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NRW-Städtetag und Probleme der Zuwanderung: Desinteresse oder Realitätsverweigerung?

ANRW-Staedtetagm 14. April war Mitgliederversammlung des NRW-Städtetag in Aachen. Thema: „Zuwanderung und Integration in den Städten – Chancen und Risiken“

Fazit: Erschreckendes Desinteresse als Realitätsblindheit und Resignation?

Eigentlich hat NRW als Deutschlands größtes Bundesland schwerwiegende Probleme vor der Brust: Das Land ist sehr hoch verschuldet, Energiewende und nun auch noch die Stahlkrise bereiten vielen der bisher wichtigsten Unternehmen in NRW große Sorgen, vor allem in Deutschlands größten Ballungsgebiet, dem Ruhrgebiet mit seinen über 5 Mio. Menschen, wo der einst recht erfolgreiche Strukturwandel zuletzt eher zum Stillstand kam, so dass das Ruhrgebiet bundesweit immer mehr zurückfällt und mit enormen sozialen Problemen wie Arbeitslosigkeit, Überalterung sowie Anzeichen für Ghettobildung zu kämpfen hat. Zusätzlich leidet das EU-weit zentrale NRW unter dem Verschleiß der Infrastruktur, ob Autobahn- und andere Brücken, Bahnstrecken und am dramatischten im ÖPNV-Nahverkehr – alles mit irrsinnig hohem Sanierungsstau.
Die seit Jahren stark gestiegene Zuwanderung war in vielen NRW-Städten, auch und besonders im Ruhrgebiet, überverhältnismäßig groß. Der explosionsartig große Zuwanderungsschub nach Merkels quasi-Einladung letzten September hat die Städte zusätzlich vor sehr große Herausforderungen gestellt, wobei z.B. in vielen Ruhrgebiets-(Teil-)städten das auch als gottgeschicktes quasi-Konjunkturprogramm gesehen wird/wurde, weil die hoch verschuldeten Kommunen endlich glaubten, unter dem Titel Flüchtlingshilfe wieder beliebig Geld ausgeben zu können, neue Stellen schaffen usw., allerdings immer mit der Hoffnung, dass Land und Bund das demnächst alles übernehmen würden.

Zusammengefasst:
Wohl selten in den letzten Jahrzehnten gab es für die NRW-Städte so spannende, kontroverse und herausfordernde Monate wie im letzten halben Jahr. Man hätte also erwarten können (oder besser müssen), dass die Delegierten, zumeist Stadtverordnete und die OB`s, voller Spannung und Anteilnahme auf Anregungen und Ergebnisse eines Städtetages zum Thema „Zuwanderung und Integration“ erpicht gewesen wären. Doch dem war nicht so, leider.
L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher

Hier nun mein Kurzbericht vom NRW-Städtetag als Delegierter aus Mülheim/Ruhr von der Ratsfraktion MBI:

In der Nacht davor hatten sich die Koalitionsspitzen der GroKo in Berlin geeinigt auf ein Integrationsgesetz, ein Anti-Terror-Paket und sie gaben grünes Licht für eine Arbeitsmarktreform. Insbesondere das Integrationsgesetz u.a. mit angedrohten Sanktionen, falls Flüchtlinge Maßnahmen, Sprachkurse o.ä. ablehnen, und der Ankündigung, 100.000 1-Euro-Jobs für Flüchtlinge schaffen zu wollen, war für den Städtetag also eigentlich von größter Relevanz, wurde aber nur am Rande erwähnt.

IM JaegerDie Einführungsrede hielt IM Jäger, der in epischer Breite darlegte, dass NRW es hervorragend geschafft habe, 330.000 Flüchtlinge letztes Jahr unterzubringen. Nun müsse die Integration folgen, doch gerade NRW habe damit ja reichlich positive Erfahrung. Und bla, bla …. Und überhaupt müsse der Bund den Kommunen viel mehr Geld für die Flüchtlinge bereit stellen, auch wenn das Land bereits seine Unterstützung sehr großzügig aufgestockt habe.
Von seiner überlasteten Polizei, von ungezählten nicht registrierten Zuwanderern oder gar von den Vorgängen in der Sylvesternacht in Köln, Düsseldorf und anderswo hörte man kein Wort. Der Beifall für den Minister hielt sich insgesamt eher im unteren Rahmen. Vielleicht war auch bei nicht allen der mind. 300 Teilnehmer die Überzeugung von „Wir schaffen das“ und „Wir haben bereits mehr geschafft, als wir uns vorstellen hätten können“ ähnlich gereift wie bei dem Minister, der aus seiner Heimatstadt Duisburg eigentlich wissen müsste, dass doch einiges im Argen liegt.

Auch die Expertenrunde zum Thema am Nachmittag mit einem Staatsekretär aus dem Berliner Innenministerium, der Vorsitzenden des Sachverständigenrats für Integration und Migration, dem NRW-Sozialminister, der Flüchtlingsbeauftragten der Stadt Düsseldorf und dem Aachener OB brachte kaum Neues und noch weniger Kontroverses.

Der neue Vorsitzende, OB Clausen aus Bielefeld, ergänzte danach in einer langen Rede auch nicht viel Erhellendes, außer dass er deutlich machte, dass nur gelungene Integration den „Rechtspopulisten“ das Wasser abgraben werde. Zuvor war bereits mehrfach von den Experten behauptet worden, die Stimmung in der Bevölkerung sei nicht gekippt, die Hilfsbereitschaft bei allen Standorten auf Dauer immer größer als die Ablehnung, die zu Beginn eigentlich reflexartig fast überall auftrete. Doch die hervorragende Bürgerbeteiligung an den meisten Orten in NRW hätte die Skepsis zumeist abbauen können, von einem Bodensatz Unbelehrbarer abgesehen. Doch: Guter Wille allein versetzt noch keine Berge, auch wenn man sich das einredet.

Dann sollte die „Aachener Erklärung zu Zuwanderung und Integration in den Städten“ verabschiedet werden. Viele Teilnehmer hatten den Städtetag bereits verlassen. Bei Städtetagen, wo vorher unter den Parteien alles ausgehandelt und austariert wird, sind Gegen- oder Zusatzanträge eigentlich unüblich. Doch dieses Mal wollte ein Teil der verbliebenen Teilnehmer den 2. Absatz der Erklärung streichen lassen. Der lautet: „Integration aber wird nur gelingen, wenn die Zuwanderung wirkungsvoller gesteuert und reduziert wird. Die Städte müssen sich auf die Menschen mit Bleibeperspektive konzentrieren können. Auf die Kommunen dürfen aus den Erstaufnahmeeinrichtungen zukünftig nur noch Flüchtlinge mit anerkanntem Bleiberecht verteilt werden. Gleichzeitig müssen die Asylbewerber und Flüchtlinge, die nicht schutzbedürftig sind, zügig und konsequent in ihre Herkunftsstaaten zurückgeführt werden.“

Das ging anscheinend einigen der Gebliebenen zu weit, begründen wollte es aber keine/r, auch wenn einige Wörter wie Populismus u.ä. in den Raum warfen. Ohne Prüfung der Stimmberechtigung anhand der Stimmkarten (ein Teil waren auch nicht stimmberechtigte Gastdelegierte) wurde gleich zweimal abgestimmt, weil der Vorsitzende beim ersten Mal behauptete, die Mehrheit sei erkennbar für die Passage. Das wollten die Gegner nicht glauben und sie verlangten eine Zählung. Die ergab dann 46:28 Hände, nicht Stimmkarten, für den o.g. Absatz. Bei der Abstimmung über die gesamte Aachener Erklärung stimmten dann noch 20 dagegen.

Tja, eine Sternstunde für die Demokratie war das auch nicht gerade. Die Hälfte bis drei Viertel der Teilnehmer des Städtetags hatte bereits mit Füßen abgestimmt und das Häuflein, das auch Forderungen im o.g. Absatz partout als angebliche Menschenrechtsverletzung o.ä. gestrichen haben wollte, war nicht imstande, sich dafür argumentativ stark zu machen. Unabhängig von diesem 2. Absatz enthält die Aachener Erklärung ansonsten nur altbekannte, richtige, aber wenig konkrete Punkte mit den Überschriften „Kinderbetreuung und Schulen ausbauen“, „Integration in den Arbeitsmarkt vorantreiben“, Genügend bezahlbaren Wohnraum schaffen“, „Auskömmliche Finanzierung für Unterbringung und Versorgung sicherstellen“ und „Für lebenswerte, weltoffene Städte“.

M. E. aber hätte ein Städtetag, und in NRW erst recht, die Forderung nach einem baldigen Einwanderungsgesetz mit klaren Kriterien erheben müssen.

Die in Berlin nachts zuvor ausgehandelte Einführung einer Art Residenzpflicht auch für anerkannte Asylbewerber wäre insbesondere für die NRW-Städte von enormer Bedeutung gewesen, war aber kein Thema, nur vereinzelt in Pausengesprächen. Bekanntlich leiden viele der großen Städte, nicht zuletzt des krisengeplagten Ruhrgebiets, darunter, dass Flüchtlinge oder Völkerwanderer geballt und unabhängig von Zuweisungen dorthin ziehen, was man auch cluster- oder Koloniebildung nennt. Das ist typisch für alle Migrationen immer und überall, birgt aber große Probleme gegenüber den bestehenden Gesellschaften. Ob und wie man das überhaupt regeln will und kann, bedarf einer ehrlicheren Diskussion als bisher. Bürokratische Bestimmungen aus Berlin, zu allem Überfluss auch noch nachträglich zu der ungeregelten vorherigen chaotischen Masseneinwanderung, wird nicht so einfach umzusetzen sein.

Fazit:
Ich war doch etwas erschrocken über das vermeintliche oder wirkliche Desinteresse vieler Kommunalpolitiker, die schließlich an vorderster Front stehen, was die Bewältigung der riesigen Migrationsproblematik insbesondere in NRW angeht. Vielleicht aber sind auch etliche Kommunalpolitiker bereits den Weg in die „innere Migration“ gegangen, ähnlich größeren Teilen der Bevölkerung, die am liebsten offen nicht mehr darüber reden will.
Auch der Städtetag NRW redete und beschloss zumeist arg an den wirklichen Fragestellungen vorbei. Nicht zuletzt deshalb berichtete kaum eine Zeitung darüber. Dabei wird und kann die von Teilen der Wirtschaft stark forcierte Masseneinwanderung nach Deutschland dann und nur dann ohne ganz große Brüche funktionieren, wenn die Städte und Kommunen im größten Bundesland NRW das überhaupt bewerkstelligen können. Und halbwegs verträglich wird das auch nur gehen, wenn die kommunale Demokratie nicht noch mehr zum Abnickritual degradiert wird und den Verwaltungen das alleinige Handeln überlassen wird.
Trotz der gerade in NRW am deutlichsten erkennbaren Probleme (no-go-areas, Kolonien von Mahgreb-Leuten mit hoher Kriminalitätsrate, Krisenregionen wie Ruhrgebiet und Bergisches Land auch ohne Zuwanderungsprobleme usw.) wollen die politisch Verantwortlichen sich anscheinend nicht wirklich mit den Realitäten und verschiedenen, auch differenzierteren Lösungsansätzen befassen. Man wartet wohl lieber auf Anweisungen aus Berlin, Brüssel oder Düsseldorf?

Auch wenn in etlichen Krisenstädten die Flüchtlingswelle als großes Konjunkturprogramm angesehen und behandelt wird (insbesondere für die mit der Politik lokal meist arg verbandelte Immobilienwirtschaft), so türmen sich die Probleme schrittweise nach und nach bedrohlich auf, selbst wenn keine neuen Massenzuwanderungen hinzu kämen.

Wenn die vielen Verantwortlichen aus den Städten nicht bald auf den Boden kommen und ihre „Hans-Guck-in-die-Luft“-Haltung beenden, wird ihnen die überlastete Infrastruktur Stück für Stück einbrechen, ob in Kitas, Schulen, gewissen Ämtern uswusf.. Und dann werden die macht- und pöstchengewohnten Lokalpolitiker auch noch serienweise abgewählt werden.