein Führerscheinentzug auch bei Straftaten verhängt werden können, die keinen Bezug zum Straßenverkehr haben, da dies häufig als wirksamer als andere Strafandrohungen gesehen wird. Derartige Ansätze konnten sich bisher jedoch nicht durchsetzen.………“

Da scheint Wikipedia nicht auf dem Laufenden zu sein. Wie der WAZ-Artikel unten zeigt, ist in Mülheim/Ruhr die Praxis seit 1 Jahr eine andere. Hier wird seit 1 Jahr Führerscheinentzug bzw. bei Jugendlichen –verweigerung als reine Erziehungsmaßnahme praktiziert. Das ist zweifelsohne ein heikles Terrain, denn

  1.  hat die Strafe mit dem Verhalten oder Fehlverhalten im Straßenverkehr nichts mehr zu tun, wirkt also als reine Willkürmaßnahme, um was ganz anderes zu erreichen bzw. erreichen zu wollen
  2.  ist Mißbrauch Tür und Tor geöffnet. Das zeigt auch die Mülheimer Erfahrung bisher, denn der Großteil entfällt auf „häusliche Gewalt“. Das aber ist bekanntlich ohnehin ein Minenfeld, bei dem Opfer und Täter nicht immer eindeutig in Gut und Böse zu unterscheiden sind. Für die Polizei sind das aber die einfachsten Fälle, also werden die an die Führerscheinbehörde gemeldet
  3. Bei häuslicher Gewalt werden bereits seit Jahren die Männer der Wohnung verwiesen, nun können sie auch noch den Führerschein verlieren und damit nicht selten auch die Existenzgrundlage. (Übrigens soll es auch prügelnde Frauen geben, doch die werden i.d.R. weder mit Hausverbot, noch mit Führerscheinentzug bestraft)
  4. Was da alles noch möglich sein wird, kann man nur ahnen. „Aggressive Beleidigung“ z.B. ist ein Delikt, das nie wirklich klar definiert sein kann, reicht aber in Mülheim zum Führerscheinentzug. So werden den Menschen Waffen an die Hand gegeben, die im Streitfall auch genutzt werden, wenn es z.B. darum geht, einem anderen bösartig schaden zu wollen.
  5. Wie so oft, wird auch der Führerscheinentzug wahrscheinlich am wenigsten die wirklich brutalen und rücksichtslosen Gewalttäter und Räuber treffen, dafür aber ohnehin Geächtete oder Außenseiter oder auch (nicht wenige) Sprach- und Hilflose.

Der Rechtstaat ist leider häufig recht zahnlos, wenn es um wirkliche Gewalttaten und Gewalttäter geht. Der Wunsch vieler Menschen nach härteren Strafen ist aber gefährlich für den Rechtstaat, der ja auf der Unschuldsvermutung aufbaut, zum Glück. Auch wenn die Mehrheit Beifall klatschen wird, so gilt: Mit der reinen Erziehungsmaßnahme des Führerscheinentzugs wegen „charakterlicher“ Eigenschaften wird ein Fass aufgemacht, dass im Alltag nichts Gutes verheißt, nicht nur im leider bereits viel zu weit fortgeschrittenen „Geschlechterkrieg“ vornehmlich in der deutschen Bevölkerung.

Häusliche Gewalt führte zum Entzug des Führerscheins –
Bilanz des Mülheimer Projektes nach einem Jahr: Sechs Fahrerlaubnisse weg, acht in der Prüfung (WAZ vom 3.8.13), der ganze Artikel hier

Mülheim.   Seit einem Jahr werden in Mülheim Gewalttätern die Führerscheine als Strafe entzogen. In den meisten der insgesamt 169 Fällen handelt es sich um häusliche Gewalt. Wenn es sich dabei um jugendliche Gewalttäter handelt, kann das Bürgeramt sogar die Ausstellung einer Fahrerlaubnis verweigern.

Wer raubt, prügelt, aggressiv beleidigt, riskiert in Mülheim seine „Fleppe“: Führerscheinentzug als Strafe für Gewalttäter (auch wenn das Punktekonto nicht überzogen ist), wird hier seit einem Jahr praktiziert. Die Bilanz: Überwiegend hat häusliche Gewalt zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt. „Damit hätte ich in dem Maße nicht gerechnet“, sagt Reinhard Kleibrink, der Leiter des Bürgeramtes. „Das hat mich selbst überrascht.“

Bis Mitte Juli wurden dem Mülheimer Bürgeramt 169 Mitteilungen über Gewalttäter – allesamt männlich – von der Polizei gemeldet. Etwa die Hälfte davon besaß keinen Führerschein. Allein in diesem Jahr meldete die Polizei bis zum 15. Juli schon 45 Führerscheininhaber an das Bürgeramt, und 55 betrafen Gewalttäter ohne Fahrerlaubnis. Inzwischen sind von Amts wegen sechs Führerscheine entzogen worden, bei acht Personen wird noch auf den Ausgang der Medizinisch-Psychologischen Prüfung (MPU, umgangssprachlich „Idiotentest“) gewartet. Bei den sechs eingezogenen Scheinen war der Grund in fünf Fällen häusliche Gewalt. Und bei den acht Fällen, bei denen die MPU noch aussteht, sind sechs Betroffene gegenüber Frau oder Lebensgefährtin gewalttätig geworden ……….

Bei den sechs eingezogenen Scheinen war der Grund in fünf Fällen häusliche Gewalt. Und bei den acht Fällen, bei denen die MPU noch aussteht, sind sechs Betroffene gegenüber Frau oder Lebensgefährtin gewalttätig geworden……… Der Führerscheinentzug ist ein empfindliches Instrument: Es geht nicht allein um Status oder Mobilität, sondern teilweise um Existenzen………. Betroffene sollen verstehen: Ohne Nachweis einer Verhaltensänderung gibt‘s keine „Fleppe“.“

Im Kasten in der Print-WAZ unter dem Artikel steht: Rechtsgrundlage ist die Fahrerlaubnisverordnung, die verlangt, dass Führerscheinbesitzer (oder Antragssteller) nicht erheblich gegen Strafgesetze verstoßen haben dürfen. Das beschränkt sich nicht auf Verstöße im Straßenverkehr.“

In der gleichen WAZ stand auch ein Artikel „Polizei fand Mann im Schrank – Verstoß gegen das „Rückkehrverbot“ in die Wohnung“.
In Mülheim-Dümpten hatte die Polizei gegen einen Mann wegen häuslicher Gewalt ein Rückkehrverbot ausgesprochen. Bei der routinemäßigen Nachkontrolle am Donnerstagmorgen um 8 Uhr fand sie den Mann versteckt im Schlafzimmerschrank und führte ihn ab. Von der Frau ist im Artikel nicht die Rede. Man möchte eigentlich auch nicht wissen, was da wirklich abgelaufen ist. Ob dieser „versteckte Mann“ nun zum Führerscheinentzug an die Ordnungsbehörde gemeldet wird, ist dem Artikel ebenfalls nicht zu entnehmen. Genausowenig, wie lange vorher das Rückkehrverbot ausgesprochen worden war, ob am Abend vorher oder 1 Woche zuvor oder ….

Strikter Nichtraucherschutz in NRW und seine Folgen ……

Juli 13: Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in NRW beklagt eine Welle von Betriebsaufgaben im Juni 2013. „Alleine in Düsseldorf haben 46 Gaststätten ihre Pforten geschlossen“, sagte Dehoga-Geschäftsführer Rainer Spenke. Im Bereich des Dehoga-Nordrhein hätten im ersten Halbjahr 297 Betriebe dicht gemacht. Diese Zahlen belegen, dass das Kneipensterben in NRW nach Inkrafttreten des NRW-Rauchverbots in allen Kneipen ab Mai begonnen hat.

Aus Protest gegen das in NRW geltende strenge Rauchverbot hat der Uerige-Wirt aus der Mülheimer Altstadt Mitgliedern der Grünen Lokalverbot erteilt, vgl. Bild links.

Der nach Helmut Schmidt wohl zweitberühmteste Raucher Deutschlands (Bild rechts) soll wegen des Rauchens nach 40 Jahren seine Mietwohnung räumen, so urteilte Ende Juli 13 ein Richter am Amtsgericht Düsseldorf. Wird dadurch eine Kündigungswelle und Prozesslawine in Gang gesetzt?

Da können sich die Regierenden auf allen Ebenen insgesamt aber freuen, je mehr die Bevölkerung mit Kleinkrieg untereinander beschäftigt ist. Und der Führerscheinentzug als „Erziehungsmaßnahme“ ist ein weiterer nicht unwesentlicher Baustein für verstärkten Kleinkrieg!