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Gegen Behördenwillkür das Widerspruchsrecht endlich wieder einführen!

Ob eine Birke in Mülheim in Abwesenheit und ohne Kenntnis der Eigentümerin zu Recht oder zu Unrecht von der Stadt auf Kosten der Frau gefällt wurde, darf nur ein Gericht klären?

Auch diese schräge Geschichte bekräftigt die seit Jahren von den MBI erhobene Forderung an die Landesregierung, endlich das Widerspruchsrecht in NRW wieder einzuführen! Auch zum Wohle der angeschlagenen Demokratie!

Nicht nachvollziehen kann eine Bürgerin Mülheims, dass die Stadt während ihrer kurzen Abwesenheit eine Birke auf ihrem Grundstück fällen ließ und ihr dafür 608 € in Rechnung stellte. Dagegen geht sie gerichtlich vor. Mehr im NRZ-Artikel unten.

Unabhängig von der Sache selbst macht dieser Fall folgendes erneut deutlich. Seit 2007 in NRW das Widerspruchsrecht abgeschafft wurde, kann ein/e Bürger/in, der/die sich zu Unrecht von einer Behörde belangt oder/und zur Kasse gebeten fühlt, nur entweder beim Verwaltungsgericht Klage einreichen oder sich zähneknirschend der vermeintlichen Behördenwillkür beugen und sie akzeptieren. Der weitaus größte Teil der Betroffenen schluckt das, weil Aufwand und Kosten für Gerichtsverfahren zu groß erscheinen, der Ausgang ungewiss ist und oft das riskierte Geld dafür weit über dem realen Streitwert liegt und zudem per Vorkasse vom klagenden Bürger vorgestreckt werden muss. Auch im o.g. Fall der womöglich unnötig gefällten Birke, zumindest vom Zeitpunkt her, werden die Anwalts- und Gerichtskosten letztendlich höher sein als die 608 €. Verliert die Frau, hat sie doppelten Ärger, gewinnt sie, trägt der Steuerzahler alles.

In 2007, dem letzten Jahr vor der fatalen Abschaffung des Widerspruchsrechts, führten 3700 von ca. 5000 Widersprüchen in Mülheim zu Änderungen der Bescheide! Heute kann der Bürger nur teuer und langwierig klagen, mit hohem Prozessrisiko insbesondere beim Verwaltungsgericht Düsseldorf. Es klagen aber selbst bei offensichtlichem Unrecht immer nur ganz wenige, aus gutem Grund.

Beschwert sich jemand beim Amt über einen Bescheid, wird er/sie i.d. Regel heute nur noch auf den Klageweg verwiesen. Diese erlebte Ohnmacht des Bürgers gegenüber Behörden ist sicher alles andere als demokratiefördernd!

Die seit 2010 regierende rot-grüne Kraft-NRW-Regierung hatte zwar zuerst versprochen, das Widerspruchsrecht zumindest teilweise wieder einzuführen. Trotz mehrfacher Nachfragen u.a. der MBI und etlicher Mülheimer Bürger ist bis heute nichts passiert. Frau Kraft sagte dazu letztes Jahr im Schloss Broich sinngemäß auf die Frage des MBI-Sprechers hin, der Punkt Widerspruchsrecht stünde nicht im Koalitionspapier der 2012 wiedergewählten NRW-Regierung, von daher ginge es auch nicht um die Umsetzung eines Wahlversprechens. Doch das darf keine Ausrede sein, weiter untätig zu bleiben bei diesem offensichtlichen Missstand!

Kurzum: Es gibt mehrere driftige Gründe für die Landesregierung, endlich das Widerspruchsrecht wieder einzuführen!

Mehr zum Thema Widerspruchsrecht in NRW

  • Dez. 13: „NRW, Land von Behördenwillkür, Intransparenz und Bürgerferne? Das Widerspruchsrecht endlich wieder einführen!“ hier
  • WAZ 12.12.13: „Behörden in NRW verschleppen Bürger-Anfragen“ hier
  • April 2012: MBI-Wahlprüfsteine zur erneuten Landtagswahl 2012, unter “II Bürgerrechte und Veraltungsgerichtsbarkeit” auch die Forderung zur sofortigen Wiedereinführung des Wiederspruchsrechts hier
  • Dez. 2010: Widerspruchsrecht für die Bürger in NRW wieder einführen! hier
  • Sept. 10: Antworten von Frau Kraft zu den MBI-Forderungen vom 17.7.10 hier
  • Mai 2010: MBI-Forderungen an die neue rot-grüne Landesregierung hier 
  • Telepolis 30.11.07: “Ein Stück Rechtsstaat wird abgeschafft – und kaum jemand merkt es! NRW-IM Wolf führt eine Abschreckungsgebühr ein, damit sich Bürger weniger häufig gegen bürokratische Fehlentscheidungen wehren – Mülheimer Bürger Initiativen widerlegen den IM“, als pdf-Datei (21 KB)
  • 23.11. 2007: “Bürokratieabbaugesetz II” bzw. Wegfall der Widerspruchsverfahren in NRW: 3700 von 5000 Widersprüche führten 2007 in Mülheim zu Änderungen! Die Mülheimer Erfahrungen zeigen: Schwerer Fehler der Landesregierung, den sie unverzüglich rückgängig machen sollte. Die ganze MBI-Stellungnahme hier

Hier der absurde Fall der unschuldigen Birke irgendwo in Speldorf:

NRZ 6.6.14: Eigentümerin kurz weg – Stadt fällt Birke und will 608 Euro, der ganze Artikel hier

Die Birke war sehr schräg gewachsen und hatte auch eine morsche Stelle. Akut gefährdet sei er aber nicht gewesen, sagt die Eigentümerin. Foto: privat

Mülheim. Die Stadt ließ einen Baum auf einem Privatgrundstück in Abwesenheit der Eigentümerin fällen und schickte eine Rechnung über 608,10 Euro. Mit „Gefahr im Verzug“ begründete die Stadt ihr Handeln. Die Eigentümerin hatte nur kurz das Haus verlassen. Als sie wiederkam, war der Baum plötzlich weg.

Man muss sich die Situation mal vorstellen: Man verlässt vormittags das Haus und findet bei der Rückkehr die Reste eines gefällten Baumes in seinem Garten. Nach einigen Telefonaten stellt sich heraus, dass die Fällung das städtische Grünflächenamt veranlasst hat und nach einigen Tagen wird auch eine Rechnung zugestellt: 583,10 Euro für die „Ersatzvornahme“ und 25 Euro Verwaltungsgebühren. Begründet wird das mit „Gefahr im Verzug“, um also die öffentliche Sicherheit auf einem Weg wieder herzustellen, auf den die Birke zu stürzen drohte.

So ist es …. Ende Februar ergangen. Da das Widerspruchsrecht abgeschafft wurde, hat sie einen Anwalt eingeschaltet und klagt gegen den Kostenbescheid vor dem Verwaltungsgericht.

Menschenleben in Gefahr?
Den Baum, so sagt sie, habe sie gemeinsam mit einem Gärtner schon längere Zeit im Blick gehabt, weil ihr klar war, dass damit irgendwann etwas passieren müsse. Es war eine doppelstämmige Birke, sehr schief gewachsen. Auch eine kleine morsche Stelle gab es. Vor fünf Jahren bereits hat sie mit Freunden einen Stamm entfernt. Eine akute Gefahr aber? Davon kann keine Rede sein, sagt auch ihr Gärtner nach einem Blick auf die Schnittflächen.

Anders die Stadt. „Ich konnte aufgrund des Baumzustandes nicht hinreichend ausschließen, dass der Baum jeden Moment selbst ohne zusätzliche äußere Einflüsse umstürzen und somit Menschenleben gefährden kann. Ich sah mich daher zur sofortigen Handlung gezwungen“, schreibt Amtsleiterin Sylvia Waage im Kostenbescheid. Sturm sei für den 27. Februar zu erwarten gewesen, lautete eine mündliche Erklärung gegenüber der Eigentümerin, die das dann recherchierte. Plötzlich war das Argument wie weggeblasen. Der einzige Sturm, der sich an jenem Tag tatsächlich ereignete, war der Möhnensturm.

Kein Einblick in den Garten möglich
„Nach der Entfernung konnte meine fachliche Einschätzung einer erheblichen Verkehrsunsicherheit des Baumes durch den Grad der Ausmorschung im Stamminneren verifiziert werden“, heißt es in dem städtischen Schreiben. Beigefügt sind drei, zum Teil unscharfe Beweisfotos, die zeigen sollen, wie die Birke nur von der benachbarten Buche gehalten wird.

Wie der Baumkontrolleur, der auf dem Weg war, eine nahegelegene Eiche auf einem städtischen Grundstück zu kontrollieren, überhaupt die Standsicherheit feststellen und verifizieren konnte, bleibt der Frau ein Rätsel. Ihr Grundstück ….. ist dicht bewachsen. Einblicke verwehrt ein Zaun aus Bambusgeflecht. Und die schadhafte Stelle befindet sich nicht an der zum ….. zugewandten Stelle, der dort ein wenig frequentierter Fußweg ist.

Rechtsstreit deutlich teurer als die Baumfällung an sich

Frau …. denkt an die Grundgesetzartikel 13 und 14, die den Schutz des Eigentums und die Unverletzlichkeit der Wohnung garantieren. Betreten habe auch kein Mitarbeiter das Grundstück, wie die Stadt ihr versicherte. Man habe vielmehr Baumkletterer engagiert. Aber wenn der Baum marode war, fragt sie sich, wie konnte er das aushalten? Hat man denn versucht, sie zu erreichen? „Geklingelt haben sie schon. Angerufen nicht, das hätte ich auf meinem Telefon gesehen“, erzählt sie. Nachbarn wurden auch nicht gefragt, obwohl einer in seinem Garten war; der hätte auch ihre Handynummer gehabt. „Wäre tatsächlich Gefahr im Verzug gewesen, hätte die Stadt auch den Weg sperren können“, glaubt sie.

Frau ….. ist eine besonnene Frau, die den Ausgleich, nicht die Konfrontation sucht. „Ich habe einen Vergleich angeboten. Ich wäre bereit, 200 Euro zu zahlen“, erzählt sie. Doch die Stadt lehnte ab. „Es ist denen lieber vor Gericht zu unterliegen als einen Fehler zuzugeben“, denkt sie, denn sie ist davon überzeugt, dass der Kontrolleur die Gefahr durch den schiefgewachsenen Baum falsch eingeschätzt habe.

Die Kosten des Rechtsstreits werden jetzt die der Baumfällung deutlich übersteigen.