Im überregionalen Teil der NRZ und nicht lokal war am 23. Feb. 2011 untenstehender Artikel „Bibbern im Rathaus“ zu Mülheim zu finden. Doch das angebliche Bibbern im Mölmschen Rathaus war nicht, wie man vermuten könnte, weil der RP als Finanzaufsicht der bankrotten Stadt Mülheim endlich seine lange überfällige Bewertung des Haushalts 2010 geschickt hätte. Danach muss Mülheim mit einem 100 Mio.-Haushaltsloch dann „nachträglich“(!) für 2010 in den Nothaushalt kommen. Man hätte erwarten können, dass wegen derartiger Unseriösität das Mölmsche Rathaus ins Bibbern geriete. Doch weit gefehlt.
Um 2 Grad sei die Temperatur im Mülheimer Rathaus am „Dicker-Pulli-Tag“ gesenkt worden, wird behauptet. Damit ist dann Mülheim mal wieder Vorreiterstadt, eben als selbsternannte Klimastadt, die sich sogar ein eigenes Klimabüro leistet und zusätzlich auch noch ein konkurrierendes agenda-Büro, das die gleiche Problematik bearbeitet. Die NRZ transportiert die Botschaft von der angeblichen Klimaschutzstadt Mülheim auch brav landesweit. Was will man/frau also mehr? Wird sich Frau Kraft aber freuen, dass sie zu Hause derartig tatkräftige Unterstützung zur CO2-Reduzierung erhält, so dass die Landes-SPD dann doch noch die neuen Kohlekraftwerke zulassen kann, weil die Bürger dem Mülheimer Beispiel gerne folgen und nach der Devise „Pulli an und Heizung runter“ Neurath, Datteln, Krefeld und andere CO2-Schleudern neutralisieren.
Doch: 2 Wermutströpfchen hat das ganze:
- Bis heute ist Mülheim leider nur RWE-Stadt und was Klimaschutz angeht keine Vorbildstadt. Kaum eine Großstadt hat noch soviel Nachtspeicherheizungen wie Mülheim. So wird das RWE seinen Braunkohlestrom auch zu hohen Preisen noch los, denn diese Kunden können schwerlich den Anbieter wechseln. Außerdem gibt es in Mülheim keine Stadtwerke und dass das so bleibt, dafür setzt sich die OB als RWE-Aufsichtsrätin kräftig ein. Fast wäre sogar der Coup mit der vorzeitigen Verlängerung der Stromkonzession mit dem RWE geglückt, womit auch Kooperationslösungen verschiedener Städte verunmöglicht worden wären, denn Mülheim liegt mitten drin.
- Das Mülheimer Rathaus wurde für Ruhrbania z.T. abgerissen (siehe rechts, der Neubau) und der verbliebene denkmalgeschützte Teil wird für bisher bereits schlappe 42 Mio. per Umwegfinanzierung saniert. Seit März 2009 gibt es also kein Rathaus, in dem außer Bauarbeiter oder –firmen bibbern könnten. Die Stadt hat für mind. 5 Mio. € überall im Stadtgebiet Ersatzräume angemietet, teilweise Etagen oder Anbauten usw. Damit wird insbesondere in der Mülheimer Innenstadt der dramatische Leerstand zwar etwas kaschiert, doch ist es unwahrscheinlich, dass in allen 1001 Rathausersatzstellen die Temp. auf nur 18 Grad gestellt worden war. Auch die Pulli-Ausgabe für frierende aushäusige Rathäusler/innen ward in etlichen Gebäuden nicht gesehen. Im sog. techn. Rathaus, dem umgebauten ex-Wohnturm für Sozialen Wohnungsbau, war die Temp. zudem nicht merklich kühler, sondern mollig warm, zumindest in den Zimmern von Amtsleitern oder Dezernentin.
Kurzum: Der folgende NRZ-Artikel klingt nett, ist aber mit den Mülheimer Realitäten so schwer vereinbar, vgl. Baustelle Rest-Rathaus links. Macht aber nix, denn viele Städte könnten dem guten Beispiel der „Dicke Pulli Stadt“ folgen, selbst wenn die es selbst nicht vormachen kann. Und das wäre auch schon was!
Und nicht zu vergessen der Schlußsatz des gesamten NRZ-Artikels, quasi als Fazit der zuständigen Mülheimer extra-Klimaschutzfrau: „Dadurch, dass viele Angestellte in Mülheim wohnen, nehmen sie diese Praktiken auch mit nach Hause und wenden sie an.“ Der Begriff „Klima“ ist für Susanne Dickel dabei mehr als nur meteorologisch geprägt: „Wir müssen auch am zwischenmenschlichen Klima arbeiten.“
Wie recht sie hat, Frau Susanne Dickel von der städtischen Mülheimer Initiative für Klimaschutz, die das leerstehende Prüssmann-Geschäft gegenüber dem leeren Rathaus mit Leben füllen durfte. Zwischenmenschlich, insbesondere vom „Rathaus“ gegenüber den Bürgern, liegt nämlich Mülheim so um den Gefrierpunkt. Da würde weniger Arroganz und Ignoranz, dafür mehr Transparenz die Kühle dann doch erwärmen – zwischenmenschlich, versteht sich. Zur Verbesserung des privaten zwischenmenschlichen Klimas in der selbsternannten Klimastadt hilft übrigens oft weniger ein dicker Pulli als einfach mehr Kuscheln.
P.S.: Der NRZ-Artikel unten wurde auch zumindest ins lokale Mülheimer Netz von der Westen.de gestellt, aber mit anderer Überschrift, nämlich „Stadtverwaltung Mülheim drehte für einen Tag die Heizung runter“
- Die Entscheidung im Wettbewerb “InnovationCity” ist gefallen: Bottrop hat sich mit seinem Konzept durchgesetzt. Frau Mühlenfelds Serie der selbsternannten “Zukunfts”projekte fast im freien Fall? hier
- Wunschbanania im Trümmerfeld? hier
- MH-Rathaus-Ratlos? hier
- RWE-Stadt Mülheim/Ruhr: “Ein Dorf der Mächtigen und Klugen?” hier
- Stadtwerke auch in Mülheim für die kommunale, besser noch regionale Daseinsvorsorge! hier
- Vorzeitige Stromverträge für Mülheim als RWE-Stadt auf Ewigkeit vorerst vereitelt! hier
NRZ-Das Land, 23.02.2011, Simon Rahm
Energie : Bibbern im Rathaus
Mülheim. Symbolischer „Dicker-Pulli-Tag“: Die Mülheimer Stadtverwaltung drehte für einen Tag die Heizung runter, von 20 auf 18 Grad. Ziel ist es, die Mitarbeiter auf Themen wie Energiesparen und CO2-Verbrauch aufmerksam zu machen
Zu kalt, zu heiß? Die Frage nach der richtigen Raumtemperatur ist eine wohl nie versiegende Quelle für Diskussionen. Vor allem in Bürogebäuden geraten Arbeitskollegen immer wieder bei der Frage aneinander, ob die Heizung nun auf „4“ oder „2“ stehen soll. ……….
Celina Schneider und Lisa Kirsching, die Empfangsdamen des Rathauses an der Ruhrstraße, nehmen dieses Angebot dankbar fröstelnd an. „Die beiden sitzen in unmittelbarer Nähe der Eingangstür“, bemitleidet Stadtsprecher Volker Wiebels die zwei Frauen. „Dort ist die Temperatur natürlich um einiges niedriger als 18 Grad.“
Nachhaltige Verbesserung
Für Susanne Dickel von der Mülheimer Initiative für Klimaschutz bedeutet der „Dicker-Pulli-Tag“ im Rathaus auch eine Chance, das Klima in der gesamten Stadt nachhaltig zu verbessern: „Dadurch, dass viele Angestellte in Mülheim wohnen, nehmen sie diese Praktiken auch mit nach Hause und wenden sie an.“ Der Begriff „Klima“ ist für Susanne Dickel dabei mehr als nur meteorologisch geprägt: „Wir müssen auch am zwischenmenschlichen Klima arbeiten.“