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Keine weitere Vertuschung zum swap-Debakel

18.12.12: WAZ Mülheim: “Mülheims ÖPP-Projekte entziehen sich der Kontrolle” und “Mülheimer ÖPP-Schulsanierung 9,6 % teurer als kalkuliert”
1.5.12:
MBI-Anträge zu „Schluss mit swaps u.a. spekulativen Geschäften der Stadt Mülheim, dafür Schadensersatzklagen und endlich Transparenz“, auch nachzulesen in xtranews.
29.4.12:
xtranews: “Mülheim und die Zinswetten, ein Trauer- und systematisches Versteckspiel?”
25.4.12:
WAZ-Mülheim zu Persilschein für die Stadt und Schadensersatzklage gegen WestLB zu Währungsspekulation: Stadt will von West LB Schadenersatz für Desaster mit Swaps

13.4.12: Heute, Freitag dem 13.,  lief die Frist ab wegen Berufung gegen das Gerichtsurteil, dass die Stadt der WAZ Akteneinsicht in ihr Gutachten zu swaps gewähren muss. Die Stadt Mülheim muss bekanntlich der WAZ nach einem Gerichtsurteil Einsicht in das Gutachten ihres Rechtsamtes gewähren, das nach der Millionen-Pleite mit Zinswetten mögliche Haftungsansprüche gegenüber der West LB als Wettpartnerin sowie Ex-Kämmerer Gerd Bultmann und leitenden Beamten zum Gegenstand hat (mehr s.u.). Per Berufung will “die Stadt” nun weiter Zeit gewinnen und möglichst alles soweit möglich unter Verschluss halten. Einzig deshalb hat das Rechtsdezernat nun Berufung gegen das Gerichtsurteil eingelegt. Nein, Mülheim/Ruhr gehört zu keiner sog. Bananenrepublik (die liegen bekanntlich in Zentralamerika), nur der Begriff Transparenz ist irgendwie mit den städtischen Vorgängen nicht vereinbar! Zum Thema auch xtranews: “Geheimniskrämerei pur, in Mülheim a.d. Ruhr? »und NRhZ Nr. 350 vom 18.4.12: Geheimniskrämerei als weitere Vertuschung zum swap-Debakel! auch als pdf-Datei (41 KB)

MBI fordern: Schluss mit der Geheimniskrämerei zu den Millionenverlusten durch Zinswetten mit swaps oder Währungsspekulation! Keine Berufung bitteschön. Klagt dafür endlich auf Schadensersatz! Auch in Xtranews vom 17.3.12
Und WAZ vom 5.4.12: „Stadt hält Zinswetten-Gutachten unter Verschluss“ hier

Das ist nun wirklich nicht alltäglich:
Die WAZ-Lokalredaktion Mülheim erstritt beim Verwaltungsgericht ein Urteil, das ihr Einsicht in das Gutachten des Mülheimer Rechtsamts gewährt, welches nach den verzockten Millionen mit swaps keine Haftungsansprüche gegen die Zocker-Bank WestLB oder die agierenden Kämmerer bescheinigt, vgl. WAZ-Artikel unten. Freiwillig wollte das Amt seine Stellungnahme der Öffentlichkeit nicht preisgeben.

Die Diskussion darum war im März/April letzten Jahres erneut aufgekommen, nachdem der BGH als oberste gerichtliche Instanz Banken zu Schadensersatz verurteilt hatte. Doch Mülheim wollte und will bis heute – anders als andere Städte wie z.B. Remscheid -nichts gegen niemand einklagen! Insbesondere die WAZ bohrte nach und deckte immer mehr Ungereimtheiten auf. Die Stadt mauerte, so dass die WAZ schließlich Klage einreichte. Das ist sehr lobenswert und hervorragender Journalismus, nämlich für die Bürger und für mehr Transparenz beim Ausgeben öffentlicher Gelder! Es ist eigentlich bereits peinlich und ein Armutszeugnis für eine mitteleuropäische Stadt, wenn wichtige Informationen wie diese eingeklagt werden müssen.

Hochnotpeinlich und skandalös aber wird das ganze, wenn nun die Stadt auch noch in Berufung geht, wie angekündigt. Damit soll wohl die Akteneinsicht so lange verzögert werden, bis das Thema endgültig out ist – alles auf Kosten der Steuerzahler, versteht sich bzw. eigentlich nicht mehr!

Es ist offensichtlich: Die Stadt hat wohl etwas zu verbergen (normaldeutsch: will vertuschen!), anscheinend um Beteiligte vor (vom BVG attestierten) Regressansprüchen zu bewahren. Eigentlich müsste die Staatsanwaltschaft von sich aus ermitteln, denn bei den Millionenverlusten durch Zinswetten handelt es sich auch um Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Anstatt nach dem VG-Urteil ihrer Informationspflicht gegenüber der Öffentlichkeit und den Steuerzahlern endlich nachzukommen, will die Stadt Mülheim den Rechtsweg beschreiten, offensichtlich, um Zeit zu schinden. Das riecht nach Rechtsmissbrauch, denn „die Stadt“ sind doch nicht nur Verwaltungsspitze und höchstens noch ausgesuchte Fraktionsvorsitzende!

Die MBI stellten letztes Jahr im März nach dem BVG-Urteil den Antrag auf generelles Spekulationsverbot auch in Fremdwährungen und für Klagen gegen Banken, Kämmerer, OB und Aufsichtsbehörde des RP, die das Zocken selbst im Nothaushalt erlaubte oder gar förderte! Der MBI-Antrag wurde im April von der Tagesordnung gestimmt! Nach Akteneinsicht wiederholten die MBI den Antrag für Juni, doch im Finanzausschuss wurde er mehr als peinlich abgebügelt! Mehr hier

Doch das Versagen der Mehrheit der Politik ist eine Sache, mit der folgenschwere Fehler und Fehlentscheidungen leider zu oft vertuscht wurden und werden (Vergärungsanlage, Naturbad-Abenteuer, Feuerwehrverkauf, Ruhrbania-Projektentwicklungsgesellschaft, MEG-Desaster nach der Privatisierung, unsauberer RWW-Verkauf, PPP-Schulprojekte u.v.m sind nur einige Mölmsche Beispiele der letzten Jahre) .
Als Alibi beschlossen SPCDFPGrüne im Juni dafür, ein sehr teures RA-Büro mit einem weiteren Gutachten zu beauftragen. Das sollte spätestens zum Jahresende 2011 vorliegen, nun angeblich Ende April 2012. Wer kennt eigentlich den genauen Auftrag an das RA-Büro? Die „normalen“ Stadtverordneten jedenfalls nicht und die Zeitungen erst recht nicht.

Doch große Teile der Politik handeln in solchen Fällen schon länger nicht mehr im Sinne ihrer Wähler/innen. Schlimm genug, aber kein Grund, auch die Medien und damit die Bürger von Informationen fernzuhalten, wenn es um die Verwendung oder Verschwendung von deren Gelder geht, die z.T. wie bei Abwasser-, Hinterlieger-, Erschließungs- oder anderen Gebühren auch noch seitens „der Stadt“ in nicht selten willkürlicher Abzockermanier verlangt und mit z.T. recht rüden Methoden kassiert werden.

Als Bürger muss man die „Stadt“ Mülheim auffordern, das Gutachten der WAZ endlich freizugeben und die Berufung gegen das Urteil auf keinen Fall einzulegen.

An die SPD-Spitzenkandidatin Kraft im bevorstehenden Landtagswahlkampf werden ansonsten Mülheimer/innen ihres Wahlkreises Mülheim die Frage stellen, ob sie denn, wie von Mülheimer OB und Kämmerer vehement gefordert, zusätzliche Landesgelder an ihre Heimatstadt geben darf, wenn diese selbst bei Millionenverlusten eine derartige Geheimniskrämerei betreibt und alles tut, um zu vertuschen und ja niemanden zu Schadensersatz heranzuziehen!

Mehr zum Thema Zinswetten und swaps in Mülheim

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WAZ-Mülheim 15.03.2012  Gericht

Millionen-Pleite mit Zinswetten – Stadt muss Gutachten freigeben

Der ganze Artikel hier

Mülheim. Die Stadt Mülheim muss der WAZ Einsicht in das Gutachten ihres Rechtsamtes gewähren, das nach der Millionen-Pleite mit Zinswetten die Prüfung möglicher Haftungsansprüche der Stadt gegenüber der West LB als Wettpartnerin sowie Ex-Kämmerer Gerd Bultmann und leitenden Beamten zum Gegenstand hat. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab jetzt einer entsprechenden Klage des berichtenden WAZ-Redakteurs statt. Die Stadt erwägt, in die Berufung vor das Oberverwaltungsgericht zu gehen.

Die WAZ verspricht sich von der Einsichtnahme in das von der Stadt selbst erstellte Rechtsgutachten Aufschlüsse darüber, warum Mülheim bislang nicht – wie andere Städte – in Erwägung gezogen hat, Haftungsansprüche gegenüber der sie beratenden Landesbank oder Verantwortlichen aus ihren Reihen selbst geltend zu machen.

Sechs Millionen Euro Verlust mit Derivatgeschäften

Wie berichtet, hat die Stadt in den Jahren 2005 bis 2008 6,083 Mio Euro Verlust mit so genannten Derivatgeschäften gemacht. Dabei hatte sie auf die Entwicklung von Zinssätzen gewettet. Beraten worden war sie dafür von der West LB, die gleichzeitig als Gegenüber bei der Wette antrat. Offensichtlich der Interessenkonflikt: Die West LB konnte nur Gewinn erzielen, wenn die Wette für die Stadt ungünstig lief. Ihren üppigen Gewinn sicherte die West LB noch dazu dadurch ab, dass sie der Stadt ein unvergleichbar hohes Verlustrisiko aufschwatzte.

Noch immer laufen entsprechende Wetten, immer noch im Millionenbereich verlustreich. Sie sind Teil des Ausstiegsszenarios, das Bultmann-Nachfolger Uwe Bonan mit der West LB nach seinem Amtsantritt im März 2006 ausgehandelt hat. Mit dem geregelten Ausstieg sollte versucht werden, die Verluste kleiner zu halten als die 16 Mio Euro, die fällig geworden wären, hätte Bonan die zu seinem Amtsantritt bestehenden Wetten bis zum Vertragsende weiterlaufen lassen.

Informationsrechte von Bürgern

Die Stadt hatte der WAZ Anfang Mai 2011 die Einsichtnahme in das Rechtsgutachten aus dem Jahr 2008 verwehrt. Selbst die Politik hatte das Gutachten bis zu diesem Zeitpunkt nie zu Gesicht bekommen. In einer einzigen Stellungnahme des Kämmerers zur verheerenden Zwischenbilanz des Derivate-Desasters vom 16. Juni 2008 war das Gutachten in zwei kryptisch anmutenden Sätzen erwähnt worden. Erst im Zuge der WAZ-Berichterstattung im vergangenen Jahr offerierte die Verwaltung der Politik eine umfassende Einsicht in alle Akten zu den Wettgeschäften.

Der WAZ-Redakteur hatte seine Klage auf Akteneinsicht mit dem Informationsfreiheitsgesetz begründet. Es stärkt seit dem Jahr 2005 die Zugangsrechte von Bürgern zu amtlichen Informationen. Wesentlicher Streitpunkt in der Auseinandersetzung mit der Stadt war dabei, ob das Rechtsgutachten als Teil einer verwaltungsinternen Willensbildung zu gelten hat. Dann wäre es laut Gesetz geschützt. Die Stadt plädierte für eine diesbezügliche Interpretation des Gesetzes, das Gericht folgte aber der Argumentation der WAZ-Seite: Es sah in dem Gutachten keinen Teil der Willensbildung, sondern eine Grundlage für die Willensbildung, die im Jahr 2008 abgeschlossen gewesen sei.

Richter wies Einwand der Stadt ab

Vor Gericht widersprach die Prozessbeauftragte der Stadt. Der Willensbildungsprozess sei eben noch nicht abgeschlossen. So prüften ja derzeit externe Gutachter der Düsseldorfer Kanzlei Baum, Reiter und Collegen noch einmal, ob Haftungsansprüche bestünden; das Gutachten soll Ende April vorliegen.. Der Verwaltungsrichter wies den Einwand ab. Er hatte sich im WAZ-Archiv und im Ratsinformationssystem der Stadt offensichtlich umfassend über Mülheims Zinswetten-Debakel informiert.

So war auch ihm nicht entgangen, dass der politische Beschluss aus Juni 2011, doch noch einen externen Gutachter mit der Prüfung zu beauftragen, nicht als Ausdruck eines fortlaufenden Willensbildungsprozesses zu werten ist. „Das Thema war gegessen“, verwies der Richter darauf, dass die Politik vor Jahren schon einen MBI-Antrag für ein externes Gutachten von der Tagesordnung gestimmt habe – und damit allein dem Rechtsamt überlassen habe, die millionenschwere Misswirtschaft der eigenen Behörde unter Gesichtspunkten der Haftung zu prüfen.

Mirco Stodollick