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Im Windschatten der Flüchtlingskrise

FluechtlingstreckAm Donnerstag, dem 3.9.15, war Hauptausschuss der Stadt Mülheim. Wie vielerorts gab es ein alles überlagerndes Hauptthema, die Flüchtlingsfrage. (Im Bild rechts Flüchtlinge auf dem Weg von Budapest nach Österreich).
Die Lokalmedien hatten ausnahmsweise nach langer Zeit mal wieder alle Vertreter zu der Sitzung geschickt, wahrscheinlich nur deshalb.

Per Dringlichkeitsbeschluss wurde der Saarner Kirmesplatz für ein Containerdorf mit 600 Asylbewerbern bestimmt, per Tischvorlage. Wenige Tage zuvor war im Sozialausschuss auch die kürzlich geschlossene Förderschule am Wenderfeld per Dringlichkeitsbeschluss zur Unterkunft für Flüchtlinge beschlossen worden. Im Juli war die Turnhalle der Gesamtschule Saarn mit ca. 100 Flüchtlingen belegt worden, im August wurde angekündigt, die benachbarte Turnhalle an der Ernst-Tommes-Str. demnächst als Flüchtlingsunterkunft zu nehmen. (Am Sonntag, dem 6.9., dann die Meldung der Stadt, dass die Halle für über 50 Plätze bereits ab sofort wegen der Flüchtlinge über Ungarn „an den Start geht“.) Am Tag nach der HA-Sitzung war der Presse sowie einer mail des Dezernenten zu entnehmen, dass neben der Wiederbelegung des Hildegardishauses in Broich, einem kath. Alten- und Pflegeheim, das letztes Jahr übergangsmäßig bereits als Flüchtlingsunterkunft diente, vom Bistum nun auch das ehemalige Pastor-Jakobshaus am Kuhlendahl für Flüchtlingsunterbringung bereit gestellt wird. Im HA auch davon kein Wort.

Es fällt auch Stadtverordneten schwer, auf dem Laufenden zu bleiben bei dem Stakkato von Neuerungen, mit denen auch die Stadt Mülheim auf die Dramatik der Völkerwanderung reagiert.

Dezernent Ernst erklärte ausführlich im HA, wie alternativlos diese Aktivitäten seien und Kämmerer Bonan wiederholte seinen Ruf nach mehr Geld aus Berlin und Düsseldorf. Sie ernteten viel Lob von dem Großteil der Ausschussmitglieder, die teilweise allerdings nur das wiedergaben, was aus allen Medien seit einiger Zeit auf alle niederprasselt. Und dabei will wohl niemand aus dem medial großen Konsens der Hilfsbereiten oder Gutmenschen herausfallen.
Der MBI-Sprecher wagte es, Fragen zu stellen und wurde dafür arg gerüffelt von dem Dezernenten, der bekanntlich Macher des bundesweit als vorbildlich gehandelten Mülheimer Modells der Willkommenskultur und Flüchtlingshilfe gehandelt wird.
Der MBI-Sprecher hatte sich bereits unbeliebt gemacht, als er in der Fragestunde Frau OB (in ihrer allerletzten HA-Sitzung) fragte, ob z.B. im Städtetag, wo sie immer noch im Präsidium sitzt, über eine Änderung der Zuteilungsquoten per „Königsteiner Schlüssel“ nachgedacht worden sei, um die an ihre Grenzen stoßenden Städte ggfs. etwas zu entlasten. Ziemlich widerwillig erklärte sie, das sei noch kein Thema gewesen.
Anm.: Im sog. Königsteiner Schlüssel ist festgelegt, wie die einzelnen Länder der Bundesrepublik Deutschland an gemeinsamen Finanzierungen zu beteiligen sind. Der Anteil, den ein Land danach tragen muss, richtet sich nach seinem Steueraufkommen und seiner Bevölkerungszahl. Das Steueraufkommen wird dabei mit zwei Dritteln, die Bevölkerungszahl mit einem Drittel gewichtet. Kontingentflüchtlinge und Asylbewerber werden nach dem gleichen Königsteiner Schlüssel auf die Länder verteilt.
Dieses Verfahren scheint nicht geeignet, die explodierende Zahl der Flüchtlinge sozialverträglich zu verteilen. Doch egal, die Frage war gut gemeint, passte aber nicht in die öffentliche Diskussion, bei der die Flüchtlingsströme irgendwie als eine Art von Naturkatastrophen angesehen werden, wobei jegliche Differenzierung bereits als Kritik und moralisch bedenklich abgetan wird.
Beim Punkt Kirmesplatz wagte der MBI-Sprecher es dann festzustellen, dass die rasche Abfolge von Dringlichkeitsbeschlüssen und nachfolgende Bürgerinformation das große Risiko in sich birgt, dass die bisher eher positive Stimmung in der Bevölkerung kippen könne. Der MBI-Sprecher fragte dann noch, an wieviele Container“dörfer“ nach neuestem Stand auf Mülheimer Stadtgebiet gedacht sei, und ob es nicht möglich sei, als Politik und als Bevölkerung frühzeitiger in die Diskussion über die Überlegungen der Verwaltung einbezogen zu werden. Container-HRWDann wollte er noch wissen, ob auch die provisorische Container-Hochschule in den bisherigen Untersuchungen als möglicher Standort untersucht worden sei.
Auch diese Fragen waren völlig konstruktiv gemeint, wurden aber anscheinend bereits als Kritik empfunden und deshalb mit harschen Gegenangriffen inkl. persönlicher Beleidigung beantwortet. Im Übrigen soll es nun 10 und nicht nur 7 Containerstandorte in Mülheim geben und wahrscheinlich eine Ratssondersitzung im Nov., auf der diese beschlossen werden können. Die Hochschulcontainer würden erst im April frei, kämen aber nicht in Betracht, da es die Beschlusslage gäbe, keine Flüchtlingsunterkünfte mehr in Styrum zu platzieren. Basta. (Styrum ist SPD-Hochburg, doch ein Schelm, der Böses …..!)
Ich muss schon sagen, dass ich den Eindruck hatte, völlig unerwünscht zu sein mit meinen Fragen, die ich immer noch für völlig legitim und auch angebracht halte.
Wie viele andere Menschen nicht nur in unserer Stadt macht man sich Gedanken und Sorgen, ob das gutgeht, was da auf uns zurollt und mit der Merkel-Öffnung aller Schleusen entgegen der EU-Vereinbarungen noch deutlich an Fahrt gewann. Der MBI-Sprecher hatte nicht wie andere Ausschussmitglieder das Bild des ertrunkenen kurdischen Kindes hochgehalten oder sonstwie seine menschliche Betroffenheit durch salbungsvolle Worte in den Vordergrund gestellt, das aber war anscheinend wohl das einzig Erwünschte und wer das nicht tat, sollte zumindest schweigen oder besser noch ganz verschwinden.
Es versteht sich schon fast von selbst, dass die Lokalmedien von den o.g. Fragen nichts erwähnten.
Überhaupt wird man den Eindruck nicht los, dass die Flüchtlingsdramen und ihre Bewältigung auch als willkommene Ablenkungsmanöver genutzt werden, um nicht mehr so viel über sonstiges Versagen oder Dilettantismus, Filz und Vetternwirtschaft, Verschwendungssucht oder Ausverkauf öffentlicher Güter reden zu müssen. In Mülheim hat sich die Verwaltung fast vollständig verselbständigt, und zwar nicht nur in der Flüchtlingsfrage, und der Großteil der Lokalpolitiker scheint das gut zu finden. Und die Medien begleiten das mehr als wohlwollend.

Im Windschatten des Run von Hunderttausenden nach Deutschland, der medialen Dauer-Begleitmusik und der quasi-Notstandspolitik auf allen staatlichen Ebenen droht der ohnehin schwächelnden Demokratie eine nicht unbedenkliche weitere Aushöhlung. Die Herrschenden scheinen das nicht mitzubekommen oder gar nicht mitbekommen zu wollen, sind sie doch bestens medial dauervertreten als die angeblich vorbildlichen Krisenmanager.

Fast der gesamte Rest der EU-Staaten war übrigens wenig begeistert oder gar entsetzt von dem deutschen Sonderweg. Nach dem unüberlegten „Wir schaffen das“ der Kanzlerin, was auch der Mülheimer Sozialdezernent bereitwillig nachplapperte, kam bereits 1 Woche nach „Deutschland einig Helferland“ (Bild-Überschrift) und nach 63.000 Neuankommenden nur in München in knapp 2 Wochen der Versuch der Schadensbegrenzung mit Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu Österreich. Egal, ob das noch rechtzeitig war oder nicht: Die wirklichen Probleme dieser Massenzuwanderung kommen noch, denn Integration ist kein einfaches Unterfangen. Angela Merkel als eine Art heilige Johanna der Flüchtlinge hat wahrscheinlich der EU und dem Großteil ihrer eigenen Bevölkerung einen Bärendienst erwiesen, warum auch immer. Auch der mainstream der Medienlandschaft muss aus dem hype um das erneute Sommermärchen Deutschland, das aber dieses Mal keines war, wieder auf den Boden kommen.
P.S.
Am Sonntag nach dem HA hat die scheidende OB Ehrenringe zu Hauf verliehen, u.a. an Frau Kraft und deren Kabinettskollegin Steffens. Und Frau OB warb in ihren Lobeshymnen dafür, dass sich mehr Menschen in der Gremiendemokratie engagieren. WAZ: „Mülheimer OB wirbt für Einsatz in der Kommunalpolitik- OB Dagmar Mühlenfeld kritisiert bei der Ehrenring-Verleihung die „Stimmungsdemokratie“. Ihr Appell: Engagiert Euch in der Kommunalpolitik!“ nachzulesen hier. Die Wahlbeteiligung an der OB-Wahl 1 Woche später lag bei knapp über 35% und damit 15% unter der Wahlbeteiligung vor 1 Jahr zur isolierten Kommunalwahl.
Irgendwie lebt die bald ex-OB wie große Teile von Politik und Medien anscheinend in einer anderen Welt als ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung, der sich nicht zuletzt in der Flüchtlingsfrage übergangen fühlt, aber sich meist nicht mehr traut, öffentlich etwas zu sagen aus Furcht, dann gleich in die rechte Ecke gestellt und in die Pfanne gehauen zu werden.

Milliardengeschäfte der Flüchtlingsindustrie

Die Flüchtlingsindustrie hat viele Facetten und Gewinnler, nicht nur die berüchtigten Schleuserbanden, die Einreisewillige ins „Gelobte Land“ auch massenhaft über facebook u.ä. rekrutiert oder schwunghaften Handel mit gefälschten syrischen Pässen betreibt und Milliarden kassiert, vgl. u.a. WAZ vom 11.9.15: „So frech werben Schleuser in Facebook für ihre Passagen“ hier,  auch die Containerbaufirmen, manche Hoteliers, Sicherheitsfirmen, große Teile der Sozialverbände und nicht zuletzt die Bau- und Immobilienbranche. Im eigentlich eher problembeladenen Duisburg verdienen sich private und städt. Immobilienhändler goldene Nasen wie sehr lange nicht, wie einem WAZ-Bericht am 12.9. zu entnehmen war, vgl. „Das Geschäft der Vermieter mit den Flüchtlingen in Duisburg“ hier. In Städten mit weniger Leerstand dürfte das Problem noch gravierender sein.
Weil in vielen Kommunen real Ausnahmezustand herrscht, ist auch die lokale Demokratie de facto nahezu außer Kraft gesetzt. Die Verwaltungen handeln praktisch völlig eigenmächtig und nahezu unkontrolliert, was logischerweise Günstlingswirtschaft bei der aufblühenden Flüchtlingsindustrie zumindest befördert.
Auf Landes- und Bundesebene wird zudem an „Ermächtigungsgesetzen“ u.a. im Baurecht gebastelt, um der großen Herausforderung durch die immensen Flüchtlingsströme auch in Zukunft Herr zu werden.

Mehr auch in

  • 13.9.15: WAZ: „Flüchtlingskrise – Regierung macht wegen Flüchtlingen Grenzen vorläufig dicht“, hier.
  • 12.9.15: WAZ Duisburg “Das Geschäft der Vermieter mit den Flüchtlingen in Duisburg” hier
  • 8.9.15: Deutschlandfunk: Interview mit einem brit. Politologen: “Deutschland und die Flüchtlinge “Wie ein Hippie-Staat von Gefühlen geleitet” hier
  • 8.9.15: FAZ-Kommentar: „Alles ganz anders?“ zum Freudentaumel über Deutschland einig Helferland hier
  • Mai 15: Asylrecht abschaffen? Statt dessen regulierte Einwanderung und Flüchtlingskonventionen? hier