29.11.11: Nach 9 Monaten Geheimniskrämerei und dreier Gutachten für insgesamt ca. 230.000 € wurde in Mülheim ein ÖPNV-Optimierungskonzept vorgelegt, das seinen Namen kaum verdient. MBI-Stellungnahme dazu auf dieser Seite. Im September hatten die MBI Prof. Monheim zum Thema „Bus statt Bahn-Kürzen ohne Plan“ in Mülheim zu Gast. Nun schaltete sich auch die Bezirksregierung (RP) ein, z.T. ganz im Sinne dessen, was die MBI fordern. Richtig so! Dabei haben Stadtspitze und Verwaltung behauptet, der RP hätte Zustimmung signalisiert zur geplanten Stillegung der 110 und Umverteilung von Fördermitteln für „Beschleunigung der 110“ (wesentlich für Ruhrbania-Baulos 1 und Hauptfinanzierungsbestandteil!!) auf ein Stück umgeleitete 104 auf der 110-Trasse. WAZ: “Bezirksregierung rüffelt Mülheim für ÖPNV-Zustand”.
MBI-Stellungnahme zum
ÖPNV-„Optimierungs“konzept der Stadt Mülheim:
Der Elefant kreißte heimlich und gebar ein Mäuselein, was aber auch noch nicht ganz geklärt ist?!
- MBI-Stellungnahme zum städt. Konzept für die ÖPNV-„Optimierung“ und MBI-Vorschläge zur Attraktivierung des öffentlichen Nahverkehrs insgesamt als pdf-Datei (50 KB)
Insgesamt leider kein großer Wurf, weder finanziell noch zur Attraktivierung des ÖPNV, im Gegenteil:
Das „Konzept“ ist unausgegoren mit kontraproduktiver Vorgehensweise und einer Bürgerbeteiligung als Farce!
Die MBI lehnen die Stilllegung eines großen Teils der Straßenbahnstrecke von Styrum bis Flughafen ab, fordern eine Taktverbesserung der 901 und die Verlängerung der U 18 bis zum Betriebegelände Broich (Zentrum Alte Dreherei, Ringlokschuppen und zukünftige FH) und sie befürworten das Buskonzept der Piratenpartei vom Grundsatz her!
Die Vorlage V 11/0829-01 vom 31.10.2011 behandelt auf 77 Seiten die „ÖPNV-Liniennetzoptimierung“, woran die Stadt „nur“ eineinhalb Jahre gebrütet hat und viel Geld für 3 Gutachten dazu ausgegeben hat. Prof. Monheim machte auf der MBI-Veranstaltung im Sept. “Bus statt Bahn – Kürzen ohne Plan?” deutlich, dass der Mülheimer Kurs sich gegen alle sonstigen Trends im Bereich des für eine Klimawende sehr wichtigen Mobilitätskonzeptes bewegte. Nun haben die Mülheimer Planer ein Konzept auf Kompromissbasis vorgelegt. Einspareffekt wenig mehr als die Gutachterkosten und mit unbekannten Risiken behaftet. Vorab aber muss man feststellen, dass der Widerstand sowohl in Broich wie in Dümpten sich gelohnt hat und erfolgreich war. An die Endäste der Linie 102 hat man sich nicht mehr heran getraut. Und das ist gut so.
Zu den ÖPNV-Plänen hier die wesentlichen MBI-Standpunkte:
0) Vorbemerkungen:
Der öffentliche Nahverkehr im Ruhrgebiet ist im Vergleich zu den meisten vergleichbaren Metropolen extrem zuschussbedürftig, relativ wenig attraktiv und oft kaum benutzerfreundlich. Mülheim macht da keine Ausnahme.
Ziel aller geänderten oder neuen Konzepte muss es also sein, mehr Fahrgäste in den ÖPNV zu bekommen, weil auch nur so der Zuschussbedarf wirklich reduziert werden kann.
I. Zum Verfahren und der Beteiligung der Bürger bzw. Nutzer
Das Verfahren bis zur Vorlage des o.g. Konzeptentwurfs war alles andere als ein Rumesblatt und eher kontraproduktiv. Erst passierte monatelang nichts und das 1. Gutachten blieb unter Verschluss, obwohl Grundlage für die zugehörige HSK-Maßnahme. Dann sollte die erst im Okt. beschlossene Maßnahme scheibchenweise in Nov. und Jan. beschlossen werden. Nachdem Ende Jan. alles (Vorverlegung Nachtnetz, Abkappung der Linie 102) als nicht durchsetzbar erwies, sollte eine größere Lösung inkl. Bürgerbeteiligung her. Doch dann folgten 9 Monate Geheimniskrämerei und 2 weitere Geheimgutachten. Im Nov. soll das vorgelegte Konzept in die BV`s und den Wirtschaftsausschuss und danach in 3 Bürgerversammlungen. Der Rat im Dez. soll dann endgültig entscheiden.
Irgendwie alles verquer: Warum wurde das Gespräch mit den Bürgern nicht vor den Beratungen in den Fachausschüssen gesucht? So ist diese halbherzige Bürger“beteiligung“ eine Farce. Wie sollen denn so z.B. Bürgervorschläge mit einfließen können? Dafür, dass es sich beim ÖPNV um hochgradig öffentliche Angelegenheiten handelt, ist die langwierige Geheimniskrämerei und die nachträgliche Bürgerinformation (Beteiligung kann man das nämlich nicht nennen!) eher erbärmlich! Das Ergebnis – egal was beschlossen wird – wird so über den Köpfen der Betroffenen entschieden und erhöht deshalb die Akzeptanz nicht, eher im Gegenteil. Diese Art des Verfahrens ist auch nicht geeignet, das Ansehen des ÖPNV zu steigern. Mehr auch hier
- 21. November 2011: Bürgerversammlung zum Konzept der ÖPNV-Liniennetzoptimierung für den Bereich der Bezirksvertretung 1 (Stadtmitte, Altstadt, Eppinghofen, Holthausen, Menden, Raadt und Fulerum) ab 18 Uhr in der Realschule Stadtmitte
- 22. November
Bürgerversammlung zum Konzept der ÖPNV-Liniennetzoptimierung für den Bereich der Bezirksvertretung 2 (Mellinghofen, Winkhausen, Dümpten und Styrum) ab 19 Uhr in der Gustav-Heinemann-Gesamtschule - 24. November
Bürgerversammlung zum Konzept der ÖPNV-Liniennetzoptimierung für den Bereich der Bezirksvertretung 3 (Broich, Speldorf, Saarn, Selbeck und Mintard) ab 18 Uhr in der Hauptschule Frühlingstraße
II. Straßenbahnlinien:
Grundsätzlich gilt, dass in Ballungsräumen Straßenbahnlinien aus ökologischer und fahrgastfreundlicher Sicht erhalten und nach Möglichkeit noch ausgebaut werden sollten, und zwar nur oberirdisch. Straßenbahnen sind der effektivste und attraktivste Teil jedes oberirdischen ÖPNV-Netzes. Dass im polyzentrischen Ruhrgebiet auch dabei der städteübergreifende Blick viel mehr in den Vordergrund gestellt werden muss, sollte ebenfalls Standard werden.
Das vorgeschlagene „Optimierungskonzept“ will die Linie 110 ganz stilllegen, die 112 ab Kaiserplatz auf der heutigen 104-Strecke verlängern bis Hauptfriedhof und die 104 von der Zentralen Haltestelle in Zukunft über die Friedrichstr. nur bis zur Werthgasse als Endhaltestelle führen.
Dazu vorab: Die MBI bedauern, wenn die gesamte Linie 110 wegen mangelndem Fahrgastaufkommen eingestellt wird. Ist eine Straßenbahnstrecke einmal stillgelegt, wird es teuer und problematisch, sie jemals wieder zu eröffnen. Es ist bedauerlich und bezeichnend, dass die diversen Gutachten keinen einzigen Auftrag enthielten, wie die 110 besser ausgelastet werden könne.
Doch: Selbst wenn man akzeptiert, dass die 110 ganz durch eine Buslinie ersetzt würde, sind die weiteren o.g. Maßnahmen kein ausgereiftes und zukunftsträchtiges Konzept, denn
- Sind die Rückzahlungen für die „Beschleunigung der Linie 110“ ungeklärt, mit der bekanntlich erst vor kurzem ein ganzer Teil von „Ruhrbania-Baulos 1“ finanziert wurde. (Es zeugt zudem nicht gerade von vorausschauender Planung, eine StraBa-Linie erst teuer zu beschleunigen, um sie dann stillzulegen!)
- Wären die Haltestellen von Kaiserplatz bis Hauptfriedhof für eine Verlängerung der 112 alle umzubauen auf Niederflurfahrzeuge, wofür aber keine Kosten in der Vorlage zuzuordnen sind. Noch grundsätzlicher muss angezweifelt werden, ob die Fahrzeuge der 112 überhaupt für das steile Gefälle die Kaiserstr. hoch geeignet sind.
- Wäre es städtebaulich kontraproduktiv, die Straßenbahn von Hauptfriedhof zum Flughafen ganz aufzugeben, wenn am Flughafen noch ein großes Gewerbegebiet (B-Plan H 18) entstehen soll!
- wäre die Aufgabe auch der Schienenstrecke von Werthgasse bis zum Oppspring ein kurzsichtiger Fehler, der kaum wieder korrigierbar sein würde.
Die MBI fordern deshalb:
- Klärung der trotz mehrfacher Gutachten ungeklärten Fragen zur 110 und 112 (s.o.)
- Je nach Klärung der Fragen zur 112 ergeben sich folgende 2 Varianten bzw. Möglichkeiten (immer in der Annahme der Ersetzung der 110 durch eine Buslinie):
a) wenn die vorgeschlagene Verlängerung der 112 machbar und finanzierbar sein sollte, könnten die MBI dem zustimmen, aber nur, wenn dafür die 104 auf der Strecke der heutigen 110 bis zum Flughafen fahren würde
b) wenn die Verlängerung der 112 zu problematisch sein sollte, schlagen die MBI vor, die 104 weiter die Kaiserstr. bis zum Flughafen fahren zu lassen und die 112 mindestens bis Werthgasse zu führen
Unabhängig davon sind die MBI
- für eine Taktverbesserung der 901 nicht erst zur Eröffnung der FH, sondern jetzt
- für die geplante Straßenbahnlinie nach Saarn, allerdings
a) dann auch bis zur Saarner Kuppe und nicht nur bis Straßburger Allee b) keine Stilllegung des Astes der 102 von Holzstr. bis Uhlenhorst bei einer Bahn nach Saarn - Verlängerung der U 18 bis auf das Betriebegelände als Endhaltestelle für die zukünftige FH, den Ringlokschuppen und das „Haus der Vereine“ in der Alten Dreherei
III.) Busnetz
Vom Grundsatz her befürworten die MBI das von den Piraten ausgearbeitete Konzept für ein benutzerfreundlicheres Busnetz. Die MBI werden sich dafür einsetzen, dass das Piratenkonzept zum Zielkonzept für den Mülheimer ÖPNV wird, wobei Einzelheiten logischerweise noch auf die Umsetzbarkeit geprüft werden müssen. Zusätzlich schlagen die MBI die Änderung der Linie 151 über die Gracht, Haltestelle U 18, vor bei 20-Minutentakt. Und eine zukünftige Buslinie 110 muss am Ruhrstadion oder am Ruhrpark in Alstaden beginnen, Schloss Styrum/Aquarius passieren und von Friedrich-Ebert-Straße über Sand-/ Aktien/ Eppinghoferstr. zum Hauptbahnhof fahren zu lassen, nicht über den Tourainer Ring!
Beim unübersichtlichen Buskonzept der Grünen werden die MBI keineswegs der vorgeschlagenen Änderung der Linienführung des 122er Busses zustimmen. Diese städteübergreifende Verbindung muss so bleiben, wie sie auch gut funktioniert.
Der Vorverlegung des Nachtnetzes um 1 Stunde auf 22.30 Uhr werden die MBI ebenfalls nicht zustimmen. Es ist dabei notwendig, das Mülheimer Nachtnetz endlich mehr mit allen Nachbarstädten gleich beginnen zu lassen und überhaupt besser zu koordinieren. Die MBI könnten allenfalls einer Vorverlegung auf 23 Uhr zustimmen, um so zur gleichen Zeit wie Oberhausen auf Nachtnetz umzusteigen.
Mehr auch in
- Dez. 10: Das MVG-Nachtnetz und andere Mölmsche Seltsamkeiten bei der ÖPNV-Liniennetzoptimierung hier
- Jan. 11: Kappung Straßenbahn 102 vom Tisch! Konzeptlose ÖPNV-Pläne!?! hier
- Feb./März 11: Busse statt Bahnen? Konzeptlose Geheimniskrämerei zum ÖPNV per Gutachteritis!?! hier
- Juni 11: Transparenz und Buergernähe auch beim ÖPNV nur Fremdworte? hier
- Sept. 11: Bus statt Bahn-Kürzen ohne Plan hier
- Nov. 11: MBI-Stellungnahme zum städt. Konzept für die ÖPNV-„Optimierung“ und MBI-Vorschläge zur Attraktivierung des öffentlichen Nahverkehrs insgesamt als pdf-Datei (50 KB)