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Das Widerspruchsrecht in NRW wieder vollständig einführen!

Absurdes Gerichtsverfahren zu unrechtmäßig von der Stadt gefällter Birke auf Privateigentum in Speldorf bestätigt erneut die jahrelange MBI-Forderung:

Behördenwillkür durch Wiedereinführung des Widerspruchsrechts begrenzen!

BirkenfaellungOb eine Birke in Mülheim in Abwesenheit und ohne Kenntnis der Eigentümerin zu Recht oder zu Unrecht von der Stadt auf Kosten der Frau gefällt wurde, musste ein Gericht klären, weil die Stadt sich auf nichts einlassen wollte und brauchte, und die Stadt verlor wenig überraschend, vgl. NRZ-Artikel vom 9.12.14: „Gericht verneint „Gefahr im Verzug“ hier und NRZ vom 6.6.14: „Eigentümerin kurz weg – Stadt fällt Birke und will 608 Euro“ hier

Auch diese schräge Geschichte bekräftigt die seit Jahren von den MBI erhobene Forderung an die Landesregierung, endlich das Widerspruchsrecht in NRW wieder vollständig einzuführen! Auch zum Wohle der angeschlagenen Demokratie!

Nicht nachvollziehen konnte eine Bürgerin Mülheims, dass die Stadt während ihrer kurzen Abwesenheit eine Birke auf ihrem Grundstück fällen ließ und ihr dafür 608 € in Rechnung stellte. Dagegen ging sie gerichtlich vor und obsiegte. Die Stadt wollte sich auf den angebotenen Kompromiss von 200 € nicht einlassen, brauchte sie auch nicht. Seit der Abschaffung des Widerspruchsrechts muss sie sich bekanntlich nicht mehr um eine Begründung oder Nachbesserung o.ä. bemühen. Mehr im NRZ-Artikel unten.

BuerokratenstempelUnabhängig von der Sache selbst macht auch dieser Fall folgendes erneut deutlich. Seit 2007 in NRW das Widerspruchsrecht abgeschafft wurde, kann ein/e Bürger/in, der/die sich zu Unrecht von einer Behörde belangt oder/und zur Kasse gebeten fühlt, nur entweder beim Verwaltungsgericht Klage einreichen oder sich zähneknirschend der vermeintlichen Behördenwillkür beugen und sie akzeptieren. Der weitaus größte Teil der Betroffenen schluckt das, weil Aufwand und Kosten für Gerichtsverfahren zu groß erscheinen, der Ausgang ungewiss ist und oft das riskierte Geld dafür weit über dem realen Streitwert liegt und zudem per Vorkasse vom klagenden Bürger vorgestreckt werden muss. Auch im o.g. Fall der unnötig und willkürlich gefällten Birke sind die Anwalts- und Gerichtskosten letztendlich weitaus höher als selbst die 608 €. Hätte die Frau verloren, hätte sie doppelten Ärger, doch da sie gewann, trägt der Steuerzahler alles.

In 2007, dem letzten Jahr vor der fatalen Abschaffung des Widerspruchsrechts, führten z.B. in Mülheim 3700 von ca. 5000 Widersprüchen zu ÄnderungenJustitia der Bescheide, und zwar ohne Gerichtsverfahren!!!! Heute kann der Bürger nur teuer und langwierig beim Verwaltungs-gericht Düsseldorf klagen, mit hohem Prozessrisiko. Es klagen aber selbst bei offensichtlichem Unrecht immer nur ganz wenige, aus gutem Grund. Beschwert sich jemand beim Amt über einen Bescheid, wird er/sie i.d. Regel heute nur noch auf den Klageweg verwiesen. Diese erlebte Ohnmacht des Bürgers gegenüber Behörden ist sicher alles andere als demokratiefördernd und unterminiert das Vertrauen in die Gerechtigkeit des Gemeinwesens!

Die seit 2010 regierende rot-grüne Kraft-NRW-Regierung hatte zwar zuerst versprochen, das Widerspruchsrecht in weiten Teilen wieder einzuführen. Trotz mehrfacher Nachfragen u.a. der MBI und etlicher Mülheimer Bürger ist bis heute nichts passiert. Frau Kraft sagte dazu Anfang letzten Jahres bei einer Veranstaltung im Schloss Broich sinngemäß auf die Frage des MBI-Sprechers hin, der Punkt Widerspruchsrecht stünde nicht im Koalitionspapier der 2012 wiedergewählten NRW-Regierung, von daher ginge es auch nicht um die Umsetzung eines Wahlversprechens. Doch das darf keine Ausrede sein, weiter untätig zu bleiben bei diesem offensichtlichen Missstand!

Letzte Woche wurde im Landtag über die teilweise Wiedereinführung des Widerspruchsrechts debattiert wie etwa im Jugendhilfe- und Kinderrecht, z.B. bzgl. Unterhaltsvorschuss, sowie im Wohngeldrecht. Diese (leider nur) Teiländerung des schweren Fehlers aus 2007 soll für Kommunalabgaben, Straßenreinigungsrecht und Realsteuern angeblich auch erst ab 2016 in Kraft treten. Das alles ist nicht nur arg spät, es wirkt auch halbherzig und reicht nicht aus, um die mutwillig 2007 genommen Bürgerrechte zurückzugeben.
Es gibt mehrere driftige Gründe für das Land, endlich das Widerspruchsrecht wieder vollständig einzuführen, und zwar schnellstmöglich und in allen Bereichen wie vor 2007! Die MBI fordern Landesregierung und Landtag auf, in dem Sinne endlich tätig zu werden, besser gestern als heute! Eine solche Reform könnte schnell und ohne große Kosten bewerkstelligt werden! Man muss es nur wollen, und zwar im Sinne verstärkter Bürgerrechte und nicht zum Schutz der Bürokratie!

Gericht verneint „Gefahr im Verzug“

NRZ 09.12.2014, der ganze Artikel hier
Es lohnt sich, vor Gericht für sein Recht gegen die Stadt zu kämpfen. Man darf sich nicht einschüchtern oder von den möglichen finanziellen Folgen abschrecken lassen, wenn man sich im Recht wähnt. Das ist eine für Ursula Schneider beispielsetzende Erfahrung. Dabei war sie auf einen Rechtsstreit gar nicht so erpicht und hatte der Stadt ein Angebot gemacht, das diese nicht ablehnen konnte – das hatte Schneider zumindest gedacht.
Die Auseinandersetzung mit der Stadt nahm am Altweibertag ihren Ausgangspunkt (die NRZ berichtete). Die Speldorferin war an jenem 27. Februar für einige Stunden unterwegs und fand in ihrem Garten, der an einen Fußweg grenzt, eine Birke gefällt. Auf dem Postweg folgte dann eine Rechnung über 583,10 Euro für die „Ersatzvornahme“ wie es im Amtsdeutsch heißt, inklusive Mehrwertsteuer und plus einer Verwaltungsgebühr: Macht 608,10 Euro. Begründet wurde die Fällung mit „Gefahr im Verzug“. Ein Mitarbeiter des Grünflächenamtes, der Bäume auf einem städtischen Grundstück begutachten wollte, war auf dem Weg ihre Birke in Schräglage aufgefallen, obwohl eine mannshohe Bambusmatte den Garten vor neugierigen Blicken schützt. Er war der Meinung, dass die Birke nur noch von der benachbarten Buche gehalten werde. Da auf das Klingeln niemand öffnete und auch telefonisch niemand reagierte, beauftragte das Grünflächenamt Baumkletterer mit der Fällung des Baumes, die sich wie Tarzan im Dschungel von Baum zu Baum der Birke näherten.Tatsächlich aber hatten Schneider und ihr Gärtner den Baum im Visier und hielten ihn nicht für akut gefährdet. Schneider hätte irgendwann einen Bekannten gebeten, ihr den Nachbarschaftsdienst zu erweisen. Außerdem glaubte sie, dass die Stadt den Weg hätte sperren können, wenn tatsächlich Gefahr gedroht hätte. Vor dem Verwaltungsgericht, das bereits am 10. September entschieden hat, bekam sie jetzt in vollem Umfang recht. Das Gericht hat sogar erwogen, ob Sturm an diesem Tag drohte, und es verneint. Und selbst, wenn Gefahr gedroht hätte, wäre der Eingriff unverhältnismäßig gewesen. Dann hätten nur die Teile abgesägt werden dürfen, die auf den Weg zu fallen drohten. Ursula Schneider hatte damals als Vergleich die Zahlung von 200 Euro angeboten. Jetzt werde es für die Stadt viel teuerer: die Verfahrenskosten, ihre Anwaltskosten und die Zeit und Energie, die mehrere städtische Mitarbeiter in den Fall investiert haben, obwohl die Fehleinschätzung von Anfang an deutlich war.

Mehr zum Thema Widerspruchsrecht in NRW

  • Dez. 14: xtranews: „Duisburger SPD-Landtagsabgeordnete: „Widerspruchsverfahren baut Hürden für Bürger ab“ hier
  • Juni 14: Der plötzliche Birkentod in Speldorf: Gegen Behördenwillkür das Widerspruchsrecht endlich wieder einführen! hier als Reaktion auf
  • Juni 14: NRZ: „Eigentümerin kurz weg – Stadt fällt Birke und will 608 Euro“ hier
  • Dez. 13: „NRW, Land von Behördenwillkür, Intransparenz und Bürgerferne? Das Widerspruchsrecht endlich wieder einführen!“ hier
  • WAZ 12.12.13: “Behörden in NRW verschleppen Bürger-Anfragen” hier
  • April 2012: MBI-Wahlprüfsteine zur erneuten Landtagswahl 2012, unter II.) „Bürgerrechte und Verwaltungsgerichtsbarkeit” auch die Forderung zur sofortigen Wiedereinführung des Wiederspruchsrechts hier
  • Dez. 2010: Widerspruchsrecht für die Bürger in NRW wieder einführen! hier
  • Sept. 10: Antworten von Frau Kraft zu den MBI-Forderungen vom 17.7.10 hier
  • Mai 2010: MBI-Forderungen an die neue rot-grüne Landesregierung hier
  • Telepolis 30.11.07: “Ein Stück Rechtsstaat wird abgeschafft – und kaum jemand merkt es! NRW-IM Wolf führt eine Abschreckungsgebühr ein, damit sich Bürger weniger häufig gegen bürokratische Fehlentscheidungen wehren – Mülheimer Bürger Initiativen widerlegen den IM“, als pdf-Datei (21 KB)
  • 23.11. 2007: “Bürokratieabbaugesetz II” bzw. Wegfall der Widerspruchsverfahren in NRW: 3700 von 5000 Widersprüche führten 2007 in Mülheim zu Änderungen! Die Mülheimer Erfahrungen zeigen: Schwerer Fehler der Landesregierung, den sie unverzüglich rückgängig machen sollte. Die ganze MBI-Stellungnahme hier