Städte im Ruhrgebiet türmen Rekordschulden auf: Mülheim dabei Spitze beim Verschuldungstempo
In den 10 Jahren von 2004 bis 2014 wuchs der Schuldenberg der NRW-Städte um 54%, allen vorneweg Siegburg, Oberhausen und Mülheim. Löwenanteil an den insgesamt 62 Milliarden Schulden der NRW-Kommunen haben die Ruhrgebietsstädte So ging die Meldung am 3. Juni 2015 durch Presse, Funk und Fernsehen. Die WAZ z.B. enthielt ferner auf der Titelseite eine kleine Tabelle für 6 NRW-Städte zu „Schulden pro Kopf“ und im Wirtschaftsteil eine große Tabelle mit 18 Städten und den Schulden 2004/20014 sowohl in Mio. €, als auch pro Kopf. Beide Tabellen bestanden nur aus Ruhrgebietsstädten und jeweils Düsseldorf als Gegenbeispiel.
Unter „Schulden pro Kopf“ war folgende „Hitliste“ zu finden:
Stadt 2014 2004 Veränderung in %
Oberhausen 8908 € 4982 € ( + 78,8%)
Mülheim 8078 € 3449 € ( + 134,2%)
Duisburg 6575 € 4852 € ( + 35,5%)
Essen 5811 € 3440 € ( + 68.9%)
Bochum 4707 € 2681 € ( + 75,6%)
Düsseldorf 883 € 1752 € ( – 49,6%)
Bisher lag ferner Hagen ganz „oben“, ist aber inzwischen hinter die Schulden“könige“ Oberhausen und Mülheim „zurückgefallen“. Hagen hatte 2004 pro Kopf 3797 € Schulden und 2014 pro Kopf 7602 €. Warum Hagen in der WAZ-Tabelle nicht erschien, ist unklar.
Wir haben die jeweiligen prozentualen Zuwächse berechnet und in Klammern jeweils hinter die obige Tabelle gesetzt. Dabei liegt Mülheim mit 134% klar vorne, gefolgt von Hagen mit knapp über 100% (also Verdoppelung), Oberhausen mit 79% und Bochum mit 76%, während die Pro-Kopf-Verschuldung in Duisburg „nur“ um 35,5% in dem Jahrzehnt anstieg.
Seit vielen Jahren erzählen die MBI immer und immer wieder, dass im „reichen“ Mülheim trotz robuster Wirtschaft und stets niedriger Arbeitslosigkeit die Verschuldung selbst im Vergleich zum gesamten krisengeschüttelten Ruhrgebiet überproportional explodiert. Es hat einfach kaum jemanden interessiert, weder den WAZ-Konzern, noch die Aufsichtsbehörden. Auch dass Mülheim wegen seiner extremen RWE-Abhängigkeit inzwischen die einzige Großstadt ist, die seit der inzwischen gesetzlich vorgeschriebenen Real-Bewertung der RWE-Aktien in 2014 auch bilanziell hoffnungslos überschuldet ist, interessiert anscheinend oder scheinbar niemanden. Warum? Vielleicht, weil es die Heimatstadt der SPD-Ministerpräsidentin und der grünen Gesundheitsministerin sowie halber Wahlkreis auch noch des SPD-Justizministers in Düsseldorf ist? Oder weil der alte und der neue RWE-Chef, der RAG-Chef, der Aldi-Eigentümer, die Tengelmann-Familie u.v.v.v. mehr aus Mülheim kommen? Oder nur wegen Helge Schneider? Doch egal:
Das noch größere Problem besteht aber darin, dass die bisher so robuste und vielfältige lokale Wirtschaft nun auch noch in größerem Maßstab dabei ist, große Lücken aufzureißen. Siemens, die Röhrenwerke, die Tengelmann-Zentralverwaltung, die Gagfah-Zentrale, Brenntag usw. bauen kräftig in Mülheim ab, mal abgesehen davon, dass bereits das RWE-Desaster, die Karstadt-Krise und die Umstrukturierungen von Thyssen-Krupp sowie Hochtief auch für die Nachbarstadt Mülheim nicht gerade folgenlos blieben und bleiben.
In Mülheim selbst oder bei den lokalen Medien alles irgendwie kein richtiges Thema. Hier soll ja ein neuer OB gewählt werden, weil Frau Mühlenfeld nicht auf ein geschenktes Jahr OB-Regentschaft verzichten wollte, obwohl gegen die Linie der eigenen NRW-SPD. Auch das in Mülheim kein Thema gewesen. Völlig überraschend tritt sie nun nicht mehr erneut an, will aber unbedingt im RWE-Aufsichtsrat bleiben. Auch das wieder kein Thema vor Ort.
Nun bewerben sich ein SPD-Arbeitsdirektor der bedrohten Röhrenwerke und ein CDU-Mann aus dem ähnlich kriselnden Karstadt-Bereich. Bisher aber war ein OB-Wahlkampf nicht erkennbar.
Der WAZ-Konzern versucht derweil z.T. etwas krampfhaft, gute Stimmung zu verbreiten, z.B. mit Extrazeitungen und Artikel zum Thema „Glück“ oder durch ausgiebige Berichterstattung zum Thema „Spiele“ aus der altrömischen Herrschaftslogik von „Brot&Spiele“ oder durch die krampfhaften Versuche, das für Finanzen und Stadtentwicklung katastrophale Prestigeprojekt Ruhrbania doch noch als Erfolg hinstellen zu wollen.
Die Stimmung in größeren Teilen der Bevölkerung aber ist arg gereitzt und recht resignativ.
Insgesamt kein wirklich gutes Omen, selbst ohne die fast-griechische Verschuldungsfalle!
Mehr auch in
- WAZ 3.6.15: „Städte im Ruhrgebiet türmen Rekordschulden auf“ hier
- 18.4.15: „Mülheim trotzt der Krise? Reines Wunschdenken!“ hier
- 5.3.15: „Retten Milliarden aus Berlin bankrotte Städte wie Mülheim?“ hier
- 10.2.15: Abgang der OB überraschend? Oder nur: “Wir haben fertig”? hier
- 17.12.15: Etat 2015 der Rekord-Pleitestadt Mülheim noch perspektivloser als zuvor! hier
- 1.12.14: Laut Ernst&Young: „Mülheim Rekord-Schuldenmacher“ Doch wen interessiert es? hier
- 12.4.14: Mülheim einsame Spitze im Bankrottsein auch durch extreme, gewollte RWE-Abhängigkeit!! hier
- 3.4.14: Mülheim bilanziell überschuldet, also bankrott, und nun? MBI-Forderungen zur Rettung Mülheims und des Ruhrgebiets hier
- 6.9.13: Bonanopulos forever? Trotz verheerender Bilanz? hier