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Der große Mölmsche Etatbluff

Von Haushalt und Haushalten in Mülheim a.d. Ruhr
Exkurs zu  Haushaltswahrheit und
Haushaltsklarheit:
Bonans big bluff!

Die Stadt Mülheim behauptete noch 2009, sie habe einen „ausgeglichen“ Haushalt, obwohl sie alleine in 2009 ca. 415 Mio. Euro Kassenkredite aufnehmen musste, was bei Privatleuten Überziehungskrediten entspricht. Die Gesamteinnahmen betrugen „nur“ ca. 484 Mio. Euro!

Die Stadt Mülheim erhofft sich ferner, in 2010 noch ca. 471 Mio. Euro einzunehmen bei veranschlagten 568 Mio. Euro Gesamtausgaben. Sie will in 2010 sogar 515 Mio. Euro kurzfristige Kassenkredite aufnehmen, also 50 Mio. mehr als die Gesamteinnahmen. Bei dem erhofften Fehlbetrag von “nur“ 97 Mio. Euro soll die Nettoneuverschuldung der Stadt Mülheim unter Einbeziehung aller Eigenbetriebe und eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen aber dennoch Null Euro betragen. Wie geht das denn? fragt sich Adam Riese. Wie das funktioniert – oder auch nicht – im folgenden:

Auf scheinbar wundersame Weise sollen „gesamtstädtisch“ in 2010 insgesamt nur Kredite von ca. 15 Mio. Euro aufgenommen werden müssen, die über Beiträge, Zuschüsse etc. getilgt werden könnten. Nur: Alleine die Rathaussanierung soll bereits 40 Mio. kosten, das Hafenbecken mind. 3,6 Mio., die Beseitigung der Overflies an der Nordbrücke 15 Mio., die Sanierung der 3 PPP-Schulen alleine mind. 40 Mio., die Feuerwehr in Broich über 30 Mio.,  neue OGS-Gruppen, die Mauersanierung am Schloss Broich für 3 Mio., der Abriss der Bücherei und der Ruhrstraße, der Ankauf des AOK-Gebäudes, das finanziell abenteuerliche Stadion-Karusselmodell für den VfB Speldorf, der Umbau der alten Augenheilanstalt, die „Zukunfts“-schule uswusf. und was alles im Wahljahr 2009 zumindest noch begonnen wurde!

Nettoneuverschuldung also wirklich Null Euro?
Natürlich nicht, denn der faule Trick geht so:

Die Rathaussanierung z.B. wird über den SWB berechnet, die Feuerwehr über den MWB, die 3 PPP-Schulen über den privaten Baukonzern, die Augenheilanstalt über die Stinnes-Stiftung, Schloss Broich über MST und vor allem (Zitat von S. 35 des Vorberichts zur Haushaltssatzung) „Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Entwicklung und Umsetzung des Teilprojekts „Ruhrbania-Ruhrpromenade“ stehen, werden über die Ruhrbania GmbH&Co.KG abgewickelt und sind seit 2008 nicht mehr Bestandteil des Haushalts.“

Der Großteil der Investitionskredite wird also nicht im Haushalt geführt, sondern über ausgegliederte städtische GmbHs oder über externe Gesellschaften, die dann wiederum über Jahre oder Jahrzehnte vom städtischen Haushalt subventioniert oder per „Forfaitierung mit Einredeverzicht“ bezahlt werden, mehr hier als Radiobeitrag in WDR 2. Natürlich kann das alles auf Dauer nur viel teurer werden, weil immer andere zusätzlich mit im Boot sitzen und sich dafür logischerweise bezahlen lassen. Der verbliebene Rumpfhaushalt hat aber kaum noch Aussagekraft und Nettoneuverschuldung 0 ist Bluff mit schwerwiegenden Folgen!

Aha, sagt der Privatmensch, die Haushaltssituation der Stadt Mülheim bedeutet übertragen auf normale Privathaushalte also ungefähr folgendes:

Kleiner Exkurs zur Veranschaulichung der Mölmschen „Umwegfinanzierung“ städtischer Investitionen über PPP-Modelle oder über städtische GmbHs incl. RuhrbaniaCoKG:
auch nachlesbar als pdf-Datei (39 KB) „Der Etatbluff“

Nehmen wir an, ich wäre stolzer Besitzer und Nutzer eines Hauses, was vor Jahren von meinen Eltern abbezahlt worden war und wofür sie bis Lebensende in der Einliegerwohnung im Anbau mietfrei wohnen dürfen. Wegen teurer Reisen, dem notwendigen Luxus der Kinder usw. habe ich seit langem nichts mehr ins Haus gesteckt, so dass ein gewisser Sanierungsstau entstand. Bei Bank A habe ich mein Girokonto, auf das mein Gehalt und die laufenden Ausgaben verbucht werden. Trotz drastischer Gehaltserhöhung in den Jahren 2005 bis 2008 musste ich dennoch zunehmend meine Ausgaben durch Überziehungskredite bezahlen. Nach Gehaltseinbußen 2009 seit Beginn der Finanzkrise müsste ich in 2010 sogar mehr Überziehungskredite aufnehmen als mein Gesamteinkommen ausmacht.

Da ich mir dringend dennoch ein neues Auto, einen Fernseher und eine neue Küche anschaffen wollte, hätte Bank A mir keinen Kredit mehr gewährt.

  • Deshalb habe ich das Auto über meinen Vetter kaufen lassen und es auf 10 Jahre von ihm fest geleast zu bestimmten Monatsraten,
  • den Fernseher hat mein Sohn gekauft, der noch kein eigenes Einkommen hat, weshalb sich meine monatlichen Unterstützungsgelder an ihn um die Raten für den Fernseher an seine Bank B erhöht haben,
  • die neue Küche hat die Küchenfirma vorfinanziert, die dafür auch 25 Jahre meine Küche betreiben kann. Ich zahle dafür 25 Jahre die Raten bei deren Bank plus Miete für meine Küchennutzung.

Weil diese Fremdfinanzierungen aber alle von mir bezahlt werden, hat Bank A mit einer Reduzierung des möglichen Überziehungskredits gedroht. Also ging ich zu Bank C und kaufte dort einen Wechsel, neudeutsch swap, auf die Abzahlung der Raten an Bank B meines Sohnes und die Leasingraten an meinen Vetter. Bank C verlangte erstmal Gebühren und versprach dann, mit meinen Schuldscheinen so zu spekulieren, dass die monatlichen Raten fallen könnten. Klappte auch zweimal und dann musste ich auf einmal draufzahlen und Bank A drohte wieder mit Sperrung des Überziehungskredits.

Um das Weltklima zu retten und nebenbei auch Heizkosten zu sparen, wollte ich unbedingt das in die Jahre gekommene Haus wärmedämmen und bei der Gelegenheit  auch innen entkernen und vollständig umbauen. Dafür musste die gesamte Familie ausquartiert werden. Den moppernden Kindern mietete ich jeweils eigene Wohnungen an, um ihre bisherigen Zimmer im Obergeschoss zu Penthaus-Eigentumswohnungen werden zu lassen. Teilbereiche des Hauses und den Garten überschrieb ich deshalb auf einen holländischen Investor, damit der dort bauen und verkaufen könne. Damit die Luxuswohnungen auch attraktiv werden, verpflichtete ich mich, im Garten einen swimming pool (Wasserwanderschwimmplatz) in Vorleistung anzulegen. Den Umbau des verbliebenen denkmalgeschützten Erdgeschosses finanzierte ich über eine Tante aus der Immobilienbranche, der ich diesen Hausteil deshalb auf Erbbaurechtsbasis übertrug. Sie nahm dafür Kredite auf und ich verpflichtete mich auf 50 Jahre zur garantierten Miete von 16 Euro pro qm. Damit sie überhaupt den Kredit bekam, musste ich bei ihrer Bank auch die Bürgschaft übernehmen. Diese Tante baute zudem ihre lange leerstehenden Ladenlokale als Wohnungen für Opa und Oma um, die ich auf 25 Jahre anmietete, weil die leergezogene Einliegerwohnung ja zum Investorgrundstück gehört, also erst noch abgerissen werden musste, damit der Investor loslegen kann, was sich aber immer wieder verzögert, angeblich nun wegen Ärztemangels. Im letzten Frühjahr begann ich, das Schwimmbecken zu bauen, wofür erst die alten Obstbäume gerodet werden mussten.

Jetzt im April 2010 droht Bank A wieder Schwierigkeiten zu machen, weil mein Gehalt erneut weniger wurde und die Zuschüsse an die Pflege- und Krankenversicherung deutlich stiegen. Nun soll ich gar zur Schuldnerberatung verpflichtet werden. Deshalb habe ich mir noch schnell eine Gesichtsoperation (am sog. „overfly“) machen lassen und ein 2. Dienstmädchen angestellt, bevor der Schuldenberater dies alles hätte untersagen können.

Ich habe mich nun notgedrungen mit allen Familienangehörigen zusammengesetzt und um Sparvorschläge gebeten, um der Notberatung zu entkommen. Kam aber nix, außer von allen wieder einmal die Forderung nach Schluss des ganzen Hausumbauabenteuers. Doch das ist ja nicht diskutabel. Wie stände ich denn da!
Ich habe irgendwie dennoch ein wenig den Überblick verloren. Deshalb muss ich aufpassen, dass Bank A nichts mitbekommt, denn wenn die die Überziehungskredite kappt, dann gute Nacht .……

Noch Fragen? Bonan fragen!?

Mehr zur Mülheimer Haushaltskatastrophe

  • MBI-Etatrede 2009: “The party is over, wer zieht die Notbremse?!“ hier oder als pdf-Datei (68 KB)
  • Grafik aus dem Etatentwurf 2010, Vorbericht, S. 38, Entwicklung der Kassenkredite-MH als pdf-Datei (137 KB)
  • Haushaltsmisere MH: Misswirtschaft griechischen Ausmaßes bei den Personalkosten? hier
  • Haushaltssanierung auf Mölmsch, hier
  • Millionengrab Ruhrbania, hier
  • MBI-Faltblatt 5/10: “Mülheim/Ruhr 2010: Zwischen Ruhrbanistan und Absurdistan, am Übergang zum Peloponnes? Misswirtschaft und Haushaltstrickserei griechischen Ausmaßes bei der Stadt Mülheim? Weiter wie gehabt trotz Trümmerbania und bereits gescheiterten Etats?” als pdf-Datei (219 KB)