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Saftige Gebührenerhöhungen 2012 als reine Abzocke?

  • 21.12.11: Mündliche Verhandlung zu den Musterprozessen gegen die Abwassergebühren 2011 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf um 9.30 Uhr, Saal III, Raum 240. Mehr zu den Klagen hier
  • NRhZ Nr. 332 vom 20.12.11: “Am 21. Dez. Prozesse gegen die Abwassergebühren 2011 der Stadt Mülheim. Zuvor erfolglose Beschwerde über Staatsanwältin
  • 15.12.11: Ratssitzung mit Beschlüssen von CDU und SPD zu den Erhöhungsorgien der Gebühren 2012
  • 1.12.11: Gegen die Stimmen von MBI, FDP und Linken, bei Enthaltung der Grünen stimmten SPD und CDU im Umweltausschuss für die Erhöhung der Abwassergebühren um drastische 18,3%! Im Ausschuss am 11.11. hatten sie bereits den Gebühren für Müll und Straßenreinigung zugestimmt, wie von der Verwaltung vorgeschlagen. Der MBI-Antrag zur Senkung der kalk. Zinsen von 6 auf realistischere 4% wurde abgelehnt.
  • 8.11.11: CDU-Veranstaltung „Mülheimer Gebühren 2012 – Gebührengerechtigkeit oder Abzocke?“ um 19 Uhr im Ratskeller, Löhberg 55. Referent Dr. Eckehard Hirsch, ehemaliger Gemeindedirektor und laut CDU Kommunalrechtsexperte
  • 2.11.11: MBI-Antrag, die kalk. Zinsen zur Berechnung des Gebührenbedarfs bei Abwasser anstatt 6% mit realistischeren 4% anzusetzen, wodurch alleine sich die gewünschten Gebührenerhöhungen in Luft auflösen würden! Mehr weiter unten
  • 13.9.11: MBI-Antrag für den Rat am 6.10.11  zur Rücküberführung der Abwasser-Überschüsse, die gemäß der HSK-Maßnahme Nr. 193 zum Etat 2010/11 in die Stadtkasse gehen sollten, wieder in den Gebührenhaushalt ganz unten auf dieser Seite

Am heutigen 7.9.11 sind Unterlagen zu den Gebühren der Stadt Mülheim für 2012 gekommen. Für 2012 sollen die Gebühren für Müllabfuhr, Straßenreinigung und Abwasserbeseitigung alle erneut steigen, wenn es nach den jetzt eingetroffenen Vorlagen der Verwaltung geht, die im Umweltausschuss am 15.9. und im Rat am 6.10.11 beschlossen werden sollen.

Vorab: Diese 3 Gebühren müssen jährlich kostendeckend berechnet werden und das unabhängig vom städtischen Haushalt in einem separaten Gebührenhaushalt für jede der 3 Gebühren.

Bei Straßenreinigung und Müllabfuhr sollen die Gebühren so differenziert erhöht werden, dass die durchschnittliche Steigerung nicht auszumachen ist.

  1. Bei Bio- oder Restmülltonnen sollen die Gebühren zwischen 8 und 10,2% steigen, je nach Tonnenvolumen.
  2. Bei Straßenreinigung 3,6 bzw. 3,7% für Straßen der Kategorie B und zwischen 14 und 14,9% in der Kategorie C.
  3. Die Gebühren für Winterdienst sollen um 8,5% für W2-Straßen und um 42% für W1-Straßen steigen.
  4. Die Abwassergebühren sollen um durchschnittlich 17,7% steigen.

Nahezu alle Zahlen und geplante Erhöhungen sind nicht nachvollziehbar.

Dabei hat das Umweltamt endlich gezwungenermaßen aufgrund eines OVG-Urteils nicht nur Prognosezahlen gegenüber gestellt, bei Mülabfuhr, Abwasserbeseitigung und Straßenreinigung auch Ist-Zahlen 2010 des Gebührenbedarfs aufgeführt. Und dennoch sind die Kalkulationen kaum nachvollziehbar:

So wird z.B. behauptet, der Gebührenbedarf 2012 für Straßenreinigung habe sich „gegenüber der Kalkulation 2010 um 2% erhöht“, womit irgendwie Erhöhungen bis zu 15% gerechtfertigt werden. Doch in der Tabelle zum Gebührenbedarf steht: Ist 2010 4,283 Mio. €/ Ansatz 2011 4,333 Mio. €/ Ansatz 2012 4,219 Mio. €. Woher die 2%-Steigerung des Bedarfs kommen soll, geben die Zahlen nicht her, denn anscheinend war bereits der letztjährige Ansatz ebenfalls höher als die realen Aufwendungen, denn zu den Ist- Zahlen für 2010 von 4,096 Mio. € wurden noch 200 Tausend angebliche Unterdeckung aus Vorjahren hinzuaddiert.

  • Kurzum: Bei Straßenreinigung rechtfertigen diese Zahlen keine Erhöhung. Es ist eher zu fragen, ob bei den offensichtlich höheren Prognosen gegenüber den Realergebnissen nicht eine Gebührensenkung notwendig wäre.

Bei Müllabfuhr wird behauptet, der Gebührenbedarf habe sich „gegenüber der Kalkulation 2011 um 4,4% erhöht“, womit Erhöhungen bis 10,2% gerechtfertigt werden. Warum hier mit der Prognose 2011 verglichen wird, anders als bei Straßenreinigung (s.o.), sei als Frage in den Raum gestellt. Betrug der reale Gebührenbedarf in 2010 15,98 Mio. €, war für 2011 ein Prognosewert von 16,459 Mio. € angesetzt, der um 4,4% erhöht nun für 2012 auf 17,176 Mio. € errechnet wurde. Für alle 3 Jahre beinhaltet der Gebührenbedarf eine angebliche Unterdeckung aus Vorjahren. Wurden den realen Aufwendungen 2010 dafür 901.000 € hinzuaddiert, sind es im 2011-Prognosewert 848.000 und für 2012 sogar 1,587 Mio. €.

Auch bei Müllabfuhr gilt: Diese Zahlen rechtfertigen die Erhöhung der Müllgebühren um 8 oder 10% nicht, sie beinhalten aber zusätzliche Fragen.

Verwirrend wird es aber erneut bei den Abwassergebühren. Die sollen nämlich um schlappe 17,7% erhöht werden. Die angebliche Steigerung des Gebührenbedarfs wird mit 13,4% angegeben und nur vom Ansatz 2011 hergeleitet, ohne die realen Jahresergebnisse. Die angeblich 5,14 Mio. € Mehrbedarf stammen vornehmlich von 2 Punkten:

  • Zum einen eine Steigerung der prognostizierten kalkulatorischen Kosten von 16,8 Mio. auf 19 Mio. € bei weiterhin angesetzten 6% kalkulatorischen Zinsen.
  • Zu diesen fiktiven 2,2 Mio.€ Mehrbedarf kommen 3,14 Mio. € hinzu für angebliche Unterdeckung aus Vorjahren und so erhöht sich wundersam der Gebührenbedarf um 13,4% und die Gebühren um 17,7%.

Nur: Wo sind die 5,4 Mio. €, die aus dem Abwasserbetrieb unerlaubterweise in die Stadtkasse überführt wurden? Haben die etwa die angebliche Unterdeckung erzeugt, mit der nun u.a. eine erneute saftige Gebührenerhöhung begründet wird? Wären diese Millionen im Abwasserbetrieb verblieben, wäre ohnehin keine Erhöhung zu rechtfertigen, denn selbst der erwünschte drastische Gebührenmehrbedarf von 5,14 Mio. € wäre damit noch mehr als ausgeglichen.

Unabhängig davon, dass eine gerichtliche Entscheidung zu den Klagen gegen die Abwassergebühren 2011 die ganze Kalkulation zur Makulatur machen kann, muss man auch die Forderung stellen, die unrealistisch hoch angesetzten kalkulatorischen Zinsen von immer noch 6% deutlich zu senken und schon wäre der prognostizierte Gebührenbedarf auf „Normalmaß“ herunter gerechnet und die saftige Gebührenerhöhung zumindest in der Höhe hinfällig. Alleine diese fiktiven Zinsen machen etwa 25% des gesamten Gebührenbedarfs aus und weit mehr als die Hälfte aller kalkulatorischen Kosten (ca. 45% des Gesamt-Gebührenbedarfs), zu denen auch die Abschreibungen gerechnet werden.

Es bleibt noch viel Erklärungsbedarf seitens der Stadt, doch mit diesen Zahlen sind die geplanten saftigen Erhöhungen bis hierher nicht zu rechtfertigen und eher als Versuch der Abzocke zu erklären.

Mehr zu

  • Klagen gegen unzulässig überhöhte Abwassergebühren 2011 hier
  • NRhZ Nr. 332: “Am 21. Dez. 11 Prozesse gegen die Abwassergebühren 2011 der Stadt Mülheim. Zuvor erfolglose Beschwerde über Staatsanwältin
  • Abzocke auch bei der Biotonne in 2011! Bedenkliche Gebührenpraxis MH hier
  • Strafanzeige wegen Gebührenveruntreuung 2010 hier
  • Skandalöse gesetzeswidrige Gebührenabzocke in Mülheim!? hier
  • zu unsauberen Mülheimer Gebührenkalkulationen in den Vorjahren hier

Man habe über Jahre Rechenfehler gemacht, weshalb immer Geld fehle. Deshalb nun die drastischen Erhöhungen der Gebühren. So begründet es Umweltamtsleiter Dr. Zentgraf im WAZ-Artikel vom 8.9.11.

Wie bitte?

Jeder Gebührenhaushalt muss jedes Jahr separat aufgestellt werden, um die Gebühren kostendeckend festzulegen. Der Laie denkt sich das so: Da wird zu Jahresende einfach alles addiert, was es an Einnahmen und an Ausgaben gab und aus der Subtraktion ergibt sich ein Über- oder Unterschuss, der wegen dem vorgeschriebenen Kostendeckungsprinzip zu Gebührenerhöhung oder zur Senkung führen muss.

Wie also konnte es kommen, dass „immer Geld fehlte“ und über Jahre falsch gerechnet worden sei? Was wurde denn da gerechnet, fragt man sich. Bisher wurde der jeweilige Gebührenbedarf immer nur aus dem Prognosewert des Vorjahres hergeleitet. Das bemängelten die MBI seit mindestens 5 Jahren Jahr für Jahr, doch es interessierte niemanden aus Rat und Verwaltung wirklich und ebensowenig das Verwaltungsgericht Düsseldorf, das in haarsträubender Weise die Klagen gegen die überhöhten Abwassergebühren 2006 über Jahre verschleppte und dann abschmetterte. Zu den Klagen wegen falscher und unrechtmäßiger Müllgebühren drängte das gleiche VG auf Vergleich, womit zwar die Handvoll Kläger ihre Gebühren zurück bekam, für das Gros der Haushalte aber nichts.

Erst das neuerliche OVG-Urteil zwang die Stadt nun, bei der Gebührenkalkulation auch reale Werte zu berücksichtigen. Und nun wird es richtig seltsam.

Man kann nämlich nicht glauben, dass über Jahre immer Geld fehlte. Dann wären nämlich spätestens im Jahr darauf die Gebühren erhöht worden! Doch wie und warum auch immer …..

Auch die Aussage im WAZ-Artikel„Jegliche Form der Bereicherung zugunsten des städtischen Haushaltes weist die Stadt weit von sich“ führt automatisch zu der Frage: Was ist mit den 5,4 Mio. €, die per Ratsbeschluss vom 5.10.10 vom Abwasserbetrieb in die Stadtkasse überführt wurden? Die stammten nämlich ausnahmslos aus Abwassergebühren!

Kurzum: Es bleibt enormer Erklärungsbedarf, bevor diese geplanten drastischen Gebührenerhöhungen gerechtfertigt werden könnten, wenn überhaupt!!

  • WAZ-Mülheim, 08.09.2011, Andreas Heinrich: „Gebühren: Drastische Gebührenerhöhungen drohen“ hier.
    Darin u.a.: „
    Verrechnet habe man sich in den letzten Jahren zugunsten der Bürger, die 2012 die aufgelaufenen Defizite mit der saftigen Gebührenerhöhung wieder ausgleichen sollen. Danach, so Zentgraf, dürften die Gebühren wesentlich moderater verlaufen.“

Antrag für die Sitzung des Finanzausschusses am 04.10.2011 und Sitzung des Rates der Stadt am 06.10.11  TO jeweils: Öffentlich

Rückholung des Beschlusses zur Übertragung von Überschüssen des Abwasserbetriebes in den städtischen Haushalt (HSK-Maßnahme Nr. 193)

Der Finanzausschuss beschließt und empfiehlt dem Rat zu beschließen:

Der Beschluss der HSK-Maßnahme 193 vom 7.10.10 „Ausschüttung Abwasserbeseitigungsbetrieb“ wird rückgängig gemacht. Von den vorgesehenen 5,4 Mio. € als Überweisung an den städtischen Haushalt wird keine weitere Rate übertragen. Bereits überwiesene Beträge gemäß des o.g. Beschlusses werden an den Abwasserbetrieb für den Gebührenhaushalt zwecks Ausgleich der Unterdeckung aus vergangenen Jahren rücküberwiesen.

Begründung
Die Maßnahme Nr. 193 des HSK-Katalogs der Stadt Mülheim lautete:
„Ausschüttung Abwasserbeseitigungsbetrieb“ Der akkumulierte Gewinn des rein städtischen Abwasserbetriebs betrug laut HSK inkl. des Jahresergebnisses für 2008 5,415 Mio. Euro. Das Geld sollte in 4 Raten von je 1,35 Mio. in die Stadtkasse zur Schuldenreduzierung umgelenkt werden, so der Ratsbeschluss vom 7.10.10. Die 1. Rate wurde noch 2010 an die Stadtkasse überwiesen. Ob dies in 2011 ebenfalls geschah, sei dahingestellt.

Inzwischen haben sich laut Vorlage zu den Abwassergebühren 2011 jahrelange Unterdeckungen im Gebührenhaushalt offenbart. Gleichzeitig wurde die Gewinnerwartung des Abwasserbetriebes für 2011 um ca. 2 Mio. € nach unten korrigiert wegen unvorhergesehener Einnahme-Minderlöse. Es ist kaum vermittelbar, dass die geplante drastische Gebührenerhöhung von 17,7% die „Rechenfehler“ der Vergangenheit begleichen sollen, während gleichzeitig weitere drei Raten von je 1,35 Mio. € aus dem Abwasserbetrieb entnommen werden. Unabhängig von der Frage, ob dies überhaupt zulässig ist, muss der Beschluss zur HSK-Maßnahme rückgängig gemacht werden.

H. Godbersen, MBI-Sprecherin im Finanzausschuss
L. Reinhard, MBI-Fraktionssprecher

Mit den Stimmen von SPD und CDU bei Enthaltung der Grünen wurde der Antrag abgelehnt! Eine Schande für die Volksvertreter!

  • zum Thema auch: Verarmung der Unter- und Mittelschichten auch durch Gebührenmissbrauch hier