Die apokalyptische Katastrophe in Japan im März 2011 wird die Welt erschüttern. Gleichzeitig bebt selbst der arabische Teil Afrikas, in dem die Haupt-Ölvorkommen sind. Uns allen stehen unruhige Zeiten und tiefgreifende Veränderungen bevor.
Das läßt sicher Herrn Berlusconi kalt, der ja bekanntlich auf anderen Wolken herum turnt. Ähnlich abgehoben von vielen Realtäten erscheint aber auch die lokale Politik in der Heimatstadt der NRW-Ministerpräsidentin, in Mülheim a.d. Ruhr.
Ungeliebte MBI-Anträge zu “Ruhrbania Desolata” aus dem Stadtrat vertagt. Spannender 15. März für Mülheim/Ruhr? in NrhZ Nr. 292 hier und Kurzbericht von einer schlimmen Sitzung am 15.3.11 als Tiefpunkt der bisherigen Mölmschen Demokratitur „Mülheim drunter und drüber!“ hier
Am Dienstag, dem 15.03.2011, fand um 16 Uhr eine gemeinsame Sitzung des Planungsausschusses der Stadt Mülheim mit der Bezirksvertretung 1 im Forum der VHS statt. Folgende T a g e s o r d n u n g für die gemeinsame Sitzung:
I. Öffentliche Sitzung (gemeinsame Sitzung Planungsausschuss mit der BV 1)
- TOP 1: Sitzungseröffnung und Aussprache zur Tagesordnung der öffentlichen Sitzung
- TOP 2: Bebauungsplan „Mendener Straße/Bergerstraße – H 18“ hier: Einstellung der eingeleiteten Planung für den Bereich Vorlage: V 10/0839-01, Berichterstattung: Helga Sander
- TOP 2.1: Zusatzantrag zum TOP „Bebauungsplan „Mendener Straße/Bergerstraße – H 18“ – Einstellung der eingeleiteten Planung für den Bereich – Vorlage: V 10/0839-01, Antrag der MBI-Fraktion vom 05.11.2010 Vorlage: A 10/0852-01, Berichterstattung: Lothar Reinhard. MBI-Antrag hier
- Top 3: MBI-Antrag A 11/0197-01 „Moratorium für die Ruhrbania-Baufelder 3,4 und 5 und Einleitung eines Änderungsverfahrens für den Bebauungsplan „Ruhrpromenade – I 31“. Berichterstattung: Annette Klövekorn und Lothar Reinhard. MBI-Antrag nachzulesen hier
Es ging irgendwie um die gleiche Wurst, nämlich um die Frage, ob die Mehrheit der Mölmschen Politik in der Lage ist, kapitale Fehler zu korrigieren und trotz der verheerenden Fehlentwicklungen in unserer Stadt beim „Weiterso“ bleibt, was einem Begräbnis gleich käme.
Neben der katastrophalen Finanzlage (der lange überfällige RP-Bescheid zum Etat 2010 kam Ende März 2011, vgl. „RP lobt Nothaushalt? Wie bitte?“ hier) gibt es 2 erhebliche Felder, in denen dringendst umgesteuert werden muss:
- Ruhrbania und der dramatische Niedergang unserer Innenstadt
- Die inflationäre Ausweisung immer neuer Baugebiete
Zu 1. hätte spätestens vor 1 Jahr bereits das Moratorium beschlossen werden müssen. Geschah nicht und die Lage der Innenstadt ist bedrohlich. Da insbesondere SPD und CDU auch dieses Mal irgendwie weiterwurschteln wollen, gute Nacht Mülheim!
2 Bilder von Ruhrbania, Baufeld 1+2: links vor Ruhrbania, rechts heute. Nicht vergessen: auch der gesamte Komplex Kaufhof (rechts oben inkl. Parkhaus daneben) steht seit fast 1 Jahr leer, wie viele Geschäfte drum herum und der Neubau Stadtbadanbau sowie das Gebäude ex-Woolworth Anfang Schlossstr. gegenüber dem leeren Kaufhof ebenfalls
Nicht zu fassen war der Umgang am 15. März 11 mit Ruhrbania, dem Prestigeprojekt, das die Stadt Mülheim in Schutt und Asche legte. Völlig zerrütte Finanzen, eine Innenstadt als Trümmerlandschaft mit beängstigendem Leerstand und eine missratene Verkehrsführung sind die Zwischenergebnisse, die das Urbane aus dem Kunstwort RuhrBania wie Apokalypse aussehen lassen. Der Bebauungsplan ist nur noch ein Torso, das Kaufhofproblem enorm. Hinzu kommt der vom Verfassungsgericht kassierte Landeshaushalt und der am Freitag endlich vom RP der Stadt Mülheim aufgetragene Nothaushalt rückwirkend auch für 2010. Kurzum: Mehr als genügend dringende Gründe, bei Ruhrbania innezuhalten und zu versuchen zu retten, was noch geht. Das wollten die beiden MBI-Anträge. Leider stimmten SPD, CDU, FDP und ein Grüner (H. Niehoff) dagegen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michels hatte noch im Januar in der WAZ die Verkehrsführung massiv kritisiert und es als schweren Fehler bezeichnet, dass man nicht bereits vor 1 Jahr dem MBI-Moratoriumsantrag gefolgt war. Nun aber, wo die Lage noch viel schlimmer ist, stimmt auch die CDU geschlossen dagegen. H. Niehoff fand das Moratorium grundsätzlich richtig, stimmte aber dagegen, weil die MBI auch die Zerstörung weiterer Rampen zu oder von der Nordbrücke unter Moratorium gefasst hatten.
Folgerichtig fassten BV 1 und Planungsausschuss dann später den Baubeschluss „Ruhrpromenade zwischen Hafen und Eisenbahnbrücke“, von dem man hofft, dass die meisten Millionen vom Land kommen. (Mit Hafen ist der alberne Wasserwanderrastplatz für 4 Mio. € neben den seit Jahren unverkäuflichen Luxuswohnungen im Stadtbadanbau gemeint!)
Ebenso verkündete die Stadtzerstörungsdezernentin bzw. ihr Amtsleiter für Verkehrschaosplanung, dass ab 11. April nun auch die Rampe von der Aktienstr. zur Nordbrücke vernichtet werde, also die, welche u.a. nach Speldorf führt. Doch was soll`s, noch ein bißchen mehr Verkehrschaos macht nix, gell. Viele Mülheimer fahren ja schon lange nicht mehr in ihre Innenstadt.
- MBI-Moratoriumsantrag vom letzten Jahr hier.
- Der aktuelle Antrag hier
- Geisterfahrten durch Ruhrbania hier
- Aus dem Innenleben des Mölmschen Filzes oder wie Mülheim an die Wand gefahren wurde …. hier
Zu 2. ist es nicht mehr nachvollziehbar, wenn selbst der eigentlich mausetote B-Plan Mendener/Bergerstr. künstlich am Leben erhalten wird. Es ist absurd, wenn die CDU in der WAZ behauptet: „Wir sind weit jedoch davon entfernt“, so Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer, „ein Planungsverfahren mittendrin zu stoppen.“ Auf mögliche Investoren in Zukunft könnte dies aus Sicht der CDU ein verheerendes Signal sein.“ Der unvermarktbare Stadtbadanbau oder die hundsmiserable Verkehrsführung oder die abzockende Gebührenpraxis der Stadt Mülheim sind verheerende Signale, nicht der Erhalt einer städtebaulich und ökologisch wertvollen Wiese! Das klingt nach: „Haben wir aber versprochen, dass diese Wiese jetzt versilbert werden kann.“ Seit 1970 wäre das möglich gewesen und da war das nahe Kocks Loch noch sehr lange kein FFH-Gebiet! Das hätten CDU und SPD bedenken müssen, bevor sie jetzt etwas versprachen! Der ganze WAZ-Artikel hier
Doch zum 3. Mal hintereinander verhinderten SPD und CDU mit dem magischen Wort „Beratungsbedarf“ eine Abstimmung. Diese Fraktionen sind aber de facto nur entscheidungsunfähig, sonst nichts. Alle Fakten sind ihnen lange bekannt. Was den Bürgern vorgeführt wurde, ist ein Tiefpunkt demokratischer Kultur.
Wenn bestimmte Politiker aus dem Denken der 60iger Jahre nicht herauskommen und mit einer inflationären Bebauungspolitik in einer schrumpfenden Stadt die ökologischen Grundlagen opfern und gegenüber den Eigentümern von Alt-Immobilien Harakiri betreiben, so ist das zwar bedenklich, aber eine Sache. Die Bürger mit Spielchen wie „Beratungsbedarf bis St. Nimmerlein“ auch noch regelrecht zu vera…, das stößt sehr böse auf.
Unabhängig davon werden die weiteren inflationären B-Plan-Orgien zusehends Vermarktungsprobleme bekommen wie der an der Mergelstr., für den später in der Sitzung am Di. die Frist zur Durchführung verlängert werden muss. Viel schlimmer wird das alles für das Gros der Alt-Immobilienbesitzer werden, deren Häuser und Wohnungen bald deutlich an Wert verlieren werden! Man stelle sich vor, alles bereits Beschlossene, selbst ohne Ruhrbania, würde noch gebaut: Exerzierplatz Kasernengelände, Fünter- und Mariannenweg, Aug.Thyssen-Str., Oemberg, Dreieck Heimaterde, Gracht, Hochfelder Str., Blötter- , Postreit-, Fänger- und Hantenweg, Tilsiter und Augusta-Str., demnächst Kuhlendahl, immer noch Saarner Kuppe uswusf… Für viele Besitzer älterer Immobilien bedrohlich!!!!!
Wenn dann mit den altindustriellen Flächen von Lindgens, Ibing und Rauen noch richtig attraktive Wohnungen dazu kommen, was am Dienstag auch beschlossen wird, dann aber hallo und Ruhrbania, Baufeld 3,4,5 ade!
Genau wie zur Innenstadt gilt: Wenn jetzt nicht das Steuer herum gerissen wird, treibt das Schiff Mülheim im zunehmenden Affenzahn in die Stromschnellen hinein!
Deshalb stand Mülheim im Forum der VHS an einer Art Scheideweg. Da die Strategen von SPD und CDU aber erneut gekniffen haben, wird es demnächst auch für sie nicht gerade einfacher. Die Stadt selbst aber bewegt sich im Eiltempo auf die Selbstaufgabe zu
- Baupolitik umorientieren jetzt! hier
- Die zerstörerische Mölmsche Bauwut ist Harakiri! hier
- Der Neoliliberalismus frißt seine Kinder, Beispiel Mülheim, hier
- Aus dem Innenleben des Mölmschen Filzes oder wie Mülheim an die Wand gefahren wurde hier
- Mülheim drunter und drüber? hier
- Offener Brief der BI “Frische Luft für Mülheim” an die Mülheimer NRW-Ministerpräsidentin Kraft zum Thema: “Unverantwortlicher Umgang mit Flächenverbrauch in NRW, Beispiel Mülheim an der Ruhr” als pdf-Datei (62 KB)
Irgendwie wird einem schwindelig bei derartiger Ausblendung aller Realitäten, wie die Mölmschen Politiker es größtenteils tun. Weiter so, selbst wenn die Welt untergeht o.ä.?? Hauptsache wir müssen keinen Fehler zugeben. So lauten die Botschaften.
Irgendwie aber auch so, als hätte die japanische Regierung erst einmal Beratungsbedarf angemeldet, bevor der Tsunami als solcher erst in der folgenden Sitzung zur Kenntnis genommen und als solcher anerkannt werden konnte.