Ab 4. Oktober 2015 fahren Busse der neuen Linie 128 vom Hauptbahnhof bis zum Ruhrpark. Die Linie 104 verkehrt auf der Bismarckstraße zum Hauptfriedhof. Die damit vorgezogene Stillegung der Linie 110 konnten die Ausschussmitglieder nun aus der Presse erfahren, vgl. WAZ vom 29.7.15: “Mülheim verliert Anfang Oktober die Straßenbahnlinie 110″, nachzulesen hier. Als Mitglied des Mobilitätsausschusses fragt man sich, wozu man eigentlich dort tagt, denn die Verwaltung macht ohnehin, was sie will, egal was im Ausschuss passiert. Dieser Punkt ist auch nur einiger von vielen Beispielen! Mehr weiter unten
Mülheim verliert im Okt. die Straßenbahnlinie 110!
Das hat es ja auch noch nicht gegeben – die Verwaltung kann es gar nicht abwarten und stellt während des Betriebsjahres noch einmal den Fahrplan um. Da muss man schnell noch die verminderte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit im Sommerloch nutzen, um der Linie 110 den K.o.-Schlag zu versetzen und Tatsachen zu schaffen.
Die Geschichte der systematischen Demontage der Linie 110:
Es begann vor vielen Jahren damit, den Flughafenast der 110 mit der Linie 104 zu tauschen; da hat man noch keinen Verdacht geschöpft, es hätte ja im Rahmen von Fahrplanoptimierungen geschehen können. Heute ist eher klar, es war der Auftakt des Zerstörungsaktes, denn es war auch ein Schritt zur Fahrgastreduzierung bei der 110.
Eine Frechheit sondergleichen war die Herausnahme der 110 aus der Haltestelle „Hauskampstr./Bahnhof Styrum“ vor wenigen Jahren (ich glaube, es war 2012). Seit dem fährt sie ohne Halt an einer Haltestelle vorbei, die eine optimale Umstiegsmöglichkeit zu den Buslinien 122 und 129 bieten könnte. Begründet wurde es damit, dass die Haltestelle „Styrum Bf.“ zu nahe läge. (Es sind 200m, aber mindestens eine Hauptverkehrsstr. muss überquert werden, auch von Personen mit Rollator). Das offensichtliche Ziel war, die Anschlussmöglichkeit an die Busse zu kappen. Der alternative Anschluss an der Friesenstraße ist auch nicht zumutbar, da die Bahn in der Schleife hält und von dort ebenfalls 150-200 Meter zurückzulegen sind, mit Hauptstraßenquerung bzw. steilen Treppenstufen.
Die Fahrplanauskunft des VRR hat zuvor durch die Verknüpfung Bahn/Bus an dieser Haltestelle zu Umsteigerelationen geführt – unerwünscht aus Sicht einer Verwaltung, die die Fahrgastzahlen herunterbrechen muss, um eine Stilllegung zu rechtfertigen.
Seit Jahrenden haben BürgerInnen die Verwaltung ersucht, an der Friesenstr. einen zweiten Stop der startenden 110 an der Bushaltestelle des 122ers einzurichten. Es wäre mit sehr wenig Aufwand möglich gewesen, die 110 direkt an dem Einkaufszentrum halten zu lassen, so dass VRR-Kunden ihre schweren Taschen nicht so weit schleppen müssen. Ein solcher Halt wurde niemals genehmigt, er hätte womöglich die Fahrgastzahlen in die Höhe getrieben.
Warum eigentlich so viel Engagement
zur Zerschlagung einer Straßenbahnlinie?
Man fragt sich unwillkürlich, warum die Verwaltung mit einer derartigen Bissigkeit an der Zerstörung der Straßenbahnlinie arbeitet.
Ein Grund wird sicherlich die erforderliche Renovierung der Gleise in der Hauskampstraße sein – Kosten, die eingespart werden sollen. Aber ich hab ja noch einen anderen Verdacht:
Vielleicht geht es ja letztlich um die große Schleife an der Endstation Friesenstraße. Unter Einbezug der vorhandenen Häuser 58-64 würde ein 10.000m² großes Stück Bauland frei. Ich könnte darauf wetten: Nach einer Karenzzeit von wenigen Monaten wird der Kausalzusammenhang auf den Kopf gestellt und für das Gelände Baurecht geschaffen, da es ja nun leider nicht mehr von der Straßenbahn benötigt werde.
Ein weiteres Indiz dafür:
Links eine Karte der neuen Buslinie 128 (von der Facebook-Seite der EVAG!). Auf der Karte wird subsummiert, der Bus 129, der neu an der Friesenstraße endet, würde nun die Schleife nutzen. Das geht aber gar nicht, da dort kein Fahrweg für Busse existiert. (Der Bus umrundet einfach das Markt-Center). Womöglich ein Manöver, um die Gedanken von dem Schleifengrundstück fernzuhalten…
Bessere „Quartiersanbindung“
Mit diesem Neusprech soll der Bezirksregierung die Genehmigung des Endes der 110 schmackhaft gemacht werden.
Was haben wir? Eine zusätzliche Haltestelle „Schloß Styrum“, zu Lasten der Haltestelle „Meißelstraße“. Es gibt Gewinner (Eisenstr., Hochhäuser an der Moritzstr.) und genauso viele Verlierer (vor allem die mit vielen Flüchtlingen dicht besiedelte Hauskampstr.).
Problematisch wird es auch für die Bewohner der schmalen Limburgstraße, die nun neu im 10-minütigen Abstand einen Bus im Durchgangsverkehr haben werden. Ein Quartier wird nicht dadurch besser angebunden, das ein Bus ohne Stop durchfährt.
Das Mülheimer ÖPNV-Chaos und die völlig eigenmächtig handelnde Verwaltung
Ende Feb. 2015 stellte die MVG die Umsetzung des 2013 beschlossenen Nahverkehrsplans (NVP) im zuständigen Mobilitätsausschuss vor. 2015 sollten Buslinien umgestellt werden, 2016 Bahnlinien, u.a. mit Stilllegung der 110 und des Endasts der 102 im Uhlenhorst, 2016 sollten alle Bahnen außer der U 18 auf 15-Minuten-Takt ausgedünnt werden. Die MBI fragten u.a. nach der Linie 110, weil die Schienen auf der Hauskampstr. marode sind. Man würde überlegen, evtl. die Stilllegung bereits 2015 durchführen, war die Auskunft. Genaueres konnte man noch nicht sagen, auch nicht in den beiden folgenden Sitzungen im April und Juni.
Weil viele andere Punkte auch noch ungeklärt waren wie u.a. die Kosten für die neuen Bushaltestellen der neuen Linie 130 als Ersatz des illegal stillgelegten Flughafenasts der Linie 104, für den Umbau der neuen Endhaltestelle der 102 am Waldschlößchen u.v.m., beantragten die MBI im April, den unausgegorenen NVP vorerst auf Eis zu legen und die Punkte erst zu klären. Der Antrag wurde von SPD und CDU bei Enthaltung der Grünen abgelehnt.
Mitte Juni, 1 Tag vor der Sitzung des Ausschusses, begannen die Veränderungen im Busverkehr, u.a. die neue Buslinie 130. Deren neue Haltestellen waren im Ausschuss nicht vorgestellt worden. Weil zumindest die Haltestelle in der Kurve gegenüber der Flughafeneinfahrt höchst bedenklich ist, beantragten die MBI die Vorstellung aller Haltestellen inkl. Alternativstandorten. Die Verwaltung vertröstete auf Ende Aug., die jetzigen Haltestellen seien provisorisch! Baubeschlüsse zu diesen und anderen neuen, bereits eingeführten Haltestellen gibt es ohnehin noch nicht, genausowenig wie belastbare Kostenkalkulationen. Dann wurde auch noch per Ukas die Sitzung von Aug. auf Ende Sept. verlegt, weil im Aug. in einer Sondersitzung nur das neueste Gutachten zur ÖPNV-Zukunft vorgestellt werde.
Als Mitglied des Ausschusses fragt man sich, wozu man eigentlich dort tagt, denn die Verwaltung macht ohnehin, was sie will, egal was im Ausschuss passiert. Die o.g. Punkte sind auch nur einige der vielen Beispiele!
Man braucht sich nicht zu wundern, dass der ÖPNV im Mülheimer Kirchturm derart aus dem Ruder lief!
Mehr zum Thema findet man auch in einem 45-minutiger Fernsehbericht des WDR vom 15.9.14: „DieStory – Endstation – Kollaps im Nahverkehr“ auf youtube hier
Außerdem zum Mülheimer ÖPNV-Durcheinander und der Kirchtürmelei auch drumherum in allen Nachbarstädten
- 15.5.15: NRhZ Nr. 506: “Aus der Dauerserie: Ach hätte man doch nur früher auf die MBI gehört ……………. Der drohende ÖPNV-Kollaps im Ruhrgebiet” hier, auch als pdf-Datei (124 KB)
- 24.4.15: Demokratieferne, Unrechtmäßigkeit, alles egal?? Beispiel Fahrradweg Zeppelinstraße auf illegal stillgelegter Straba-Strecke hier
- 9.4.15: WAZ Duisburg: “Wirtschaft (in persona Heinz Lison) fordert Kooperation der Städte, insbesondere beim ÖPNV” hier
- 4.4.15: WAZ Essen: „Bezirksregierung macht wegen der Kosten Druck auf Verkehrsbündnis Via – Vorbild Bogestra?“ hier
- 9.3.15: WAZ Essen: “Nahverkehrsgesellschaft „Via“ macht auf halber Strecke halt” hier
- 1.3.15: „Das ÖPNV-Durcheinander der Stadt Mülheim und das ruinöse Kirchturmdenken im Nahverkehr des Ruhrgebiets“ hier.
- 22.2.15: Ruhrbarone: “Ruhrgebiet: Petition gegen Filz und Kirchturmdenken im Nahverkehr” hier, mit MBI-Anmerkungen auch als pdf-Datei (85 KB)
- Nov. 14: „ÖPNV – Kirchturmsdiskussionen endlich beenden!” hier
- Sept. 14: Das Ruhrgebiet mit 5 Millionen Menschen droht beim Nahverkehr Schlusslicht Europas zu werden. Und Mülheim als Vorreiter? hier
- April 14: Radweg auf unrechtmässig stillgelegtem Flughafenast der 104?!? RP bestätigt Unrecht und genehmigt alles später! Unglaublich! hier
- April 14: Eine Verwaltung, die sich verselbständigt hat, lässt keinen Raum für Demokratie! hier
- Feb. 14: Die WAZ, der SPD-Wahlkampf und die ausgegrenzte MBI beim Thema ÖPNV hier
- Feb. 14: Planen für den Papierkorb bei ÖPNV und Ruhrbania? hier
- Dez. 13: “Dilettantenstadel a.d. Ruhr?” hier
- Okt. 13: “ÖPNV-Diskussion in Mülheim: Blamables Trauerspiel als Ausdruck tief sitzendem Kirchturmsdenkens?“ hier