Wählergemeinschaft Fraktion Programm Geschichte Kontakt
Gremientermine aktuelle Termine Sprechstunden
Bundesweit Initiativen und Verbände MH-Parteien Medien Treffpunkte
Pressemeldungen Bildmaterial
 

Keine vorzeitige Ausschreibung zur Stromkonzession nur zugunsten des RWE!

24.3.11: Hearing als öffentliche Veranstaltung in der Stadthalle zur Mülheimer Stromkonzession. 6 Versorger haben Interesse bekundet, darunter die medl und „natürlich“ das RWE, das ursprünglich eine vorzeitige Verlängerung um 20 Jahre wollte. Mit dabei der VKU (Verband kommunaler Unternehmen) und als Gegenpol der BdEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft), außerdem der Kämmerer von Ludwigsburg, wo die Stromkonzession rekommunalisiert wurde, und der OB aus Werne, wo dagegen gestimmt wurde.

Zwar hatte der MBI-Antrag beim Verwaltungsgericht (s.u.) keinen Erfolg, doch die politische Diskussion intensivierte sich und schließlich beschloss der Hauptausschuss im Dez. gegen Frau Mühlenfeld die Bewerbung der medl! Damit war die vorzeitige Verlängerung der RWE-Verträge hinfällig. Doch dann in 2011:

  • Nov. 11: Medl kippt um, CDU kippt um und deshalb: Mülheim, das RWE und die Stromkonzession – Ein erschrecklich abgekartetes Spiel, aber bitter- bis todernst für die ganze Region! hier

Im Rat der Stadt Mülheim am 8.7.10 wurde eben mal hopplahopp die vorzeitige Verlängerung des Strom-Konzessionsvertrages der Stadt Mülheim mit dem RWE beschlossen. Soll die Stadt wie beim Versuch der vorzeitigen Karnap-Neuverträge vor 3 Jahren über den Tisch gezogen werden? Ist Rekommunalisierung in der Stadt der RWE-Aufsichtsrätin keine Diskussion wert? Mehr hier. Frau Mühlenfeld überging den Beratungsbedarf mehrerer Ratsfraktionen, damit die Ausschreibung bereits am 15.7.10 stattfinden könnte! Die MBI haben deshalb das Verwaltungsgericht Düsseldorf angerufen, und zwar mit folgendem Antrag. Der ganze Antrag auch als pdf-Datei (60 KB)

Mülheim, den 13.07. 2010

An das Verwaltungsgericht Düsseldorf
Bastionstr. 39

40213 Düsseldorf

EILT! EILT!

Antrag auf Einstweilige Anordnung

MBI-Ratsfraktion im Rat der Stadt Mülheim a.d. Ruhr
./.
Stadt Mülheim a.d. Ruhr

Die MBI-Ratsfraktion im Rat der Stadt Mülheim a. d. Ruhr beantragt,

den Beschluss des Rates der Stadt Mülheim a. d. Ruhr in seiner Sitzung vom 08. Juli 2010 zu TOP 8.1 „Entscheidung über die Bekanntmachung zur Stromkonzession – Vorlage V 10/0512-01“ zur Bekanntmachung der Neuvergabe der Stromkonzession aufzuheben und der Stadt Mülheim zu untersagen, dies im Bundesanzeiger bzw. im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen .

Wir beantragen hiermit vorläufigen Rechtschutz gemäß § 123 VWGO und somit, den o.g. Beschluss per einstweiliger Verfügung des Verwaltungsgerichts außer Kraft zu setzen.

Die Eilbedürftigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus der Begründung der Beschlussvorlage V 10/0512-01 (Anlage 1), in der auf S. 3 angegeben ist, dass die Veröffentlichung bereits für den 15.07.2010 vorgesehen ist.

Zur Begründung und zum Sachverhalt:

In der Mülheimer Ratssitzung am 8.7.10 lautete TOP 8.1 „Entscheidung über die Bekanntmachung zur Stromkonzession“. Der Vertrag mit dem RWE geht bis Ende 2014 und das RWE möchte vorzeitig einen neuen 20-jährigen Konzessionsvertrag zum 31.12.2010.

  • Genaueres siehe Anlage 1: Beschlussvorlage V 10/0512-01

Bereits bei der Vorberatung des Punktes im Hauptausschuss der Stadt Mülheim am 1. Juli hatten die Fraktionen von MBI und Bündnis 90/Grüne Beratungsbedarf angemeldet und ein Hearing gefordert, um in der komplexen Materie sachkundiger zu werden.

Bis zum Rat am 8.7. war es  logischerweise nicht möglich, die Zweifel und Fragen zu klären, die im Raume stehen. Das sind die Fragen nach Alternativen zur RWE-Option.

In der Ratssitzung am 8. Juli schloss die FDP-Fraktion sich den Fragen von MBI und Grünen an und formulierte einen Antrag auch in unserem Sinne, nämlich dass erst einmal das Ob der um 2 Jahre vorgezogenen 20jährigen Stromkonzession und danach die möglichen Alternativen geklärt und untersucht werden müssten, bevor die vorgeschriebene „Bekanntmachung“ veröffentlicht wird, die einer Ausschreibung gleich kommt.

Die Grünen kündeten Beratungsbedarf an und beantragten eine Auszeit. Diese dauerte fast 1 Stunde und war gekennzeichnet von vielen Überzeugungsversuchen seitens der Verwaltung. Man bot einen Scheinkompromiss an, nämlich jetzt auszuschreiben und danach das Verfahren zu dehnen, um die notwendige Aufklärung zu betreiben. Darauf ließen wir uns nicht ein, genauso wenig die FDP und die Grünen.

Dann setzte die Oberbürgermeisterin die Sitzung fort und forderte den Kämmerer auf, Abstimmungstexte zu formulieren. Der Unterzeichner hob in seiner Funktion als MBI-Fraktionssprecher beide Hände in die Höhe, um einen Antrag zur Geschäftsordnung anzuzeigen, doch die OB erteilte ihm nicht das Wort und sagte nur „jetzt nicht“. Deshalb ließ der MBI-Fraktionssprecher mindestens 5 Minuten beide Hände oben!

Der Kämmerer versuchte erst, seinen „Kompromiss“ als einzigen Antrag vorzustellen, was auf Protest stieß. So wurde deutlich, dass zwei unterschiedliche Anträge gestellt waren. Dann sollte die  „Kompromiss“-Variante (s.o.) als angeblich weitergehende zuerst abgestimmt werden. Nach heftigem, lautstarkem Protest ließ die Oberbürgermeisterin dann doch erst über den FDP-Antrag abstimmen, der mit 23:31 unterlag (2 CDU-ler hatten mit MBI, Grünen, FDP und Linken gestimmt, 4 CDU-ler hatten sich enthalten).

Danach erst erteilte Frau OB dem MBI-Fraktionssprecher das Wort, obwohl dieser längere Zeit einen Antrag zur Geschäftsordnung durch Heben beider Hände angezeigt hatte!

Nun erst konnte er für die MBI-Fraktion Beratungsbedarf anmelden, dem die Fraktion Bündnis 90/Grüne sich unmittelbar danach anschloss. Heinz Braun (SPD) hielt eine Gegenrede, dass in einem Abstimmungsverfahren kein Beratungsbedarf angemeldet werden dürfe, das hätte vorher geschehen müssen. Nur: Das wollte die MBI-Fraktion die ganze Zeit davor tun, doch sie durfte nicht! Unabhängig davon gilt: Der FDP-Antrag präzisierte genau den Beratungsbedarf, war also auch bei Beratungsbedarf für die MBI-Fraktion abstimmungsfähig.

Der vom Kämmerer formulierte Antrag aber überging den Beratungsbedarf, den Grüne und MBI angemeldet und die FDP in einen Antrag hinein formuliert hatte.

Da es auch in Mülheim sinnvoller parlamentarischer Brauch ist, Beratungsbedarf von Fraktionen zu respektieren, brach das folgende Prozedere diese seit vielen Jahren geltende Übereinkunft aller Fraktionen im Rat der Stadt Mülheim.

Die OB ließ trotz angemeldetem Beratungsbedarf abstimmen, weshalb die MBI-Fraktion demonstrativ und unter Protest den Saal verließ, um nicht an derartigen Abstimmung beteiligt zu sein. Die Grünen und ein Teil der Linken folgten uns. Wir fühlten uns nämlich außerstande, nach bestem Wissen und Gewissen der Bekanntmachung der Vergabe der Stromkonzession bereits zum 15. Juli zuzustimmen oder sie begründet ablehnen zu können. Wie andere Fraktionen im Rat auch, hätten wir vorab wesentliche Informationen und Einschätzungen über Alternativen zur RWE-Option benötigt, um uns eine fundierte Meinung bilden zu können. So aber können wir nicht überblicken, ob es zum Vor- oder Nachteil der Stadt ist, egal bei welcher Option.

Es handelt sich immerhin um eine Entscheidung mit langfristiger Festlegung und das in dem zentralen Strombereich, der sich bereits in großer Bewegung befindet, dem aber noch viel größere Veränderungen bevorstehen. Auch die baldige neue Landesregierung hat z.B. ein ehrgeiziges Programm zur deutlichen Dezentralisierung der Stromerzeugung u.a. durch Kraft-Wärme-Koppelung angekündigt. Welche Bedeutung dabei die Stromnetze zukünftig spielen werden, ist nicht genau überschaubar, doch erscheint es höchstwahrscheinlich, dass die Stromnetze eine wichtigere Rolle spielen werden als heute.

Deshalb müssen ehrenamtliche Ratsleute von Fachleuten aufgeklärt werden, bevor sie z.B. einer vorzeitigen Verlängerung  der Konzessionsverträge zustimmen können, ohne untersucht zu haben, ob dadurch nicht große Chancen für die Stadt Mülheim auf längere Zeit verschenkt würden.

Sowohl die lokale Stadtwerkeoption mit der Gas- und Fernwärmegesellschaft medl (51% Stadt, 49% Rhenag) wie auch eine regionale Lösung mit den Stadtwerken von Nachbarstädten muss erst politisch beraten und beschlossen werden, bevor eine Bewerbung abgegeben werden könnte. Da dies bisher nirgends geschah, wären beide Optionen de facto ausgeschlossen, wenn bereits zum 15. Juli die Ausschreibung begänne bzw. die Bekanntmachung veröffentlicht würde! Laut Begründung der Beschlussvorlage – vgl. Anlage 1, S. 3 – war der „Fristablauf der Interessensbekundung“ für den 15.10.10 vorgesehen. Selbst wenn diese Frist noch verlängert würde, wären mit Beginn der Sommerferien beide alternativen Optionen real aus dem Rennen.

Diese Präjudizierung der Verlängerung der reinen RWE-Option muss aber nicht zum Vorteil von Stadt und Verbrauchern sein, zumal landauf-landab Rekommunalisierungen auf der Tagesordnung stehen.

  • vgl. auch Anlage 3, WAZ-Artikel vom heutigen 13.07.10 „Ratspolitik unter Strom“!

Unabhängig davon, dass sich im vorliegenden Fall im Verlauf der Ratssitzung wirklicher Beratungsbedarf bei nahezu allen Ratsmitgliedern manifestierte und offenbarte wie selten, ist daran zu erinnern, dass die Grünen bereits vor der Auszeit ihren Beratungsbedarf angekündigt hatten und dass der MBI-Fraktionssprecher für die MBI bestimmt 5 Minuten beide Arme hochhielt, um einen Antrag zur Geschäftsordnung anzumelden, sprich Beratungsbedarf zu erklären. Ihm wurde aber nicht das Wort erteilt. Als er dann nach der 1. Abstimmung endlich etwas sagen durfte, meldete er logischerweise zur 2. Abstimmung Beratungsbedarf an aus den o.g. Gründen heraus.

Da zumindest für die Stadt Mülheim nichts anbrennt, wenn der Beschluss nicht umgesetzt wird, haben die Fraktionen von MBI und Bündnis 90/grüne die Oberbürgermeisterin der Stadt Mülheim in einem gemeinsamen Brief vom 12.7.10 aufgefordert, die Umsetzung des Beschlusses der 2. Abstimmung anzuhalten.

  • vgl. Anlage 2: gemeinsamer Brief von MBI und Bündnis 90/Grüne an Frau OB Mühlenfeld mit der Aufforderung zur Beanstandung des Beschlusses zum Strom-Konzessionsvertrag

Bis jetzt, 13. Juli 17 Uhr – hat es seitens der OB keine Reaktion darauf gegeben, nicht einmal eine Empfangsbestätigung. Es gibt auch keinerlei Signal oder Anzeichen, dass Frau OB in irgendeiner einer Form dem Verlangen der beiden Fraktionen nachkommen werde. Ansonsten wäre dies z.B. in Gesprächen etwa am Rande von Aufsichtsratssitzungen angedeutet worden.

Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Stadt Mülheim die Veröffentlichung der Bekanntmachung zur vorzeitigen Neuvergabe der Stromkonzession bereits zum 15.07.10 stornieren oder zurückstellen wird, sehen wir nur noch die Möglichkeit dieser Einstweiligen Anordnung, um Schaden von unserer Stadt abzuwenden.

Hinzu kommt nämlich noch der nicht unerhebliche Gesichtspunkt, dass Frau Oberbürgermeisterin Mitglied des Aufsichtsrats der RWE  ist und sich damit auch dem Wohle des Energiekonzerns verpflichtet fühlen muss. Sie war also genau genommen in der Ratssitzung befangen, so dass sie die Leitung der Sitzung für den Punkt hätte abgeben müssen.

Die MBI mussten genauso wie Bündnis 90/Grüne davon ausgehen, dass ihr objektiv gegebener Beratungsbedarf auch in der Ratssitzung respektiert werden würde.

Da dies nicht geschah, war es in der wenigen Tagen zwischen Ratssitzung und Bekanntmachung bzw. Ausschreibung der Stromkonzessionsvergabe praktisch unmöglich, ein mit anderen Fraktionen abgestimmtes und nach allen Seiten durchleuchtetes Verfahren zum Anhalten der Umsetzung des höchst bedenklichen Ratsbeschlusses durchzuführen. Die Ratssitzung am letzten Donnerstag dauerte bis nach 21 Uhr und fand statt am Stadtrand kurz vor Oberhausen, weil es z.Zt. in Mülheim kein nutzbares Rathaus gibt. Die Affenhitze, die laufende Fußball-Weltmeisterschaft und die kurz bevorstehenden Sommerferien verhinderten sogar, dass in der Kürze der Zeit anwaltliche Beratung möglich wurde.

Aus all den Gründen heraus stellen wir diesen Eilantrag erst einmal ohne anwaltlichen Beistand.

Genauso wie wir uns als Fraktion im Rat der Stadt in der gesamten Inszenierung überrumpelt vorkamen, so befürchten wir Schaden für unsere Stadt und das ohne Zeitdruck oder sonstige erkennbare Not.

Wie im Übrigen die Diskussion mit Ratskolleg/innen aus allen Fraktionen in der langen Auszeit während der Ratssitzung gezeigt hat, war keine/r ausreichend informiert, um die weitreichende Entscheidung überblicken zu können.

Und: Sollte z.B. die Prüfung der Stadtwerkeoption mit medl sich als machbar und wünschenswert erweisen, müsste dies in allen für die medl zuständigen Gremien behandelt und beschlossen werden. Auch im Aufsichtsrat wurde darüber bisher nichts besprochen, also auch kein Nein. Es gibt aber den immer noch gültigen Beschluss aus den Gründungsjahren der medl, dass diese das Stromnetz übernehmen solle, wenn es frei würde. Dem hatte auch der 49%ige medl-Gesellschafter Rhenag zugestimmt. Nun beabsichtigt das RWE, in Kürze auch die Rhenag-Anteile der medl als Mutter selbst zu übernehmen. Spätestens ab dem Punkt wirft die Ratsentscheidung zum Stromnetz im Schweinsgalopp richtige Fragen auf, die eigentlich vor Abstimmungen geklärt werden müssen, nicht hinterher!

i.A. der MBI-Fraktion: Lothar Reinhard, Fraktionssprecher

Anlagen

  • Anlage 1: Beschlussvorlage V 10/0512-01 „Entscheidung über die Bekanntmachung zur Stromkonzession“
  • Anlage 2: gemeinsamer Brief von MBI und Bündnis 90/Grüne an Frau OB Mühlenfeld mit der Aufforderung zur Beanstandung des Beschlusses zum Strom-Konzessionsvertrag vom 8.7.10, siehe unten direkt im Anschluss
  • Anlage 3, WAZ-Artikel vom heutigen 13.07.10 „Ratspolitik unter Strom“! weiter unten

Von: MBI [mailto:mbi@mbi-mh.de]
Gesendet: Montag, 12. Juli 2010 17:08
An: dagmar.muehlenfeld@stadt-mh.de
Cc: ‚- CDU-Fraktion -‚; ‚- FDP-Fraktion -‚; ‚- Gruene-Fraktion -‚; ‚- SPD-Fraktion -‚; schweizerhof; Carmen Matuszewski; Rosinski; ‚fraktion@wirlinke.de‘; ‚NRZ Redaktion MH‘; ‚WDR Essen‘; ‚Antenne Ruhr‘; ‚Mülheimer Woche‘; ‚redaktion@92.9radiomuelheim.de‘; ‚WAZ Redaktion Mülheim‘
Betreff: Beanstandung des Beschlusses zum Strom-Konzessionsvertrag

Fraktion der MBI (Wählergemeinschaft Mülheimer Bürger Initiativen) und
Fraktion Bündnis 90/Grüne

im Rat der Stadt Mülheim a.d. Ruhr

Mülheim, den 12. Juli 2010

An die Oberbürgermeisterin, Frau Dagmar Mühlenfeld,nachrichtlich an die Fraktionen und Fraktionslosen im Rat der Stadt Mülheim

Aufforderung, den Beschluss in der Ratssitzung am 8.7.10 zu TOP 7.1 „Entscheidung über die Bekanntmachung zur Stromkonzession“ zu beanstanden und dessen Umsetzung anzuhalten

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

bekanntlich hat die MBI-Fraktion bei der o.g. Abstimmung Beratungsbedarf angemeldet, dem die Fraktion Bündnis 90/Grüne sich anschloss. Sie ließen dennoch abstimmen, weshalb wir den Saal verließen, um demonstrativ nicht an der Abstimmung beteiligt zu sein. Wir fühlten uns außerstande, nach bestem Wissen und Gewissen der Bekanntmachung der Vergabe der Stromkonzession bereits zum 15. Juli zustimmen oder sie begründet ablehnen zu können. Wie andere Fraktionen im Rat auch, hätten wir vorab wesentliche Informationen und Einschätzungen über Alternativen zur RWE-Option benötigt, um uns eine fundierte Meinung bilden zu können. So aber können wir nicht überblicken, ob es zum Vor- oder Nachteil der Stadt ist, egal bei welcher Option.

Es handelt sich immerhin um eine Entscheidung mit langfristiger Festlegung und das in dem zentralen Strombereich, der sich bereits in großer Bewegung befindet, dem aber noch viel größere Veränderungen bevorstehen. Auch die baldige neue Landesregierung hat z.B. ein ehrgeiziges Programm zur deutlichen Dezentralisierung der Stromerzeugung u.a. durch Kraft-Wärme-Koppelung angekündigt. Welche Bedeutung dabei die Stromnetze zukünftig spielen werden, ist nicht genau überschaubar, doch steht fest, dass sie eine wichtigere Rolle spielen werden als heute. Deshalb müssen wir ehrenamtliche Ratsleute von Fachleuten aufgeklärt werden, bevor wir z.B. einer vorzeitigen Verlängerung  der Konzessionsverträge zustimmen können, ohne untersucht zu haben, ob dadurch nicht große Chancen für unsere Stadt verschenkt würden.

Unabhängig davon, dass sich im vorliegenden Fall im Verlauf der Ratssitzung wirklicher Beratungsbedarf bei nahezu allen manifestierte, möchte ich Sie daran erinnern, dass die Grünen bereits vor der Auszeit ihren Beratungsbedarf angekündigt hatten und dass ich für die MBI bestimmt 5 Minuten beide Arme hochhielt, um einen Antrag zur Geschäftsordnung anzumelden, sprich Beratungsbedarf zu erklären. Sie erteilten mir aber nicht das Wort, sondern ließen Herrn Bonan mögliche Abstimmungstexte formulieren. Als ich dann nach der 1. Abstimmung endlich etwas sagen durfte, meldete ich zu 2. Abstimmung Beratungsbedarf an aus den o.g. Gründen heraus.

Da zumindest für unsere Stadt nichts anbrennt, wenn sie den Beschluss zu TOP 7.1. beanstanden und kassieren, fordern wir Sie hiermit dazu auf, dies unverzüglich zu tun. Wie im Übrigen die Diskussion mit Ratskolleg/innen aus allen Fraktionen in der langen Auszeit gezeigt hat, war keine/r ausreichend informiert, um die weitreichende Entscheidung überblicken zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Lothar Reinhard, MBI-Fraktionssprecher
Annette Lostermann de Nil, stellvertr. Fraktionssprecherin von Bündnis 90/Grüne

Zum Thema auch

WAZ-Mülheim, 12.07.2010, Mirco Stodollick

Konzession Stromnetz : Ratspolitik unter Strom

Selten hat eine politische Debatte im Stadtrat so viel Zoff produziert wie die zuletzt über die frühzeitige Neuvergabe der Stromkonzession.

Die RWE Rheinland Westfalen Netz AG hatte die Stadt darum gebeten, die Neuvergabe zwei Jahre früher als nötig in die Wege zu leiten, um Planungssicherheit für anstehende Investitionen in das Netz zu haben. MBI, Grüne, FDP und Linke sehen sich nun unter Druck gesetzt, alsbald eine Entscheidung zu treffen, ohne ausreichend über Alternativen informiert zu sein.

Wie berichtet, verließen Grüne und MBI noch vor der Abstimmung über eine frühzeitige neue Ausschreibung zur Stromkonzession den Saal. Ihr Beratungsbedarf sei von OB Dagmar Mühlenfeld, pikanterweise RWE-Aufsichtsrätin, ignoriert worden.

Worum es geht: Die Stromkonzession ist ein Vertrag zwischen Kommune und Energieversorger, der Letzterem über die Laufzeit von bis zu 20 Jahren das Recht gibt, Versorgungsleitungen im Stadtgebiet zu bauen, instandzuhalten und zu betreiben. Dafür zahlt der Netzbetreiber der Stadt eine Konzessionsabgabe. Der RWE ist seit 1938 Vertragspartner der Stadt, aktuell zahlt die Netz-Tochter des Energiekonzerns jährlich rund 8 Mio Euro Konzessionsabgabe. Selbst kassiert RWE von anderen Versorgern Geld dafür, dass sie ihren Strom durch das Konzessionsnetz zu ihren Kunden leiten können. Wie hoch diese Einnahmen sind, ist Betriebsgeheimnis, sicher liegen sie aber bei einigen Millionen Euro.

Ein lohnendes Geschäft, das sich viele Kommunen, die ihre Konzessionen neu zu vergeben haben, nicht weiter durch die Lappen gehen lassen. Auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen verzichten laut Bundesnetzagentur Kommunen verstärkt darauf, ihre Konzessionen an Dritte zu vergeben, sondern streben eine Rekommunalisierung an; sprich: Sie kaufen das Netz zurück und gründen, angegliedert an ein kommunales Versorgungsunternehmen, eine Gesellschaft, die das Stromnetz in Eigenregie betreibt. Die Netznutzungsentgelte können dann helfen, Finanzierungslöcher anderswo, etwa im ÖPNV, zu stopfen. Wie steht’s um diese Möglichkeit in Mülheim?, fragen sich MBI und Grüne. Eine Antwort haben sie in der vergangenen Woche im Rat nicht bekommen. So wollten sie nicht über eine vorzeitige Neuvergabe der Konzession entscheiden.

Einen engen Zeitrahmen hat die Verwaltung für das Verfahren vorgezeichnet, das mit Stimmen von SPD und CDU durchgewunken wurde. Schon ab 15. Juli soll das Vergabeverfahren starten. Fünf Monate haben Interessenten Zeit, der Stadt ein Angebot zu unterbreiten. Zum Jahreswechsel will die Stadt mit den Bietern Gespräche führen, im Februar schon soll der Rat einen Zuschlag erteilen. Die Stadt ist hierbei nicht an EU-Vergaberichtlinien gebunden, ihre Entscheidung muss lediglich den Kriterien der Offenheit, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit genügen.

Dr. Hendrik Dönnebrink, Geschäftsführer der städtischen Beteiligungsholding, ist bemüht, die Schärfe aus dem Protest gegen den „voreiligen Gehorsam“ gegenüber RWE zu nehmen. Er betont, das Verfahren sei völlig offen. Selbstredend könne auch die Medl ihren Hut in den Ring werfen. Die Stadt als Gesellschafterin sei aber gehalten, den für sie günstigsten Weg einzuschlagen. Zwischen den Zeilen klang durch, dass der Netzbetrieb durch die Medl als wenig sinnvoll erachtet wird. So müsse die Stadt das Netz von RWE zurückkaufen, die dafür fällige Summe im mittleren zweistelligen Millionen-Bereich sei bei gegebener Kassenlage freilich kreditzufinanzieren. Auch habe die Stadt andere große Aufgaben vor der Brust, etwa die Modernisierung von Pflegeheimen. Da seien notgedrungen Prioritäten zu setzen. „Wir werden aber sicher mit der Medl Rücksprache halten“, so Dönnebrink.

Vielsagend: Medl-Geschäftsführer Gerd Bachmann mochte sich zu der Konzessionsfrage nicht äußern. Dabei könnte der Ausbau des Stromgeschäftes für die Medl strategisch wertvoll sein.

Zum Thema auch:

  • Kommunen wie Mülheim fürchten wegen RWE-Plänen um ihre Gewerbesteuer. Es knirscht und kracht im RWE-Gebälk!auch als pdf-Datei (37 KB) –  NRhZ Nr. 260 vom 28.7.10
  • Brief an die beiden Mülheimer Mitglieder der neuen Landesregierung
    Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Frau Gesundheitsministerin Barbara Steffens: „Es wäre ein fatales Signal für die neue rot-grüne Landesregierung, wenn sie als allererstes die Stärkung von Stadtwerken beschließen lässt, während gleichzeitig in der Heimatstadt der Ministerpräsidentin alles getan wird, damit es dort auch die nächsten 20 Jahre keine Stadtwerke gibt!“ MBI-Appell hier

Wer den Gas- oder Stromanbieter wechseln will, informiere sich über Preisvergleiche bei www.verifox.de
Wer zu Öko-Stromern wechseln will: Grafik anklicken!

Kostenlose hotline: 0800-7626852