Wählergemeinschaft Fraktion Programm Geschichte Kontakt
Gremientermine aktuelle Termine Sprechstunden
Bundesweit Initiativen und Verbände MH-Parteien Medien Treffpunkte
Pressemeldungen Bildmaterial
 

BIMH-BAMH-BUMH-Klage – Demokratieknaller oder den Schuss nicht gehört?

L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher, 27.6.16

BAMH geht zum Gericht,
persönliche Anmerkungen

Ratsherr Hartmann hat also die Androhung wahr gemacht und wegen der erneut notwendigen vollständigen Neukonstituierung aller Ausschüsse Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Er will so verhindern, dass die Ausschussgröße auf 17 festgelegt wird, womit Hartmanns neue BAMH nach dem vorgeschriebenen Hare-Niemeyer-Rechenverfahren  nur 1 Sitz pro Ausschuss bekäme. Bei 18er-Ausschüssen bekämen sie 2 Sitze. Das sieht Hartmann als Rache der CDU an, weil in seiner BAMH 3 CDU-Überläufer seien. Herr Hartmann hält laut WAZ die Ratsvertreter als „juristische Laien“ für „überfordert“, dazu  etwas sagen zu können, er appelliert dennoch an alle Ratskollegen, „sich nicht vor den Rachekarren der CDU spannen zu lassen“.

Die Ratsdamen und –herren können aber auch ohne Bevormundung und Ratschläge denken und sich ein eigenes Urteil fällen. Abgesehen davon handelt es sich bei der Angelegenheit in Wirklichkeit um eine politische, und weniger um eine juristische Frage.

Unabhängig davon muss der „Volljurist“ Hartmann gewusst haben, dass seine Klage bei Gericht nicht zulässig sein müsste.

  1. ) Kann man bekanntermaßen in Deutschland nur gegen rechtsgültige Beschlüsse klagen und nicht gegen mündliche Absichtserklärungen und
  2. ) möchte der BAMH-Chef per einstweiliger Verfügung den Ratsmitgliedern vorschreiben lassen, wie sie zum Punkt Ausschussgröße abstimmen müssen. Mal abgesehen davon, dass diese Abstimmung einzig und allein durch die BAMH-Gründung notwendig und quasi erzwungen wurde, weiß der Ratsherr Hartmann, dass nach deutschen Gesetzen Parlamentarier aller Ebenen nur nach ihrem Gewissen entscheiden sollen. (Wären sie nicht per Gesetz einzig ihrem Gewissen verpflichtet, könnten gewählte Mandatsträger auch nicht so einfach Fraktionen verlassen oder wechseln oder gar vneue Fraktionen bilden, die sich nie der Wählerschaft zur Wahl gestellt hatten!)
    Fraktionszwang gibt es zwar real, aber juristisch ist das unzulässig. Würde das Gericht Herrn Hartmann folgen und den Stadtrat verpflichten, die Ausschussgröße auf 18 festzulegen, so könnte jedes Ratsmitglied mit 100%-iger Sicherheit erfolgreich dagegen klagen, weil seine Gewissensentscheidung beschnitten wurde.

Der BAMH-Chef beruft sich zudem auf eine Art Bestandsschutz bei der Ausschussgröße. Auch das ist juristisch Unfug, denn wegen der Überläufer aus anderen Fraktionen zur BAMH-Gründung muss die gesamte Neukonstituierung stattfinden, d.h. alle Ausschüsse werden aufgelöst und das gesamte Verfahren muss gänzlich neu gemacht werden, was Ausschussgröße und –vorsitze sowie deren Stellvertreter mit einschließt. Theoretisch könnte der Rat am 7. Juli auch 12er-, 15er- oder 20er-Ausschüsse festlegen. Wenn dann irgendwer die Spiegelbildlichkeit des Rates in den Ausschüssen aufs Gröbste verletzt sehen würde, dann könnte er/sie dagegen klagen, was aber bei fast allen Ausschussgrößen schwierig ist, weil es schlichtweg nahezu unmöglich ist, 6 Fraktionen und 2 Gruppen mit exakt den gleichen Mehrheitsverhältnissen vom Rat mit 54 auf einen Ausschuss mit 10, 15, 18 o.ä. zu spiegeln. Kein Verwaltungsgericht könnte z.B. verbieten, wie Hartmann es verlangt, dass ich oder jemand anderes in der Ratssitzung am 7.7. z.B. einen Antrag stellt, eine ganz andere Ausschussgröße zu wählen als 17 oder 18, was dann eine Ratsmehrheit auch beschließen können dürfen muss!

All das muss man/frau auch als juristische/r Laie/in und vereidigte/r Stadtverordnete/r wissen, also auch der Volljurist Hartmann. Man muss also vermuten, dass es ihm bei Einreichung einer wohl wissentlich unzulässigen Klage nur um den Öffentlichkeitseffekt ging, was ihm auch gelang mit 3 großen WAZ-Artikeln in wenigen Tagen.

Deshalb vorab meine persönliche Stellungnahme:

IAllroundKrisech finde es in der hochproblematischen Gesamtsituation von Demokratie und Politik  in EU über Deutschland und NRW bis nach Mülheim vor Ort nicht gerade klug, wegen Ausschuss- zusammensetzung ohne wirklich große Relevanz einen Streit mit Herrn Staatsanwalt Hartmann zu provozieren, der die Klaviatur der Profilstärkung seiner Person seit 2 Jahren bedient wie kein anderer. Mehr u.a. in „Schwere Krise der westlichen Demokratien, auch in Mülheim?“ hier

Mir persönlich ist es schnurzpiepe egal, ob die Hartmann`sche BAMH in allen Ausschüssen 1 oder 2 Sitze bekommt. Egal, ob 17er oder 18er Ausschüsse und egal, ob 1 oder 2 BAMH`ler darin, die Mehrheitsverhältnisse bzw. –Konstellationen ändern sich dadurch nur unwesentlich. (Das war seinerzeit bei dem Überlauf von Yassine zur SPD anders, denn nur dadurch konnten damals SPD+FDP ihre „strategische Allianz“ mit 1 Stimme Mehrheit vereinbaren, die auch in allen Ausschüssen 1 Stimme Mehrheit bekamen durch die Überläuferstimme. Mehr u.a. in „Die SPD, Mr. Y. und der vertuschte Müll“ hier)

Juristisch ist von Bedeutung, ob die Ausschüsse den Rat weitestmöglich spiegelbildlich repräsentieren. Ob das bei Ausschussgrößen von 17 oder von 18 eher der Fall ist, darüber kann man trefflich streiten, doch ist dies bei 6 Fraktionen und 2 Gruppen im Rat nicht ganz einfach und noch weniger völlig gerecht zu erreichen. Wie das Verwaltungsgericht entscheiden wird, steht in den Sternen. Schlimmstenfalls müsste der Rat sich dann im Herbst noch einmal vollständig neu konstituieren. Es ist aber nicht zutreffend, wenn die WAZ schreibt, die BAMH verliere die Hälfte ihres Einflusses, wenn sie nur 1 statt 2 Ausschusssitze habe.

Was mir persönlich aber wirklich Sorgen bereitet, ist der große Schaden, den die Demokratie durch dauernde Missachtung des Wählerwillens nimmt. Auch das dauernde Drehen um den eigenen Saft inkl. z.T. würdeloser Zänkereien im Stadtrat  ist alles andere als demokratiefördernd – ganz so, als hätte unsere Stadt Mülheim weiß Gott keine anderen Probleme.

Der ex-AfD-Fraktionsvorsitzende Hartmann zwingt nun bereits zum wiederholten Male in den nur 2 Jahren seit den Kommunalwahlen den Rat der Stadt, sich hauptsächlich mit sich selbst zu beschäftigen. In seiner Klageschrift spricht er von „zutiefst undemokratischen Absichten der CDU und SPD Fraktion, den neuen Mitbewerber um die Wählergunst dauerhaft durch Geschäftsordnungstricks zu benachteiligen“. Sieht man sich die  „Wählergunst“ genauer an, muss man erst einmal folgendes feststellen:

Zum Wählerwillen

DemokratiedefizitHartmanns neueste Formation, der sog. „Bürgerliche Aufbruch“ stand 2014 bei den Kommunalwahlen überhaupt nicht zur Wahl und die nächsten Kommunalwahlen finden erst 2020 statt. In welcher Konstellation der ex-AfD- und heutige BAMH-Fraktionsvorsitzende sich dann den Wählern stellen wird, ist ganz sicher ungewiss. Noch deutlicher wird die Problematik, wenn man folgendes bedenkt: Die BAMH besteht z.Zt. aus 5 Menschen, die allesamt ihre Mandate aus anderen Fraktionen mitnahmen.

Wenn also bis 2020 der/die ein oder andere aus welchem Grund auch immer sein/ihr Ratsmandat aufgeben müsste, würde das den Listen wieder so zufallen, wie die Wähler es 2014 wollten. Oder konkret: Wenn z.B. der ex-MBI`ler Hötger mit seinen 74 Jahren sein Ratsmandat nicht mehr wahrnehmen könnte oder wollte, würde der nächste auf der MBI-Liste zur Kommunalwahl für ihn im Rat nachrücken und schwupps müsste die gesamte Neukonstituierung der Ausschüsse erneut erfolgen, weil dann MBI und BAMH beide 4 Sitze hätten und gleich behandelt werden müssten. Ähnliches könnte passieren, wenn z.B. eine/r der jüngeren ex-CDU-ler aus beruflichen oder sonstigen Gründen den Wohnort wechseln müsste. Noch komplizierter würde es, falls Herrn Hartmann irgendetwas zustoßen würde, wodurch dann die AfD den nächsten von ihrer Liste in den Rat entsenden müsste, wodurch dann ggfs. die ALFA im Rat Fraktionsstatus erhielte oder was auch immer.

Zum Demokratieverständnis und dem Verständnis
von Gleichbehandlung:

Zur Erinnerung: WAZ vom 10.3.15: „…. Die Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) ist in Mülheim nicht einmal ein Jahr nach der Kommunalwahl Geschichte. Der Fraktionsvorsitzende und damalige Spitzenkandidat Jochen Hartmann verließ nach einem heftigen Streit die Fraktion und trat als Parteivorsitzender zurück. Gegenüber der Oberbürgermeisterin erklärte er, dass er als fraktionsloses Mitglied weiterhin im Stadtrat verbleiben werde….“

demokratieNachdem Herr Hartmann, der „alleinige Sachbearbeiter“ der Klage beim Verwaltungsgericht (vgl. S. 5 seiner Klageschrift unter „Wichtiger Hinweis“), Anfang März 2015 nach nur wenigen Monaten die AfD als deren Fraktionsvorsitzender im Streit verließ, weigerte er sich bis Dezember 2015 penetrant, seine AfD-Sitze abzutreten. Er behielt so in etlichen Ausschüssen und Aufsichtsräten Stimmrecht, was ihm als selbstbestimmtem Fraktionslosen nicht zugestanden hatte. Den verbliebenen 2 AfD-Ratsherren, inzwischen ALFA, stand als nur noch Gruppe in den 18er-Ausschüssen aber immer noch ein Sitz zu. Das verwehrte ihnen der heutige „alleinige Sachbearbeiter“ u.a. in Haupt- Planungs- und Bürgerservice-Ausschuss, bis der Rat sich dann im Dezember 2015 die Tortur einer vollständigen Neukonstituierung antun musste, um Herrn Hartmann seine unberechtigten Sitze wegzunehmen. Hätte er sich vorher nicht geweigert, das zu akzeptieren, hätte alles ziemlich einfach bereits im April oder Mai 2015 erledigt werden können. Weil er aber mit Gegenstimme drohte, mussten alle Ausschüsse dann aufgelöst und alles neu besetzt werden, denn Umbesetzungen in Ausschüssen sind nur einvernehmlich erlaubt. Als Minderheitenschutz muss bei Gegenstimme/n der gesamte Ausschuss aufgelöst und neu konstituiert werden.

Dabei waren im Dez. 2015 die MBI die Verlierer, obwohl sie mit den AfD-Querelen und Zerfallserscheinungen nichts zu tun hatten und auch die Zahl ihrer Ratssitze gleich war wie bei der Erst-Konstituierung des Rates. Da sich im Vergleich zu nach der Kommunalwahl die Berechnungsparameter nach Hare-Niemeyer geändert hatten, verloren die MBI in allen Ausschüssen je 1 Sitz. Es gab damals Diskussionen darüber, die Ausschüsse deshalb zu vergrößern, was aber u.a. aus Kostengründen verworfen wurde. Diese Ungerechtigkeit bzw. Benachteiligung gegenüber den MBI hat aber den Verursacher Hartmann letztes Jahr nicht gestört, die WAZ übrigens auch nicht.

Soviel zu dem Gleichbehandlungsempfinden des
Herrn Hartmann, ganz zu schweigen von den
betrogenen Wählern, deren Wahlergebnis sich
2 Jahre nach der Kommunalwahl im Rat nicht
mehr wiederfindet.

Seit der BAMH-Anmeldung im April 2016 haben die MBI keinen Sitz mehr in Finanz-, Kultur- und Sportausschuss, weil Überläufer Hötger diese MBI-Sitze für die BAMH belegt. Noch schlimmer sieht es für die CDU aus, denn die 3 Überläufer zur BAMH nehmen der CDU in vielen Ausschüssen Sitze weg, die aber der CDU zustehen.

Und dann bemängelt der BAMH-Chef Hartmann in seiner Klageschrift auch noch, dass die Neukonstituierung bereits am 7. Juli durchgeführt werden soll. Das sei „übereilt“ und „übers Knie gebrochen“. Er beantragt sogar bei Gericht, „… daß der Antragsgegnerin (Anm. MBI: dem Stadtrat) untersagt wird, die Neukonstituierung bereits in ihrer Sitzung am 7.7.2016 vorzunehmen“. Begründet wird das damit, dass 3 der 5 BAMH-Ratsvertreter inkl. des „alleinigen Sachbearbeiters“ Hartmann am 7.7. in Urlaub weilten, welchen sie bereits im Herbst 2015 gebucht hätten. Unabhängig davon, dass es bedenklich ist, wenn gewählte Ratsvertreter bei Urlaubsplanung keine Rücksicht auf die nur 6 Ratssitzungen pro Jahr nehmen, offenbart der o.g. Teil-Antrag von Herrn Hartmann ein erschreckendes Inkaufnehmen von Benachteiligung anderer Fraktionen durch die BAMH, welche genau dies in ihrer Klageschrift bei Gericht als Hauptargument für sich dann aber in vollem Umfang beansprucht. Es ist zwar irgendwie erklärlich, dass der Großteil der BAMH-Ratsvertreter ihren Urlaub vor den schulischen Sommerferien verbringen möchte, doch ist es weder sinnvoll, noch gerecht, dass zum Einen die Themen des Rates sich danach richten und zum Zweiten, dass dadurch die Benachteiligung von MBI und CDU wegen der Überläufersitze in vielen Ausschüssen um mindestens 1 Sitzungsfolge verlängert wird.

Herr Hartmann spricht in seiner mail mit der Anklageschrift davon, dass seine BAMH „… auch weiterhin jenen kollegialen Stil pflegen zu wollen, der dem Ansinnen des Rates angemessen ist“. Diese Scheinheiligkeit verhöhnt und verärgert Betroffene wie mich, denn seine „Kollegialität“ hat mir als Fraktionsvorsitzenden bereits 5 Extrasitzungen aufgezwungen und nach der Klage könnten es noch mehr werden, denn man weiß ja nicht einmal, ob seine Urlaubsplanung die Terminplanung anderer Ratsherrn wieder völlig über den Haufen werfen könnte.

5-AffenRat-2 Unabhängig von den besorgniserregenden Zerfallserscheinungen der westlichen Demokratien, die sich in Mülheim auch am Beispiel der BAMH offenbaren, muss man hoffen, dass eine Wiederbelebung der Demokratie von unten wieder in Gang kommt, die durch die groben Fehler der Merkel-Regierung gestoppt wurde und zum Erstarken u.a. der AfD führten, welche aber keine wirkliche Alternative ist, zumindest wenn man das Überleben der Demokratie im Sinn hat. Mehr u.a. in

  • Dez. 14: „Das Beispiel VHS zeigt: Direkte Demokratie notwendig zur Demokratie-Wiederbelebung!“ hier
  • Juni 15: „Demokratie in der Krise? Zumindest in Köln und Mülheim“ hier
  • Anfang Juni 16: „Aufstieg & Absturz der Angela M.“ hier
  • Ende Juni 16: Novo Argumente: „Die Brexit-Volksabstimmung und der Demokratieschock“ hier