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Wem gehört NRW eigentlich wirklich?

In den Osterwochen 2017 sendete das WDR-Fernsehen zwei Teile von jeweils 45 Minuten Länge zum Thema „Wem gehört NRW?“ Dieter Könnes ging in den zwei Folgen der Frage nach, wem Nordrhein-Westfalen gehört. Er zeichnete die Besitzverhältnisse in unserem Bundesland nach und erlebte dabei manche Überraschung.

WDR-Zweiteiler „Wem gehört NRW?“

Folge 1: Wald, Ackerland und Wasser (Flüsse, Seen)

Folge 2: Immobilien, Straßen und Städte

In Folge 2 am Mittwoch nach Ostern wurde auch Mülheim/Ruhr gezeigt als Beispiel für eine Stadt, wo sehr vieles privatisiert wurde, neben den Verkäufen der Ver- und Entsorgungsbetriebe (Wasser, Abwasser Müll, Straßenreinigung, Gas, Stromkonzession) auch mit sog. „Öffentlich Privaten Partnerschaften“ (ÖPP bei Schulen, Feuerwehr, Rathaus, Bücherei u.v.m.).
Zusammen mit einem MBI-Vertreter machte das WDR-Team eine ausgedehnte Stadtrundfahrt zu den vielen Mülheimer Lokalitäten der privatisierten Daseinsvorsorge. Der Bericht ist in der WDR-Mediathek noch bis April 2018 anzuschauen über

http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/video-wem-gehoeren-immobilien-und-strassen-in-nrw–100.html

Zum Thema auch
MBI-Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2017: Teil III zu Privatisierung der Daseinsvorsorge inkl. ÖPP-Irrwegen wie zu Autobahnen u.ä., insgesamt nachzulesen hier. Im folgenden der kurze Vorspann:

PPP-Projekte haben sich oft als teure und konfliktträchtige Lösungen erwiesen. Eine demokratische Kontrolle ist schwer möglich, auch wegen der langfristigen Verträge, die wenig Änderungen zulassen, Informationen über auftretende Probleme, die oft mit zusätzlichen Kosten für die Städte verbunden sind, sind nur in nichtöffentlichen Sitzungen (wenn überhaupt) zu bekommen. Dass daraus nicht wirklich gelernt wurde, zeigen die Bestrebungen, die zukünftige Bewirtschaftung von Autobahnen auch wieder über PPP-Projekte umzusetzen.

PPP-Diebstahl1Viele Bereiche der städtischen Daseinsvorsorge sind in Beteiligungsgesellschaften ausgegliedert, oft als ganz oder teilweise privatisierte GmbH`s. Informationen und Entscheidungen sind der Öffentlichkeit und oft auch den Ratsgremien entzogen, da Sache der entsprechenden Aufsichtsräte. Diese Beteiligungen sind zweifelsfrei lukrativ für die privaten Anteilseigner, während insbesondere verschuldete Kommunen PPP-Projekte zur Umwegfinanzierung nutzen für Projekte, die haushaltsmäßig nicht genehmigungsfähig wären.

Außerdem zur Erinnerung aus 2015:

PPP-Irrweg mit Muster- und Vorreiterstadt Mülheim?

Einst war das große PPP-Schulprojekt des Kreises Offenbach mit „Partner“ Hochtief ein bundesweit als Zukunftsprojekt gefeiertes Vorhaben. Nach 10 Jahren Erfahrung nun der große Katzenjammer und blankes Entsetzen. Dazu u.a. die Offenbach-Post vom 15.1.15:

  • “Gutachten fällt vernichtendes Urteil: PPP-Projekt: Millionen an Steuergeld verpulvert” hier

Ähnlich wird es noch vielen anderen Kommunen gehen, auch der Stadt Mülheim, die etliche Projekte über PPP oder PPP-ähnlich in den letzten Jahren bewerkstelligte, weil damit Investitionen nicht als solche im Haushalt auftauchten. Wie jeder andere Schwindel kommt aber auch der später dann ans Tageslicht, gell.
Dazu zur Erinnerung auch ein WAZ-Kommentar vom 24.7.14: „Nachdenken über verborgene Fallen“, nachzulesen hier, zum Hauptartikel vom gleichen Tag: “PPP-Projekte: Private Bau-Finanzierung treibt Städte in die Schulden“ hier.  Auszüge aus dem Kommentar gingen so:

„Gerne verschleiern wirtschaftsenglische Begriffe den Weg in böse Sackgassen. Cross Border Leasing war so einer. Deutsche Kommunen leasten Kanäle und Straßen von amerikanischen Briefkasten-firmen, bis der US-Gesetzgeber die Steuertricks stoppte. Da guckten manche Stadträte in tiefe Kassenlöcher.
Jetzt also: PPP. Oder Private Public Partnership…… Ein großer Teil der für die Kommunen vermeintlich rentierlichen Bau- und Betreiber-Modelle ist aber schon gescheitert. Man frage in Bonn, Velbert oder Gelsenkirchen nach ……. Wenn sich herausstellt, dass die nötige Kreditaufnahme der Auftraggeber zur Zahlung der Nutzungsgebühren ihre finanziellen Fähigkeiten überschreitet. Dann wird die heute bequeme PPP-Methode zur großen Schuldenfalle von morgen.

Nachdenken ist angesagt.“

Dem kann man nur zustimmen. Dennoch stellt sich folgende Frage:

Wieso kommt Mülheim in der WAZ-Aufzählung nicht vor, hat diese kleine Großstadt doch bereits heute mehr PPP-Finanzierungen als alle anderen Kommunen. Funktionieren also hier die PPP-„Kooperationen“ besser als woanders? Nein, hier redet man inzwischen nicht mehr drüber und sieht den finanziellen Bankrott irgendwie wie höhere Gewalt. Und deshalb gilt „Weitermachen wie gehabt“ und die nächsten PPP-Konstruktionen sind schon im Visier. Kitas, Altenheime uswusf.. Es gibt noch etliches, bei dem man mit Millionen Steuergeldern auf Jahrzehnte Banken und Firmen risikolos reich machen kann und sich als Stadt gleichzeitig rühmen kann, was man/frau doch so Schönes für seine Bürger tut. Wie bei anderen Fehlentwicklungen wie z.B. die viel zu enge Bindung an den trudelnden RWE-Konzern kommt die „Vorreiterstadt“ Mülheim dann in den Berichterstattungen kaum vor, wenn die Probleme nicht mehr zu leugnen sind, obwohl gerade in Mülheim am deutlichsten und am weitesten fortgeschritten.

Warum auch immer, im folgenden einiges zu

Mülheim, „Muster“- und Vorreiterstadt für den deutschen PPP-Irrweg?

In 2007 hatte die von den MBI getragene BI „Mülheim bleibt unser“ einen Bürgerentscheid in Mülheim/Ruhr gegen weitere Privatisierung insbesondere durch PPP-Projekte (public private partnership) erwirkt. Ca. 18% (über 24.000) aller Wahlberechtigten stimmten mit Ja, 6% mit Nein. Da damals in NRW noch das 20%-Quorum galt, war der Entscheid leider gescheitert. Die Stadt Mülheim hat inzwischen ganz viele Großprojekte, die über PPP oder PPP-ähnliche Konstruktionen durchgeführt, d.h. „umwegfinanziert“ wurden,. Medienhaus, 3 große Schulen im Paket, 2 Feuerwehren, das stadtgeschichtliche Museum, das Haus der Wirtschaft, die Restrathaussanierung u.v.m. wurde in wenigen Jahren „gestemmt“ , obwohl das Geld dafür nicht da war. Diese Umwegfinanzierungen tauchten alle zuerst nicht im Haushalt auf, dafür später unter „Mieten“ und das auf 25 oder mehr Jahre und per „Forfaitierung mit Einredeverzicht“. Das Perfideste ist, dass die meist Baukonzerne nicht nur Bau oder Sanierung tätigen, sondern auch das Objekt auf Jahrzehnte betreiben, inkl. Hausmeister, Heizung, Hof- und Straßenreinigung u.v.m.. Die Stadt mietet dann die eigenen(!) Gebäude an, womit auch die demokratische Kontrolle nicht mehr möglich ist, weil ja privat.

Man muss kein Experte sein, um zu sehen, dass diese gigantische Schuldenfallen auf Kosten auch kommender Generationen sind. Außerdem geht die Demokratie dabei in wichtigen Bereichen zugrunde und anders als „normale“ Mieter darf die Stadt wegen Einredeverzicht nie Mietminderung einsetzen, wenn die Leistung mangelhaft ist. Was passiert, wenn der „Betreiber“ der städt. Immobilie in Konkurs geht, ist noch ein weiteres unkalkulierbares Risiko. Wie eine eine derart hilflos gemachte Stadt Finanzier von reinen Finanz- und Spekulationsprodukten wird, hat u.a. bereits der sofortige Weiterverkauf der Hauptfeuerwache gezeigt. Übrigens: Wie fast alle anderen PPP-Projekte auch ist die Feuerwache nicht zuletzt  durch die PPP-Konstruktion erleichtert deutlich überdimensioniert und arg luxuriös geworden.

Die Stadt Mülheim, bisher immer niedrige Arbeitslosigkeit und robuste Wirtschaft, ist inzwischen eine der am höchsten verschuldeten Großstädte Deutschland, zudem wegen der viel zu engen Bindung an das RWE auch noch sogar bilanziell überschuldet. Hauptgründe für das Desaster sind neben der fatal engen RWE-Bindung das ruinöse Prestigeprojekt Ruhrbania und die vielen PPP-Projekte, so dass inzwischen der Sockel an unveränderlichen Ausgaben für die stetig steigenden Betreiberkosten und die als „Mieten“ getarnten Abzahlungen von realen Investitionskrediten, die aber in keinem Haushalt standen, schon sehr groß geworden ist.

Das alles war auch für Laien bereits vor Jahren absehbar und konnte nicht anders kommen. Dennoch haben 2007 in Mülheim neben SPD, CDU und FDP auch ver.di und die Grünen beim Bürgerentscheid für Nein geworben. (Rechts im Bild das Plakat der PPP-Befürworter gegen den Bürgerentscheid, was großflächig plakatiert und als Postkarte an alle Haushalte ging!) Auch der Bund der Steuerzahler war lange Zeit ein Befürworter von PPP-Projekten. Mehr zu dem PPP-Bürgerentscheid 2007 hier. Mehr zu den PPP-Befürwortern hier

Wie der o.g. WAZ-Artikel zeigt, warnen nun auch ver.di und der BdS vor PPP. Die späte Einsicht ist ja gut und richtig, hilft aber vielen Städten, die sich auf PPP einließen, meist nicht mehr. In Mülheim mit seiner exzessiven PPP-Politik ist das fatal. Rückabwicklung wäre zwar sinnvoller, demokratischer und auf Dauer viel billiger, wie aber soll eine hoffnungslos auch bilanziell überschuldete Stadt das machen?

Dazu nur folgendes: Als der Hannoveraner Fonds Anteilscheine an der gekauften Mülheimer Feuerwache weiterverkaufte, hatten die MBI beantragt, die Fonds-Anteile zu kaufen, um so die Gesamt-Abzahlungen um viele Millionen zu reduzieren. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, die Aufsichtsbehörde des RP würde dies nicht genehmigen.

Alle Aufsichtsbehörden haben PPP dagegen immer genehmigt und die Bedenken der Rechnungshöfe fast immer in den Wind geschrieben Man hat lieber den Gutachterbüros vertraut, die für sehr teures öffentliches Geld die Kosten schönrechneten, nicht selten sehr simpel. Doch auch das interessierte lange scheinbar fast niemanden der Verantwortlichen in Stadt, Land oder Bund, die allermeisten Medien auch nicht.

Wenn das Kind dann im Brunnen liegt, war wieder keine/r dran schuld, oder ……………….???

P.S.: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wird ab 2018 mit PPP-Projekten sicherlich noch schwerer umzusetzen sein, egal auf welcher Ebene

Mehr zu den Mülheimer Privatisierungsorgien inkl. PPP u.a. in

  • MBI-Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2017: Teil III zu Privatisierung der Daseinsvorsorge inkl. ÖPP-Irrwegen wie zu Autobahnen u.ä. hier
  • Frontal 21 zu PPP-Irrwegen wie dem Mülheimer Medienhaus, auf youtube hier
  • WAZ: PPP-Projekte treiben Städte in die Schulden: PPP-”Musterstadt” Mülheim wieder kaum erwähnt hier
  • Das Husarenstück mit der Mölmschen Feuerwache als PPP-Umwegfinanzierung, genau wie beim swap-Debakel folgenlos? hier
  • Das Jahrzehnt des totalen Ausverkaufs öffentlicher Güter hier
  • Ostergeschenk: Altenheim Kuhlendahl bleibt unser, wenigstens teilweise! hier
  • Nagelneue Feuerwache nun Finanzprodukt mit hoher garantierter Gewinnerwartung hier
  • Sondersitzung zu Rekommunalisierung des Stromnetzes und Auflösung der Ruhrbania-Gesellschaft kläglich verschenkt! hier
  • Irrweg PPP-Schulsanierung hier
  • “Mülheim oder das große Schweigen” – WDR-Feature zu den unglaublichen Privatisierungsgeschichten unter Baganz und Mühlenfeld als pdf-Datei (375 KB)