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WAZ: PPP-Projekte treiben Städte in die Schulden: PPP-„Musterstadt“ Mülheim wieder kaum erwähnt

  • 16.8.14: Mitteldeutsche Zeitung (MZ):Land Sachsen-Anhalt verabschiedet sich von PPP-Projekten“ hier
    Davon kann man/frau in NRW und insbesondere in Mülheim, Heimatstadt von Ministerpräsidentin Kraft (SPD) und Gesundheitsministerin Steffens (Grüne) nur träumen und weiter dafür kämpfen, dass auch hier dieser Irrweg beendet wird!

WAZ-Kommentar vom 24.7.14: „Nachdenken über verborgene Fallen“, nachzulesen hier, zum Hauptartikel vom gleichen Tag: „PPP-Projekte: Private Bau-Finanzierung treibt Städte in die Schulden„, nachzulesen hier, Auszüge weiter unten. Auszüge aus dem Kommentar gingen so:

Gerne verschleiern wirtschaftsenglische Begriffe den Weg in böse Sackgassen. Cross Border Leasing war so einer. Deutsche Kommunen leasten Kanäle und Straßen von amerikanischen Briefkastenfirmen, bis der US-Gesetzgeber die Steuertricks stoppte. Da guckten manche Stadträte in tiefe Kassenlöcher.
Jetzt also: PPP. Oder Private Public Partnership…… Ein großer Teil der für die Kommunen vermeintlich rentierlichen Bau- und Betreiber-Modelle ist aber schon gescheitert. Man frage in Bonn, Velbert oder Gelsenkirchen nach ……. Wenn sich herausstellt, dass die nötige Kreditaufnahme der Auftraggeber zur Zahlung der Nutzungsgebühren ihre finanziellen Fähigkeiten überschreitet. Dann wird die heute bequeme PPP-Methode zur großen Schuldenfalle von morgen.

Nachdenken ist angesagt.“

Dem kann man nur zustimmen. Dennoch stellt sich folgende Frage:

Wieso kommt Mülheim in der WAZ-Aufzählung nicht vor, hat diese kleine Großstadt doch bereits heute mehr PPP-Finanzierungen als alle anderen Kommunen. Funktionieren also hier die PPP-„Kooperationen“ besser als woanders? Nein, hier redet man inzwischen nicht mehr drüber und sieht den finanziellen Bankrott irgendwie wie höhere Gewalt. Und deshalb gilt „Weitermachen wie gehabt“ und die nächsten PPP-Konstruktionen sind schon im Visier. Kitas, Altenheime uswusf.. Es gibt noch etliches, bei dem man mit Millionen Steuergeldern auf Jahrzehnte Banken und Firmen risikolos reich machen kann und sich als Stadt gleichzeitig rühmen kann, was man/frau doch so Schönes für seine Bürger tut. Wie bei anderen Fehlentwicklungen wie z.B. die viel zu enge Bindung an den trudelnden RWE-Konzern kommt die „Vorreiterstadt“ Mülheim dann in den Berichterstattungen kaum vor, wenn die Probleme nicht mehr zu leugnen sind, obwohl gerade in Mülheim am deutlichsten und am weitesten fortgeschritten.

Warum auch immer, im folgenden einiges zu

Mülheim, „Muster“- und Vorreiterstadt für den deutschen PPP-Irrweg?

In 2007 hatte die von den MBI getragene BI „Mülheim bleibt unser“ einen Bürgerentscheid in Mülheim/Ruhr gegen weitere Privatisierung insbesondere durch PPP-Projekte (public private partnership) erwirkt. Ca. 18% (über 24.000) aller Wahlberechtigten stimmten mit Ja, 6% mit Nein. Da damals in NRW noch das 20%-Quorum galt, war der Entscheid leider gescheitert. Die Stadt Mülheim hat inzwischen ganz viele Großprojekte, die über PPP oder PPP-ähnliche Konstruktionen durchgeführt, d.h. „umwegfinanziert“ wurden,. Medienhaus, 3 große Schulen im Paket, 2 Feuerwehren, das stadtgeschichtliche Museum, das Haus der Wirtschaft, die Restrathaussanierung u.v.m. wurde in wenigen Jahren „gestemmt“ , obwohl das Geld dafür nicht da war. Diese Umwegfinanzierungen tauchten alle zuerst nicht im Haushalt auf, dafür später unter „Mieten“ und das auf 25 oder mehr Jahre und per „Forfaitierung mit Einredeverzicht“. Das Perfideste ist, dass die meist Baukonzerne nicht nur Bau oder Sanierung tätigen, sondern auch das Objekt auf Jahrzehnte betreiben, inkl. Hausmeister, Heizung, Hof- und Straßenreinigung u.v.m.. Die Stadt mietet dann die eigenen(!) Gebäude an, womit auch die demokratische Kontrolle nicht mehr möglich ist, weil ja privat.

Man muss kein Experte sein, um zu sehen, dass diese gigantische Schuldenfallen auf Kosten auch kommender Generationen sind. Außerdem geht die Demokratie dabei in wichtigen Bereichen zugrunde und anders als „normale“ Mieter darf die Stadt wegen Einredeverzicht nie Mietminderung einsetzen, wenn die Leistung mangelhaft ist. Was passiert, wenn der „Betreiber“ der städt. Immobilie in Konkurs geht, ist noch ein weiteres unkalkulierbares Risiko. Wie eine eine derart hilflose gemachte Stadt Finanzier von reinen Finanz- und Spekulationsprodukten wird, hat u.a. bereits der sofortige Weiterverkauf der Hauptfeuerwache gezeigt. Übrigens: Wie fast alle anderen PPP-Projekte auch ist die Feuerwache nicht zuletzt  durch die PPP-Konstruktion erleichtert deutlich überdimensioniert und arg luxuriös geworden.

Die Stadt Mülheim, bisher immer niedrige Arbeitslosigkeit und robuste Wirtschaft, ist inzwischen eine der am höchsten verschuldeten Großstädte Deutschland, zudem wegen der viel zu engen Bindung an das RWE auch noch sogar bilanziell überschuldet. Hauptgründe für das Desaster sind neben der fatal engen RWE-Bindung das ruinöse Prestigeprojekt Ruhrbania und die vielen PPP-Projekte, so dass inzwischen der Sockel an unveränderlichen Ausgaben für die stetig steigenden Betreiberkosten und die als „Mieten“ getarnten Abzahlungen von realen Investitionskrediten, die aber in keinem Haushalt standen, schon sehr groß geworden ist.

Das alles war auch für Laien bereits vor Jahren absehbar und konnte nicht anders kommen. Dennoch haben 2007 in Mülheim ver.di und die Grünen beim Bürgerentscheid für Nein geworben. Auch der Bund der Steuerzahler war lange Zeit ein Befürworter von PPP-Projekten. Mehr zu dem PPP-Bürgerentscheid 2007 hier. Mehr zu den PPP-Befürwortern hier

Wie der o.g. WAZ-Artikel zeigt, warnen nun auch ver.di und der BdS vor PPP. Die späte Einsicht ist ja gut und richtig, hilft aber vielen Städten, die sich auf PPP einließen, meist nicht mehr. In Mülheim mit seiner exzessiven PPP-Politik ist das fatal. Rückabwicklung wäre zwar sinnvoller, demokratischer und auf Dauer viel billiger, wie aber soll eine hoffnungslos auch bilanziell überschuldete Stadt das machen?

Dazu nur folgendes: Als der Hannoveraner Fonds Anteilscheine an der gekauften Mülheimer Feuerwache weiterverkaufte, hatten die MBI beantragt, die Fonds-Anteile zu kaufen, um so die Gesamt-Abzahlungen um viele Millionen zu reduzieren. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, die Aufsichtsbehörde des RP würde dies nicht genehmigen.

Alle Aufsichtsbehörden haben PPP dagegen immer genehmigt und die Bedenken der Rechnungshöfe fast immer in den Wind geschrieben Man hat lieber den Gutachterbüros vertraut, die für sehr teures öffentliches Geld die Kosten schönrechneten, nicht selten sehr simpel. Doch auch das interessierte lange scheinbar fast niemanden der Verantwortlichen in Stadt, Land oder Bund, die allermeisten Medien auch nicht.

Wenn das Kind dann im Brunnen liegt, war wieder keine/r dran schuld, oder ……………….???

P.S.: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wird ab 2018 mit PPP-Projekten sicherlich noch schwerer umzusetzen sein, egal auf welcher Ebene

Mehr zu den Mülheimer Privatisierungsorgien inkl. PPP u.a. in

  • Das Husarenstück mit der Mölmschen Feuerwache als PPP-Umwegfinanzierung, genau wie beim swap-Debakel folgenlos? hier
  • Das Jahrzehnt des totalen Ausverkaufs öffentlicher Güter hier
  • Ostergeschenk: Altenheim Kuhlendahl bleibt unser, wenigstens teilweise! hier
  • Nagelneue Feuerwache nun Finanzprodukt mit hoher garantierter Gewinnerwartung hier
  • Sondersitzung zu Rekommunalisierung des Stromnetzes und Auflösung der Ruhrbania-Gesellschaft kläglich verschenkt! hier
  • Irrweg PPP-Schulsanierung hier
  • “Mülheim oder das große Schweigen” – WDR-Feature zu den unglaublichen Privatisierungsgeschichten unter Baganz und Mühlenfeld als pdf-Datei (375 KB)

WAZ vom 24.7.14 auf der Titelseite und fast ganzseitig unter Wirtschaft:

PPP-Projekte
Private Bau-Finanzierung treibt Städte in die Schulden
WAZ Wirtschaft 23.07.2014, der ganze Artikel hier

Öffentliche Bau-Projekte, die gemeinsam mit privaten Investoren abgewickelt werden, geraten in die Kritik. „Public-Private-Partnership“-Projekte (PPP) stürzen Bund, Länder und Gemeinden in die Schuldenfalle und belasten die nächste Generation, warnen Verdi und Steuerzahler-Bund.
Erstmals wird Kritik an diesen so genannten PPP-Projekten (Public Private Partnership) auf breiter Front vorgetragen. Es sind Unterschriftenaktionen zur Vorlage bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplant. Beim PPP-System finanzieren, bauen und betreiben zum Beispiel Kommunen Rathäuser und Sporthallen nicht mehr in eigener Regie, sondern vergeben das als „Paket“ an private Konzerne. Diese kassieren über eine Zeit von 25 Jahren Nutzungsgebühren oder verkaufen die Zahlungsansprüche an Banken weiter.
Alleine in NRW geht es um 70 Vorhaben mit einer Bausumme von knapp einer Milliarde Euro – neben Verwaltungsbauten in Gladbeck, Moers und Unna sind das unter anderem das Zentrum für Krebstherapie der Uni Essen, Schulen, Straßen und Sportanlagen und Uni-Gebäude in Bochum, Münster und Köln.
……… Doch das früher gelobte Bau-Modell kommt in Verruf. Jetzt warnen zahlreiche Organisationen davor – von Verdi über den Bund der Steuerzahler bis zu den Rechnungshöfen.

Eine Verlockung – aber lohnt sich das?

Dabei ist die Methode für Gladbeck und 236 ähnliche Projekte bundesweit verlockend. Der Staat baut so gerne Feuerwehrwachen wie in Dinslaken, Marl und Dortmund, Schulen wie in Witten und Mülheim, Sportanlagen und Straßen wie in Bochum, Siegen, Olpe. Die Bauherrn müssen weder kurzfristig Geld für Baukredite lockern noch planen, nicht komplizierte Aufträge vergeben, keine Putzkolonnen zum Aufräumen schicken und keine Strom- und Wasser- und Abwasserrechnungen bezahlen. Das macht alles der Partner – gegen zu zahlende Pauschale.
Doch rechnet sich das? Der Gladbecker Architekt Alfred Luggenhölscher listet aus der Sicht aller Kritiker die Nachteile auf. Er kämpft gegen „Geheimverträge“ bei PPP, weil viele Unterlagen der privaten Baukonzerne dem Betriebsgeheimnis unterliegen. Er unterstellt den Kommunen, so von den Ländern verordnete Schuldengrenzen auszuhebeln. Vor allem glaubt er, dass zum Beispiel seine Heimatstadt beim Rathausbau in Eigenregie besser da gestanden hätte.

Umdenken bei den Bürgermeistern

…….. Jetzt habe „ein Umdenken bei den Bürgermeistern eingesetzt“, glaubt Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler. Vielleicht, weil sie die Kontrolle verlieren? Beim Vertrag über den PPP-Bau des Kreishauses Soest durften Kommunalpolitiker „sogar keine Fotos machen und keine Kopien ziehen“