Auch in Mülheim gibt es die Kräfte, die versuchen, aus der Flüchtlingskrise Profite zu machen, nicht zuletzt ganze Teile der Immobilienwirtschaft. Inwieweit die Stadtverwaltung, die sich bei der Bewältigung der Probleme quasi im Notstandsrecht fast völlig verselbständigen konnte, mit den Immobilienhändlern Hand in Hand arbeitet, ist nicht nachzuweisen, weil die Verwaltung wegen der Sachzwänge angeblich nur noch kurzfristig alles entscheiden muss. Dann werden Vorschläge etwa für Flüchtlingsstandorte über Presse verkündet, die angeblich alternativlos sind. Und die „Volksvertreter“ nicken in den Gremien alles ab und bügeln jede Kritik oder jeden Alternativvorschlag ab als angeblich fremdenfeindlich oder noch schlimmer.
Auch in der Flüchtlingsproblematik gilt das alte Sprichwort „Gelegenheit macht Diebe“. Und das umso mehr, je konsternierter und sprachloser große Teile der Bevölkerung sind über das, was seit dem Sommer mit Merkels unüberlegtem deutschen Alleingang über Deutschland gekommen ist und ganze Teile der Kommunen und der Gesellschaft bereits jetzt arg überfordert, noch bevor die wirklichen Probleme auftreten werden. Solange diese Verunsicherung und Verwirrung anhält, so lange können bestimmte Menschen, Firmen, Verbände, Parteien oder Vereine unbehelligt Honig aus der Flüchtlingskrise saugen.
Dieser unheilvolle und demokratiezerstörende Zustand hält umso länger an, je mehr die örtlichen Medien offenere und ehrlichere Diskussionen zu der Problematik weiter unterdrücken oder gar verteufeln. Das ist in Mülheim sehr deutlich, anders als ansatzweise in Essen, wie der untenstehende Ausschnitt aus einem WAZ-Artikel in der Nachbarstadt zeigt.
In Mülheim war eine ähnliche Diskussion etwa zum Standort Schlippenweg im Außenbereich am Naturschutzgebiet einfach nicht möglich. Die Medien erwähnten z.B. nicht einmal, dass die MBI diesen Standort ablehnten, geschweige denn warum. Auch dass die nahe gelegene Förderschule sich eindeutig gegen das Flüchtlingsdorf auf dem Acker hinter der Schule ausgesprochen hat, war den Lokalmedien nicht einmal eine Silbe wert.
Auch bei dem unsäglich unverträglichen Standort eines Flüchtlingsdorfes auf dem Schulhof der laufenden Grundschule am Blötterweg ging es in Wirklichkeit auch darum, dort auf Dauer hochwertiges Wohnen zu ermöglichen. Das war aber in den Medien nicht diskutabel.
Umgekehrt war u.a. der Vorschlag angeblich indiskutabel, den Sportplatz des RSV Heißen, der ab Jan. nicht mehr genutzt wird, für ein Flüchtlingsdorf zu nutzen, eigentlich ein optimaler Standort, wie besser kaum geht. Doch dahinter wohnt halt die ex-OB oder warum auch immer das nicht gehen darf!
Auch der Essener Vorschlag, auf dem Gelände des sterbenden Flughafens Essen/Mülheim interimsmäßig Flüchtlinge unterzubringen, war und ist in Mülheim tabu. Das will die lokale SPD nicht, deren stärkster Bündnispartner vor Ort bzgl. Flughafen immer noch die lokale WAZ ist.
Ähnlich verquer werden in der Heimatstadt der SPD-Ministerpräsidentin und der grünen Gesundheitsministerin auch viele andere Alternativvorschläge für Flüchtlingsunterkünfte an weniger konfliktträchtigen Standorten lapidar abgetan, ob zu leerstehenden Gewerbeimmobilien, die es zu Hauf im Stadtgebiet gibt, oder zur Umnutzung der proviso-rischen Containerhochschule auf dem Mannesmann-Gelände, welche bis 1. März ja in die Neubauten an der Duisburger Straße umgezogen sein soll. Doch das Land will, dass die bezugsfähigen Container abgebaut werden, warum auch immer! Mehr in WAZ vom 18.12.15: „Keine Verwendung für Mülheimer Hochschul-Dorf für Flüchtlinge“ hier
Uswusf………………
Kurzum: Es wird höchste Zeit, die Diskussionen vor Ort über die riesengroße Herausforderung der Flüchtlingskrise auf den Boden zu bekommen, auch um es den Profiteuren, die die Gunst der Stunde nutzen, zumindest ein wenig schwieriger zu machen. Von der dringend notwendigen Wiederbelebung der kommunalen Demokratie und des zugehörigen Grundrechts auf Meinungsfreiheit bzw. -vielfalt ganz zu schweigen.
WAZ Essen 16.12.2015, nachzulesen hier
Wohnungsbau
Flüchtlinge, ein Mittel zum Zweck?
„Auf den Wiesen neben dem Wetteramt an der Wallneyer Straße in Essen-Schuir sollen Unterkünfte für Flüchtlinge errichtet werden. Die Fläche steht als eine von 15 in der Diskussion. (Anm. MBI: darunter auch das Landschaftsschutzgebiet Lohstr./Fatloh im Hexbachtal unweit der Mülheimer Stadtgrenze)
Dient der Bau von Unterkünften allein dazu, Bauland zu erschließen? Der Vorwurf des Runden Umwelttischs Essen zeigt Wirkung in der Politik. Vom Tisch ist er damit nicht.
Es ist ein Vorwurf, der Kritiker umtreibt: Nutzt die Stadt den zeitlichen Druck, der darin besteht möglichst schnell adäquaten Wohnraum für Tausende von Flüchtlingen zu schaffen, um auf diesem Wege neues Bauland auf geschützten Freiflächen zu erschließen? Die am Runden Umwelttisch Essen (Rute) versammelten Initiativen äußern diesen Verdacht und sprechen offen von Missbrauch.Die große Koalition im Rat der Stadt aus SPD und CDU ist hellhörig geworden. Sie will den Eindruck vermeiden, es werde per Ratsbeschluss „durch die kalte Küche“ ein Junktim hergestellt zwischen der Unterbringung von Flüchtlingen und einer Wohnungsbaupolitik. Für die heutige Ratssitzung bringen sie daher folgenden Änderungsantrag ein: Bebauungspläne sollen nur dann aufgestellt werden, wenn sich nach einer vorhergehenden Prüfung ergibt, dass die Flächen auch für eine Wohnbebauung geeignet sind. Ob das mehr ist, als eine wohl dosierte Beruhigungspille? …………….“
Anm.: Der Essener Rat legte sich am 16.12.15 noch nicht fest, vgl. WAZ Essen vom 17.12.15: „Flüchtlinge – Bebauung von Freiflächen bleibt für Essener Rat eine Option“ hier
Mehr zur Flüchtlingskrise in Mülheim
- Nov. 15: Auch Flüchtlingsunterbringung rechtfertigt unzeitgemäße Schulhofverkleinerung nicht! hier
- Nov. 15: MBI-Flugblatt an die Bevölkerung rund um die Grundschule Blötterweg: “Flüchtlingsstandort auf Grundschulgelände geht nicht!” hier
- Ende Okt. 15: “10 Flüchtlingsdörfer im Stadtgebiet sind eine enorm riesige Herausforderung!” hier
- NRZ-Artikel vom 27.10.15: ”Mülheim braucht Unterkünfte für weitere 2000 Flüchtlinge” hier
- Aug. 15: „Leerstehende Gewerbeimmobilien als Flüchtlingsunterkünfte?“ hier