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Hurra! AKW-Ausstieg endlich, aber zu langsam!

L. Reinhard, Mülheim/Ruhr, den 4.6.11

Gedanken zum Atomausstieg von einem langjährigen Anti-AKW-Aktivisten, ob in Kalkar, Hamm-Uentrop, Brodorf, Grohnde, Gorleben, Wackersdorf, Ahaus, Gronau, Almelo, Malville, Plogoff oder Angra dos Reis
auch nachzulesen in NRhZ Nr. 304 als pdf-Datei (47 KB)

Kann oder sollte man Hurra schreien, weil der Atomausstieg in Deutschland nun endlich wirklich kommt und das mit dem breiten Konsens aller Bundestagsfraktionen? War dies eine historische Entscheidung von großer Tragweite?
Ich denke schon!
Ich selbst kann auch Freude und eine gewisse Genugtuung nicht verleugnen, aber auch etwas Stolz, dass der jahrzehntelange Kampf nicht umsonst war.

Sicherlich kommt der deutsche AKW-Ausstieg nicht ganz so schnell, wie sich das viele erhofften, dennoch! Insgesamt ist dennoch die neue Energiepolitik – gemessen an der angeblichen „Energierevolution“ noch aus dem Herbst 2010 mit AKW-Laufzeiten bis knapp 2040 – ein riesiger historischer Fortschritt. Und auch im Vergleich zu dem schlappen „Atomausstieg“ von Rot-Grün unter Schröder/Fischer ist der jetzige Ausstiegsbeschluss weitergehender und endlich endgültiger.
„Natürlich“ gilt: Statt die Erneuerbaren bis 2020 schneller auszubauen als bisher geplant, wird der mögliche rasche Ausbau gebremst. Statt auf wirklich dezentrale erneuerbare Energien im ganzen Land und flächendeckend zu setzen, sollen hauptsächlich zentralisierte und teure Offshore-Windräder in der Nord- und Ostsee errichtet und dieser Strom dann über 1.000 Kilometer nach Süddeutschland geleitet werden. Dabei herrschen auch in Süddeutschland in vielen Gebirgsgegenden gute Windverhältnisse. Auch ist zu befürchten, dass diese „Merkel“-Bremse zum langsameren Ausbau der Erneuerbaren nicht wie erhofft den deutschen Firmen zugute kommt, vgl. den WiWo-Artikel weiter unten zum chinesischen Vormarsch in der Solarbranche.

Überhaupt sollte man nicht zu fest glauben, dass Deutschland wegen dem Atomausstieg der einzige und absolute Vorreiter sei. Insbesondere das RWE blockiert hier weiter, aber auch die anderen 3 Energieriesen werden versuchen, alle dezentraleren Lösungen zu verunmöglichen.
Dennoch: Die Entwicklung hat auch die 4 großen Energieriesen in Deutschland einfach überrollt, deshalb ist die Chance riesengroß wie nie, dass sich im Energiesektor mehr verändern wird als nur die Stromproduktion im Meer statt in Brokdorf, Grohnde oder Cattenon!
Ich persönlich gehe davon aus, dass nach Fukushima nach und nach viele Länder aus ihrer Atomenergie aussteigen werden bis hin selbst zu Frankreich. Man sollte daran erinnern, dass seinerzeit der Anti-AKW-Widerstand in Frankreich etwa zu Malville (Riesen Schneller Brüter) oder zu Plogoff in der Bretagne viel breiter und massiver war als in Deutschland! Er wurde aber sehr brutal niedergeknüppelt, (in Malville bei der Riesendemo von über 100.000 gab es Tote!). Man sollte auch nicht vergessen, dass Mitterand 1981 auch deshalb gewählt wurde, weil er die Abschaltung von AKWs versprochen hatte. Doch wie Sozialdemokraten so sind ……….. Nun wird Frankreich ähnlich dem RWE in Deutschland ins Hintetreffen gelangen, weil sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben! Man kann es auch krasse unternehmerische Fehlentscheidungen nennen.
Andere Länder werden nicht mehr in AKWs einsteigen. Kenia z.B. hat im April 2011 überhaupt erst eine Atom-Behörde gegründet, weil wohl irgendwer dem Land aufgeschwatzt hatte, auch dieses Sonnenland brauche AKWs, wahrscheinlich über Weltbank-oder IWF-Kredite. Wetten, dass es in Kenia nie ein AKW geben wird!! Mit dem forcierten Einstieg in u.a. Solartechnologien aller Art wird das finanziell nie mehr zu rechtfertigen sein!
Doch für Menschen wie mich, die aus der Anti-AKW-Bewegung der 70iger Jahre kommen, ist der Kabinettsbeschluss vom Wochenende endlich auch ein Erfolg für jahrzehntelange Anstrengungen mit heftigsten Widerständen und vielen Repressalien.

Mülheim/Ruhr, die Heimatstadt der NRW-Ministerpräsidentin, war stets eine der Hauptstädte der Atomindustrie u.a. als KWU-Hochburg, damals die deutsche Haupt-AKW-Baufirma im In- und Ausland. Noch heute werden in Mülheim Castoren hergestellt und der Atom-Konzern RWE, einst entstanden als Gründung des Mülheimer Stahlbarons Stinnes, beherrscht viele Bereiche unserer Stadt, von Strom, Gas, Wasser und immer noch vielen Nachtspeicherheizungen usw. bis hin zu Mülheim als RWE-Modellstadt für den „smart meter“ (angebl. „intelligenter“ Stromzähler) und für die RWE-Elektroautotankstellen im Mülheimer Stadtgebiet. Mülheims OB Mühlenfeld darf dafür im erlauchten RWE-Aufsichtsrat sitzen (an die 200.000 € Tantiemen für 4 Sitzungen!) Mehr dazu hier

Das RWE hat sicherlich die Entwicklung „verschlafen“ bzw. absichtlich blockiert. Viele Ruhrgebietsstädte besitzen RWE-Aktien, allen voran Dortmund, Essen und relativ pro Einwohner mit Abstand am meisten Mülheim/Ruhr. In der Heimatstadt von RWE-Chef Großmann und der Aufsichträtin Mühlenfeld wird es wohl mit am schwersten sein, die Kommune vom RWE zu entkoppeln. Der nun zweifelsohne unumkehrbare Atomausstieg wird die RWE-Kommunen aber teuer zu stehen kommen. Mehr hier
In Mülheim z.B. betragen die Einnahmen durch RWE-Dividende über 30 Mio. Euro p.a.. Für 2010 schüttet RWE noch 3,50 € pro Aktie aus. Großmann hat bereits vor der Japan-Apokalypse angekündigt, dass in 2011 die Ausschüttung weit unter 3 € betragen werde. Das kann sich durch Atomausstieg und fallende Aktienkurse sehr schnell weit nach unten bewegen, egal ob das RWE sich von der Katastrophenregierung in Berlin noch Geld für Schrottreaktoren wie Biblis einklagt. Die RWE-Aktien sind also für die Stadt inzwischen zum Risikokapital geworden, die man auf absehbare Zeit auch nicht mehr günstig loswird. Die RWE-Millionen fließen nicht in den städtischen Haushalt, sondern in die ausgegliederte Beteiligungsholding BHM und in Stiftungen. Die BHM finanziert damit andere defizitäre ausgegliederte GmbHs wie die Verkehrsgesellschaft MVG, die Marketinggesellschaft MST, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft M&B, die Sozialholding für städt. Altenheime usw.. Bei 3,50 € Dividende, muss die Stadt der BHM noch ca. 8 Mio. zuschießen. Wenn der Kurs auf unter 3 oder gar 2 € fällt, wird es ziemlich zappenduster in der ohnehin schon bankrotten RWE-Stadt Mülheim. Bei den Stiftungen werden die absehbaren Mindereinnahmen wegen fallender RWE-Dividende zu deutlichen Kürzungen in den sehr vielfältigen sozialen, kulturellen und sportlichen Aktivitäten liegen, die diese für die Stadt finanziert.

Mehr zum Atomkonzern RWE

  • Mitgehangen, mitgefangen? Der Fluch der RWE-Abhängigkeit für Mülheim! hier
  • RWE-Stadt Mülheim muss RWE zur Klagerücknahme wegen Abschaltung des Uralt-AKW Biblis bewegen! hier
  • RWE oh weh, oh weh! RWE Nee! hier
  • Atomausstieg beginnt vor Ort! Auch in RWE-Mülheim? Wenn nicht, dann gute Nacht Mülheim! hier
  • Fukushima ist überall!!! hier
  • Vorzeitige Stromverträge für Mülheim als RWE-Stadt auf Ewigkeit vorerst vereitelt! hier
  • Üppige RWE-Vergütungen hier
  • RWE-Ökoflops: Prof. Dr. Mülheim schwer erkrankt? hier

WIWO – Wirtschaftswoche online, Artikel hier
Sonnenenergie
Deutsche Solarbranche wird überrannt
Mario Brück (Düsseldorf), Dieter Dürand (Düsseldorf) 03.06.2011

Die deutschen Hersteller drohen trotz ihrer Lobby-Erfolge zum Verlierer der Energiewende zu werden, weil sie der Konkurrenz aus Fernost wenig entgegenzusetzen haben. Fast jede zweite in Deutschland installierte Solaranlage kommt aus China.

Ingmar Wilhelm dient, je nach Interessenlage, mal dem einen, mal dem anderen Herrn. Im Hauptberuf leitet der gebürtige Essener den Bereich Geschäftsentwicklung bei der Ökostromtochter des italienischen Energiekonzerns Enel. Geht es um die Förderung des Solarstroms aus Fotovoltaik, schlüpft der gelernte Elektroingenieur gern in die Rolle des Verbandsfunktionärs.

„Die Zahlen belegen das hervorragende Potenzial der Fotovoltaik“, jubelte Wilhelm vor wenigen Tagen als Präsident des europäischen Industrieverbands Photo-voltaic Industry Association in Brüssel. Die Lobbyistenvereinigung präsentierte den Bericht „Global Market Outlook for Photovoltaics until 2015“, der Herstellern wie Betreibern eine sonnige Zukunft prophezeit. Bis 2015, so Wilhelms Botschaft, werde die installierte Gesamtkapazität an Strom erzeugenden Solarzellen in Europa auf bis zu 200 Gigawatt explodieren – eine glatte Verfünffachung gegenüber heute.

Dramatische Umsatzeinbrüche

Was Wilhelm als Strommanager freut, ist für die deutschen Fotovoltaikhersteller eine verkappte Durchhalteparole. Viele der hiesigen Modul- und Zellenproduzenten werden die Sonnenseiten der Solarwirtschaft wohl nicht mehr erleben. Dramatische Umsatzeinbrüche und Millionenverluste in den ersten drei Monaten dieses Jahres lassen einstige Gewinnmaschinen wie Q-Cells, Solon oder Conergy langfristig ums Überleben kämpfen. Steigende Rohstoffkosten, sinkende Verkaufspreise und Subventionskürzungen in wichtigen europäischen Absatzmärkten lassen für das Gros der Hersteller das Gesamtjahr düster erscheinen. Und obwohl die Branche harte Streichungen bei der Subvention des Solarstroms verhindern konnte, droht sie zum großen Verlierer der Energiewende weg vom Atom zu werden.