Das Mülheimer Immobilien-Haifischbecken und
die vertanen Chancen der Stadtentwicklung …..
Im Rat am 25.6.2015 wurde die Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich Düsseldorfer Str./Kassenberg eingeleitet. Der WAZ-Artikel „Auf Lindgensareal sollen Wohnraum und Kleingewerbe entstehen“, nachzulesen hier, berichtete davon, nachdem die Pläne in der BV 3 am 11.6. erstmals vorgelegt wurden. Im Artikel selbst geht es aber auch um Halbwahrheiten und Geschichtsklitterung im Sinne der üblichen Mülheimer Immobilienhaie. Deshalb zur Erinnerung an die Vorgeschichte dieser städtebaulich höchst attraktiven Flächen in Kürze:
Die unsäglich peinliche Diskussion in 2009 um den Standort der Fachhochschule hatte zumindest den Nebeneffekt, dass die altindustriellen Flächen von Lindgens, Ibing und Rauen am Kassenberg in den öffentlichen Fokus gerieten. Rechts im Bild die FH-Variante auf dem Lindgens-Gelände. Das Lindgens- oder das Rauen-Gelände wurden als mögliche FH-Standorte von der Stadtspitze und der Ratsmehrheit aber massiv und mit Haken und Ösen bekämpft, weil sie hofften, das zu kleine und hoch problematische Ruhrbania-Gelände zwischen Eisenbahn- und Nordbrücke mit der FH auf Kosten des Landes umwandeln zu können. (Erst jetzt(!), Anfang Juni 2015, wurde endlich der Einstieg in den Ausstieg aus diesen Luftschlossplänen beschlossen!). Ob des widerlichen Streits in Mülheim entzog das Land damals der Stadt die Standortentscheidung, wählte aber auch deshalb den etwa im Vergleich zum Lindgens-Gelände nur suboptimalen Standort Duisburger Straße von MWB, Hoffmeister und Sparkasse. Zur Erinnerung auch
- MBI-Faltblatt 9/09: ”Mülheim pur, in Dallas a.d. Ruhr? Das hochnotpeinlich blamable FH-Theater und Bonans geschöntes Haushaltsloch” als pdf-Datei (183 KB)
- Okt. 09: FH-Durcheinander hat ein Ende. Riesenblamage für Mülheim! hier
Erst grollte man/frau Lindgens ob der attraktiveren Konkurrenz und wollte jede weitere Entwicklung am Kassenberg blockieren.
Unabhängig von den peinlichen Geschichten um den FH-Standort hatte Lindgens nämlich Hochtief engagiert, um für seine spannende und sehr attraktive Industriebrache ein Konzept zu erarbeiten. Die MBI griffen das auf und beantragten Mitte 2010, Ibing und Rauen mit einzubeziehen und damit die gesamte Mülheimer Baupolitik umzuorientieren. Hochwertiges Wohnen auf den Brachen in Broich und dafür die vielen schädlichen Baupläne im Außenbereich oder in sensiblen Flächen aufzugeben, und zwar sowohl in Außenbereichen wie an Tilsiter-, Bergerstr. oder an Schlippen- bzw. Hantenweg, als auch bei bedenklicher Verdichtung in Innenbereichen wie am Fänger-, Mariannen- oder Fünterweg und vor allem der endgültige Verzicht auf die geplante Wohnbebauung im Ruhrbania-Bereich zwischen Eisenbahn- und Nordbrücke (Baufelder 3,4,5), wo bekanntlich noch die intakten Gebäude von Gesundheitshaus, AOK und ehemaligem Arbeitsamt dafür abgerissen und Ersatz gefunden hätte werden müssen. Die SPD blockierte den MBI-Vorstoß, weil sie um Ruhrbania und das MWB+Hoffmeister-Projekt Ruhrbania-Baufeld 2 fürchteten, aber auch, um Lindgens zu schaden. Dann schwenkte einige Zeit später urplötzlich die SPD-OB um und sie verkündete die MBI-Vorschläge als ihre. So konnte sie 2010 auf der Expo-Real in München überhaupt noch etwas präsentieren und das (Pläne für Lindgens- und Rauen-Gelände) war dort dann der ganz große Renner. Danach lockerte die SPD ihre Blockade und die Pläne wurden als grobe Zielvorstellung (Bereichsplanung) am 1.2.11 beschlossen. Da-nach wollte Hochtief das Gelände erwerben, doch niemand konnte oder wollte ihnen irgendeine Sicherheit geben, dass die Planungen nicht von Mölmscher Politik oder/und Verwaltung blockiert oder arg gestutzt würden.
Und da trat „urplötzlich“ das übliche Konsortium Sparkasse+MWB+Hoffmeister wieder aufs Spielfeld und bot Mitte 2011 vielleicht einen besseren Preis, vor allem aber die Garantie, politisch alles im Griff zu haben. Und so gehört mit dem Lindgens-Gelände zwischen Kassenberg und Ruhr seither auch diese spannendste Fläche für Stadtentwicklung in Mül-heim den gleichen wie an vielen anderen Stellen auch. Mehr auch in
- „Bazillus spezialdemokratus filzikus Mülheimiensis“ vom 30.6.2011 hier
Dann tat sich jahrelang nichts mehr, sicherlich hauptsächlich, weil der MWB erst seine Ruhrba-nia-Klötze gesichert haben wollte, was zwischenzeitlich arg ins Trudeln gekommen war, als Hoffmeister dort absprang und Heine in Insolvenz ging. Mit dieser Blockade waren leider aber auch alle MBI-Absichten vom Tisch, eine insgesamt stadtverträglichere Baupolitik zu beginnen.
Jetzt in 2015, wo Baufeld 2 mit viel Verspätung fast fertig ist, wird die Änderung des Flächennutzungsplans für den Kassenberg eingeleitet, wobei aber die Ibing-Ruine und der Steinbruch Rauen ganz außen vorgelassen werden, halt nur im Sinne der üblichen Mülheimer Immobilienfirmen SpK+MWB+Hoffmeister, wie gehabt an vielen Stellen der Stadt.
Die MBI sprechen sich anders als die Grünen mit der einen Hälfte ihrer Meinung (s.u.) nicht grundsätzlich gegen diese FNP-Änderung aus, aber sie beantragten, Ibing und Rauen mit in die Änderung aufzunehmen, vergeblich. Die Argumente der Grünen, wie sie lang und breit von WAZ und NRZ dargelegt wurde, sind insgesamt nicht ganz nachvollziehbar, denn eine weitere industrielle Nutzung des Lindgens-Geländes macht wenig Sinn und inwieweit Grünflächen oder Denkmalschutz überhaupt gefährdet sein könnten, ist bisher nicht erkennbar, wird aber im Verfahren sicher noch zu klären sein. Es wird sich ohnehin erweisen müssen, ob zukünftig wirklich noch weiterer Bedarf für hochpreisige zusätzliche Wohnungen besteht, nach Ruhrbania, den Bauorgien in Außenbereichen von Holthausen, Saarn, Selbeck u.v.m.. Im Rat am 25.6.15 verkündeten dann die Grünen eine entgegengesetzte Meinung zu BV und Wirtschaftsausschuss. So sind sie halt, für und gegen gleichzeitig. Egal, was rauskommt, sie waren die Sieger und lagen immer richtig, was die Medien dann auch willfährig und fast immer ausführlich in die Öffentlichkeit tragen.
Mehr zur Mülheimer Bauwut u.a. in
- März 15: Keine weitere Zersiedelung im Ruhrgebiet ohne Notwendigkeit! hier
- Mai 14: Die Mülheimer Bauwut und die drohende Immobilienblase hier
- Nov. 13: Prof. Sperlich zur Mülheimer Bauwut: „Denk ich an Mülheim, wird meine Nacht unruhig und schlaflos ….“ hier
- März 13: Bauen im Außenbereich von Holt- hausen gegen Sinn und Verstand! hier
- Mai 12: Keine weiteren Ruhrwahnia-Baufelder, es reicht! hier
- Feb. 11: „MBI: Baupolitik umorientieren!“ hier
- Feb. 11: Aus dem Innenleben des Mölmschen Filzes oder wie Mülheim an die Wand gefahren wurde … hier
- Okt. 10: „Alle Revierstädte schrumpfen, nur eine nicht ….. Was ist das Wohlfühl-Geheimnis von Mülheim?“ so die Bild-Zeitung mit Foto der strahlenden OB am 28.9.2010. Wie bitte? Mehr hier
- “Mülheimer Bauwut ist Harakiri!” von März 09 hier und von Juni 10 hier
WAZ/NRZ 12.6.15, der ganze Artikel hier
Auf Lindgensareal sollen Wohnraum und Kleingewerbe entstehen
„Kleinbetriebe und Wohnungen sollen auf dem Lindgens-Areal entstehen, wenn auf der Nahtstelle von Broich und Saarn die Lederproduktion ausläuft. Die Grünen lehnen eine Nutzungsänderung ab.
Kleingewerbe, Büros und Wohnungen sollen einen mittleren Industriebetrieb ablösen. Darauf haben sich Stadtplaner, Wirtschaftsförderer und Eigentümer des Lindgens-Areals verständigt. Der Abstimmungsprozess zur entsprechenden Änderung des Flächennutzungsplanes soll nun starten und in zwei Jahren abgeschlossen sein. Alle weiteren Einzelheiten wird der erforderliche Bebauungsplan regeln. Wird die Lederproduktion nahe des Ruhrufers aufgegeben, könnte in etwa vier Jahren nahtlos die Umwandlung der Flächen und Gebäude anlaufen. ……
Wir lehnen die Nutzungsänderung der Fläche ab“, erklärte Carsten Voß für die Grünen. Wirtschaftsförderer wünschten sich stets neue Gewerbeflächen. Am Ende der Düsseldorfer Straße weise der Plan welche aus. „Warum sollen wir sie dort wegnehmen und vielleicht am Flughafen oder an der Rennbahn neu installieren?“, fragte der Ortspolitiker. …..
„Die Gebäude stehen teilweise unter Denkmalschutz. Also wäre es gut, an der Straßenfront kleine Betriebe und Dienstleister anzusiedeln. Dort möchte keiner wohnen“, erläuterte Blasch. „Natürlich wollen wir den Grüngürtel am Ruhrufer erhalten. Sonst wäre die Wohnlage nicht attraktiv.“ Kleinunternehmer fänden es schick, sich in alten In-dustriehallen anzusiedeln. „Dieser Nutzungs-Mix ist kein Angriff auf die Grünflächen.“ Eher sei es von Vorteil, die jetzt noch versiegelten Flächen und einige Hallen im hinteren Bereich wegzureißen. „Dort können Wohnhäuser entstehen. …. Dem Einleitungsbeschluss stimmte die Mehrheit der Bezirksvertretung 3 zu, die Grünen sagten Nein.
Hintergrund
40 000 Quadratmeter gekauft
Die für die Landesgartenschau 1992 angelegten Wege und Grünanlagen zwischen Ruhrufer und dem etwas höher gelegenen Areal der einstigen Lederfabrik Lindgens bleiben erhalten. 40 000 Quadratmeter stehen zur Neuordnung an.
Vor vier Jahren kaufte die SMW (Mülheimer Wohnungsbau, Sparkasse und Immobilienberatung Hoffmeister) das Gelände für eine siebenstellig Summe. Der Mietvertrag mit der Lederfabrik Seton läuft aus. Eigentlich sollte bereits jetzt Baubeginn sein.“