Atempause für unsere VHS: Wenn bereits die Drohung mit direkter Demokratie Teilerfolge erzielt ….
Nur die massive und sehr ernst gemeinte Drohung mit einem Bürgerbegehren/-entscheid, d.h. Belebung der stark kriselnden repräsentativen Demokratie vor Ort, konnte die Stadt Mülheim vor einem schweren Fehler und noch mehr Chaos bewahren.
Dortmund erhielt den Zuschlag für die Sparkassen-Akademie: Die Mülheimer Volkshochschule und angrenzende Teile des Müga-Parks bleiben damit fürs erste verschont. Atempause für unsere bedrohte VHS, hoffentlich aber eine baldige Bestandsgarantie!
Leider erhielt auch der Mülheimer Kaufhof nicht den Zuschlag für die Sparkassenakademie. Das wäre für Mülheim die Königslösung gewesen. Es war halt eine Riesendummheit der OB und der Ratsfraktionen von SPD, CDU, Grünen, FDP und AfD, dem seit 5 Jahren leerstehenden Kaufhof-Areal mit dem attraktiven VHS-Gelände Konkurrenz zu machen. Und das, ohne für die VHS auch nur eine richtige Idee für einen Alternativstandort zu haben. Mehr u.a. in
- Die bedrohte VHS, die defekte Demokratie und Unvernunft von Stadtspitze und Ratsmehrheit hier
- VHS verlagern an Bevölkerung und Rat vorbei? Ein demokratiefernes abgekartetes Spiel hat zum Glück nicht geklappt! hier
Viele Mitbürger/innen haben sich in den letzten Monaten stark gemacht für den Erhalt unserer VHS und das, obwohl OB, Dezernent Ernst, Grüne und SPD, sowie WAZ und insbesondere NRZ versuchten, jeglichen Widerstand nur auf „Störfeuer“ der MBI zu schieben und damit zu verunglimpfen. Mehr u.a. in „Verunglimpfung der MBI durch Grüne+Dezernent und die halbherzige WAZ-Gegendarstellung“ hier und „VHS-Debatte: Eine Katastrophe für die Demokratie und die bedrohliche NRZ-Berichterstattung“ hier
Ganz so, als könnten Mülheimer/innen nicht selber denken und würden gerne verschaukelt werden.
Die Vorbereitung eines evtl. nötigen Bürgerbegehrens ist dennoch eindrucksvoll gelungen durch Gründung der BI „Erhalt unserer VHS in der MüGa“, Internetseite der BI hier. Sowohl in Mülheim, aber auch darüber hinaus, wusste man/frau, dass wir alle zusammen ernst gemacht hätten mit einem Bürgerbegehren/-entscheid. Und der wäre mit großem Erfolg für VHS und MüGa ausgegangen. In Mülheim ist direkte Demokratie schließlich kein Neuland, vgl. das Interview von „Mehr Demokratie“ mit Lothar Reinhard weiter unten.
„Natürlich“ ist unsere VHS in der MüGa noch nicht endgültig gerettet. Doch wir haben zumindest Zeit gewonnen und können mit der Bürgerinitiative im nächsten Jahr in Ruhe weitere Schritte planen und durchführen.
5. Dez. 2014 Von Thorsten Sterk der ganze Artikel hier
„Direkte Demokratie notwendiger denn je“
Lothar Reinhard ist der „Mr. Bürgerbegehren“ von Nordrhein-Westfalen. Kein anderer Mensch hat derart viele direkt-demokratische Initiativen ins Rollen gebracht wie das Ratsmitglied der Mülheimer Bürger-Initiativen MBI. Nun steht ein weiteres Bürgerbegehren in der Ruhrstadt an. Wir haben Lothar Reinhard deshalb zu seinen Erfahrungen mit der direkten Demokratie vor Ort befragt.
Mehr Demokratie: Herr Reinhard, Sie haben in Mülheim schon mehrere Bürgerbegehren angestoßen. Wie kamen Sie dazu, die direkte Demokratie für Ihre Anliegen zu nutzen?
Reinhard: Weil die Betroffenen meist erst informiert oder einbezogen werden, wenn alles bereits entschieden ist beziehungsweise in mühsamer, oft aussichtsloser Bürgerinitiativen-Arbeit versuchen müssen, Änderungen zu bewirken, ist das Instrument direkter Demokratie für unsere Gesellschaft notwendiger denn je. Und weil viel weniger Menschen als früher über Parteien, Gewerkschaften oder Vereine an die Entscheidungsträger angebunden sind. Ich selbst komme aus der Bürgerinitiativ-Arbeit. Bürgerinitiativen gab und gibt es seit den 80er Jahren in Mülheim viele. Dies ist auch als Reaktion auf die abgehobene und verfilzte repräsentative Demokratie vor Ort.
Mehr Demokratie: Um welche Themen ging es bei Ihren Bürgerbegehren?
Reinhard: In Mülheim ging es um die Schließung von Stadtteilbüchereien, dann um die Schließung des Freibads, dann um Privatisierungen, Public Private Partnership-Projekte und zweimal um das Prestigeprojekt Ruhrbania. Die Erfahrungen waren zum Teil recht frustrie-rend, weil Ratsmehrheiten die Zulässigkeit der Bürgerbegehren ablehnten oder früher das Abstimmungsquorum knapp verfehlt wurde, etwa bei der Public Private Partnership-Problematik. Das vorbeugende Begehren gegen weitere Privatisierung in 2005 konnte die Hürde dagegen knapp überspringen, so dass zum Beispiel die geplante Privatisierung der Al-tenheime nicht durchgeführt werden konnte.
Mehr Demokratie: Haben die Erfahrungen mit Bürgerbegehren Mülheim verändert?
Reinhard: Die Menschen und mitunter auch die Politik wurden durch Bürgerbegehren besser informiert, so dass sich doch viele öfter einmischen. Manches geht nicht mehr so einfach durch wie noch in den 90er Jahren.
Mehr Demokratie: Was sollte aus Ihrer Sicht bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in NRW besser geregelt werden?
Reinhard: Die Verbesserungen von Begehren und Entscheiden von Ende 2011 etwa durch die Senkung der Abstimmungshürde beim Bürgerentscheid sind bereits ein deutlicher Fortschritt. Auch vor Ort haben wir Verbesserungen wie die Möglichkeit zur Briefabstimmung, eine Abstimmungsinformation und mehr Abstimmungslokale beim Bürgerentscheid bewirken können. Dennoch müssten einige noch bestehende Einschränkungen für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren etwa zu Bebauungsplänen noch gelockert werden