Anfang Jan. hatte Frau Mühlenfeld als Sprecherin der 20 überschuldeten Städte „Raus aus den Schulden“ in der Bildzeitung gewarnt: „Vielen NRW-Kommunen steht das Wasser höher als bis zum Hals.“ Und sie fürchtete: „Fehlende staatliche Unterstützung macht die Bürger gewalttätig.“ Mehr hier
Am Donnerstag, dem 10. Juni 2010, war NRW-Städtetag in Neuss. Motto „Städte in Not – Leistungen für die Bürger erhalten“. Am Schluss wurde die „Neusser Erklärung“ verabschiedet, worin die überschuldeten Städte mehr Geld, keine zusätzlichen Aufgaben ohne entsprechende Finanzierung und Entschuldungshilfen für bereits chronisch bankrotte Städte aus dem Ruhrgebiet und dem Bergischem Land. Alles nicht gerade neu, wenn auch in der Dramatik bedrohlich wie nie zuvor seit Kriegsende. Nichts belegt das drastischer als die schwindelerregende Explosion der Kassenkredite, in den NRW-Kommunen alleine bereits 17,3 Milliarden von bundesweit 34,8 Mrd., also 50%!
Jetzt hätte man erwarten können, dass der NRW-Städtetag außer diesem Appell, der fast identisch auch schon vor 5 oder mehr Jahren verabschiedet wurde, konkrete Schritte besprechen würde, wenn 90% seiner Mitgliedskommunen das Wasser bis zum Halse steht und bereits mehr als einem Drittel der NRW-Städte noch weit darüber!
Also z.B. so: Wenn der Soli Ost für bankrotte Städte nicht umgehend geändert wird, stoppen wir die Zahlung oder nur noch auf ein Sperrkonto oder was auch immer. Doch: Fehlanzeige! Anstelle dessen „ …. und einheitsbedingte Lasten sind wesentliche Ursachen der strukturellen Unterfinanzierung. Zusammen mit den genannten Entwicklungen macht dies die kommunale Finanzsituation aussichtslos.“ heißt es in der Neusser Erklärung und das wars dann. Gut gebrüllt Löwe, aber nur hinter verhohlener Pfote, könnte man sagen.
Genauso ist es mit anderen Punkten wie Wohnungszuschüssen bei Hartz IV, SGB oder Wohngeld, Zuschüssen für Kinderbetreuung, uswusf..
Wenn die Lage so aussichtslos ist, wie in der Erklärung beschrieben und beschlossen, dann hätten die Städte z.B. ganz oder teilweisen Boykott neuer oder auch alter Leistungen bei Unterfinanzierung durch den Auftraggeber Land oder Bund androhen müssen. Wollte aber anscheinend keine/r der wichtigen Leute aus den Parteien.
Warum nur? Wollten sie sich mit ihren Landes- und Bundesoberen nicht anlegen oder warum diese Zurückhaltung, wenn die Lage so dramatisch und ansonsten „aussichtslos“ ist?
Warum herrscht so eine parteiübergreifende Einigkeit in der Riege der gesamten NRW-Oberbürgermeister/innen, derart lammfromm auftreten zu sollen?
Man kann darüber spekulieren, ob die OB`s sich ihrer jeweiligen Partei gegenüber mehr verpflichtet fühlen als gegenüber den Bürger/innen ihrer Städte, die in NRW in größerer Zahl mit dem Rücken zur Wand stehen oder nach eigenem Bekunden bereits dahinter gestürzt sind!
Doch es gibt auch noch einen anderen Aspekt, der auf dem Städtetag quasi-tabu war. Die Frage nämlich, ob und inwieweit es auch selbstverschuldete Aspekte des Finanzdebakels der Kommunen gibt, wurde nicht gestellt. Städtetag-Geschäftsführer Articus machte zu Beginn deutlich, die Kommunen hätten seit Jahren ihren Beitrag geleistet und sogar mehr als das. Also kein Thema und alle im Podium waren froh. Da hat z.B. Frau Mühlenfeld ihr Mülheimer Ruhrbania-Debakel, Herr Sauerland in Duisburg seine Kölbl-Kruse-Saga, der Bonner Vertreter den Wahnwitz mit dem Dickmann-Erbe und dem betrügerischen Koreaner, der neue Kölner OB neben den hunderte Messe-Millionen auch noch sein U-Bahn-Bruchstück, der Aachener u.a. seine Kaisergalerie uswusf…..
Und weil etliche dieser Kirchturmsfürsten und –innen bis heute ähnlich sorglos mit öffentlichen Geldern umgehen, wenn es um ihre Prestigeprojekte geht, wie ihre Länder- oder Bundeschefs das tun und taten, wissen sie anscheinend auch nicht so richtig, wie sie denen gegenüber glaubhaft Forderungen stellen könnten, oder? Die Mülheimer Frau OB Mühlenfeld z.B. ist als Sprecherin von „Raus aus den Schulden“ für 20 überschuldete Städte wenig glaubwürdig, um bei Land und Bund mehr Geld für die Kommunen zu bekommen, da sie das eigene Haus in völlige Unordnung brachte! Da gibt es u.a. die unfassbare Geldverschwendung für die kränkelnde „heilige Kuh“ Ruhrbania, die per se auch noch keine Milch geben will!! Mehr hier
Jedenfalls war der NRW-Städtetag in der mehr als misslichen Lage der meisten NRW-Städte wenig hilfreich. Kein Zufall, dass auch fast nichts in den Medien erschien. Warum auch.
Kurzum: Eine wirklich völlig vertane (oder verpatzte?) Chance, just, wo es noch keine neue NRW-Regierung gibt!
Also demnächst doch die „Aufstände a.d. Ruhr“,
mit denen Frau Mühlenfeld über Bildzeitung gedroht hatte?
- Ratloser NRW-Städtetag: „Städte in Not – Leistungen für die Bürger erhalten!“ Lammfromm – aber warum?, NRhZ 16.6.10