Das Ruhrgebiet auf dem Weg zum „rustbelt“?
Die Zeichen für das Ruhrgebiet standen schon vor Corona auf Sturm. Doch der lockdown als Pandemiebekämpfung hat noch einmal alle Probleme von Deutschlands größtem Ballungsraum mit über 5,1 Millionen Menschen kräftig verschärft. Die Krise der Automobilindustrie trifft viele Zuliefererfirmen im Revier hart, der größte verbliebene Stahlkonzern Thyssen-Krupp zerfällt im Affentempo, der Karstadt-Kaufhof-Kahlschlag ist auch für die ohnehin kriselnden Ruhrstädte verheerend, der Kohleausstieg schlägt ebenfalls voll ins Kontor u.v.m.. Die Haushaltslage aller Teilstädte der Metropolregion Ruhr stürzt folgerichtig ins Bodenlose, zumal der Bund die Altschulden nicht übernehmen wollte.
- Am 13. Sept. 2020 sind Kommunalwahlen in NRW. Gleichzeitig wird zum ersten Mal auch das Ruhrparlament direkt von der Bevölkerung gewählt. Auf der Liste der Freien Wähler NRW stellen sich auch 2 MBI-Vertreter zur Wahl für das RVR-Parlament: Kevin von der Bey auf Platz 2 und Dietmar Berg auf Platz 11. Mehr hier
Finanziell am schlechtesten von allen Revierstädten geht es Mülheim, dem unangefochtenen Spitzenreiter bei Pro-Kopf-Verschuldung und mit sogar einer heillosen
auch bilanziellen Überschuldung
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Natürlich sind auch die MBI dafür, dass der hoffnungslos überschuldeten Stadt Mülheim geholfen werden muss, u.a. mit dem Stärkungspakt und noch mehr mit einer Art Schuldenerlass. Dies aber wird wirkungslos verpuffen und alle Hilfen in einem inzwischen riesigen Fass ohne Boden verschwinden, wenn „Weitermachen wie gehabt“ vor Ort praktiziert wird, was das haftende Land auf Dauer sicher nicht zulassen kann.
Ob mit oder ohne Sparkommissar: Der lange überfällige Einstieg auch in Mülheim in ernsthaftere Befassung mit Möglichkeiten für mittel- und längerfristige Strategien von Haushaltskonsolidierung muss beginnen. Und dabei muss ein Hauptschwerpunkt liegen in
„Radikaler Abbau der verschwenderischen, ineffizienten Kirchturmspolitik“
Wirtschaftsboom, Niedrigstzinsen und sprudelnde Steuereinnahmen hatten in den letzten Jahren auch den meisten deutschen Städten Überschüsse beschert. Doch diese Periode geht absehbar ihrem Ende entgegen, im Ruhrgebiet sogar schneller und einschneidender durch die rasanten
Änderungen u.a. im Energie- und Stahlsektor. Dieses absehbare Ende der Boomphase wird das gesamte Ruhrgebiet empfindlich treffen und die Konkurrenz zwischen den Kirchtürmen (real nur Stadtteile der Metropole) noch stärker befeuern als bisher schon, ob um Firmenansiedlungen, Zuzug
finanzkräftiger Bewohner, Ausweisung von Grünflächen für Eigenheimsiedlungen, Einkaufs- und Freizeitanlagen, Landes- oder Bundeszuschüsse, Lehrer, Erzieherinnen, Altenpfleger u.v.v.m.
In der bevorstehenden Krise des gesamten Wirtschaftsstandorts Deutschland würde die Kannibalisierung der Ruhrstädte untereinander fast das gesamte bereits strukturschwache Revier richtig in Schwierigkeiten bringen, wenn nicht bald eine andere Politik einsetzt. Mit immer mehr sog. abgehängten Stadtteilen im größten deutschen Ballungsraum kommt dann folgerichtig auch das gesamte Bundesland in Schieflage. Auch deshalb muss die Landesregierung, egal welcher Couleur, mit den Alibi-Kampagnen wie der lächerlichen Ruhrkonferenz aufhören und aktiv das Heft in die Hand nehmen, um die eigenbrötlerischen Teilstädte zu Arbeitsteilung und Fusionierung von Teilbereichen zu zwingen.
Nur darin wird bereits mittelfristig die einzig wirkliche Möglichkeit bestehen, dass auch das abgewirtschaftete Mülheim wieder Perspektive bekommt, wenn auch nicht mehr als vollständig autonom handelnder Kirchturm.
Beim ÖPNV pfeifen es die Spatzen bereits von allen Dächern, dass der sehr teure und ineffiziente Nahverkehr nur noch über gemeinsame Verkehrsgesell-schaften und einen gemeinsamen Nahverkehrsplan entwickelt und als Standortnachteil verbessert werden kann. „Natürlich“ kann auch beim Personal nicht wirklich in größerem Maße gekürzt werden, wenn man nicht vorher die zukünftigen Aufgabenbereiche definiert. Und hier gilt genau wie beim ÖPNV, dass nur der schnellstmögliche Umstieg auf städteübergreifende Arbeitsteilung innerhalb der Metropole Ruhr auch finanziell erfolgversprechend sein wird. Dass die sprichwörtliche Filz-, Vettern- und Cousinenwirtschaft in der einstigen Herzkammer der SPD bei der Gelegenheit genauso reduziert werden könnte wie die unüberschaubar vielen Ausgliederungen und GmbHs aller Kirchtürme mit all ihren teuren Wasserköpfen, Aufsichtsräten, Beratern usw., was auch in Mülheim dringend notwendig wäre, angefangen nicht zuletzt bei Wirtschaftsförderung, Veranstaltungsmanagement uswusf..
Doch wie gesagt: Wenn auch diese Landesregierung sich nicht traut, in der Richtung aktiver zu werden, wird sich das Ruhrgebiet in weiten Teilen zum Riesenproblem entwickeln. Und Mülheim ist wie so oft Vorreiterstadt.
Schon heute hat Mülheim kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem. Reale Ausgabenkürzung in großem Maße, wie die Haushaltslage es erfordern würde, ist aber auf der bisherigen Basis nicht wirklich möglich und noch weniger sinnvoll, will man das städtische Leben nicht ganz abmurksen. Weitere zusätzliche Einnahmensteigerungen über Grund-, Gewerbesteuer, Gebühren und Abgaben wird nur noch wenig einbringen, aber auf Dauer kontraproduktiv das Gegenteil bewirken.