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„Konzern Stadt“ mit GmbHs ein gravierender Irrweg?

1.10.12: WAZ: Beamtenbund-Chef will „Scheinprivatisierungen“ wie GmbHs verbieten lassen hier. Darin u.a.: Die Gründung privatwirtschaftlich organisierter Firmen und Gesellschaften mit staatlichen Mehrheitsbeteiligungen stößt beim Beamtenbund auf scharfe Kritik. Der Vorsitzende Peter Heesen fordert, „Scheinprivatisierungen“ bei Bund, Ländern und Gemeinden per Gesetz zu verbieten. „Diese Scheinprivatisierungen werden nur gemacht, um Kosten, die im Haushalt stören, zu verschleiern und um gleichzeitig bestimmte Leute auszugliedern, damit die endlich mal gut verdienen“, sagte er der WAZ Mediengruppe.“

Haupttitel der WAZ-Lokalseite Mülheim am 19. Juli 2012: „Vier Chefs als Fehlgriff?“ über die Skandale um die städtischen Geschäftsführer Bultmann, Bremekamp, Mühlenbeck und Eismann in kurzer Folge. Frage dazu:
Liegt wirklich alles nur daran, dass diese Posten meist politisch ausgekungelt werden oder verführt nicht die Ausgliederung öffentlicher Aufgaben in privatwirtschaftliche GmbHs oder mbHs regelrecht zu Intransparenz und Missbrauch?

Die Geschäftsführer/innen der städtischen Beteiligungsgesellschaften sind in Mülheim ohnehin ein Kapitel für sich. Seitdem in den letzten 15 Jahren immer mehr Aufgaben in GmbHs ausgegliedert wurden, ob teilprivatisiert oder rein städtisch, gab es neben den o.g. 4 „Fehlgriffen“ immer und immer wieder Probleme mit den „Chefs“, angefangen von Baltes und N. Richter (SWB), Broekmanns und Semmler (MEG), Zowislo und Blickle (MST), Weßel (M&B), Exner (MVG) usw. bis hin zu dem ein oder anderen Sparkassendirektor während der Scheibel-Ära. Wenn Eismanns sprachlich phänomenale mail an Frau OB („Liebe Dagmar, …. Ich habe Rücken“) nicht durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangt wäre, hätte wohl kaum jemand diese Dienstwagen“affäre“ mitbekommen. Was z.T. in anderen GmbHs wirklich läuft, bekommt die Öffentlichkeit oder der Stadtrat ohnehin meist nur mit, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist wie bei Bremekamp, Mühlenbeck oder Bultmann. Mehr dazu

  • Selbstbedienungsladen Flughafen Essen/Mülheim hier
  • Erneut mildes Urteil zu Bremekamp. Samthandschuhe zu Mölmschem Filz und Korruption? hier
  • Strafantrag gegen ex-Geschäftsführer Mühlenbeck hier
  • ex-Kämmerer Bultmann (swap-Spezialist) und dann ex-MEG-Geschäftsführer im Freigang mit Dienstwagen u.a. hier

Etliche dieser „Chefs“ verdienen sogar mehr als die OB (ohne RWE-Aufsichtsratstantiemen versteht sich), bekommen Boni, haben Dienstwagen uswusf. Und vieles läuft fast immer an der Öffentlichkeit vorbei und meist auch am jeweiligen Aufsichtsrat, obwohl es sich um öffentliche Gelder handelt. Doch GmbHs unterliegen halt „privatwirtschaftlichen“ Regeln. Mehr auch in:

  • Selbstbedienung und Intransparenz an den Spitzen von Beteiligungsgesellschaften?? hier oder
  • die Gehälter der Mülheimer Geschäftsführer hier

Während die WAZ die Probleme mit den hochdotierten „Chefs“ nur in der Pöstchenschieberei sah und FDP-Mangen gar noch teurere „Experten“ engagieren möchte, sehen nicht nur die MBI seit längerem die Problematik grundlegender.
Die Ausgliederungen in GmbHs u.ä. unter dem Obertitel „Konzern Stadt“ war ein schwerwiegender Irrweg und mit eine Hauptursache für die kaum zu bremsende Verschuldung vieler Städte.
Man schaue sich z.B. nur Dortmund (u.a. die immensen Flughafensubventionen) oder Duisburg (u.a. der Skandal Küppersmühle und die dafür blutende GEBAG) an. Viele Stadtoberen haben sich mit ausgegliederten Töchtern die Möglichkeit geschaffen, Gelder quasi legal auszugeben, die im Haushalt schon lange nicht mehr vorhanden sind. Doch nicht nur das, wie das Bspl. Mülheim zeigt (Erklärung der Abkürzungen der unzähligen Gesellschaften ganz unten)

Die städtischen Beteiligungsgesellschaften laufen außerhalb des städtischen Haushalts, führen also automatisch ein Eigenleben, unabhängig von der Qualität der jeweiligen Geschäftsführer. Sie tätigen z.B. Investitionen, die der verschuldete Kernhaushalt nicht dürfte (in Mülheim u.a. die RPG (bei Ruhrbania) oder die MST, beides Fässer ohne Boden). Die Aufsichtsratsmitglieder sind der Verschwiegenheit und dem Wohl der GmbH verpflichtet und last but not least werden dem sog. „Kern“haushalt als Rest wesentliche Einnahmequellen entzogen wie RWE-Aktien-Dividende oder medl-Gewinne aus überhöhten Gaspreisen. Bei teilprivatisierten Beteiligungen wie MEG, medl, RWW, SEM usw. geht zudem die Hälfte (oder mehr ) der Überschüsse ganz außerhalb der Kommune. Der „Chef der Chefs“, BHM-Geschäftsführer Dönnebrink, verwaltet insgesamt einen riesigen Neben- und Schattenhaushalt (ca. 1/3 so groß wie der Kernhaushalt), nahezu unabhängig vom Kämmerer, welcher im Endeffekt nur zur Deckung der BHM-Defizite immer gerade stehen muss. Letztere dürften u.a. wegen der RWE-Misere von vorher ca. 8 Mio. p.a. in 2012 auf vielleicht das Doppelte anschwellen.

Fazit: Zur Wiederbelebung der kommunalen Demokratie, zu mehr Transparenz beim Umgang mit Geldern aus Steuern und Gebühren, aber auch zur Haushaltssanierung ist die Rückführung städtischer GmbHs in den Kernhaushalt und wo geht die Rekommunalisierung der privatisierten Grundversorgung eine der wesentlichen Voraussetzungen!

Mülheim ist bekanntlich inzwischen hoffnungslos strukturell finanziell ruiniert, ähnlich Griechenland, Spanien, Italien usw.. Bei hoffentlich noch 450 Mio. € Gesamteinnahmen 2012 (EU-Krise und Wirtschaftsflaute außen vor gelassen) werden die notwendigen, kurzfristigen Kassenkredite bei mind. 650 Mio. € (!) liegen. Selbst wenn die Zinsen für Kommunalkredite auf historisch niedrigem Tiefststand von 1,5% blieben, würden die Kassenkredite 2015 bereits mind. 855 Mio. € betragen und das bei schrumpfender Bevölkerung mit bereits heute dem höchsten Altersdurchschnitt in NRW, vor allem aber bei bisher stets mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit des Ruhrgebiets und einer sehr robusten Wirtschaft, die bei hohem Exportanteil im letzten Jahrzehnt boomte wie in kaum einer Stadt  in NRW!!!! Mehr auch in „Mülheim im selbstgemachten Schachmatt?“ hier

Die Weichen für eine Haushaltssanierung sind aber völlig falsch gestellt:

  1. Eine Vielzahl von PPP- oder PPP-ähnlichen Umwegfinanzierungen haben die Stadt Mülheim auf 20, 30 und mehr Jahre mit „Forfaitierung und Einredeverzicht“ unabänderbar in die Zukunft hinein hoch verschuldet,mehr u.a. hier
  2. ein missratenes Prestigeprojekt „Ruhrbania“ hat die Innenstadt und mit seinen gigantischen städt. Vorleistungen auch die Finanzen auf lange Zeit ruiniert. Mehr hier und
  3. leistet sich der „Konzern Stadt“ zu allem Überfluss einen immens aufgeblähten Personalapparat mit vielen Parallelstrukturen – Ämter und Ausgliederungen wie GmbHs – und auch deshalb einen riesigen Bestand an Wasserköpfen. Mehr u.a. in „MBI-Konzept zur Haushaltssanierung“ hier.
    Die Stadt ist dadurch nicht effektiver geworden, im Gegenteil, wie selbst die simplen Beispiele der unüberschaubaren Zuständigkeiten etwa für die Ruhrauen oder die Genehmigung des Wochenmarktes Schloßstr. zeigen.

Orgien von Ausgliederungen städtischer Aufgaben, mal teilprivatisiert, mal als 100% städt. GmbH, haben nicht nur die kommunale Demokratie massiv verkürzt, sondern auch ein kaum überschaubares Geflecht von privatwirtschaftlichen GmbHs geschaffen, das sehr stark an windige Privatfirmen wie z.B. Teldafax erinnert (u.a. BHM, MEG, medl, SEM, FEM, MGSS, MSH, MST, M&B, MVG, JSG, JTG, RPG, RWW, SWB, TAR uswusfusf., Erklärung Abk. unten).

Diese Gesellschaften haben entsprechend und durchaus gewollt ihr Eigenleben entwickelt. Einige Gesellschaften haben 2 Geschäftsführer („4-Augen-Prinzip“), deren Gehälter, Sonderzuweisungen und Boni frei ausgehandelt und geheim sind, ohne Einfluss des Rates und in Mülheim auch ohne jegliche Beteiligung des jeweiligen Aufsichtsrates. Die Vorschriften für Amtsleiter oder Dezernenten o.ä. gelten für diese GmbHs nicht und so kommt es, dass diese Geschäftsführer durchaus viel mehr verdienen als diese oder selbst die OB (ohne RWE-Tantiemen versteht sich).

Und genau wie der überbesetzte Vorstand der Mülheimer Spasskasse weigerten sich alle Geschäftsführer/innen über Jahre, ihre Einkommen offenzulegen, wie das Transparenzgesetz des Landes es vorschreibt. Zweimal stellten die MBI vergebens Anträge, dem Gesetz endlich genüge zu tun, vgl. hier. Doch nichts passierte mit z.T. lächerlichen Ausreden. Erst im 3. Anlauf war der gleiche MBI-Antrag in diesem Jahr wenigstens teilweise erfolgreich (Medl- und Sparkassenchefs weigern sich immer noch!). Auch die Kriterien für Boni bleiben geheim und wie das Beispiel der maroden Flughafengesellschaft gezeigt hat, wurde auch dem ohnehin zur Verschwiegenheit verpflichteten Aufsichtsrat nicht dargelegt, warum und wofür Geschäftsführer Eismann 10% Bonus erhielt, obwohl die Gesellschaft FEM sich eher im Absturz befindet und das auch noch kurz, nachdem der Landesrechnungshof den Verdacht der Korruption bei Auftragsvergabe genau durch die FEM öffentlich gemacht hatte! Mehr dazu hier

Man könnte mitunter fast glauben, ein Häuflein „Spitzenjobs“ (nicht unbedingt „Spitzenleute“, weil oft rein politisch zwischen SPD und CDU nur ausgekungelt) solle oder wolle sich nach dem Prinzip „Nach mir die Sintflut“ noch schnell bedienen, bevor nichts mehr geht.

Abkürzungen für Mülheimer Beteiligungsgesellschaften (es gibt noch einige mehr!)

  • BHM = Beteiligungsholding Mülheim, 100% Stadt, aber als Tochter des Eigenbetriebs Betriebe (mit eigenem Geschäftsführer als einzigem Beschäftigten, als der als MVG-Geschäftsführer abgeschoben wurde)
  • MEG = Mülheimer Entsorgungsgesellschaft, 51% Stadt, 49% erst Trienekens, dann RWE, dann Remondis
  • Medl = Mülheimer EnergieDienstleistungsgesellschaft, 51% Stadt, 49% Rhenag, dann RWE
  • SEM = Stadtentwässerung Mülheim, 25% Stadt, 75% medl
  • FEM = Flughafengesellschaft Essen-Mülheim, je ein Drittel Stadt MH, Stadt Essen und Land NRW
  • MGSS = Mülheimer Gesellschaft für soziale Stadtentwicklung, 100% Stadt, zuständig für Eppinghofen
  • MSH = Mülheimer Sozialholding, 100% Stadt, zuständig für Altenheime
  • MST = Mülheimer Gesllschaft für Stadtvermartung und Tourismus, 100% Stadt
  • M&B = Mülheim&Business, 50% Stadt, 50% Wirtschaftvereinigung, aber zu 100% bezahlt von der Stadt
  • MVG = Mülheimer Verkehrsgesellschaft, erst 94% medl, seit letztem Jahr 100% Stadt als BHM-Tochter
  • JSG = JobServiceGesellschaft, 100% Stadt, nach dem Desaster deutlich abgespeckt, weil der Hauptzweig der „Betreuung“ der Hartz IV-Empfänger mit der parallelen Sozialagentur der Optionsstadt MH verschmolzen wurde
  • JTG = Job Transfer Gesellschaft, 100% Stadt als JSG-Tochter gedacht, doch funktionslos
  • RPG = Ruhrbania-Projekt-Entwicklungsgesellschaft, 50% Stadt, 50% Kondor Wessels, die zu Okt. 2011 aber ausstiegen
  • RWW=Rheinisch Westfälische Wasserwerke mbH, seit der Privatisierung in 2002 zu 80% RWE, Mülheim mit nur noch 10%
  • SWB = ex-Sozialer Wohnungsbau, dann Service WohnungsBaugesellschaft mbH, 50,1% medl, 49,9% Stadt, bis vorletztem Jahr geringe % Rhenag
  • TAR= Theater a.d. Ruhr, GGmbH, zu ca. 98% städtisch als BHM-Tochter