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RWE-Aufsichtsratsgelder und die Instinktlosigkeit mancher raffgierigen Spitzenbeamten

Als die Mülheimer SPD-OB Mühlenfeld Anfang 2003 nach dem vorzeitigen Abgang ihres CDU-Vorgängers Baganz recht bald vom VKU (Verband der Kommunalen Aktionäre) anders als ihr Vorgänger in den obersten RWE-Aufsichtsrat gewählt wurde, fragten die MBI als erstes nach, ob sie denn die bekanntermaßen üppigen Aufsichtsratstantiemen an die Stadt abführen werde. Sie ließ sich vom Rechtsamt daraufhin ein Gutachten erstellen, wonach sie nicht als OB, sondern als Privatperson im erlauchten RWE-Aufsichtsrat säße. Deshalb brauche sie das Geld nicht abzuführen, werde aber großzügig spenden. Die MBI bohrten weiter nach, setzten alle Hebel in Bewegung und sie konnten schließlich erreichen, dass der damalige Innenminister schließlich 1 Jahr später per Erlass eine Klärung herbeiführte.

Danach müssen alle Nebeneinkünfte – außer von der Sparkasse – bis auf 6000 € abgeführt werden. Es dauerte weitere Jahre, bis die MBI über Ratsbeschlüsse, Akteneinsichten und Androhung von Strafanzeigen sicher stellen konnten, dass die Mülheimer OB auch wirklich an die Stadtkasse abgeführt hatte. Es dauerte dann noch bis 2011, bis die OB ihre gesamten Nebeneinkünfte endlich öffentlich machte, vgl.:

  • Mai 11: MBI-Antrag erfolgreich! OB-Nebeneinkünfte endlich öffentlich gemacht und behandelt! hier

Zwischenzeitlich hatte der Neusser OB versucht, zu den vergleichsweise viel geringeren RWE-Vergütungen für Beiräte gerichtlich einzuklagen, dass er das Geld behalten dürfe. Begründung wie oben. Doch auf allen gerichtlichen Ebenen war er chancenlos, was logisch ist.

Nun in 2014 versucht es der kürzlich ausgeschiedene Landrat des Rhein-Sieg-Kreises erneut und sehr dreist bzw. wie der WAZ-Kommentar es nennt „instinktlos“, vgl. WAZ vom 23.6.14: „Gesetz gegen Instinktlosigkeit“ hier. Auch er missbrauchte seine Rechtsabteilung, um im Stile wüster Winkeladvokaten ihm zu bescheinigen, dass er die abgeführte halbe Million nun zu seinem Ruhestand zurück erhalten müsse, vgl. WAZ-Artikel: „Landrat will halbe Million Euro Aufsichtsrat-Vergütung behalten“ hier und in Auszügen weiter unten. Auch das wird gerichtlich chancenlos sein. Unabhängig davon hat Innenminister Jäger angekündigt, die Gesetzeslage endgültig und vollständig wasserdicht zu machen. Gut so.

Übrigens:
Frau Mühlenfeld kassierte viel Geld für die jährlich 4 Sitzungen RWE-Aufsichtsrat. Spitze war das Jahr 2008 mit 2009.000 € (also über 50.000 pro Sitzung!), mehr als doppelt so viel wie ihre Haupteinkünfte als OB! Der krisengeschüttelte Konzern zahlt inzwischen etwas weniger. So erhielt Frau Mühlenfeld für 2012 und 2013 „nur“ insgesamt jeweils ca. 130.000 €, also immer noch deutlich mehr als ihr OB-Verdienst.

FAZIT
Es bedurfte längerer, in Mülheim recht scharfer Auseinandersetzungen zwischen MBI und Frau Mühlenfeld, beim Neusser OB auch vor Gerichten, bis die NRW-Oberbürgermeister und Landräte akzeptieren mussten, dass die teilweise sehr üppigen Nebeneinkünfte durch Aufsichtsratstantiemen bis auf 6000 € abzuführen sind, allerdings u.a. mit einer lukrativen Ausnahme, den Vergütungen der Sparkassen. Das brachte z.B. dem Düsseldorfer OB in 2010 satte 41.000 € zusätzliche Privateinkünfte ein.

Auch ist es nur unter schwierigsten Umständen kontrollierbar, ob der oder die OB korrekt an die Stadtkasse abführt. Wenn z.B. der Dortmunder OB in 2010 von 107.000 € Nebeneinkünften laut WAZ vom 15.3.2012 ca. 65.000 € abführt, aber nur 4000€ von der Sparkasse erhielt, so ist nicht nachzuvollziehen, woher die 42.700 Euro kommen, die OB Sierau laut Mitteilung der Stadt „in vielfältiger Weise für kulturelle und soziale Zwecke“ verwendet, vgl. z.B. WAZ-Dortmund vom 15.3.12 hier.

Da laut Auskunft der Bezirksregierung Düsseldorf auch kein RP oder Minister dies prüfen kann oder darf, besteht auch neben der von IM Jäger angekündigten Regelung zur Abführung der Nebeneinkünfte weiterer Regelungsbedarf, den es bei der Doppelspitze früher übrigens alle nicht gab!

Landrat will halbe Million Euro Aufsichtsrat-Vergütung behalten (Anm. MBI: Er will das Geld zurück erhalten, was er abgeführt hat)

WAZ 23.6.14, der ganze Artikel hier

Düsseldorf. Das Land Nordrhein-Westfalen plant, Amtsträger zur Abgabe der RWE-Einkünfte zu zwingen. Doch der scheidende Landrat im Rhein-Sieg-Kreis, Frithjof Kühn (CDU), fordert seine Aufsichtsratsvergütungen von 531.171 Euro zurück.

Als sich Frithjof Kühn dieser Tage aus dem Landratsamt des Rhein-Sieg-Kreises verabschiedete, eilte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) persönlich mit der Entlassungsurkunde herbei. Sie rühmte Fleiß und Kompetenz des CDU-Mannes und ließ ihre Laudatio in der Feststellung gipfeln: „Sie hinterlassen ein gut bestelltes Feld.“ Dass dies nicht zuletzt für den 70-Jährigen persönlich gilt, hat Krafts Innenminister Ralf Jäger (SPD) seit Ende vergangener Woche schriftlich. Kühns Kreisverwaltung ist pünktlich zum Ausstand des Chefs zu der Rechtsauffassung gelangt, dass dem Landrat 531.171,79 Euro aus seiner jahrelangen Aufsichtsratstätigkeit für den Energiekonzern RWE zustehen.

Ein Erlass des Innenministeriums aus dem Jahr 2005 hält die kommunalen Spitzenbeamten an, diese Nebeneinkünfte bis auf eine Aufwandsentschädigung von 6000 Euro an ihre Städte abzuführen. Eine Rechtsgrundlage für das Weiterleiten der Aufsichtsratsbezüge aber fehlt offenbar. Die Oberbürgermeister und Landräte werden nicht von ihren Kommunen in das Kontrollgremium geschickt.

Eine endgültige Regelung gibt es seit 2011 bereits für RWE-Beiratstätigkeiten. Damals schmetterte das Bundesverwaltungsgericht eine Klage des Neusser Bürgermeisters Herbert Napp ab und entschied, dass dieser bis auf einen Selbstbehalt von 6000 Euro seine Bezüge an die Stadtkasse abführen müsse. ……

Er habe seine Einkünfte aus dem RWE-Kontrollorgan nur „unter Vorbehalt“ an den Kreis abgeführt und wolle nun „eine in der Wirtschaft angemessene Vergütung“ mit in den Ruhestand nehmen, so Kühn. Der 70-Jährige stützt sich auf ein Rechtsgutachten seiner eigenen Kreisverwaltung, das dem Innenministerium zur Prüfung vorliegt.

Die Landesregierung hält das Ansinnen des Landrats dem Vernehmen nach für völlig abwegig. Kommunalbeamte würden zwar nicht formal von ihren Städten und Kreisen, also den RWE-Anteilseignern, als gewählte Mitglieder in den Aufsichtsrat entsandt. Sie würden dort aber ohne ihr Amt niemals als Kontrolleure des Energiekonzerns sitzen. ……. RWE-Aufsichtsräte, die rund viermal pro Jahr tagen, kassieren sechsstellige Summen.

Erlass gilt als rechtlich umstritten

Neben Kühn sind zurzeit für die Kommunaleigner Mülheims Oberbürgermeister Dagmar Mühlenfeld und Dortmunds Stadtoberhaupt Ullrich Sierau (beide SPD) in dem Gremium vertreten. Beide fühlen sich an einen Erlass der Landesregierung gebunden: Danach müssen die üppigen Aufsichtsratsbezüge bis auf einen Selbstbehalt von 6000 Euro an die Stadtkasse abgeführt werden.

Dieser Erlass gilt als rechtlich umstritten. ……. Bei Aufsichtsratsposten, die unter das Aktienrecht fallen, gibt es kein höchstrichterliches Urteil.

Darf ein Landrat Geld für Posten im Aufsichtsrat behalten?

Frithjof Kühn verabschiedet sich aus dem Landratsamt des Rhein-Sieg-Kreises. Nun besteht er auf Rückzahlung von mehr als 500 000 Euro. Das Geld hat er in den vergangenen Jahren als RWE-Aufsichtsrat bekommen und abgeführt. „Doch das war unter Vorbehalt“, sagt er nun.

Kommentar der WAZ vom 23.6.14 hier

Gesetz gegen Instinktlosigkeit

Die Wahl zum Landrat ist und bleibt die Eintrittskarte in den RWE-Aufsichtsrat. Es gehört zu den Amtspflichten, die Interessen des Konzerns im Sinne der kommunalen Anteilseigner zu vertreten. Die sechsstelligen Summen, die für vier Sitzungen pro Jahr fließen, gehören deshalb der Stadtkasse.

Es gibt politische Instinktlosigkeiten, die jedem Klischee über raffgierige Amtsträger neue Konturen verleihen. Ein scheidender Landrat, der sich eine halbe Million Euro RWE-Aufsichtsratsbezüge als Ruhegeld sichern will, beschädigt nicht nur seinen Ruf. ……. Mit welchen Beträgen sonst „in der Wirtschaft“ jongliert wird, tut nichts zur Sache.

Es ist richtig, dass Innenminister Jäger diese Auffassung intern schon lange vertritt. Er muss nun eine rechtliche Regelung finden, die solche politischen Instinktlosigkeiten auch ausschließt.

Mehr zu Aufsichtsratsvergütungen und Geschäftsführergehältern u.a. in

  • MBI-Antrag zur Offenlegung der Geschäftsführergehälter hier
  • lange Vorgeschichte der Geheimniskrämerei von Frau Mühlenfeld zu ihren RWE-Tantiemen hier
  • 26.2.05: “Frau OB, nun ist es amtlich: Alle bis auf 6000 Euro Aufsichtsratsgelder gehören der Stadt! Und auch ex-OP J.B. muss eigentlich zurückzahlen!” als  pdf-Datei (20 KB). Nur 6000 Euro darf ein/e OB laut erneutem NRW-Innenministerium-Erlass insgesamt behalten!