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OVG-Urteil gegen überhöhte kalkulatorische Zinsen bei Abwassergebühren

Das Oberverwaltungsgericht Münster änderte mit dem neuesten Urteil zu Abwassergebühren seine eigene langjährige Rechtsprechung! Mehr weiter unten

Viele Jahre lang stritten Mülheimer Gebührenzahler und MBI mit Umweltamtsleiter und Kämmerer wegen deutlich überhöhter Abwassergebühren und den zugehörigen hahnebüchenen Kalkulationen zur Rechtfertigung. Während im Rat der Stadt über Jahre höchstens kleinere Korrekturen möglich waren, wollten SPD, CDU, Grüne und FDP sich nie mit den offensichtlich gesetzeswidrigen Praktiken der Gebührenkalkulationen befassen. Viele Klagen waren die Folge.

Eigentlich ist die Sachlage klar: Städtische Abwassergebühren dürfen nur kostendeckend erhoben werden und jährlich in einem vom städtischen Haushalt separat geführten Gebührenhaushalt als Gebührenbedarf ermittelt werden. Doch seit der Jahrtausendwende wurden die Gebühreneinnahmen zunehmend mit dem städtischen Etat vermengt und abenteuerliche Kalkulationen zur Rechtfertigung immer neuer, drastischer Gebührenerhöhungen waren die Folge. Der errechnete Gebührenbedarf hatte in großen Teilen nichts mit realen Kosten mehr zu tun. Konnte das zuständige Umweltamt mit windigen Abschreibungen noch den Bedarf etwas erhöhen, so waren es vor allem die gesamten fiktiven sog. „kalkulatorischen Kosten“, die bis zu 40% des angeblichen Bedarfs für das folgende Jahr ausmachten.

Zuviel kassierte Gebühren wurden dann nicht dem Abwasserbetrieb gut geschrieben, sondern in den Haushalt des Kämmerers überführt. Maßnahme Nr. 193 des HSK der Stadt Mülheim für 2010 lautete z.B.:
„Ausschüttung Abwasserbeseitigungsbetrieb“
Der akkumulierte Gewinn des rein städtischen Abwasserbetriebs betrug laut HSK inkl. des Jahresergebnisses für 2008 satte 5,415 Mio. Euro. Das Geld soll in 4 Raten von je 1,35 Mio. in die Stadtkasse zur Schuldenreduzierung umgelenkt werden. Das war eindeutig unzulässig. Auch Abwassergebühren müssen über einen separaten Gebührenhaushalt berechnet werden, und zwar jedes Jahr neu und kostendeckend! Wenn also Überschüsse vorhanden sind, müssen die Gebühren gesenkt werden! Nicht zufällig tauchte in der Gebührenkalkulation ein Punkt „Ausschüttung an die Stadtkasse“ o.ä. nirgends auf, denn es wäre nicht zulässig. Die MBI erstatteten Strafanzeige wegen Veruntreuung und Irreführung der Öffentlichkeit und schalteten die Aufsichtsbehörden ein. Die StaA Duisburg beschied nach 1 Jahr „Prüfung“: „In der Sache selbst lehne ich es ab, die Ermittlungen aufzunehmen“. Auch die RPìn Frau Lütkes (Grüne) und Innenminister Jäger (SPD) wollten keine Unrechtmäßigkeit erkennen! Und so wurden in den Folgejahren wieder und wieder Gelder der Abwassergebühren in den kommunalen Haushalt überführt. Mehr zur damaligen Strafanzeige unter MBI » Strafanzeige wegen Gebühren-veruntreuung ohne Ermittlungen von der StA Duisburg abgelehnt – MBI (mbi-mh.de)

Leider waren auch die Klagen vieler Gebührenzahler insgesamt nicht sehr erfolgreich, denn auch das OVG wollte zu lange an die Kernpunkte nicht heran.

Vor dem Verwaltungsgericht erwies sich zwar die Abwassergebührenerhöhung 2005 noch als Unrecht, doch nur die Kläger bekamen ihr Geld zurück. Auch die Mülheimer Müllgebühren 2006 hielten vor Gericht nicht stand, doch wieder wurde nur bei den Klägern Unrecht wieder gut gemacht. In beiden Fällen entschied die große Ratsmehrheit dagegen, auch Nicht-Kläger zu entschädigen. Die Abwasserklagen 2006 scheiterten an einer Düsseldorfer Richterin, die meinte, sie sei doch nicht da, um nachzurechnen, ob eine Kommune richtig rechne. Die Berufung beim OVG war erfolglos. Deftige Gebührenerhöhungen 2009, 2010, 2011 und vor allem 2012 mit 18% führten zu einer Vielzahl von Klagen, die beim Verwaltungsgericht aber erst verzögert und dann abgeschmettert wurden, ähnlich beim OVG.
Der Mülheimer Abwasserbetrieb, den es seit Anfang 2012 als Eigenbetrieb nicht mehr gibt, hatte z.B. in 2011 einen realen Überschuss von 983.000 € erwirtschaftet, Gutachter Heilmaier und das Umweltamt berechneten aber eine Unterdeckung von 3.35 Mio. €, welche größtenteils aus den fiktiven kalkulatorischen Zinsen herrührte. Das begründete die saftige Gebührenerhöhung. Den realen Überschuss streicht unzulässig dann der Kämmerer ein und die fiktive Unterdeckung wird als Grund für weitere saftige Erhöhungen angegeben.

Da steigt einem die Zornesröte ins Gesicht, denn es widerspricht dem gesetzlich verankerten Kostendeckungsprinzip auch bei Abwassergebühren diametral. Diese Gebühren sind keine Steuern, deren Höhe die Stadt eigenständig festlegen kann, um Mehreinnahmen zu erzielen.

Doch mit dem heutigen OVG-Urteil zu Oer-Erkenschwick dürften auch in Mülheim neue Zeiten bei der Berechnung und Verwendung des Gebührenbedarfs eingeläutet worden sein!!

Schließlich wurden in Mülheim noch zuletzt 5,74% für kalkulatorische Zinsen angesetzt und das OVG hat zu Oer Erkenschwick bereits für 2016 letztendlich geurteilt, dass alles über 2% ungerechtfertigt ist!

  • WAZ 17.5.22: „Urteil: Abwassergebühren zu hochFolgen für NRW-Kommunen“