WAZ 5.11.17: „Klimakonferenz – Die Welt zu Gast in Bonn: Worum geht es beim Klimagipfel? Ab Montag arbeitet in Bonn die Welt am Kampf gegen den Klimawandel. Es geht ums Kleingedruckte – und um ein Signal in Trump-Zeiten. …….. Neben Klimapolitikern, Wissenschaftlern und Aktivisten kommen auch Staats- und Regierungschefs – und viele Promis. …….. 2001 wurde schon mal in Bonn getagt. Und die erste Weltklimakonferenz 1995 fand in Berlin statt. Gastgeberin war die Bundesumweltministerin – die hieß damals Angela Merkel. …… Die Einigung auf das Abkommen in Paris war 2015 ein riesiger Durchbruch, inzwischen haben 169 Parteien es ratifiziert. Deutschland ist dabei, die EU auch. Aber das Entscheidende ist die Umsetzung. Und wie die im Detail laufen soll, ist noch nicht klar….“
Fast 25.000 Teilnehmer umfasst der sog. Klimagipfel in Bonn vom 6. bis 11.11.2017. Hinzu kommen noch zig-Tausende Demonstranten und Gegen-(oder auch Pro-)Aktivisten aus aller Welt. Weitere zig-Tausende Journalisten und Kamerateams aus der ganzen Welt werden sich ebenfalls zwischen Köln-Bonn und dem Hambacher Forst hin und her kutschieren lassen, um vieltausendfach die gleichen altbekannten Thesen durch nagelneue Interviews mit den gleichen Sprachhülsen wie immer produzieren zu können.
Das alles ist gut bis sehr gut für das gesamte Rheinland, seine Hotel-, Gaststätten und Autoleasing- sowie seine Benzin-/Dieselverkaufsindustrie, aber auch für Sicherheitsfirmen und nicht wenige andere Gewerbe vielerlei Art.
Doch was soll, kann und wird der gesamte Zirkus
dem Weltklima bringen?
„Natürlich“ produziert das Riesen-Event im Großraum Bonn genau wie der ähnlich ergebnislose G20-Gipfel der selbsternannten „Weltregierung“ neulich in Hamburg insgesamt in 1 Woche bereits viel mehr klimaschädliches CO2 zusätzlich als Länder wie Burkina Faso, Myannmar o.ä. in einem ganzen halben Jahr oder vielleicht noch länger. Doch das wäre nebensächlich, wenn man glauben könnte, dass die „Klimatouristen bzw. -spezialisten“ aus 197 Ländern wirklich eine gemeinsame, zukunftsweisende Strategie auf die Reihe bekämen, was bisher nie geschah, weder in Berlin, Kyoto, Kopenhagen, Marrakesch usw. und auch nicht wirklich in Paris. Viele Potentaten und Diktatoren dieser Erde freuen sich, dass sie anders als beim G20 mit an den erlauchten Symposien und Festmahlen dabei sein dürfen und zu Hause können sie ihrer unterdrückten Bevölkerung deutlich machen, wie wichtig sie sind, und dass sie wieder viel Geld für „ihr“ Land herausholen konnten, was dann größtenteils in ihren Sippschaften und denen ihrer crownies verteilt wird. Die Vertreter der westlichen Eliten können mal wieder plaudern, wie sehr sie alles intensiv versucht haben und blabla. Auch die deutschen Moralapostel und Wichtigtuer aus Politik und Medien sowie die meisten Kabarettisten in den gebührenfinanzierten Sendern können sich erneut aufplustern als Retter der Erde, obwohl es der Erde selbst ziemlich sch…egal ist, ob auf ihr 10 Mrd. Menschen oder nur 1 Million überleben. Insofern sind z.B. die bunten Großplakate wie „Save the planet“ irgendwie Quark. Doch egal.
Und so scheint nur eines als Ergebnis des Bonner Mega-Events relativ sicher, wie es u.a. auch die FAZ am 4.11.17 schrieb: „Weltklimagipfel in Bonn: Warum das Treffen der Superlative ohne große Ergebnisse bleiben wird“, nachzulesen hier
Arg betroffen hat mich aber ein Interview mit dem Generalsekretär des „Club of Rome“ gemacht, siehe weiter unten. Er erwartet auch nichts von dem Bonner Spektakel, doch er glaubt nicht mehr, dass die westlichen Demokratien die heraufziehende Zivilisationskrise noch bewältigen können und wollen. Er hofft vielmehr auf das chinesische Modell, was mir persönlich völlig zuwider wäre. Deshalb habe ich noch ein paar Gedanken aufgeschrieben zur Erklärung dessen, warum die Menschheit insgesamt hinter die Erkenntnisse und Ansätze Anfang der 90er Jahre zurückgefallen ist. Die Fokussierung nur auf die Klimaerwärmung ist ein Irrweg, so zentral die Frage für die dürre- bzw. überschwemmungsgefährdeten Regionen und Inseln auch ist.
Oder anders ausgedrückt: Es bringt auf Dauer nicht sehr viel, wenn auch die letzten Winkel der Erde elektrifiziert sind, selbst mit 100% regenerativer Energie, wenn die Meere leergefischt und große weitere Flächen der Erde durch Desertifikation und Versalzung für Ackerbau kaum noch nutzbar sind, und vor allem, wenn die Überbevölkerung derart rapide weiter zunimmt. In den 80er Jahren waren z.B. noch große Aufforstungsprogramme und Maßnahmen zur Kontrolle und Eindämmung des Bevölkerungswachstums integraler Bestandteil vieler Weltbank- und bilateraler Entwicklungshilfeprogramme. So fehler- und mangelhaft diese im einzelnen auch gewesen sein mögen, heutzutage gibt es das ernsthaft kaum noch. Auch deshalb ist das ganze Gelaber von „Fluchtursachen bekämpfen“ bisher scheinheilig und irreführend.
Die vergessene Agenda 21 zu Überlebensfragen
der Menschheit und als Folge:
Zivilisationskrise all überall?
Völlig aus den „Mode“ gekommen sind bei allen politischen Diskussionen und Kommentaren zu den vielfältigen ökologischen, sozialen und kriegerischen Riesenproblemen der Weltengemeinschaft z.B. die Erkenntnisse des Club of Rome aus den 70er Jahren zu den Überlebensfragen der Menschheit, obwohl die heute mehr denn je gelten. Die Überausbeutung der natürlichen Ressourcen der Erde hat bei weiter exponentiell wachsender Weltbevölkerung bereits jetzt zum Kollaps etlicher Ökosysteme und Lebensgrundlagen geführt. Das größte wirkliche Problem bzw. die größte Herausforderung ist z.B. der Zugang von Milliarden Menschen zu möglichst trinkbarem Wasser, denn ohne läuft nix. Noch zu Beginn dieses Jahrtausends war es allgemeiner Konsens, dass das 21. Jahrhundert weltweit ganz im Zeichen der Auseinandersetzungen um Wasser stehen würde. Das stimmt zwar immer noch, nur ist alles überlagert von den Fragen der Völkerwanderung oder der islamistischen Bedrohung.
Die vielfältigen Ansätze der Entwicklungspolitik und der gesamten UN-Organisationen in den 80er Jahren fanden ihren Niederschlag in der Rio-Konferenz 1992. Der sog. „Agenda 21“ mit ihrem Oberziel der nachhaltigen Entwicklung stimmten fast alle der damals 192 Staaten der Erde zu und über 180 ratifizierten die Schlussdokumente.
Obama und Merkel 2012 uninteressiert an nachhaltiger Entwicklung?
Doch danach gerieten diese beschlossenen Entwicklungsziele fast vollständig aus den Augen der handelnden Politiker und ihrer „thinktanks“. Einzig an der Klimadebatte wurde weiter gearbeitet, von Konferenz zu Konferenz und mit wenig Erfolg Richtung der Agenda 21 von Rio, auch weil die Klimadiskussion isoliert geführt wurde, z.B. ohne die Frage Bevölkerungsentwicklung bzw. -kontrolle. Als im Juni 2012 in Rio die Nachfolgekonferenz Rio plus20 stattfand, sagten mit Obama und Merkel 2 der wichtigsten Staatenlenker die Teilnahme in Rio ab. Zufall? Nein! Ob mit oder ohne: Der Gipfel wurde zum großen, fatalen Flop!
Gegen alle Erkenntnisse bis zur Rio-Konferenz 1992 und entgegen der von über 180 Staaten ratifizierten Agenda 21 geschah danach nämlich das exakte Gegenteil. Und fast alle spielten mit, außer den Milliarden abgekoppelter Menschen weltweit, versteht sich. So kam es, dass die Diskussion sich pervertierte, in Deutschland z.B. von Agenda 21 zu Agenda 2010 oder gar zu Stuttgart 21 u.ä.. Die Zunahme der Treibhausgase und der Vernichtung trop. und anderer Regenwälder ist seit der 1. Klimakonferenz 1995 in Berlin aber weiter exponenziell gestiegen, noch schneller als je zuvor.
Heute 2017 stellen sich vordergründig die Fragen von Rio oder nachhaltiger Entwicklung nicht mehr. Putin, Erdogan, Trump u.v.a. stellen die Fragen ganz anders. Nach der insgesamt gescheiterten Politik von “Messias” Obama und den ebenso kontraproduktiven Alleingängen von “Mutter Theresa” Merkel ist sich jede/r nur noch selbst der nächste. Das ist leider nicht nur bei den Autokraten und Potentaten so, sondern wiederholt sich ganz analog der Erkenntnisse der Chaostheorie immer stärker auch weiter unten bis in die kommunale Ebene hinein, wie z.B. auch Mülheim bestens belegt. Kurzum:
Eine Zivilisationskrise womöglich größer und vor allem globaler als vor dem 2. Weltkrieg ist im Anmarsch und noch sind kaum Gegenkräfte in Sicht. Die vermeintliche Alternative zwischen bisherigen Globalisierern und aufstrebenden Populisten bis Nationalisten ist die gleiche Seite der gleichen Medaille.
All das spüren oder wissen die Menschen spätestens, seit der ganze neoliberale Spuk mit seinen Heilsversprechen auch die stabilsten Mittelschichtsgesellschaften im Gefolge der Finanz- und Immobilienkrise 2008/9 mit immer neuen Krisen überzieht. Ob sie das Steuer noch herumreißen wollen oder können, bleibt abzuwarten. Doch zur Zeit deutet wenig darauf hin, denn die sog. Eliten wirken geistig und philosophisch ratlos, wenn nicht gar bankrott. Sowohl die Brexit-Entscheidung wie die Wahl von Trump waren bereits deutliche Abwahlen der bisherigen Eliten bzw. des Establishment, ohne dass gängige und zukunftsträchtige Gegenmodelle erkennbar wurden.
L. Reinhard, lange Jahre in der sog. „Entwicklungshilfe“ in der afrikanischen Trockensavanne tätig gewesen
P.S.: Der berühmte Weissagungsspruch der Cree-Indianer müsste vielleicht aktualisiert werden, z.B. so: “…… werdet Ihr feststellen, daß man weder Geld, noch smartphones essen kann!”
»Demokratie auf Profit und Karriere ausgerichtet«
Interview Anselm Lenz
Club of Rome hegt keine Hoffnung für den Klimagipfel in Bonn. Die Forscher fordern heute eine Orientierung an der KP Chinas. Ein Gespräch mit Graeme Maxton
Graeme Maxton, Sie sind Wissenschaftler. Wie ist Ihr Verhältnis zu den Unterstützern und Finanziers Ihrer Arbeit beim Club of Rome (CoR)?
Wir bestehen grundsätzlich auf wissenschaftlicher und publizistischer Unabhängigkeit von finanziellen Unterstützern. Wir blicken auf bald 50 Jahre zurück, in denen unsere Forschung besser finanziert war und Zeiten, in denen es schlechter war. Anders als zu unserer Gründungszeit – in der der CoR übrigens auch nicht auf Rosen gebettet war – sind es heute eine chinesische und eine schweizerische Stiftung, die uns fördern.
Vor 45 Jahren wurde der erste Bericht mit Prognosen über die Entwicklung des Weltklimas, des Bevölkerungswachstums und der Erdressourcen veröffentlicht. Haben sich Ihre Annahmen aus »Die Grenzen des Wachstums« bewahrheitet?
Ja, es war ein erster Meilenstein. Es gab von Anbeginn Anfeindungen und sogar Verleumdungen von Regierungen, Konzernen und Ökonomen, die ungebremstes Wachstum und gesteigerte Profite sicherstellen wollten. Heute können wir nachweisen, dass wir 1972 methodisch korrekt operiert haben, was auch kaum noch jemand bezweifelt. Der CoR wurde von Menschen gegründet, die sich darum sorgen, dass die Menschheit große Zerstörungen auf der Erde anrichtet. In einer Zeit von Mondlandung und Hippie-Ära war die Ernsthaftigkeit des CoR für viele Leute befremdlich.
Warum?
Die ersten Forscher des CoR am Massachusetts Institutes of Technology fanden heraus, dass das ökologische System insgesamt vom Zusammenbruch bedroht ist, wenn die Menschheitsentwicklung ungebremst weitergeht – und zwar um die Mitte des 21. Jahrhunderts herum. Diese Zusammenbruchsprognose bezieht sich nicht auf einige Wochen oder Monate, sondern über den Verlauf mehrerer Jahrzehnte. Dieser Kollaps findet bereits statt.
Sie haben kürzlich einen neuen Bericht veröffentlicht. Was steht da drin?
Der Bericht mit dem Titel »Wir sind dran« hat drei Abschnitte. Im ersten Abschnitt legen wir dar, dass viele der Probleme, die wir antizipiert haben, eingetreten sind. Zweitens gehen wir darauf ein, dass wir eine neue Aufklärung brauchen, einen paradigmatischen Wechsel des Blicks auf Natur und Erdbevölkerung. Und drittens haben wir Vorschläge, wie etwa Landwirtschaft und Finanzsystem grundlegend reformiert werden können.
Es gibt derzeit eine neue Welle von Kritik an der Klimaforschung und deren Schlussfolgerungen. Was sagen Sie Ihren Zweiflern?
Ein großer Teil der Skepsis wurde von Ölkonzernen und Lobbyisten angestoßen, insbesondere in den USA. Sie wollen keinen Systemwechsel, sondern weiterhin den Planeten ausplündern. Wenn man sich allerdings die wissenschaftlichen Daten ansieht, kann es überhaupt keinen Zweifel geben. Unterhaltungen von Leuten über Ihre Meinungen, die keine Experten sind, helfen nicht mehr weiter.
In Ihrem eigenen Buch schreiben Sie, dass das chinesische Modell eine Lösung – oder zumindest eine Hoffnung – ist. Wie meinen Sie das?
Das Problem mit der Demokratie ist, dass sie wie die Unternehmerschaft (Corporate System) auf kurzfristige Profite und Karrieren ausgerichtet ist. Das ist tödlich. Man kann das exemplarisch an Donald Trumps Wahl zum amerikanischen Präsidenten sehen, aber auch an Erscheinungen auf der vermeintlich progressiven Seite.
Der Volksrepublik China, in der es kein demokratisches System gibt, wird es weitaus leichter fallen, mit den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen. Im Westen müssen wir einen Konsens herstellen, das braucht zuviel Zeit. Der Wissenschaft kommt hier eine Führungsrolle zu. Wir wollen Regierungen, die Entscheidungen treffen für die Zukunft der Menschheit und den Erhalt eines bewohnbaren Planeten.
Was erhoffen Sie sich vom Weltklimagipfel, der am Montag in Bonn beginnen wird?
Unglücklicherweise nicht sehr viel. Das letzte große Treffen dieser Art in Paris war bemerkenswert, weil überhaupt etwas erarbeitet wurde, auch wenn die Beschlüsse völlig unzureichend waren. Wir müssen viel kühnere Schritte unternehmen. Doch nichts, was auf diesem Gipfel in Bonn realistischerweise beschlossen werden könnte, würde ausreichend sein.