L. Reinhard, MH. 24.7.11
Zu den unverschämten Anwürfen der grünen Gleichstellungssprecherin gegen CDU und MBI
Kurz vor Mitternacht ging es in der ermüdenden Ratssitzung am letzten Donnerstag um den Antrag von Grünen und SPD zur Verpflichtung für „gleichstellungsrelevante Aspekte als Baustein für sämtliche städtische Vorlagen“ inkl. aller Vorlagen aus den Fraktionen.
Ich meldete mich zu Wort und fragte nach dem sittlichen Nährwert dieses Antrags. Außerdem wollte ich wissen, welche Konsequenzen denn damit verbunden sein sollen, wenn das zukünftige Feld auf allen Papieren „gleichstellungsrelevant“ angekreuzt ist. Da es im Übrigen kein Thema gibt, was nicht als „gleichstellungsrelevant“ angekreuzt werden kann, war meine weitere Frage, ob denn dann immer der Genderausschuss als quasi-Vorzensur eingeschaltet werden müsse oder ob dieser eine Art Vetorecht bekommen solle. Klare oder erhellende Antworten erhielt ich zu den Fragen nicht. Auch deshalb stellte ich den Antrag auf geheime Abstimmung, aber auch weil ich wusste, dass einige Ratsmitglieder bei einer offenen Abstimmung nicht für ihre Meinung stimmen würden können.
Die CDU wollte ferner von der Verwaltung wissen, welcher finanzielle Mehraufwand mit dem Antrag verbunden sei, was aber ebenfalls nicht beantwortet werden konnte.
Ich zog dann meinen Antrag auf geheime Abstimmung zurück, weil es kurz vor Mitternacht war und diese Ratssitzung nicht für das Guinessbuch der Rekorde auch noch bis in den nächsten Tag hinein verlängert werden sollte.
Meine Fraktionskollegin A. Klövekorn stellte dann den Antrag, die Abstimmung auf die nächste Ratssitzung zu vertagen. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt und danach wurde der o.g. bedenkliche Antrag von SPD und Grünen mehrheitlich beschlossen.
Nun kommentierten die Grünen als selbsternannte Sittenwächter Kritik und Fragen zu dem Antrag umgehend in WAZ und NRZ als „Pöbelei, Gejohle und Gefeixe“, womit die Missachtung gegenüber Behinderten, Alt und Jung, In- und Ausländer u.v.m. zum Ausdruck komme.
Wie bitte? Was sollen diese ungerechtfertigten Anwürfe? Darf man nichts mehr sagen, wenn es um den Genderausschuss geht, dessen Aufgabenstellung sich nicht nur mir bis heute zumeist verschließt?
Ich selbst habe niemanden angepöbelt, habe nicht gejohlt und schon garnicht gefeixt. Ich kann mich auch nicht an Kolleg/innen aus MBI oder CDU erinnern, die solches getan hätten. Doch die „Gleichstellungs“sprecherin der Grünen, selbst kein Ratsmitglied, hat Kritik und Fragen zu ihrem ach so gut gemeinten Antrag anscheinend so empfunden. Das läßt tief blicken und bestätigt meine Vorbehalte wegen des o.g. Antrags. Andere Meinungen, Kritik und Fragen sind bei diesem Thema also „incorrect“, weil den Sittenwächterinnen nicht genehm, oder was?
Ich lasse mir zudem auch nicht vorwerfen, Gleichstellung von Frau und Mann oder Behinderten oder Alten oder Jungen oder Migranten oder … wem auch immer zu missachten, nur weil ich den o.g. Antrag als eher bürokratisch und kontraproduktiv erachte.
So diffamiert man aber andere Meinungen.
Ich persönlich empfinde diese Frechheit als beleidigend, weil ich mich nicht nur sehr häufig in meinem Leben für Ausgegrenzte, Benachteiligte oder Diskriminierte eingesetzt habe, sondern auch, weil ich dafür selbst Diskriminierung und Ausgrenzung erdulden musste, nicht zuletzt und recht übel durch die Grünen.
Ich selbst habe aus der Anti-AKW-Bewegung kommend die Grünen mitgegründet und war der erste lokale Spitzenkandidat 1979, als noch Mut dazu gehörte, als Grüner aufzutreten, weil damals damit auch Repressalien verbunden waren.
Nach Jahren in Afrika war ich bei Rückkehr erschrocken, was sich unter dem Deckmäntelchen von Gleichstellung für ein Quotenwahn bei den Grünen breit gemacht hatte.
- Da gab es z.B. das quotierte Rederecht, wonach Frauen und Männer immer nur abwechselnd reden durften. Hatten sich z.B. 5 Männer, aber nur 1 Frau gemeldet, so kam diese als erste dran, dann der 1. Mann und danach durfte niemand mehr was sagen, wenn sich nicht eine Frau erbarmte, doch was zu sagen, damit wenigstens noch der 2. Mann dran kam.
- Oder das Frauenvetorecht: Als 1994 die SPD in Mülheim als erster Großstadt im Ruhrgebiet die jahrzehntelange absolute Mehrheit verlor, ging es um die Frage von Schwarz-Grün. Auf der Mitgliederversammlung der Grünen dazu stimmten über 60 von ca. 80 dafür. Eine strikte Gegnerin war die heutige Gesundheitsministerin des Landes NRW, Barbara Steffens (später selbst mit einem hochrangigen CDU-Mann verheiratet!). Sie meldete dann sofort Frauenvetorecht an und unter Ausschluss aller Männer stimmten die 18 Frauen separat ab mit 9:9, womit Frau Steffens` Antrag aber hauchdünn abgelehnt war. Wäre eine der Bündnis-Befürworterinnen von den insgesamt weniger als 25% Frauen bei dieser Abstimmung auf dem Klo gewesen, hätte das historische schwarz-grüne Bündnis in Mülheim dann z.B. nie stattgefunden.
Solche Vorgänge entsprechen nicht meinem Demokratieverständnis und sie sind sicher nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Doch das hat grüne Gleichstellerinnen noch nie besonders interessiert.
Als ich dann offensichtliches Pöstchengeschacher der Mülheimer Grünen (u.a. zum schmuddeligen Aufstieg des damaligen Lebensgefährten von Frau Steffens, Wilhelm Steitz, heute Dezernent in Dortmund) im schwarz-grünen Bündnis und gleichzeitig mit der SPD öffentlich kritisierte, inszenierte man/frau sogleich ein Ausschlussverfahren aus der Partei gegen mich, was aber nach Grundgesetz und Parteienstatuten nicht möglich war und auch in der Mitgliederversammlung keine Mehrheit fand. Als die grünen Ratsvertreter/innen dann auch noch im Zusammenhang mit der medl-Gründung mit dem RWE das Basisvotum der grünen Mitgliederversammlung einfach ignorierten, war diese Partei für mich als Gründungsmitglied nicht mehr diskutabel, weil sie fast alle Grundsäulen ihres Programms verlassen hatte. Auf Landes- und Bundesebene folgten dann ähnliche Prozesse wie vorher in Mülheim.
Die Grünen sind zuletzt seit Monaten kräftig im Aufwind, zum einen, weil die CDU-FDP-Regierung in Berlin wenig Rühmliches zustande brachte, zum zweiten, weil die Grünen sich nach Jahren in der Opposition wieder auf die während ihrer Regierungszeit ignorierten Bürgerinitiativen zurück besannen wie in Gorleben, Stuttgart, Datteln oder an der Mittelmosel, doch am deutlichsten kam der Auftrieb wegen der Atomkraftfrage.
Dieser Aufwind kann sich aber schneller legen, als den Grünen recht bzw. lieb ist, denn die Schnelligkeit, mit der sie erneut ihre Wähler/innen verraten, ist erschreckend (Mittelmosel, Datteln, in Kürze Stuttgart u.v.m.!). Außerdem ist der Merkelsche Atomausstieg viel weitergehender und konsequenter als der vorherige durch Rot-Grün. Umso wichtiger ist es, dass die Grünen in der Aufwindphase nicht unter dem Deckmäntelchen von Gleichstellung in bekannter Manier weitere Tabuthemen erzeugen oder Sachdiskussionen pervertieren können.
Oder konkret auf den letzten Donnerstag vom Mülheimer Rat beschlossenen Antrag bezogen:
- Wenn also z.B. die MBI demnächst einen Antrag zur verkorksten Verkehrsführung Innenstadt stellen, könnte es passieren, dass die Sittenwächterinnen diesen (zu recht) als „gleichstellungsrelevant“ erkennen und den Antrag zur Vorberatung in den Gender-Ausschuss schicken. Dort wird dann festgestellt, dass alle Ampeln nur Männlein bei grün, gelb oder rot zeigen. Diese Benachteiligung der Frauen muss erst korrigiert werden, bevor über sonstige Verkehrsmaßnahmen beschlossen werden kann, könnte der Auftrag lauten uswusf..
- Oder wenn es mir gar in einer Ratssitzung herausrutschen würde, dass doch die grüne Dezernentin für den Murks mit der Verkehrsführung verantwortlich sei, könnte es mir passieren, dass ich gleich wegen Missachtung der Gleichstellung ein Ordnungsgeld aufgebrummt bekomme. Und wenn ich dann sogar noch wahrheitsgemäß behaupten würde, diese Dezernentin der Grünen sei nicht wegen der Sachkompetenz, sondern einzig zur „Gleichstellung“ Dezernentin geworden, so könnte ich wegen Missachtung des von den Grünen definierten „Gleichstellungsgebots“ gleich Redeverbot für mind. 3 Ratssitzungen erhalten. Das könnte ich mir rückwirkend zwar gerichtlich erstreiten, was mir ohne Grundgesetzänderung sicher gelingen würde. Nur: Wie sagt man etwas rückwirkend, ohne im Besitz einer Zeitmaschine zu sein? Mehr zur grünen Dezernentin hier
Doch Scherz beiseite:
Ich persönlich halte den mitternächtlichen Beschluss für bestenfalls bürokratisch und wirkungslos, ansonsten aber für gefährlich, weil dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet werden kann. Das Verhalten der Grünen (s.o.) aber empfinde ich als ziemlich unverschämt.
Dieses bedenkliche Verhalten der Grünen, wenn es um „ihren“ Genderausschuss geht, geschieht leider auch nicht zum ersten Mal. Als die CDU vor Jahresfrist den Genderausschuss in Frage stellte, weil dessen Sinn und Zweck nicht klar definiert sei, wurde sie prompt und sehr rüde von den Grünen abgekanzelt und als frauenfeindlich diffamiert, womit wieder Totenruhe einkehrte, weil niemand es mehr wagte, dieses Minenfeld zu betreten.
Und so verdreht sich durchaus gut gemeinte „Gleichstellung“ schnell ins Gegenteil und wird zur Diskriminierung und danach zum Tabuthema.
Alles bereits gehabt bei Multikulti und beim nicht zuletzt von den Grünen übersteigerten Geschlechter“kampf“, bei dem auch viele Menschen diskriminiert und ausgegrenzt zurück und auf der Strecke blieben, worüber aber öffentlich nicht gesprochen werden darf, weil politisch „incorrect“ oder gegen das „gender-mainstreaming“ oder was auch immer.