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BI „Mülheim bleibt unser“ fragt nach Verantwortung der OB bei swap-Verlusten

c/o Reinald Schnell, Kuhlenstr. 4, 45468 Mülheim

Mülheim, April 2011

 

OFFENER BRIEF zu den Millionen-Verlusten mit Zinswetten (swaps)

An die Fraktionen im Rat der Stadt Mülheim,
nachrichtlich an die Medien

Sehr geehrte Damen und Herren,

verärgerte Mülheimer Bürgerinnen und Bürger fragen sich, wie es geschehen konnte, dass ihre Stadt 6,1 Millionen Euro mit Swaps „verzockt“ hat ? Geld, welches die Stadt mehr als dringend braucht. Mehr dazu hier oder hier

Der Tagesordnungspunkt der Sitzung des Finanzausschusses im Oktober 2003 : „Einsatz von Derivaten zur Minimierung der Zinsbelastung für Kredite“, hätte die Mitglieder des Ausschusses warnen müssen. Fast jeder interessierte Laie hatte doch schon gelesen oder gehört, dass Zinsgeschäfte nicht sicher vorausschaubar sind. Wieso war nur ein einziges Ausschussmitglied skeptisch?  Laut eines Artikels der WAZ vom 8.4.2011 kann man davon ausgehen, dass die „immanenten Risiken“ genannt wurden.

Trotzdem bleibt die Frage: Mit welchen Informationsstandard informierten die Vertreter einer Landesbank (West LB ) die kommunale Verwaltung und die dann gewählte Ratsmitglieder ? Wie weit waren diese überhaupt „entscheidungsfähig“ in der komplizierten Materie?

Für die Bürgerinitiative „Mülheim bleibt unser“ sind die real „verzockten“ 6,1 Millionen Euro ein Beispiel dafür, dass für die Privatwirtschaft vielleicht noch wirtschaftliche Handlungsmöglichkeiten allerdings für öffentliche Haushalte nicht tragbar sind. Von daher muss man den Verantwortungsbereich der Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld ansprechen. Sie ist die Repräsentantin aller Bürger der Stadt Mülheim a.d.Ruhr und Chefin der Stadtverwaltung. In diesem Sinne hat sie darauf zu achten, dass u.a. der Kämmerer mit seiner Arbeit keine Risiken eingeht, die die öffentlichen Aufgaben der Gemeinde gefährden könnten.

Wir hätten daher gerne Antworten auf die Fragen:

  • Mit welchen inhaltlichen Grundlagen überprüft und kontrolliert sie die Arbeit der Kämmerer ?
  • Unter welchen Umständen waren die Initiativen von Gerd Bultmann (Kämmerer bis Nov.2005) möglich?
    Musste die OB zustimmen? Wurde der RP um Zustimmung gefragt, da sich die Stadt 2003 im Nothaushalt befand?
    Wenn nein, warum nicht?

Die genannten sichtbaren Fehlentwicklungen können aus dem Verantwortungsbereich der Oberbürgermeisterin nicht heraus genommen werden. Auch sie muss die Verantwortung übernehmen!

Für die BI „Mülheim bleibt unser“: Reinald Schnell, Lothar Reinhard

Keine einzige Fraktion im Rat der Stadt fand es nötig, auf den Brief zu antworten, auch keine einzige Empfangsbestätigung, auch kein Artikel in einer Zeitung! Die Verantwortung der OB in dem ganzen Debakel mit Zinswetten ist ein Tabuthema!

  • 17.3.12: Die Stadt Mülheim muss der WAZ nach einem Gerichtsurteil Einsicht in das Gutachten ihres Rechtsamtes gewähren, das nach der Millionen-Pleite mit Zinswetten mögliche Haftungsansprüche gegenüber der West LB als Wettpartnerin sowie Ex-Kämmerer Gerd Bultmann und leitenden Beamten zum Gegenstand hat. Per Berufung will “die Stadt” weiter Zeit gewinnen. Bitte nicht! Klagt lieber endlich Schadensersatz ein! MBI: Keine weitere Vertuschung im swap-Debakel hier oder bei xtranews
  • 15.3.12: WAZ: „Millionen-Pleite mit Zinswetten – Stadt muss Gutachten freigeben! Die Stadt Mülheim muss der WAZ Einsicht in das Gutachten ihres Rechtsamtes gewähren …”, so das Urteil des Verwaltungsgerichts! Mehr hier

Meldungen zu bundes- und europaweiten Anti-Privatisierungsaktiväten

12.6.11: Volksbefragung in Italien: viermal JA ! Dabei zweimal „JA“, um das Trinkwasser als Dienstleistung für die Bürger zu retten.

  • Das 1. „Ja“ hebt das Gesetz auf, das die Kommunen verpflichtet, das Wasser und andere öffentliche Gemeingüter den multinationalen Konzernen zu verkaufen;
  • das 2. „Ja“  hebt das Gesetz auf, das den privaten Wasserunternehmen 7% Rendite auf Kosten der Bürger garantiert.
  • Das 3. „Ja“ verhindert den Bau von Atomkraftwerken in Italien.
  • Das 4. „Ja“ hebt das Gesetz auf, das es dem Ministerpräsidenten und den Ministern ermöglicht, nicht vor Gericht zu erscheinen.

Die Berlusconi Regierung hat den Massenmedien ein völliges  Schweigen über das Referendum verordnet. Sie hofft, dass das Referendum scheitert, weil die Bürger nicht erfahren, dass es stattfindet, denn es sind 50% + 1 Stimme für den Erfolg des Referendums notwendig. Auch das verkörpert die italienische Schande für die europ. Demokratien durch Berlusconi&Co.!

15.5.11: In Hamburg sammelt ver.di Unterschriften für ein Volksbegehren „Keine Privatisierung ohne Volksentscheid!“ und »Unser Hamburg – unser Netz«, das Bündnis aus Verbraucherzentrale, evangelischer Diakonie und Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) startete das weitere Volksbegehren, daß die Strom-, Gas- und Fernwärmenetze in der Hansestadt wieder in Staatshand übernommen werden. Mehr im jw-Artikel hier

18.4.11: Von 12 bis 16 Uhr „Water meets money“-Kundgebung anlässlich des “global Water summits “, der vom 17. bis 19.4. im Interconti in Berlin stattfindet. Aktionen rund um den „Ammonitenbrunnen“ auf dem Olof-Palme-Platz (auch bekannt als „Elefantentor“) -> Lageplan. Zur Erinnerung: In Mülheim wurde 2002 das Wasserwerk RWW an das RWE verkauft. Zur Mülheimer Wasserprivatisierung: “Über die Wasserversorgung der Stadt Mülheim und wie sie unsauber und unter Wert verkauft wurde” als pdf-Datei (150 KB)

13.2.11: Erfolgreicher Berliner Volksentscheid für die Offenlegung aller Verträge zum Berliner Wasser-Geschäft. Herzlichen Glückwunsch! Bekanntlich wurde die Berliner Wasserversorgung zu 49% mit geheimen PPP-Verträgen an RWE und Veolia verhökert. Folge u.a.: 35% Wasserpreiserhöhung. Motto des Volksentscheids: „Unser Wasser ist keine Ware – holen wir es uns zurück!“.

27.10.10: Das Wasser-Volksbegehren in Berlin wird erfolgreich sein! Damit droht veolia und RWE ganz konkret zum ersten Mal weltweit, dass offenbar wird, was in den Geheimverträgen steht!! Statt der geforderderten 172000 für das Volksbegehren „Unser Wasser“ konnte der Berliner Wassertisch heute Mittag 265 400 Unterschriften abgeben! Doch es werden noch mehr. Glückwunsch auch aus Mülheim! Ein Meilenstein auch gegen die PPP-Geheimverträge!

25.09.10 von 10:30 – 26.09.10 bis 14:00 – Berlin. Bundestreffen PPP-Irrweg-Kampagne, mehr hier

23.9.10: Water makes money, Film von Leslie Franke zur Wasserprivatisierung hat Premiere, und zwar zeitgleich in vielen deutschen, französischen und anderen europäischen Städten und Gemeinden. Veranstaltungskarte unter http://www.watermakesmoney.com/de/premiere.html. Im Ruhrgebiet in Dortmund im  Pumpwerk Dortmund Evinger Bach und in Recklinghausen im Cineworld. Der Film wurde am 22. und 24. März 20011 auch in Arte gezeigt!

letzes Treffen der BI „Mülheim bleibt unser“ am Do, dem 2.9. 2010, um 19 Uhr in der MBI-Geschäftsstelle, Kohlenkamp 1

23. Juli 2010:  In Hamburg hat ver.di ein Volksbegehren gestartet unter dem Motto „Die Stadt gehört uns – Keine Privatsierung gegen den Bürgerwillen“. Begründung und Eintragungsliste als pdf-Datei (137 KB) hier

Ziel ist es durch eine Verfassungsänderung künftig vor allen geplanten Privatisierungen von Einrichtungen der Daseinsvorsorge zwingend einen Volksentscheid zu setzen. Genau so so ist das in der Schweiz geregelt! Mehr Informationen von verdi Hamburg hier. Nach nur 3 Wochen konnten 13.836 Unterschriften im Rathaus übergeben werden. Das sind deutlich mehr als die notwendige Zahl der Unterschriften zur Einleitung eines Volksbegehrens!

Die Hamburger Initiative ist sehr unterstützens- und vor allem nachahmenswert!

In Mülheim/Ruhr hatten wir 2005 einen erfolgreichen Bürgerentscheid gegen weitere Privatisierung der Daseinsvorsorge, vgl. hier. Auch deshalb durften die städt. Altenheime nicht privatisiert werden. Doch nach 2 Jahren verliert ein Bürgerentscheid seine Bindungswirkung.

So plante dann die Mülheimer Stadtspitze, alles mögliche nach den 2 Jahren zu privatisieren, meist per PPP wie Medienhaus, Feuerwehr, Rathaus und Schulen. Die Erneuerung des Bürgerentscheids scheiterte 2007 leider knapp am zu hohen NRW-Quorum. Mehr hier.
Mit der katastrophalen Haushaltslage wird der Ausverkaufsrausch bestimmt noch gesteigert werden, wenn nicht bald ein Riegel vorgeschoben wird in Form einer Notbremse per Volk- oder Bürgerentscheid!

Es eilt sehr, denn viele Städte sind de facto bankrott!

Die MBI und die BI „Mülheim bleibt unser“ hoffen, dass verdi in NRW ganz schnell die Hamburger Initiative für NRW übernimmt. Mit der neuen Regierung in Düsseldorf könnte da auch etwas zu machen sein!

Letztes Treffen der BI „Mülheim bleibt unser“ war am Mi., dem 9. Juni.

Kommunal- und Bundestagswahlen mit den jeweiligen peinlichen bis ratlosen Nachgeplänkeln waren letztes Jahr. Am 9. Mai folgten die NRW-Landtagswahlen, mehr dazu hier. Auf breiter Front wurde in Deutschland fast alles auf nach den NRW-Wahlen verschoben, so auch die Privatisierungsfrage. Das Credo der auch deshalb abgewählten Düsseldorfer Regierung lautete „Privat vor Staat“, ein auf allen Ebenen gescheitertes Konzept, was inzwischen auch Rüttgers öffentlich zugab.

Die Wirtschaftskrise hat die öffentlichen Finanzen völlig zerrüttet. Insbesondere in den Kommunen stehen schwere Einschnitte für die Bevölkerung bevor. Das finanzielle Elend ist dann häufig die Ausrede, um in bedenkliche Umwegfinanzierung durch PPP-Modelle einzusteigen. Trotz vielfältiger negativer Erfahrung und obwohl sich herumgesprochen hat, dass PPP ein Turbo-Verschuldungsmodell ist, aus dem die Städte kaum noch herauskommen, fallen immer noch Städte wie jetzt Mülheim darauf hinein und sie „bedienen“ sich dieser Möglichkeit der „kreativen“ Bilanzführung.

Bundesweit sind im Gegentrend dazu aber Rekommunalisierungen auf der Tagesordnung. Die Mehrheit der Bevölkerung will ohnehin schon länger keine weiteren Privatisierungen, wie auch diverse erfolgreiche Bürgerentscheide bewiesen haben.

Die Bundes- und die NRW-SPD haben zwar Beschlüsse gegen Privatisierung und für Rekommunalisierung gefasst, aber PPP nicht einbegriffen. Auch die Mülheimer SPD und ihre SPD-OB haben nun mit Brachialgewalt die Schulsanierung dreier Schulen per PPP jetzt durchgezogen, obwohl gerade deshalb bei diesen 3 Schulen alles auch noch viel länger dauerte: Zum Beschluss aus 2006 wurde jetzt im Mai 2010 die Vergabe beschlossen! Das  Konjunkturprogramm letztes Jahr war für diese 3 maroden Schulen wegen PPP ebenfalls nicht einzusetzen.

Die Investitionssumme ist von erst 28 auf 44 und dann auf 50 Mio.€ gestiegen. Gesamtpaket inkl. Betreibung der Schulen mind. 170 Mio.. Ein Irrweg, der 25 Jahre lang kaum noch Korrekturen zulässt und die demokratische Kontrolle ausgeschaltet hat! Die Fallstricke, die in 19 Ordnern Verträgen stecken, sind vielfältig und kaum zu überblicken. Dazu auch

  • Die MBI hatten für die Ratsitzung am 27.5.10 einen dezidierten Fragenkatalog eingereicht zu TOP 7.1 (öffentlich) und TOP 20.1 (nichtöffentlich): “ Sanierung / Modernisierung mit teilweisen Neubauten von drei Mülheimer Schulen sowie Gebäudebetrieb von ausgewählten Schulen im ÖPP-Modell – Vorlagen: V 10/0277-01 und V 10/0278-01″, nachzulesen als pdf-Datei (35 KB)
  • „Kein Haushalt, aber PPP mit Geheimniskrämerei! Zwischen Absurdistan und Bananenrepublik“ – Bericht von einer bedenklichen Ratssitzung am 27.5.10 hier
  • Zu Irrweg PPP-Schulsanierung hier

Geheimniskrämerei, langfristige Betonierung der Verschuldung, Prädestinierung von Schulentwicklungsplanung, überhöhte Investitionskosten und Ausschaltung des lokalen bzw. regionalen Mittelstandes, all das ist PPP-immanent. Fast überall haben die Kommunen das inzwischen erkannt und solche PPP-Modelle wurden zuletzt kaum noch gemacht bzw. abgelehnt, wie vor 10 Tagen in Wilhelmshaven, wo selbst Rücktrittsandrohungen des OB eine Ratsmehrheit nicht mehr von der Ablehnung des unverantwortlichen PPP-Schulprojekts Gymn. Am Mühlenweg abhalten konnte!

In Mülheim aber hoffen Verwaltung und Ratsmehrheit anscheinend, dass irgendeine Düsseldorfer Regierung mit der Mülheimerin Frau Kraft als neuer Ministerpräsidentin die Dukaten regnen lässt! Ein Irrglaube!

Die bundesweite Kampagne „PPP-Irrweg“, wie sie im letzten Mai in Mülheim beim Bundestreffen der Anti-Privatisierungs-Initiativen (APRI) beschlossen wurde, ist seit letztem Herbst gestartet und bietet hervorragende Informationen.

weitere Literaturhinweise und Links zur Privatisierungsproblematik

für die BI „Mülheim bleibt unser“: Uwe Tschirner, Lothar Reinhard, Reinald Schnell